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LAG Hamm, Urteil vom 01.12.2009, 14 SaGa 59/09
Schlagworte: | Wettbewerbsverbot | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 14 SaGa 59/09 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 01.12.2009 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Bochum, Urteil vom 29.10.2009, 3 Ga 41/09 | |
14 SaGa 59/09
3 Ga 41/09 Arbeitsgericht Bochum
Verkündet am 1. Dezember 2009
Nettebrock Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Landesarbeitsgericht Hamm
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
hat die 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm
auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Henssen
sowie die ehrenamtlichen Richter Kunkel und Pradel
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29. Oktober 2009 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 30. Oktober 2009 und 5. November 2009 (3 Ga 41/09) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision ist nicht zulässig.
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Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit eines zwischen ihnen vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, aufgrund dessen die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung von dem Beklagten die Unterlassung der von ihm ab 1. Januar 2010 beabsichtigten Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen verlangt.
Die Klägerin ist die deutsche Vertriebstochter eines insbesondere auf dem Gebiet der Herzgefäßerkrankungen weltweit tätigen medizintechnischen Unternehmens für Herzschrittmacher und andere Produkte des sog. Cardiac Rhythm Disease Management (CRDM) mit Sitz in den USA. Der europäische Hauptsitz befindet sich in Tolochenaz (Schweiz). Der Beklagte war seit dem 5. Oktober 1999 aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 30. September 1999, zuletzt geändert am 22. Oktober 2008, als Vertriebsleiter (Regional Manager West CRDM) für das Vertriebsgebiet Rheinland, Ruhrgebiet, Saarland, Pfalz und Großraum Frankfurt tätig. Er war für 41 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von rund 50 Mio. Euro verantwortlich. Das ursprünglich im Arbeitsvertrag enthaltene nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde durch eine gesonderte, von beiden Seiten unterzeichnete und dem Beklagten ausgehändigte Wettbewerbsvereinbarung vom 12. Juni/ 31. August 2002 (im Folgenden: WBV 2002) ersetzt, dessen Nr. 1 wie folgt lautet:
Sie verpflichten sich, in der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit des M1 GmbH im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. Ferner erstreckt sich das Wettbewerbsverbot insbesondere auf Unternehmen, die sich mit der Entwicklung, Herstellung oder dem Vertrieb von Produkten befassen, die während der letzten 12 Monate in der M1 GmbH in Ihren vertraglichen Aufgabenbereich fielen.
Ebenso wenig werden Sie während der Dauer dieses Wettbewerbsverbotes ein solches Unternehmen errichten, erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar beteiligen.
Von der weiteren Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 391 bis 400 d. A.) abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat durch seine hier angefochtene Entscheidung dem Beklagten u. a. aufgegeben, es zu unterlassen, in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, jedoch längstens bis zum 31. Dezember 2010, in der Bundesrepublik
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Deutschland in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise bei der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG mit Sitz in B4 und/oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen tätig zu sein. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 400 bis 411 d. A.) verwiesen.
Das Urteil wurde dem Beklagten am 2. November 2009 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 2. November 2009 eingelegte und mit dem am 11. November 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.
Der Beklagte wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor:
Der Antrag der Klägerin sei unbegründet, weil er zu weit gefasst sei. Es könne Tätigkeiten bei der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG geben, deren Unterlassung nicht im berechtigten geschäftlichen Interesse der Klägerin läge. Dies gelte auch, soweit eine Tätigkeit für die mit der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG verbundenen Unternehmen untersagt werde, bei denen es sich nicht um Wettbewerber der Klägerin handele.
Nr. 1 WBV 2002 verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Klausel lasse sich nicht entnehmen, wo der Wettbewerb gegenüber der Klägerin ende. Es bestehe die Gefahr, dass ein Arbeitnehmer eine Beschäftigung bei einem Unternehmen unterlasse, welches gar nicht mehr von der Wettbewerbsklausel erfasst werde, weil er mangels konkreter Anhaltspunkte im Vertrag nicht beurteilen könne, ob tatsächlich ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vorliege.
Der Beklagte behauptet, bei Abschluss der WBV 2002 sei die Klägerin bereits von einer Unwirksamkeit des ursprünglichen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im Arbeitsvertrag vom 30. September 1999 ausgegangen. Darüber habe sie ihn bewusst getäuscht. Ihre Hinweise in dem Anschreiben vom 12. Juni 2009 auf neuere und weitere Entwicklungen in der Rechtsprechung sagten nichts darüber aus, dass eine unwirksame bzw. unverbindliche Regelung vorgelegen habe. In der nachfolgenden E-Mail vom 18. Juni 2006 heiße es ausdrücklich, die Neuformulierung würde nicht bedeuten, dass das bisher vereinbarte Wettbewerbsverbot nicht gültig sei. In dem der E-Mail beigefügten Erläuterungsschreiben sei lediglich von einem Anpassungs- und Vereinheitlichungsbedarf sowie von klarerer Definition die Rede. Auf dem Meeting am 31. Juli 2002 seien diese Erläuterungen Gegenstand der Erörterungen gewesen. An eine Darstellung der unterschiedlichen Berechnung der
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Karenzentschädigungen je nach Wettbewerbsverbot könne sich der Beklagte nicht erinnern. Die Klägerin habe zudem in den Erläuterungen erklärt, dass sich durch die Neuvereinbarung nichts an den Beschäftigungsmöglichkeiten bei Konkurrenzfirmen ändern würde. Das sei jedoch aufgrund der Ungültigkeit des bisherigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots falsch gewesen. Zudem habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass die sachliche Reichweite des neuen Wettbewerbsverbots exakt der des bisherigen entspreche. Das sei nicht der Fall, weil es sich auch anders als bisher auf „verbundene Unternehmen" erstrecke. Ebenso sei die Auskunftsverpflichtung neu aufgenommen worden. Schließlich habe die Klägerin ihre Arbeitnehmer über die Verwirkung der Vertragsstrafe getäuscht, indem sie suggeriere, dass es zu einer Konventionalstrafe und zu einer entsprechenden Unterlassungsverpflichtung erst komme, wenn sich der Ex-Mitarbeiter nicht um eine gerichtliche Entscheidung kümmere. Nach dem Wettbewerbsverbot würde jedoch unmittelbar mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit die Vertragsstrafe anfallen.
Zudem habe die Klägerin den Beklagten durch Täuschung und Drohung im Zusammenhang mit der Nichtzahlung von Sonderawards zum Abschluss der WBV 2002 bestimmt. Dem Beklagten und seinem ehemaligen direkten Vorgesetzten T2 sei weder bekannt gewesen noch bekannt, dass die von der europäischen Zentrale zu genehmigenden Sonderawards ein rechtsgültiges Wettbewerbsverbot voraussetzten. Die damaligen Geschäftsführer Dr. E2 und Personalleiter W4 hätten dies gegenüber T2 telefonisch bestätigt. Der Beklagte habe daher die Ankündigung in der E-Mail vom 18. Juni 2002 bezüglich des Ausschlusses von bestimmten Sonderawards als Drohung angesehen und das neue nachvertragliche Wettbewerbsverbot unterschrieben.
Die WBV 2002 sei mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 wirksam gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung und Drohung angefochten worden. Die Anfechtungsfrist des § 124 BGB sei zum Zeitpunkt der Anfechtung noch nicht abgelaufen gewesen. Der Beklagte habe erst im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Wechsel zu der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG und der Beratung durch seinen Prozessbevollmächtigten erfahren, dass in dem gerichtlichen Verfahren über das ursprüngliche vereinbarte Wettbewerbsverbot rechtskräftig festgestellt worden sei, dass dieses aufgrund einer zu niedrigen Karenzentschädigungszusage unverbindlich sei. Er habe keine Erinnerung daran, dass er von dem Mitarbeiter H1 Anfang 2003 eine E-Mail über die Unverbindlichkeit des im Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbots erhalten habe. Die Berufung auf das Wettbewerbsverbot stelle zudem aufgrund der Täuschung und Drohung als unzulässige Rechtsausübung einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Wegen Täuschung bzw. Drohung stehe dem Beklagten auch ein Anspruch aus c.i.c. i. V. m. § 249 Satz 1 BGB auf
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Rückgängigmachung des Wettbewerbsverbotes zu. Bei den Sonderawards handele es sich um Zahlungen, die ein bestimmter Kreis von Mitarbeitern erhalte. Hierbei müsse die Klägerin nicht nur den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten, sondern darüber hinaus auch das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Die Ankündigung, den Beklagten ohne Unterzeichnung der WBV 2002 von Sonderawards auszuschließen, die die übrigen Mitarbeiter erhalten würden, stelle eine unzulässige Maßregelung dar.
Weiterhin fehle es an einem berechtigten geschäftlichen Interesse gemäß § 74a Abs. 1 HGB. Bei Vertriebsmitarbeitern bestehe für den Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse für ein Verbot jeglicher Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen. Das Wettbewerbsverbot dürfe sich lediglich auf den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis erstrecken. Zwar sei der Beklagte ab dem 1. Mai 2009 Sprecher der Regionalmanager gewesen und habe an einem Meeting und mehreren Telefonkonferenzen teilgenommen. Geheime aktuelle Vertriebs-, Verteidigung- und Wachstumsstrategien oder Produktinnovationen seien ihm nicht bekannt. Eine Veränderung von Vertriebsstrategien sei außerdem sofort für alle Mitbewerber sichtbar, weil der Markt klein und auf wenige Kunden beschränkt sei.
Die Unwirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ergebe sich weiter aus Nr. 4 WBV 2002. Es sei unzutreffend, dass bei einer Unwirksamkeit der dort geregelten Auskunftsverpflichtung das Wettbewerbsverbot im Übrigen weiterhin Bestand habe. Die Klägerin wolle sich durch die Auskunftspflicht der gesetzlich vorgeschriebenen Karenzentschädigungsverpflichtung für die vereinbarte Dauer eines Jahres ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens entziehen. Dies führe in der Praxis dazu, dass keine ausreichende Karenzentschädigung zugesagt werde, so dass das Wettbewerbsverbot insgesamt unverbindlich sei. Zudem dürfe die Gewissheit des Arbeitgebers, dass sich der Arbeitnehmer auf eine nicht verbotene Tätigkeit eingerichtet habe, gemäß § 242 BGB nicht Grundlage der Entscheidung über einen Verzicht auf das Wettbewerbsverbot nach § 75a HGB sein. Nichts anderes müsse aber dann gelten, wenn sich der Arbeitgeber aufgrund einer unzulässigen Auskunftsverpflichtung Kenntnisse darüber verschaffe, dass der Arbeitnehmer zu einem Wettbewerber gehe, und er daraufhin beschließe, an dem Wettbewerbsverbot festzuhalten. Schließlich sei auch die Vertragsstrafenvereinbarung in Nr. 8 WBV 2002 unwirksam.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil das Arbeitsgerichts Bochum vom 29. Oktober 2009 nebst Berichtigungsbeschluss vom 30. Oktober 2009, zugestellt am
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2.November 2009, sowie Berichtigungsbeschluss vom 5.November 2009, zugestellt am 9.November 2009, 3 Ga 41/09, abzuändern und
den Antrag zu Ziffer 2. insgesamt zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage und trägt ergänzend vor:
Der Antrag sei hinreichend bestimmt. Die Klägerin könne nicht darauf verwiesen werden, dass nur eine bestimmte Tätigkeit bei einer der Gesellschaften der B3 Gruppe untersagt werde. Für einen effektiven Rechtsschutz sei der Antrag zwingend erforderlich. Bei dem Begriff „verbundene Unternehmen" handele es sich um einen Rechtsbegriff, der eine klare Zuordnung ermögliche.
Dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sei Genüge getan. Die Reichweite des Wettbewerbsverbots in Nr. 1 WBV 2002 sei objektiv feststellbar. Es solle jeder Wettbewerb untersagt werden, wobei es auf die konkrete rechtliche Ausgestaltung gerade nicht ankommen solle. Selbst wenn man eine Intransparenz annehmen wolle, bleibe es nach Durchführung des blue-pencil-Tests bei einem Wettbewerbsverbot für Unternehmen, welche in direktem Wettbewerb mit der Klägerin stünden. Die vom Beklagten angestrebte Tätigkeit wäre weiterhin untersagt.
Die an den Beklagten versendeten Anschreiben der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss der WBV 2002 stellten keine Täuschung dar. Dem Beklagten seien alle Informationen bezüglich des Gerichtsverfahrens T2 durch die Klägerin bekannt gegeben worden. Selbst wenn man die verwendeten Formulierungen als generelle Täuschungshandlung ausreichen lassen wolle, ergebe sich daraus nicht, dass der Beklagte, der eine Leitungsfunktion inne gehabt habe, getäuscht worden sei. Der Beklagte habe Kenntnisse über die Einzelheiten des Gerichtsverfahrens und die Gründe der Neueinführung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gehabt. Auf einem Meeting am 30. und 31. Juli 2002 seien die Hintergründe der Neueinführung ausführlich mitgeteilt worden. Dort sei vor dem Hintergrund des damals anhängigen Verfahrens gegen T2 die Problematik dargestellt worden, dass das bisherige nachvertragliche Wettbewerbsverbot in einer bislang nicht
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rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Entscheidung als nicht durchsetzbar angesehen worden sei, die Klägerin aber trotzdem von der Möglichkeit der Unwirksamkeit ausgehen und deshalb den erheblichen Aufwand einer Neueinführung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots betreiben würde. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung scheitere schließlich an der Anfechtungsfrist des § 124 BGB. Der Beklagte habe spätestens Anfang 2003 Kenntnis von der Nichtigkeit der ursprünglichen nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarung gehabt.
Die Ankündigung, keine Stock Options und ähnliche Sonderprämien mehr gewähren zu wollen, stelle keine Drohung dar. Selbst wenn man eine Zwangslage in der Situation „mehr Geld verdienen zu wollen" unterstellen würde, handele es sich nicht um eine widerrechtliche Drohung. Es stehe der Klägerin frei, Arbeitnehmer, die sich durch Unterzeichnung eines Wettbewerbsverbots zum Unternehmen bekennen, anders zu behandeln, als Arbeitnehmer, bei denen dies nicht der Fall sei. Darüber hinaus bestünde auf die einzelnen Leistungen kein vertraglicher Anspruch. Ein Verstoß gegen § 612a BGB liege bereits mangels Maßregelung nicht vor. Die Bedingung zur Teilnahme am Optionsprogramm beständen bereits seit Beginn der Tätigkeit des Beklagten. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung sei nicht gegeben. Dies würde wesentlich gleiche Sachverhalte voraussetzen, was bei individuellen Prämien nicht der Fall sein könne. Zudem sei für eine Anfechtung die Frist gemäß § 124 BGB abgelaufen. Der Beklagte habe in den letzten sieben Jahren beanstandungsfrei sein Arbeitsverhältnis fortgeführt. Seine jährlichen Gehaltsansprüche hätten sich um mehr als 50.000,00 Euro auf rund 188.000,00 Euro erhöht und er habe Stock Options in nominaler Höhe von 1Mio. $ erhalten. Die Annahme einer fort dauernden Zwangslage liege daher fern.
Das Wettbewerbsverbot diene dem Schutz berechtigter geschäftlicher Interessen der Klägerin nach § 74a Abs. 1 HGB. Die Vereinbarung eines einjährigen bundesweiten Wettbewerbsverbots nach Ausscheiden eines Arbeitnehmers im Vertrieb, der wie der Beklagte in leitender Stellung in ein sehr spezialisiertes Vertriebskonzept eingebunden gewesen sei und darüber hinaus detaillierte Kenntnisse des Unternehmens, des Vertriebs sowie der Produkte habe, sei zwingend notwendig. Die Details bei der Umsetzung einer Vertriebsstrategie und ihrer Veränderung und des damit verbundenen Kundenauftritts seien nicht sofort am Markt erkennbar. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot hindere im Übrigen das berufliche Fortkommen des Beklagten nicht unbillig, weil er die Branche wechseln könne. Das Verbot der Vertriebstätigkeit in einem engen Produktsegment sei nicht mit einem umfassenden Berufsverbot gleichzusetzen.
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Die Auskunftsklausel Nr. 4 WBV 2002 sei wirksam. Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse daran, bereits vor Ausscheiden Auskunft über geplante Wettbewerbstätigkeiten zu erhalten, um das nachvertragliche Wettbewerbsverbot durchsetzen zu können. Es bestehe bereits eine entsprechende Nebenpflicht aufgrund des Arbeitsvertrags. Die Möglichkeit eines Verzichts gemäß § 75a HGB sei rein theoretisch, da einer Einsparung von maximal drei Monaten Karenzentschädigung das Risiko des kurzfristigen Wechsels zu einem Wettbewerber gegenüber stünde. Außerdem sei nach einer Erfüllung der Auskunftspflicht ein Verzicht nach § 75a HGB gemäß § 242 BGB nicht mehr möglich. Eine eventuelle Unwirksamkeit von Nr. 4 WBV 2002 habe gemäß § 306 Abs. 1 BGB keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots selbst.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Glaubhaftmachung vorgelegten diversen eidesstattlichen Versicherungen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 29. Oktober 2009 sowie des Landesarbeitsgerichts am 1. Dezember 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zu unterlassen, in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, jedoch längstens bis zum 31. Dezember 2010 in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise bei der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG mit Sitz in B4 und/oder einem mit ihr verbundenen Unternehmern tätig zu werden. Das Berufungsgericht folgt der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts, von einer Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Das Vorbringen des Beklagten in der Berufungsinstanz gibt nur Anlass zu folgenden Ergänzungen:
1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist weder der Antrag zu 2.2 aus der Antragsschrift der Klägerin noch der im Urteil der angefochtenen Entscheidung enthaltene Tenor „zu weit gefasst" i. S. v. unbestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Soweit er in diesem Zusammenhang geltend macht, dass es Tätigkeiten bei der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG geben könne, deren Unterlassung nicht im berechtigten geschäftlichen Interesse der Klägerin liege, und dies auch für Tätigkeiten in mit der B3 Vertriebs GmbH & Co. KG
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verbundenen Unternehmen gelte, bei denen es sich nicht um Wettbewerber der Klägerin handele, sind dies lediglich auf § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB gestützte Einwendungen gegen die Begründetheit des Antrags. Sie betreffen jedoch nicht seine Bestimmtheit.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass durch den Begriff „verbundene Unternehmen" nicht nur solche i. S. v. §§ 291 ff. Aktiengesetz, sondern generell in einem Konzernverbund stehende Unternehmen gemeint sind. Unabhängig von der Rechtsform (Personalgesellschaften oder Kapitalgesellschaften) handelt es sich bei dem Recht der verbundenen Unternehmen um das sogenannte Konzernrecht (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbH-Gesetz, 19. Auflage, 2010, Schlussanhang Rn. 1). Durch die Benennung des unmittelbaren Konkurrenten (B3 Vertriebs GmbH & Co. KG) lässt sich der Kreis der verbundenen Unternehmen ohne Weiteres danach bestimmten, ob zwischen ihnen und dem unmittelbaren Konkurrenten konzernrechtliche Verbindungen bestehen.
2. Eine Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots in Nr. 1 WBV 2002 wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt nicht vor.
a) Das von der Klägerin für eine Vielzahl von Wettbewerbsvereinbarungen mit ihren Mitarbeitern vorformulierte Wettbewerbsverbot in Nr. 1 WBV 2002 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), welche unabhängig davon, ob es sich bei dem Wettbewerbsverbot um eine Bestimmung handelt, durch die eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung vereinbart wurde oder nicht, gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB einer Kontrolle auf die Vereinbarkeit mit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unterliegt (vgl. LAG Hamm, 4. November 2008, 14 Sa 818/08, juris; 25. November 2008, 14 SaGa 41/08, juris; LAG Baden-Württemberg, 30. Januar 2008, 10 Sa 60/07, NZA-RR 2008, 508; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 5. Auflage, 2009, Rn. 233d).
Ein als Allgemeine Geschäftsbedingung vereinbartes Wettbewerbsverbot ist nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB i. V. m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn es nicht klar und verständlich ist. Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie im Rahmen des rechtlich
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und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (vgl. BAG, 31. August 2005, 5 AZR 545/04, AP ArbZG § 6 Nr. 8; 3. April 2007, 9 AZR 867/06, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 46; 14. August 2007, 8 AZR 973/06, AP BGB § 307 Nr. 28) und die Gefahr besteht, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BAG, 6. Mai 2009, 10 AZR 390/08, NZA-RR 2009, 593; 10. Dezember 2008, 4 AZR 801/07, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52, 24. September 2008, 6 AZR 76/07, AP BGB § 305c Nr. 11).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall genügt das in Nr. 1 WBV 2002 enthaltene Wettbewerbsverbot dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil es klar und verständlich ist. Danach ist der Beklagte verpflichtet, in der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Klägerin in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. Ferner erstreckt sich das Wettbewerbsverbot insbesondere auf Unternehmen, die sich mit der Entwicklung, Herstellung oder dem Vertrieb von Produkten befassen, die während der letzten 12 Monate bei der Klägerin in den Arbeitsbereichen des Beklagten fielen. Ebenso wenig darf der Beklagte während der Dauer des Wettbewerbsverbots ein solches Unternehmen errichten, erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar beteiligen.
Angesichts dieses Wortlauts kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Klägerin ein umfassendes unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot mit dieser von ihr gestellten Formulierung anstrebt. Der Beklagte soll im Falle eines Ausscheidens sich jeglicher Form von Wettbewerb gegenüber der Klägerin enthalten. Unklarheiten bestehen angesichts der verwendeten Formulierungen nicht. Das Verbot einer Tätigkeit „in sonstiger Weise" neben selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit umfasst z. B. die Konkurrenztätigkeit durch Strohmänner oder auch die Tätigkeit im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses (vgl. LAG Hamm, 4. November 2008, a.a.O.). Ebenso wird aus der Formulierung „direkter oder indirekter Wettbewerb" deutlich, dass jegliche Form des Wettbewerbs unterbunden werden soll (vgl. LAG Hamm, 4. November 2008, a.a.O.). Zwar ist „indirekter Wettbewerb" kein Rechtsbegriff, aber auch in der Laiensphäre ist es für jeden verständlich, dass die mittelbare Unterstützung von direkter Konkurrenz verhindert werden soll. Unter diesem mittelbaren Wettbewerb sind neben den bereits genannten Strohmanngeschäften und der Arbeitnehmerüberlassung auch die Konzernleihe oder eine Tätigkeit bei Zulieferern oder
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Dienstleistern gemeint (vgl. Bauer/Diller, a.a.O., Rn. 128 c). Das darüber hinaus in Nr. 1 Abs. 2 WBV 2002 bestehende Verbot des Erwerbs, der Errichtung sowie einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen stellt i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 WBV 2002 klar, dass dem Beklagten umfassend jede Form von Wettbewerb zur Klägerin untersagt ist.
c) Die Formulierungen in Nr. 1 WBV 2002 verhindern es nicht zu erkennen, wo der Wettbewerb gegenüber der Klägerin endet. Dies ist durch den Gegenstand des Betriebs der Klägerin sowie durch Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 WBV 2002 hinreichend bestimmt. Ein Bestimmungsrecht der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um die übliche Auslegung und Subsumtion, wenn eine konkrete Tätigkeit des Arbeitnehmers daraufhin zu beurteilen ist, ob sie unerlaubten Wettbewerb darstellt. Dass es im konkreten Einzelfall klärungsbedürftig sein kann, ob der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit Wettbewerb gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber betreibt, führt nicht zur Unbestimmtheit der Formulierung (vgl. LAG Hamm, 4. November 2008, a.a.O.). Es ist ausreichend, dass der Gegenstand des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses objektiv feststellbar ist (vgl. LAG Niedersachsen, 8. Dezember 2005, 7 Sa 1871/05, NZA-RR 2006, 426). Dementsprechend bedurfte es entgegen der Ansicht des Beklagten auch keiner Konkretisierung des Wettbewerbsverbots durch Bespiele. Die Notwendigkeit, das Vorliegen einer Wettbewerbstätigkeit vor Aufnahme einer Beschäftigung genau abklären zu müssen, berechtigt nicht zu der Annahme, der Arbeitnehmer werde von der Geltendmachung ihm zustehender Rechte wie der Aufnahme einer Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen abgehalten.
d) Es ist nicht fraglich, ob die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vorliegen, wenn der Gesellschafter eines Wettbewerbsunternehmens an einem anderen Unternehmen beteiligt ist, welches selbst keinen Wettbewerb zum bisherigen Arbeitgeber betreibt. Aus der Formulierung „mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden" ergibt sich, dass auch diese Konstellation erfasst ist. Der Begriff „verbundene Unternehmen" ist konzernrechtlich definiert und erfasst auch solche Unternehmen, die nicht mit der Klägerin in Konkurrenz stehen.
3. Die von dem Beklagten erklärte Anfechtung seiner Annahmeerklärung hinsichtlich der von der Klägerin angebotenen WBV 2002 führt nicht zu deren Wegfall wegen Nichtigkeit gemäß § 142 Abs. 1 BGB. Ein Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 BGB bestand nicht. Der Beklagte ist zu seiner Annahme weder durch arglistige Täuschung noch durch widerrechtliche Drohung seitens der Klägerin bestimmt worden.
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a) Der Tatbestand der arglistigen Täuschung gemäß § 123 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst (vgl. BAG, 16. Dezember 2004, 2 AZR 148/04, AP BGB § 123 Nr. 64). Die Täuschung durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen muss sich dabei auf objektive, nachprüfbare Umstände beziehen. Bloß subjektive Werturteile oder reklamehafte Anpreisungen begründen kein Anfechtungsrecht. Zu prüfen ist jeweils, ob eine Äußerung in ihrem Kern nicht doch eine Behauptung tatsächlicher Art enthält (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage, 2009, § 123 Rn. 3). An einer solchen Täuschung fehlt es vorliegend.
aa) Der Inhalt des Schreibens vom 12. Juni 2002 lässt keine Täuschung erkennen. Formulierungen wie „aufgrund neuer Entwicklungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung sowie zu erwartender weiterer Entwicklungen in der Rechtsprechung" hätten vielmehr dem Beklagten Anlass geben müssen, die Verbindlichkeit des bisherigen Wettbewerbsverbots zu prüfen. Denn sie weisen eindeutig daraufhin, dass die bisherigen Regelungen im Arbeitsvertrag zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot rechtlichen Bedenken bereits begegnen oder seit dem 1. Januar 2002 im Hinblick auf die durch die Schuldrechtsreform eingeführte AGB-Kontrolle in Zukunft begegnen könnten. Schon ein Vergleich der neuen Wettbewerbsvereinbarung mit der im Arbeitsvertrag enthaltenen Regelung anhand des Wortlauts hätte angesichts der offenkundigen Abweichungen beim Beklagten dazu führen können und müssen, über die Wirksamkeit der bisherigen Regelung sich Gedanken zu machen sowie über die Konsequenzen hieraus und eine Unterzeichnung der neuen Regelung sich gegebenenfalls nach Einholung einschlägiger rechtlicher Beratung schlüssig zu werden. Dies wurde durch die Formulierungen in dem Schreiben vom 12. Juni 2002 nicht verhindert.
Richtig ist, dass ein Hinweis auf die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 16. Mai 2002 (1 Ga 9/02) betreffend das Verfahren des ehemaligen Vorgesetzten T2 nicht in dem Schreiben enthalten ist. Dazu hatte die Klägerin auch keine Veranlassung. Zum einen stand damit die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots angesichts einer erstinstanzlichen Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren noch nicht fest. Zum anderen hatte die Klägerin ihre aus der Entscheidung resultierenden Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der bisherigen Wettbewerbsverbotsvereinbarung in dem Schreiben hinreichend deutlich gemacht.
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bb) Ebenso wenig ergibt sich eine Täuschung aus der E-Mail vom 18. Juni 2002. Der Satz „Es bedeutet aber nicht, dass das jetzige Wettbewerbsverbot nicht gültig ist" gibt lediglich die Rechtsansicht der Klägerin wieder. Diesen Standpunkt konnte sie einnehmen. Wie bereits ausgeführt, lag lediglich eine erstinstanzliche Entscheidung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor. Die Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots aufgrund der Formulierung der Karenzentschädigung war nicht offensichtlich. Die Klägerin war vor diesem Hintergrund berechtigt, ihren Standpunkt im Hinblick auf die Durchsetzung der neuen Vereinbarung in dieser Form einzunehmen. Eine Täuschung schied schon deswegen aus, weil die E-Mail vom 18. Juni 2002 nicht losgelöst vom Inhalt des Schreibens vom 12. Juni 2002 ausgelegt werde kann. Für den Beklagten ergab sich daraus eindeutig, dass die Klägerin zwar weiterhin die Auffassung vertrat, dass das bisher vereinbarte Wettbewerbsverbot gültig sei, jedoch rechtliche Bedenken bestanden, die zu einer neuen Vereinbarung Anlass gaben.
cc) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Begleitschreiben, welches der E-Mail vom 18.Juni 2002 als Anhang zwecks Erläuterung der Neufassung des Wettbewerbsverbots beigefügt war. Der Beklagte beanstandet zum einen, dass die Klägerin darin erklärt hat, die sachliche Reichweite des neuen Wettbewerbsverbots entspreche exakt der des bisherigen Wettbewerbsverbots, Beschäftigungsmöglichkeiten bei einem Konkurrenzunternehmen würden nicht eingeschränkt. Zwar ist es zutreffend, dass die Klägerin durch die ausdrückliche Aufnahme von Unternehmen, welche mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden sind, die Klausel zumindest eindeutig auf konzernrechtlich verbundene Unternehmen erstreckt hat. Allerdings wird die Einbeziehung einer Tätigkeit für ein Konzernunternehmen in das Wettbewerbsverbot schon aufgrund der Formulierung „indirekter Wettbewerb" (= mittelbarer Wettbewerb) oder auch ohne eine solche oder vergleichbare Formulierung auf andere als Konkurrenzunternehmen für möglich erachtet (vgl. Bauer-Diller, a.a.O., § 128 c, 134). Die Neuformulierung in Nr. 1 Abs. 1 WBV 2002 und der Unterschied zur bisherigen Vereinbarung in Nr. 14 a Abs.1 Arbeitsvertrag war jedoch offenkundig. Die Wortwahl in dem Begleitschreiben hinsichtlich des sachlichen Geltungsbereiches ist deswegen nicht geeignet, den Beklagten bei verständiger Würdigung der neuen Vereinbarung hier über eine mögliche Erweiterung zu täuschen.
Soweit der Beklagte zum anderen meint, die Klägerin habe auf die Unwirksamkeit der bisherigen Wettbewerbsvereinbarung bzw. deren Unverbindlichkeit hinweisen müssen, ist dies unzutreffend. Auch hier gilt, dass lediglich die Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vorlag und die Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots aufgrund der Formulierung in Nr. 14 b Arbeitsvertrag zur
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Karenzentschädigung nicht evident war, so dass die Klägerin weiterhin von der Wirksamkeit der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen in diesem Punkt ausgehen konnte.
dd) Der Inhalt der vorgenannten Schreiben kann zudem nicht kausal für den Abschluss der WBV 2002 durch den Beklagten gewesen sein. Er hatte hinlänglich Zeit zur Prüfung. Eine Kausalität der Formulierungen, so sie denn eine bewusste Täuschung seitens der Klägerin überhaupt darstellen, ist nicht erkennbar.
ee) Auf die Frage der Einhaltung der der Anfechtungsfrist kam es danach nicht mehr an.
b) Eine Anfechtung ist auch nicht wegen einer widerrechtlichen Drohung der Klägerin begründet.
aa) Eine Drohung i. S. d. § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Der Bedrohte muss einer Zwangslage ausgesetzt sein, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende zwar an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sich die Widerrechtlichkeit aus der Inadäquanz, d. h. der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung des Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig (vgl. BAG, 13. Dezember 2007, 6 AZR 200/07, NZA-RR 2008, 341; 5. Dezember 2002, 2 AZR 478/01, AP BGB § 123 Nr. 63).
bb) Die E-Mail vom 18. Juni 2002 erfüllt diese Voraussetzungen einer Drohung nicht. Es heißt hierin zusammengefasst, dass der Erhalt von Zusatzleistungen, und zwar „alle von Tolo genehmigungspflichtigen ‚Sonderawards‘ (SPIFFS, Stock Options, Sonderzahlungen, Incentivereisen etc.)", ohne ein vereinbartes neues Wettbewerbsverbot ausgeschlossen sei. Unstreitig handelt es sich bei diesen Zusatzleistungen um solche, welche nicht von der Klägerin, sondern von ihrer Europäischen Zentrale in Tolochenanz (Schweiz) bzw. der Muttergesellschaft in den USA erbracht werden. Nicht die Klägerin entscheidet über die Bezugsbedingungen für solche Leistungen, sondern andere. Eine Gewährung von Aktienoptionen ist in einer Konstellation wie der vorliegenden keine vertragliche Verpflichtung der Klägerin als Arbeitgeber (vgl. BAG, 12. Februar 2003, 10 AZR 299/02, AP BGB § 613a
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Nr. 243). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn nach der Abrede der Arbeitsvertragsparteien solche Leistungen anstelle oder neben dem vereinbarten Arbeitsentgelt durch die Konzernmutter erbracht werden sollen (vgl. BAG, 16. Januar 2008, 7 AZR 887/06, NZA 2008, 836). Das wäre der Fall, wenn sich der Vertragsarbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer selbst zur Gewährung solcher Optionen verpflichtet, eine Einstandspflicht übernommen oder sonst zum Ausdruck gebracht hätte, dass die Leistungen des Dritten neben das vereinbarte Arbeitsentgelt treten sollen (BAG, 16. Januar 2008, a.a.O.). Dafür besteht vorliegend kein Anhaltspunkt. Es handelt sich nicht um Leistungen, die im Arbeitsvertrag der Parteien in der vorgenannten Weise als Entgeltansprüche des Beklagten niedergelegt waren.
Unter diesen Umständen stellte die Formulierung in der E-Mail lediglich einen Hinweis auf die Rechtslage hinsichtlich dieser Leistungen dar. Eine Drohung lag schon deswegen nicht vor, weil für den Beklagten weder gegen die Klägerin noch andere ein vertraglicher Anspruch hierauf bestand. Wenn die Muttergesellschaft der Klägerin ihre Leistungen nur an diejenigen Mitarbeiter erbringen will, die ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit ihrem Tochterunternehmen vereinbart haben, schließt dies einen Verstoß der Klägerin gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder eine Maßregelung i. S. d. § 612 a BGB grundsätzlich aus. Es handelt sich um Bezugsvoraussetzungen, welche nicht dem Einflussbereich des Vertragsarbeitgebers unterliegen. Damit liegt weder eine Drohung noch eine Maßregelung durch die Klägerin vor. Es war Sache des Beklagten abzuwägen, ob er mehr Geld verdienen oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegebenenfalls freier in seiner beruflichen Tätigkeit sein wollte. Fehlt es danach schon an Leistungen der Klägerin, ist zwar der wirtschaftliche Druck, der in dieser Ankündigung liegt, nicht zu verkennen. Dies führt jedoch aus den genannten Gründen nicht zu einer widerrechtlichen Drohung, einer unzulässigen Ungleichbehandlung oder einer Maßregelung i. S. d. § 612 a BGB durch die Klägerin.
c) Da es bereits an einer Täuschung oder Drohung fehlt, sind die hierauf gestützten Einwände des Beklagten gegen die Geltendmachung des Wettbewerbsverbots aus § 242 BGB bzw. c.i.c. unbegründet.
4. Eine Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots folgt auch nicht aus den Regelungen in Nr. 4 oder Nr. 8 WBV 2002.
a) Das Arbeitsgericht verweist im Hinblick darauf, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, zutreffend darauf, dass eine etwaige Unwirksamkeit der vereinbarten Auskunftsverpflichtung sowie der Vertragsstrafenabrede auf die Wirksamkeit
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der Wettbewerbsverbotsvereinbarung in Nr. 1 WBV 2002 keinen Einfluss hat. Dies ist zwingende gesetzliche Folge des § 306 Abs. 1 BGB.
b) Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die in Nr. 4 WBV 2002 vereinbarte Auskunftsverpflichtung nicht dazu, dass keine ausreichende Karenzentschädigung zugesagt worden ist, so dass das Wettbewerbsverbot insgesamt gemäß § 74 Abs. 2 HGB unverbindlich wäre. Abgesehen davon, dass die Möglichkeit eines Verzichts auf das Wettbewerbsverbot nach § 75a HGB wegen widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitgeber bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses Auskunft vom Arbeitnehmer über die Beschäftigung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt und erhält (vgl. BAG, 26. Oktober 1978, 3 AZR 649/77, AP HGB § 75a Nr. 3), würde ein solcher Verzicht nur die Bezugsdauer verkürzen. Die Höhe der zu zahlenden Karenzentschädigung, die der in § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Höhe entsprechen muss, wird davon jedoch nicht berührt. Insoweit wird seitens des Beklagten in unzulässiger Weise die Höhe des zu zahlenden Betrages mit dem Zeitraum, für den dieser zu zahlen ist, vermengt.
c) Die Berufung der Klägerin auf das vereinbarte Wettbewerbsverbot stellt keine unzulässige Rechtsausübung dar, weil der Beklagte die in Nr. 4 WBV 2002 statuierte Auskunftsverpflichtung erfüllt hat.
aa) Zwar ist es zutreffend, dass eine Nebenverpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits mitzuteilen, bei welchem Arbeitgeber er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses tätig sein wird, nicht besteht. Insbesondere ist er nicht zur Mitwirkung an der Entscheidung des Arbeitgebers, ob ein Verzicht auf das vereinbarte Wettbewerbsverbot ausgesprochen wird oder nicht, durch Erteilung von Auskunft über seine künftige berufliche Betätigung verpflichtet. Eine solche vertraglich vereinbarte Auskunftsverpflichtung ist unwirksam (vgl. BAG, 2. Dezember 1968, 3 AZR 402/67, AP HGB § 74a Nr. 3; 26. Oktober 1978, a.a.O.; insoweit unzutreffend die von der Klägerin zitierte Entscheidung des LAG Saarland, 19. September 2001, 2 Sa 117/01). Hintergrund ist, dass der Arbeitnehmer nicht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezwungen sein kann, entgegen seinem ureigenen Interesse bereits vorab zu offenbaren, ob er zu einem Wettbewerber geht oder nicht. Der Arbeitgeber trägt allein das Risiko, bei der Entscheidung, ob er auf das Wettbewerbsverbot gemäß § 75a HGB verzichtet oder nicht, wirtschaftlich betrachtet falsch zu liegen. Über die Aufrechterhaltung der Bindung an das Wettbewerbsverbot muss er ohne Hilfe des Arbeitnehmers urteilen. Diese Hilfe darf er nicht durch eine deswegen unzulässige vertragliche Verpflichtung, die den Schein der Verbindlichkeit in sich trägt, zu erreichen suchen. Versucht er dies doch, schließt dies, wenn
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der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers Auskunft erteilt, einen Verzicht nach § 242 BGB aus (vgl. BAG, 26. Oktober 1978, a.a.O.).
bb) Der Schutz vor einem Verzicht nach § 75a HGB ist aber darauf begründet, dass der sich vertragstreu an das Wettbewerbsverbot haltende Arbeitnehmer nicht dadurch benachteiligt werden soll, dass er den damit verbundenen Schutz in Form der Karenzentschädigung verliert, indem er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Auskunftsverpflichtung unterliegt. Zwar muss er grundsätzlich damit rechnen, dass der Arbeitgeber einen Verzicht erklärt. Er ist aber nicht verpflichtet, hierfür dem Arbeitgeber eine gesicherte Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Dem Arbeitgeber soll es nicht möglich sein, die eigentlich bestehende Rechtslage (Wettbewerbsverbot gegen Zahlung von Karenzentschädigung) einseitig zu seinem Vorteil verändern zu können, nachdem feststeht, dass sich der Arbeitnehmer an die Vereinbarung halten und sich rechtstreu verhalten wird, so dass deswegen wirtschaftlich die Zahlung von Karenzentschädigung für den Arbeitgeber keinen Sinn mehr macht. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich mit der aufgrund der vertraglichen Wettbewerbsvereinbarung bestehenden Zahlungsverpflichtung seine berufliche Zukunft planen können.
Ein Arbeitnehmer, der wie der Beklagte von vornherein plant, sich nicht an das vereinbarte Wettbewerbsverbot zu halten, kann jedoch nicht damit rechnen, dass der Arbeitgeber auf das vereinbarte Wettbewerbsverbot verzichtet. Eine entsprechende Auskunft kann gerade nicht zu einer einseitigen Veränderung der Rechtslage durch den Arbeitgeber und damit zu einem Wegfall der Planungsgrundlage für den Arbeitnehmer führen, zu deren Mitwirkung der Arbeitnehmer nicht verpflichtet werden kann. Dann kann er durch die Mitteilung des beabsichtigten Wettbewerbs unter ausdrücklicher Berufung auf die Erfüllung einer unzulässigen Auskunftsverpflichtung nicht den Wegfall des ohnehin bestehenden Wettbewerbsverbots erreichen. Nur im Hinblick auf die Verzichtsmöglichkeit nach § 75a HGB kommt § 242 BGB in Betracht, nicht aber im Hinblick auf das unverändert weiterbestehende nachvertragliche Wettbewerbsverbot. § 242 BGB schützt nur den sich vertragstreu verhaltenden Arbeitnehmer, nicht den bereits einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einkalkulierenden Arbeitnehmer. Eine Berufung auf § 242 BGB ist für den Beklagten deswegen ausgeschlossen.
5. Die Unterlassung jeglicher Tätigkeit für die Firma B3 Vertriebs GmbH & Co. KG und/oder mit ihr verbundener Unternehmen verstößt nicht gegen § 74a Abs. 1 HGB. Das in Nr. 1 WBV 2002 vereinbarte Wettbewerbsverbot dient dem berechtigten geschäftlichen Interesse der Klägerin und behindert den Beklagten nicht unbillig in seinem beruflichen Fortkommen.
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a) Soweit der Beklagte darauf verweist, er sei lediglich Vertriebsmitarbeiter, so dass das berechtigte Interesse an einem Verbot jeglicher Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen fehle und sich das Wettbewerbsverbot nur auf den zugewiesenen Bezirk oder den Kundenkreis erstrecken dürfe (vgl. dazu Bauer/Diller, a.a.O., Rn. 199 m. w. N.), übersieht er bereits, dass er nicht Vertriebsmitarbeiter, sondern Vertriebsleiter war, ihm 41 Mitarbeiter unterstellt waren und er die Gesamtverantwortung für einen Umsatz von 50 Mio. Euro trug. Beim Beklagten handelt es sich demnach um eine Führungskraft, bei der ein bundesweites unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot grundsätzlich zulässig ist. Nach eigenem Vortrag war er Sprecher der Regionalleiter und in dieser Funktion bei einem M2 sowie in mehrere Telefonkonferenzen eingebunden. Dass hierbei sowie bei anderen Vertriebsbesprechungen über aktuelle Vertriebs-, Verteidigungs- und Wachstumsstrategien oder Produktinnovationen geredet wurde, hat der Beklagte zum einen entgegen § 138 Abs. 2 ZPO nicht substantiiert bestritten. Zum anderen widerspräche das Gegenteil jeglicher Lebenserfahrung. Diese Betriebsinterna gehen dem Wettbewerb grundsätzlich nichts an. Auf die Detailliertheit der Erkenntnisse kommt es nicht an. Angesichts der Führungsverantwortung des Beklagten und der bundesweiten Tätigkeit der Klägerin war es zulässig, ein unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu vereinbaren. Die Klägerin muss es nicht hinnehmen, dass der Beklagte seine als Vertriebsleiter gewonnenen Kenntnisse ihrer Vertriebsstrategien und seine für einen effektiven Produktvertrieb notwendigen Kenntnisse der Produkte auf dem vom Beklagten selbst als klein bezeichneten Markt im Bundesgebiet Konkurrenten zugänglich macht oder selbst effektiver Konkurrenz machen kann. Diese Ausnutzung seiner spezifisch bei der Klägerin erworbenen Kenntnisse muss sie nicht hinnehmen. Dies zu unterbinden, liegt in ihrem berechtigten geschäftlichen Interesse.
Die gilt auch für die Einbeziehung der mit einem Wettbewerber verbundenen Unternehmen. Angesichts der Gefahr für den Arbeitgeber, dass dieser die Verhältnisse des Konzerns, in den sein früherer Arbeitnehmer gewechselt hat, kaum durchschauen kann, ist ein berechtigtes geschäftliches Interesse auch in dieser Beziehung anzuerkennen (vgl. Bauer/Diller, a.a.O., Rn. 133). Insbesondere einen Wechsel oder eine Konzernleihe kann der Arbeitgeber kaum kontrollieren. Dasselbe gilt für eine Einbeziehung des Arbeitnehmers in konzernweite unternehmensübergreifende Entscheidungsprozesse.
b) Eine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Beklagten liegt auch unter diesen Umständen nicht vor, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat. Einwendungen hiergegen hat der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht vorgetragen.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG ist eine Revision gegen die vorliegende Entscheidung nicht zulässig.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Henssen
Kunkel
Pradel
/Ne.
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