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ArbG Ham­burg, Ur­teil vom 04.12.2007, 20 Ca 105/07

   
Schlagworte: Diskriminierung, Gleichbehandlung
   
Gericht: Arbeitsgericht Hamburg
Aktenzeichen: 20 Ca 105/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.12.2007
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Nachgehend Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 29.10.2008, 3 Sa 15/08
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.08.2010, 8 AZR 466/09
   

 

Ar­beits­ge­richt Ham­burg

Ur­teil

Im Na­men des Vol­kes


Geschäfts­zei­chen:

20 Ca 105/07

In dem Rechts­streit

Verkündet am:

04. De­zem­ber 2007

 

 

 

-Kläge­rin -


Pro­zess­bev.:

 

 

ge­gen

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- Be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:

er­kennt das Ar­beits­ge­richt Ham­burg, 20. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 4. De­zem­ber 2007
durch die Rich­te­rin am Ar­beits­ge­richt Zem­lin als Vor­sit­zen­de
den eh­ren­amt­li­cher Rich­ter Baum­gar­te
die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Rein­ke

für Recht:

 

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin € 3.900,00 zu zah­len.

Der Be­klag­te trägt die Kos­ten des Rechts­streits.

Der Streit­wert wird auf € 3.900,00 fest­ge­setzt.

 

Zem­lin 

Rein­ke 

Baum­gar­te

 

 

 

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T a t b e s t a n d :

Die Kläge­rin be­gehrt Entschädi­gung we­gen re­li­gi­ons­be­ding­ter Be­nach­tei­li­gung durch den Be­klag­ten in ei­nem Ver­fah­ren zur Be­set­zung der Stel­le ei­ner So­zi­alpädago­gin für ein Teil­pro­jekt der EQUAL-E.N.

Der Be­klag­te, der für H. zuständi­ge D., ist als sol­cher Teil der Nord­el­bi­schen Evan­ge­lisch-lu­the­ri­schen Kir­che (NEK) und da­mit der Evan­ge­li­schen Kir­che Deutsch­lands (EKD). Die von dem Be­klag­ten im H. Wir­kungs­be­reich re­präsen­tier­te Dia­ko­nie ver­steht sich als un­mit­tel­ba­re Le­bens- und We­sensäußerung der christ­li­chen Kir­che. Dem­ent­spre­chend lau­tet die Sat­zungs­präam­bel:
 

„Die Kir­che hat den Auf­trag, Got­tes Lie­be zur Welt in Je­sus Chris­tus al­len Men­schen zu be­zeu­gen. Dia­ko­nie ist ei­ne Ge­stalt die­ses Zeug­nis­ses und nimmt sich be­son­ders der Men­schen in leib­li­cher Not, in see­li­scher Be­dräng­nis und in so­zi­al un­ge­rech­ten Verhält­nis­sen an. Sie sucht auch die Ur­sa­chen die­ser Nöte zu be­he­ben. Sie rich­tet sich in öku­me­ni­scher Wei­te an Ein­zel­ne und Grup­pen, an Na­he und Fer­ne, an Chris­ten/Chris­tin­nen und Nicht­chris­ten/Nicht­chris­tin­nen. Da die Ent­frem­dung von Gott die tiefs­te Not des Men­schen ist und sein Heil und Wohl un­trenn­bar zu­sam­men­gehören, voll­zieht sich Dia­ko­nie in Wort und Tat als ganz­heit­li­cher Dienst am Men­schen.
Das D. weiß sich die­sem Auf­trag Je­su Chris­ti ver­pflich­tet.“

Für den Be­reich der EKD und der NEK hat der Rat der EKD nach Ar­ti­kel 9 b der Grund­ord­nung über die An­for­de­run­gen der pri­vat­recht­li­chen be­ruf­li­chen Mit­ar­beit in der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land und des DW der EKD die „Richt­li­nie des Ra­tes der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land“ er­las­sen, die u. a. fol­gen­de Be­stim­mun­gen enthält:

„§ 2
Grund­la­gen des Kirch­li­chen Diens­tes

(1) Der Dienst der Kir­che ist durch den Auf­trag be­stimmt, das Evan­ge­li­um in Wort und Tat zu be­zeu­gen. Al­le Frau­en und Männer, die in An­stel­lungs­verhält­nis­sen in Kir­che und Dia­ko­nie tätig sind, tra­gen in un­ter­schied­li­cher Wei­se da­zu bei, dass die­ser Auf­trag erfüllt wer­den kann. Die­ser Auf­trag ist die Grund­la­ge der Rech­te und Pflich­ten von An­stel­lungs­trägern so­wie Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern …

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§ 3
Be­ruf­li­che An­for­de­rung
bei der Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses

(1) Die Be­ruf­li­che Mit­ar­beit in der Evan­ge­li­schen Kir­che und ih­rer Dia­ko­nie setzt grundsätz­lich die Zu­gehörig­keit zu ei­ner Glied­kir­che der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land oder ei­ner Kir­che vor­aus, mit der die Evan­ge­li­sche Kir­che in Deutsch­land in Kir­chen­ge­mein­schaft ver­bun­den ist.

(2) Für Auf­ga­ben, die nicht der Verkündung, Seel­sor­ge, Un­ter­wei­sung oder Lei­tung zu­zu­ord­nen sind, kann von Abs. 1 ab­ge­wi­chen wer­den, wenn an­de­re ge­eig­ne­te Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter nicht zu ge­win­nen sind. In die­sem Fall können auch Per­so­nen ein­ge­stellt wer­den, die ei­ner an­de­ren Mit­glieds­kir­che der Ar­beits­ge­mein­schaft christ­li­cher Kir­chen in Deutsch­land oder der Ver­ei­ni­gung Evan­ge­li­scher Frei­kir­chen an­gehören sol­len. Die Ein­stel­lung von Per­so­nen, die die Vor­aus­set­zun­gen des Abs. 1 nicht erfüllen, muss im Ein­zel­fall un­ter Be­ach­tung der Größe der Dienst­stel­le oder Ein­rich­tung und ih­rer sons­ti­gen Mit­ar­bei­ter­schaft so­wie der wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben und des je­wei­li­gen Um­fel­des ge­prüft wer­den. § 2 Ab­satz 1 Satz 2 bleibt un­berührt …“.

Die Kläger ist Deut­sche türki­scher Her­kunft un­d­gehört nicht ei­ner christ­li­chen Kir­che an.

Mit Stel­len­an­zei­ge vom 30. No­vem­ber 2006 (Blatt 17 d. A.) such­te der Be­klag­te zum 01. Fe­bru­ar 2007 pro­jekt­be­dingt be­fris­tet bis zum 31. De­zem­ber 2007 für den Vor­stands­be­reich So­zia­les und Öku­me­ne /Fach­be­reich Mi­gra­ti­on und Exis­tenz­si­che­rung ei­ne/n So­zi­alpädago­gin/en für das Teil­pro­jekt „In­te­gra­ti­ons­lot­se H.“ der Equal-E.N..
In der Stel­len­an­zei­ge heißt es u. a.:
 

„Die­ses Pro­jekt ist ein Schu­lungs- und In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot für Mul­ti­pli­ka­to­rin­nen und Mul­ti­pli­ka­to­ren im Be­reich der be­ruf­li­chen In­te­gra­ti­on von er­wach­se­nen Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten.

Zu den Auf­ga­ben die­ser Po­si­ti­on gehören der in­halt­li­che Aus­bau der Ru­brik „Fach­in­for­ma­tio­nen" …, die Er­stel­lung von In­for­ma­ti­ons­ma­te­ri­al, die Vor­be­rei­tung und Durchführung von Ver­an­stal­tun­gen so­wie die Ar­beit in den Struk­tu­ren und Gre­mi­en des Fach­be­reichs Mi­gra­ti­on und Exis­tenz­si­che­rung.

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Sie verfügen über ein ab­ge­schlos­se­nes Stu­di­um der So­zi­al­wis­sen­schaft/So­zi­alpädago­gik (o. Ä.), Er­fah­run­gen in der Pro­jekt­ar­beit so­wie Er­fah­run­gen und Kom­pe­ten­zen in den The­men­be­rei­chen Mi­gra­ti­on, Ar­beits­markt und In­ter­kul­tu­ra­lität. Sie be­sit­zen zu­dem si­che­re EDV-An­wen­der- und In­ter­net­kennt­nis­se. Für Sie sind so­wohl das ei­genständi­ge Ar­bei­ten als auch das kon­struk­ti­ve Ar­bei­ten im Team selbst­verständ­lich.

Als dia­ko­ni­sche Ein­rich­tung set­zen wir die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che vor­aus.
…“

Die Kläge­rin, die nicht über ein ab­ge­schlos­se­nes Hoch­schul­stu­di­um verfügt, be­warb sich mit Schrei­ben vom 24. De­zem­ber 2006 (Blatt 22 d. A. nebst An­la­gen Blatt 18-21 d. A.) um die­se Stel­le. Auf die­se Be­wer­bung er­hielt die Kläge­rin am 02. Ja­nu­ar 2007 den An­ruf ei­ner Mit­ar­bei­te­rin des Be­klag­ten, die der Kläge­rin erklärte, de­ren Be­wer­bung sei sehr in­ter­es­sant, las­se je­doch die Fra­ge der Re­li­gi­ons-zu­gehörig­keit un­be­ant­wor­tet. Auf die Erklärung der Kläge­rin, sie prak­ti­zie­re kei­ne Re­li­gi­on, sei aber als Türkin gebürti­ge Mus­li­min, frag­te die Mit­ar­bei­te­rin des Be­klag­ten, ob die Kläge­rin sich den Ein­tritt in die Kir­che vor­stel­len könne, da dies un­be­ding­te Vor­aus­set­zung für die Stel­le sei. Die Kläge­rin er­wi­der­te, sie hal­te dies nicht für nötig, da die Stel­le kei­nen re­li­giösen Be­zug auf­wei­se.

Mit Schrei­ben vom 06. Fe­bru­ar 2007 (Blatt 23 d. A.) lehn­te der Be­klag­te die Be­wer­bung der Kläge­rin ab.
Mit Schrei­ben ih­res Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 21. Fe­bru­ar 2007 (Blatt 24 bis 26 d. A.) be­gehr­te die Kläge­rin Entschädi­gung von dem Be­klag­ten gemäß § 15 AGG im Hin­blick auf ih­re Be­nach­tei­li­gung we­gen ih­rer Re­li­gi­on und ih­rer eth­ni­schen Her­kunft bei der Stel­len­be­set­zung. Dies lehn­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 01. März 2007 (Blatt 27 d. A.) ab und erklärte, die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che stel­le ei­ne im Sin­ne des § 9 AGG ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung für die Mit­ar­beit im DW dar.

Die Kläge­rin ist der Auf­fas­sung, sie sei durch den Be­klag­ten im Be­wer­bungs­ver­fah­ren un­mit­tel­bar we­gen ih­rer Re­li­gi­on so­wie mit­tel­bar we­gen ih­rer eth­ni­schen Her­kunft in un­zulässi­ger Wei­se be­nach­tei­ligt wor­den, so dass ihr ge­gen

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den Be­klag­ten ein Entschädi­gungs­an­spruch in Höhe von drei Brut­to­mo­nats­gehältern zu­ste­he. Der Ver­dienst der Kläge­rin auf der aus-ge­schrie­be­nen Stel­le hätte bei ca. € 1.300,00 brut­to mo­nat­lich ge­le­gen.

Im Ein­zel­nen trägt die Kläge­rin vor:
Das Kri­te­ri­um der Kir­chen­mit­glied­schaft sei be­reits un­ter ver­ga­be­recht­li­chen Ge­sichts­punk­ten un­zulässig.
Das EQUAL-Pro­gramm der EU set­ze sich für die be­ruf­li­che In­te­gra­ti­on be­nach­tei­lig­ter Per­so­nen­grup­pen ein und wer­de aus Mit­teln des Eu­ropäischen So­zi­al­fonds ko­fi­nan­ziert.
Die E.N., de­ren Teil das Pro­jekt In­te­gra­ti­ons­lot­se sei, wer­de durch die­se Mit­tel fi­nan­ziert. E.N. ha­be ei­nen Förde­rungs­an­trag für die ver­schie­de­nen Pro­jek­te beim Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ar­beit und So­zia­les ge­stellt, das als na­tio­na­le Ko­or­di­nie­rungs­stel­le für die Ver­ga­be der EU-Mit­tel ver­ant­wort­lich sei. Die Mit­tel­ver­ga­be sei durch ei­nen Zu­wen­dungs­be­scheid des Mi­nis­te­ri­ums an die E.N. er­folgt. Die­ser Zu­wen­dungs­be­scheid ent­hal­te fol­gen­den Hin­weis an die Zu­wen­dungs­empfänger:

„Hin­weis:
Der Grund­ge­dan­ke der Ge­mein­schafts­in­itia­ti­ve EQUAL soll­te auch bei der Ein­stel­lungs­pra­xis berück­sich­tigt wer­den. Ins­be­son­de­re wird drin­gend emp­foh­len, kei­ne den Be­wer­ber­kreis ein­schränken­den Vor­ga­ben zu ma­chen und auch die Aus­wahl von Mit­ar­bei­tern in die­ser Hin­sicht neu­tral durch­zuführen.“

An­lass für die­sen Hin­weis sei ein Streit mit ei­nem kirch­li­chen Träger im Jahr 2002 ge­we­sen, bei dem es eben­falls um das Re­li­gi­ons­kri­te­ri­um bei von EQUAL geförder­ten Pro­jek­ten ge­gan­gen sei.  

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um sei eben­falls bei der hier strei­ti­gen Stel­len­aus­schrei­bung der Auf­fas­sung, dass das Kri­te­ri­um der Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit ei­ne un­zulässi­ge Ein­schränkung des Be­wer­ber­krei­ses dar­stel­le und ha­be des­we­gen kürz­lich die Fi­nan­zie­rung der Stel­le ge­stoppt so­wie die ent­spre­chen­den Kos­ten im Rah­men des E.N.-Zu­wen­dungs­be­schei­des nicht an­er­kannt.

Das Kri­te­ri­um der Kir­chen­mit­glied­schaft kon­ter­ka­rie­re die Zie­le des Pro­jekts „In­te­gra­ti­ons­lot­se“, mit dem er­sicht­lich al­le Mi­gran­ten un­abhängig von ih­rer Kon­fes­si­ons­zu­gehörig­keit an­ge­spro­chen wer­den soll­ten. Für die­se Ziel­set­zung sei

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die Ver­knüpfung von In­te­gra­ti­ons­bemühun­gen mit Mis­sio­nie­rungs­ver­su­chen hin­der­lich, da sie für al­le, die ei­ne fach­li­che Be­ra­tung oh­ne Verkündung ei­nes Glau­bens wünsch­ten, ei­ne Zu­gangs­bar­rie­re dar­stel­len könne.
Dem Be­klag­ten ge­he es in dem Pro­jekt In­te­gra­ti­ons­lot­se aus­drück­lich nicht um die ge­ziel­te In­te­gra­ti­on christ­li­cher Mi­gran­ten. An­ge­spro­chen sei­en viel­mehr al­le Mi­gran­ten un­abhängig von de­ren Kon­fes­si­ons­zu­gehörig­keit. In der Pra­xis des Pro­jekts fin­de sich denn auch kei­ner­lei Be­zug zu ei­ner re­li­giösen Tätig­keit.
Der Be­klag­te ha­be, in­dem er staat­li­che Mit­tel be­an­tragt ha­be, um ei­ne rei­ne „welt­li­che“ Ziel­set­zung zu fördern, je­den­falls in­so­weit auf sein Selbst­be­stim­mungs­recht ver­zich­tet, als die­ses in Wi­der­spruch zu den Zie­len und Kri­te­ri­en des EQUAL –Pro­jek­tes ste­he.

Dem Be­klag­ten ste­he auch un­abhängig von der Fremd­fi­nan­zie­rung das von ihm in An­spruch ge­nom­me­ne Selbst­be­stim­mungs­recht vor­lie­gend nicht zu.
Die eu­ropäischen Vor­ga­ben des Dis­kri­mi­nie­rungs­schut­zes so­wie das Ge­bot der eu­ro­pa­rechts­kon­for­men Aus­le­gung be­schränk­ten die Selbst­ver­wal­tung der Kir­che.
Ar­ti­kel 4 der Richt­li­nie 2000/78/EG sta­tu­ie­re kei­ne um­fas­sen­de Frei­stel­lung der Kir­che von dem Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot. Da­nach sei ei­ne Un­gleich­be­hand­lung nur zulässig, wenn an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on die Re­li­gi­on der Per­son nach der Art der Tätig­keit oder der Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf¬li­che An­for­de­rung dar­stel­le. Da­nach räume das eu­ropäische Recht den Kir­chen Ten­denz­schutz ein, nicht aber ei­ne Po­si­ti­on, die dem bis­he­ri­gen deut­schen Verständ­nis des Selbst­be­stim­mungs­rechts ent­spre­che.

Auch nach Auf­fas­sung des deut­schen Ge­richts­ge­bers sol­le, wie aus der Ge­set­zes­be­gründung zu § 9 AGG er­sicht­lich, das in § 9 AGG bestätig­te Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­che nicht über das hin­aus­ge­hen, was nach Ar­ti­kel 4 der Richt­li­nie zulässig sei. Da­nach sei im Er­geb­nis ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen der Re­li­gi­on bei der Ein­stel­lung auch durch kirch­li­che Träger nur noch dann zulässig, wenn dies auf Grund der kon­kre­ten Funk­ti­on der Stel­le er­for­der­lich sei.
Da­von sei vor­lie­gend nicht aus­zu­ge­hen. Wie aus der Stel­len­be­schrei­bung (An­la­ge B 2 Blatt 110 bis 113 d. A.) er­sicht­lich, ver­tre­te der Stel­len­in­ha­ber das DW in kei­nem Gre­mi­um. Darüber hin­aus be­inhal­te die Stel­le kei­ner­lei Voll­mach­ten und wei­se we­der Fest­stel­lungs- noch An­wei­sungs­be­fug­nis­se auf. Die Mit­ar­beit in den Gre­mi­en

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be­schränke sich auf die Teil­nah­me an den Gre­mi­en der E.N. so­wie die Ar­beit in den Struk­tu­ren und Gre­mi­en des Fach­be­reichs Mi­gra­ti­on und Exis­tenz­si­che­rung des Be­klag­ten selbst. Tatsächlich sei es dem Be­klag­ten selbst nicht dar­um ge­gan­gen, dass die ein­zu­stel­len­de Per­son be­stimm­te Wer­te verkörpe­re oder sich in be­stimm­ter Wei­se ver­hal­te, son­dern aus­sch­ließlich um das for­ma­le Kri­te­ri­um der Mit­glied­schaft in ei­ner christ­li­chen Kir­che.
Der Be­klag­te erfülle mit staat­li­chen Mit­teln ei­nen staat­li­chen Auf­trag, der eben­so gut von ei­nem nicht re­li­giösen Träger wahr­ge­nom­men wer­den könne.

Die DW ge­he mit der Aus­wei­tung ih­rer Auf­ga­ben­be­rei­che im­mer mehr da­zu über, je nach Verfügbar­keit auf dem Ar­beits­markt auch Nicht­chris­ten ein­zu­stel­len. Sie ge­be in ih­ren ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten le­dig­lich zwin­gend vor, dass evan­ge­li­sche Grund­la­gen der dia­ko­ni­schen Ar­beit an­er­kannt würden und der Beschäftig­te sich durch sein Ver­hal­ten da­zu nicht in Wi­der­spruch set­ze. Die Mit­glied­schaft in ei­ner Kir­che sei le­dig­lich als Soll­vor­schrift aus­ge­stal­tet, Aus­nah­men sei­en zulässig.


Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung gemäß § 15 AGG zu zah­len, de­ren Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ist der Auf­fas­sung, der Kläge­rin ste­he der gel­tend ge­mach­te Entschädi­gungs­an­spruch nicht zu und trägt da­zu im Ein­zel­nen vor:

Der Vor­wurf der un­zulässi­gen Be­nach­tei­li­gung we­gen der eth­ni­schen Her­kunft schei­de von vorn­her­ein aus, da sich der Be­klag­te we­der im Rah­men der veröffent­lich­ten Stel­len­an­zei­ge noch später bei der Be­set­zung sei­ne Ent­schei­dung

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da­von ha­be lei­ten las­sen und letzt­end­lich die frag­li­che Stel­le an ei­ne gebürti­ge In­de­rin ver­ge­ben ha­be.

Die Be­gren­zung der als ge­eig­net an­ge­se­he­nen Be­wer­ber und Be­wer­be­rin­nen in der Stel­len­an­zei­ge auf Per­so­nen, die die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che auf­wei­sen konn­ten, sei gemäß § 9 Abs. 1 AGG zulässig ge­we­sen und stel­le da­mit kei­nen Ver­s­toß ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des AGG dar.

Al­lei­ni­ger Maßstab für die Zulässig­keit des Han­delns des Be­klag­ten sei­en die Vor­schrif­ten des AGG, durch die der Ge­setz­ge­ber der Bun­des­re­pu­blik die EG-Richt­li­nie in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt ha­be. Das selbst­verständ­li­che Ge­bot der richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung des na­tio­na­len Rechts be­deu­te nicht, dass das Eu­ropäische Recht und da­mit die in Fra­ge ste­hen­de Richt­li­nie al­lei­ni­ge oder we­sent­li­che Richt­schnur für die Aus­le­gung des § 9 AGG sei. In ers­ter Li­nie ha­be sich die Aus­le­gung an na­tio­na­lem Recht, ins­be­son­de­re der Ver­fas­sung mit ih­rer be­son­de­ren Ga­ran­tie des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts (Art. 140 GG i.V.m. § 137 WRV) aus­zu­rich­ten.
Auch der eu­ro­pa­recht­li­che Kon­text des § 9 AGG führe im Übri­gen zu kei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Durch die Erklärung Nr. 11 im Ams­ter­da­mer Ver­trag so­wie vor al­lem durch den auf die­se Erklärung Be­zug neh­men­den Erwägungs­grund 24 zu der in Fra­ge ste­hen­den EG – Richt­li­nie wer­de klar­ge­stellt, dass das Ge­mein­schafts­recht den na­tio­na­len Sta­tus der Kir­chen und die sich dar­an knüpfen­den spe­zi­fi­schen Be­fug­nis­se ge­ra­de nicht in ir­gend­ei­ner Wei­se be­ein­träch­ti­gen, mit­hin in die den Kir­chen nach den na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen gewähr­ten Au­to­no­mi­en und Ent­schei­dungs­frei­hei­ten in kei­ner Wei­se ein­grei­fen wol­le.

 

§ 9 Abs. 1 AGG be­rech­ti­ge den Be­klag­ten, die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che als „be­ruf­li­che An­for­de­rung“ für ei­ne jed­we­de Tätig­keit in sei­nem Wir­kungs­kreis zu de­fi­nie­ren und da­mit zur Vor­aus­set­zung für ei­ne Ein­stel­lung zu ma­chen.
Die Aus­le­gung die­ser Vor­schrift ha­be sich aus­sch­ließlich dar­an zu ori­en­tie­ren, in­wie­weit und in wel­cher Wei­se der Be­klag­te bzw. die NEK und EKD un­ter

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Be­ach­tung ih­res Selbst­verständ­nis­ses als christ­li­che Kir­che le­gi­ti­miert sei­en, An­for­de­run­gen an Beschäftig­te im kirch­li­chen Dienst auf­zu­stel­len. Im Hin­blick auf das ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­te kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht kom­me al­lein der Kir­che das Recht zu, für sich näher zu de­fi­nie­ren und fest­zu­le­gen, was in ih­rem Wir­kungs­kreis „be­ruf­li­che An­for­de­run­gen“ zu sein hätten. Die Ge­samt­heit der kirch­li­chen Be­diens­te­ten wer­de als Dienst­ge­mein­schaft ver­stan­den, in der je­der ein­zel­ne ei­nen auf das Selbst­verständ­nis der Kir­che be­zo­ge­nen, von die­sem nicht trenn­ba­ren Dienst wahr­neh­me, und da­mit un­mit­tel­bar zu den „We­sens- und Le­bensäußerun­gen" der Kir­che bei­tra­ge. Die­se ge­ne­rel­le Ver­knüpfung der Tätig­keit je­des ein­zel­nen kirch­li­chen Mit­ar­bei­ters mit der Wahr­neh­mung des um­fas­sen­den kirch­li­chen Auf­trags dürfe un­abhängig von der je­weils kon­kret erfüll­ten Auf­ga­be nicht in Fra­ge ge­stellt wer­den. Viel­mehr müsse es der Kir­che frei­ste­hen, für den Be­reich der in ih­rem Wir­kungs­kreis ent­fal­te­ten Tätig­kei­ten au­to­nom Fest­le­gun­gen zu tref­fen, die auch in­ner­halb der welt­li­chen Rechts­ord­nung un­mit­tel­bar Ver­bind­lich­keit ent­fal­te­ten. Die die­sen Zu­sam­menhängen Rech­nung tra­gen­den ver­bind­li­chen Vor­ga­ben fänden ih­ren Nie­der­schlag in der Richt­li­nie des Ra­tes der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land. An den dort in § 3 ge­re­gel­ten be­ruf­li­chen An­for­de­run­gen für die Auf­nah­me ei­ner Tätig­keit im kirch­li­chen Dienst ori­en­tie­re sich die Ein­stel­lungs- und Beschäfti­gungs­pra­xis des Be­klag­ten. Bei dem Be­klag­ten ein­sch­ließich des ihm an­ge­schlos­se­nen Hilfs­wer­kes der NEK gehörten von 207 Mit­ar­bei­tern le­dig­lich 5 nicht der Evan­ge­li­schen oder Ka­tho­li­schen Kir­che an. Die­se Aus­nah­men sei­en al­lein da­durch be­dingt, dass im Wir­kungs­kreis des Be­klag­ten die Erfüllung be­stimm­ter Auf­ga­ben ge­ra­de nur mit Men­schen möglich sein könne, die nicht der christ­li­chen Re­li­gi­on an­gehörten oder dass die Si­tua­ti­on auf dem Ar­beits­markt es er­for­de­re, ei­nen nicht dem christ­li­chen Glau­bens­be­kennt­nis anhängen­den Men­schen ein­zu­stel­len.

Auch nach der Art der Tätig­keit der im Streit ste­hen­den Stel­le sei die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che als ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­zu­er­ken­nen.
Bei dem Pro­jekt „In­te­gra­ti­ons­lot­se H.“ ge­he es nicht primär dar­um, dass der be­trau­te Mit­ar­bei­ter auf Grund sei­ner ei­ge­nen Per­son ei­ne be­son­de­re Nähe zu dem an­ge­spro­che­nen Per­so­nen­kreis der Mi­gran­ten auf­wei­se. Es sei ge­ra­de An­lie­gen und Ziel des Pro­jek­tes, ei­ne In­te­gra­ti­on der Mi­gran­ten in die hie­si­ge Ge­sell­schaft zu

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be­glei­ten, was re­gelmäßig nur von ei­ner Per­son mit ei­nem Hin­ter­grund, der nicht dem­je­ni­gen der zu be­treu­en­den Mi­gran­ten ent­spre­che, ge­leis­tet wer­den könne.
Der Be­klag­te als Spit­zen­ver­band der DW ver­fol­ge den kirch­li­chen Auf­trag nicht im We­ge der Verkündi­gung oder Mis­sio­nie­rung, son­dern über ei­nen „in Wort und Tat“ prak­ti­zier­ten „ganz­heit­li­chen Dienst am Men­schen“ al­so im We­ge der täti­gen Nächs­ten­lie­be.
Die im Pro­jekt In­te­gra­ti­ons­lot­se H. für die dort beschäftig­te So­zi­alpädago­gin an­fal­len­den Auf­ga­ben stünden im un­mit­tel­ba­ren Kon­text mit der Wahr­neh­mung des dia­ko­ni­schen Auf­tra­ges des Be­klag­ten. In­halt­lich sei das Pro­jekt da­von ge­prägt, die struk­tu­rel­len und in­sti­tu­tio­nel­len Ur­sa­chen der Dis­kri­mi­nie­rung und Be­nach­tei­li­gung von Mi­gran­ten zu be­sei­ti­gen, ih­re Par­ti­zi­pa­ti­onsmöglich­kei­ten zu stärken und die Gleich­stel­lung und Gleich­be­rech­ti­gung von Mi­gran­ten zu er­rei­chen. Die­ser An­satz ori­en­tie­re sich an der Rah­men­kon­zep­ti­on „Mi­gra­ti­on, In­te­gra­ti­on und Flucht“ des DW der EKD und trans­por­tie­re da­mit das dia­ko­ni­sche Pro­fil in die fach­li­che Ar­beit. Das Pro­jekt präsen­tie­re sich folg­lich ex­pli­zit als ein sol­ches der Be­klag­ten und da­mit der EKD und des NEK.

Zu den Auf­ga­ben der So­zi­alpädago­gin gehöre es laut Stel­len­be­schrei­bung, den Be­klag­ten in öffent­li­chen Auf­trit­ten bei Ver­an­stal­tun­gen, in Gre­mi­en, in Ver­hand­lun­gen ins­be­son­de­re auch ge­genüber Ver­tre­tern von Behörden, In­sti­tu­tio­nen und Verbänden so­wie ge­genüber kom­mu­na­len, na­tio­na­len und in­ter­na­tio­na­len Ein­rich­tun­gen zu re­präsen­tie­ren. Da­mit er­hal­te die Tätig­keit ei­nen un­mit­tel­ba­ren kirch­lich-dia­ko­ni­schen Ein­schlag, der die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che als Merk­mal der Iden­ti­fi­ka­ti­on mit dem Leit­bild des Be­klag­ten für die Mit­ar­bei­te­rin un­ab­ding­bar ma­che.
Die­se Ein­ord­nung der Tätig­keit wer­de nicht da­durch re­la­ti­viert, dass das Pro­jekt ein­ge­bun­den sei in ei­ne Initia­ti­ve der Eu­ropäischen Uni­on und aus de­ren so­wie Bun­des­mit­teln fi­nan­ziert wer­de. Den Zu­wen­dungs­ge­bern auf eu­ropäischer und na­tio­na­ler Ebe­ne sei be­wusst, dass ei­ne Un­terstützung von Pro­jek­ten, die ein kirch­lich-dia­ko­ni­scher Träger durchführe, stets von vorn­her­ein un­ter den sich mit Blick auf das kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht er­ge­ben­den Vor­be­hal­ten ste­he. Dem­ent­spre­chend mach­ten die Zu­wen­dungs­be­schei­de dem Be­klag­ten die neu­tra­le Aus­wahl von Mit­ar­bei­tern ge­ra­de nicht zur recht­lich er­zwing­ba­ren Auf­la­ge, son­dern ließen es mit ei­nem bloßen „Hin­weis“ im Sin­ne ei­ner Emp­feh­lung be­wen­den in

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Re­spekt vor dem kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­recht. Das ge­sam­te Sub­ven­ti­ons-Zu­wen­dungs­recht – zu­mal als Be­stand­teil des öffent­li­chen Rech­tes -müsse die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie aus Ar­ti­kel 140 GE in Ver­bin­dung mit Ar­ti­kel 137 Abs. 3 WRV, auf die sich der Be­klag­te oh­ne Ein­schränkung be­ru­fen könne, an­er­ken­nen.


Zur Ergänzung des Tat­be­stands wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen, die zum Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­macht wur­den, so­wie auf den ge­sam­ten Ak­ten­in­halt Be­zug ge­nom­men.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Kla­ge ist zulässig und be­gründet.

Der Kläge­rin steht ge­gen den Be­klag­ten ein Scha­dens­er­satz­an­spruch in Höhe von € 3.900,00 gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AGG i. V. m. §§ 7 Abs. 1, 3 Abs. 1 AGG zu.

1.) Die Ab­leh­nung der Be­wer­bung der Kläge­rin auf die Stel­len­an­zei­ge vom 30. No­vem­ber 2001 bezüglich ei­ner So­zi­alpädago­gin für das Teil­pro­jekt „In­te­gra­ti­ons­lot­se H.“ stellt ei­nen Ver­s­toß ge­gen das in § 7 Abs. 1 i. V. m. §§ 1, 2, 3 AGG fest­ge­leg­te Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot dar.

a) Die Be­wer­bung der Kläge­rin auf die frag­li­che Stel­le ist un­strei­tig we­gen der Re­li­gi­on der Kläge­rin von dem Be­klag­ten nicht berück­sich­tigt wor­den.
Die­se Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin im Ein­stel­lungs­ver­fah­ren ist un­zulässig.
Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung der Kläge­rin we­gen ih­rer Re­li­gi­on erfüllt nicht die Vor­aus­set­zun­gen der Aus­nah­me­vor­schrift des § 9 Abs. 1 AGG.

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Gemäß §9 Abs.2 AGG ist ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on bei der Beschäfti­gung durch Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, die ih­nen zu­ge­ord­ne­ten Ein­rich­tun­gen oh­ne Rück­sicht auf ih­re Rechts­form oder durch Ver­ei­ni­gun­gen, die sich die ge­mein­schaft­li­che Pfle­ge ei­ner Re­li­gi­on zur Auf­ga­be ma­chen, auch zulässig, wenn ei­ne be­stimm­te Re­li­gi­on un­ter Be­ach­tung des Selbst­verständ­nis­ses der je­wei­li­gen Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft oder Ver­ei­ni­gung im Hin­blick auf ihr Selbst­be­stim­mungs­recht oder nach Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt.

aa) Mit der Vor­schrift des § 9 AGG macht der Ge­setz­ge­ber Ge­brauch von den Op­tio­nen zur Aus­ge­stal­tung der un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on in kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen, wie sie in der Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 nie­der­ge­legt sind. Art. 4 Abs.2 RL 2008/78/EG lau­tet:

„Die Mit­glied­staa­ten können in Be­zug auf be­ruf­li­che Tätig­kei­ten in­ner­halb von Kir­chen und an­de­ren öffent­li­chen oder pri­va­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen, de­ren Ethos auf re­li­giösen Grundsätzen oder Welt­an­schau­un­gen be­ruht, Be­stim­mun­gen in ih­ren zum Zeit­punkt der An­nah­me die­ser Richt­li­nie gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten bei­be­hal­ten oder in künf­ti­gen Rechts­vor­schrif­ten Be­stim­mun­gen vor­se­hen, die zum Zeit­punkt der An­nah­me die­ser Richt­li­nie be­ste­hen­de ein­zel­staat­li­che Ge­pflo­gen­hei­ten wi­der­spie­geln, und wo­nach ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen der Re­li­gi­on ei­ner Per­son kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stellt, wenn die Re­li­gi­on oder die Welt­an­schau­ung die­ser Per­son nach der Art die­ser Tätig­kei­ten oder der Umstände ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on dar­stellt. Ei­ne sol­che Un­gleich­be­hand­lung muss die ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­stim­mun­gen und Grundsätze der Mit­glied­staa­ten so­wie die all­ge­mei­nen Grundsätze des Ge­mein­schafts­rechts be­ach­ten und recht­fer­tigt kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung aus ei­nem an­de­ren Grund.“

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Die dar­in ent­hal­te­ne Be­stands­schutz­klau­sel erklärt es für zulässig, das na­tio­na­le Staats­kir­chen­recht be­ste­hen zu las­sen. Die be­ste­hen­den ein­zel­staat­li­chen Ge­pflo­gen­hei­ten müssen nicht an­ge­passt wer­den. Die mit­glied­staat­li­chen Aus­nah­men für die be­ruf­li­che Tätig­keit in re­li­giösen Or­ga­ni­sa­tio­nen dürfen je­doch nicht über das nach Art. 4 Abs. 2 zulässi­ge Ma­xi­mum hin­aus­ge­hen (Rust/Fal­ke AGG Kom­men­tar,§9, RN 25).
Dar­an ändert auch der Erwägungs­grund Nr. 24 der Richt­li­nie nichts. Er ver­weist auf die der Schluss­ak­te zum Ver­trag von Ams­ter­dam bei­gefügten Erklärung Nr.11, in der die Eu­ropäische Uni­on zum Sta­tus der Kir­chen und welt­an­schau­li­chen Ge­mein­schaf­ten aus­drück­lich an­er­kannt hat, dass sie den Sta­tus, den Kir­chen und re­li­giöse Ver­ei­ni­gun­gen oder Ge­mein­schaf­ten in den Mit­glied­staa­ten nach de­ren Rechts­vor­schrif­ten ge­nießen, ach­tet und ihn nicht be­ein­träch­tigt.
Die Erklärung Nr.11 ist ei­ne po­li­ti­sche Ab­sichts­erklärung, die im Text des Uni­ons­ver­tra­ges selbst nicht ent­hal­ten ist, und be­sitzt als sol­che kei­ne recht­li­che Ver­bind­lich­keit (Thüsing, Kirch­li­ches Ar­beits­recht, S.222).
Die Be­fug­nis­se der Mit­glieds­staa­ten wer­den durch Ar­ti­kel 4 Abs. 2 der Richt­li­nie ge­ra­de kon­kre­ti­siert. Ei­ne wei­ter­ge­hen­de, im Richt­li­ni­en­text selbst nicht ent­hal­te­ne Aus­nah­me vom Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot kann nicht aus ei­ner Be­gründungs­erwägung ab­ge­lei­tet wer­den, die le­dig­lich all­ge­mein die Zu­las­sung von Aus­nah­men be­gründet (Er­fur­ter Kom­men­tar 7. Auf­la­ge Schlach­ter § 9 AGG Rand­no­te 3).

Die Richt­li­nie bin­det ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung nach der Re­li­gi­on dar­an, dass die­se nach Art der Tätig­keit oder den Umständen ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che, rechtmäßige und ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung an­ge­sichts des Ethos der Or­ga­ni­sa­ti­on dar­stellt. Die Recht­fer­ti­gungs­wir­kung hat mit­hin ei­nen Tätig­keits­be­zug, der ei­ne un­ter­schieds­lo­se For­de­rung nach Re­li­gi­ons­zu­gehörig­keit pro­ble­ma­tisch macht (Er­fur­ter Kom­men­tar, 7.Auf­la­ge, Schlach­ter, §9, RN 1).
Das na­tio­na­le Recht ist richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen, um ei­nen Wi­der­spruch zum eu­ropäischen Recht zu ver­mei­den.

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bb) Der Be­klag­te ist Adres­sat der Vor­schrift des § 9 Abs. 2 AGG.
Ar­ti­kel 140 GG i. V. m. Ar­ti­kel 137 Abs. 3 WRV ga­ran­tiert den Re­li­gi­ons­ge­sell­schaf­ten, al­so auch der Kir­che, die Frei­heit, ih­re An­ge­le­gen­hei­ten selbständig in­ner­halb der Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes zu ord­nen und zu ver­wal­ten.
Die­se Selbst­ord­nungs- und Selbst­ver­wal­tungs­ga­ran­tie kommt nicht nur den Kir­chen und de­ren recht­lich selbständi­gen Tei­len zu Gu­te, son­dern al­len der Kir­che in be­stimm­ter Wei­se zu­ge­ord­ne­ten Ein­rich­tun­gen oh­ne Rück­sicht auf ih­re Rechts­form, wenn sie nach kirch­li­chem Selbst­verständ­nis ih­rem Zweck und ih­rer Auf­ga­be ent­spre­chend be­ru­fen sind, ein Stück des Auf­trags der Kir­che wahr­zu­neh­men und zu erfüllen (Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt Be­schluss vom 04. Ju­ni 1985 – 2 BvR 1703, 1718/38 und 856/84 – E 70, S. 138 f).
Das DW der EKD gehört oh­ne Zwei­fel zu sol­chen Ein­rich­tun­gen der Evan­ge­li­schen Kir­che.

cc) Das Selbst­verständ­nis des Be­klag­ten als Ein­rich­tung der Evan­ge­li­schen Kir­che ist richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen.

Nach dem Selbst­verständ­nis der Evan­ge­li­schen Kir­che um­fasst die Re­li­gi­ons­ausübung nicht nur den Be­reich des Glau­bens und des Got­tes­diens­tes, son­dern auch die Frei­heit zur Ent­fal­tung und Wirk­sam­keit in der Welt, wie es ih­rer re­li­giösen und dia­ko­ni­schen Auf­ga­be ent­spricht.

Die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts gewähr­leis­tet den Kir­chen, darüber zu be­fin­den, wel­che Diens­te es in ih­ren Ein­rich­tun­gen ge­ben soll und in wel­chen Rechts­for­men sie wahr­zu­neh­men sind. Die Kir­chen sind da­bei nicht dar­auf be­schränkt, für den kirch­li­chen Dienst be­son­de­re Ge­stal­tungs­for­men zu ent­wi­ckeln, sie können sich auch der je­der­mann of­fen­ste­hen­den Pri­vat­au­to­no­mie be­die­nen, um ein Dienst­verhält­nis zu be­gründen und zu re­geln. Die im Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­chen ent­hal­te­ne Ord­nungs­be­fug­nis gilt nicht nur für die kirch­li­che Ämter­or­ga­ni­sa­ti­on, son­dern all­ge­mein für die Ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes. Be­die­nen sich die Kir­chen wie

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je­der­mann der Pri­vat­au­to­no­mie zur Be­gründung von Ar­beits­verhält­nis­sen, so fin­det auf die­se das staat­li­che Ar­beits­recht An­wen­dung. Die Ein­be­zie­hung der kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­se in das staat­li­che Ar­beits­recht hebt je­doch de­ren Zu­gehörig­keit zu den „ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten“ der Kir­che nicht auf. Sie darf des­halb die ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Ei­gen­art des kirch­li­chen Diens­tes nicht in Fra­ge stel­len. Die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie des Selbst­be­stim­mungs­rechts der Kir­che bleibt für die Ge­stal­tung die­ser Ar­beits­verhält­nis­se we­sent­lich. Die Ge­stal­tungs­frei­heit des kirch­li­chen Ar­beit­ge­bers nach Ar­ti­kel 37 Abs. 3 Satz 1 WRV für die auf Ver­trags­ebe­ne be­gründe­ten Ar­beits­verhält­nis­se steht un­ter dem Vor­be­halt des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes. Der Wech­sel­wir­kung von Kir­chen­frei­heit und Schran­ken­zweck ist durch ent­spre­chen­de Güter­abwägung Rech­nung zu tra­gen. Da­bei ist dem Selbst­verständ­nis der Kir­chen ein be­son­de­res Ge­wicht bei­zu­mes­sen, das auch bei der In­ter­pre­ta­ti­on des In­di­vi­dual­ar­beits­rechts zu be­ach­ten ist (Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt a.a.O.).

Da­nach be­stimmt sich die Reich­wei­te des für die Kir­che be­ste­hen­den Pri­vi­legs ins­be­son­de­re auch hin­sicht­lich der Ent­schei­dung, ob die bei ihr beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter der christ­li­chen Kir­che an­gehören müssen oder nicht, al­lein nach ih­rem Selbst­verständ­nis. Dem folgt auch der Be­klag­te mit der von ihm in die­sem Rechts­streit ver­tre­te­nen Auf­fas­sung.

Die un­ein­ge­schränk­te An­wen­dung der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts auf die Aus­nah­me­klau­sel des § 9 AGG be­geg­net je­doch in der ar­beits­recht­li­chen Li­te­ra­tur er­heb­li­cher Kri­tik.
Da­nach muss der Be­griff des Selbst­verständ­nis­ses im Kon­text des § 9 Abs. 1 AGG neu und re­strik­ti­ver in­ter­pre­tiert wer­den, um richt­li­ni­en­kon­form zu sein. Bei der Aus­le­gung der Aus­wir­kun­gen des Selbst­verständ­nis­ses müsse berück­sich­tigt wer­den, dass sich die aus § 9 Abs. 1 ab­ge­lei­te­te Pri­vi­le­gie­rung des kirch­li­chen Ar­beit­ge­bers auf we­sent­li­che be­ruf­li­che An­for­de­run­gen be­zie­he. Die­se in Ar­ti­kel 4 Abs. 2 der Rah­men­richt­li­nie, nicht aber in § 9 Abs. 1 ent­hal­te­ne Be­gren­zung ver­deut­li­che, dass sich aus dem „Selbst­verständ­nis“ kein all­ge­mei­ner

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An­spruch auf un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ab­lei­ten las­se. Ein sol­cher könne sich nur auf den „we­sent­li­chen“ Kern­be­reich von Be­rufs­fel­dern be­schränken, die in­halt­lich di­rekt mit der Ver­mitt­lung der In­hal­te der Re­li­gi­on be­fasst sei­en oder die der un­mit­tel­ba­ren Ausübung des Glau­bens oder der An­schau­ung dien­ten. Ei­ne sol­che Aus­le­gung wer­de auch gestützt durch den Erwägungs­grund 23 der Richt­li­nie, der aus­drück­lich nur von „sehr be­grenz­ten Be­din­gun­gen“ spre­che, un­ter de­nen ei­ne „un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ge­recht­fer­tigt sein kann“.
Vor die­sem Hin­ter­grund könne das Selbst­verständ­nis ei­ner Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft kein ab­so­lu­ter und ab­sch­ließen­der Maßstab mehr für die Be­wer­tung der Zulässig­keit ei­ner un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung sein (Wed­de in Däubler/ Bertz­bach, AGG Kom­men­tar § 9 Rand­no­te 35, 41, 42 m. w. N.).

Aus­ge­hend von die­sen Über­le­gun­gen, de­nen sich die ent­schei­den­de Kam­mer in vol­lem Um­fang an­sch­ließt, steht es der Kir­che und da­mit dem Be­klag­ten ent­ge­gen des­sen Auf­fas­sung nicht frei, be­ruf­li­che An­for­de­run­gen für ei­ne jed­we­de Tätig­keit in sei­nem Wir­kungs­kreis zu de­fi­nie­ren und da­mit zur Vor­aus­set­zung für ei­ne Ein­stel­lung zu ma­chen, oh­ne dass es noch auf ei­ne spe­zi­fi­sche Recht­fer­ti­gung für die dar­aus fol­gen­de un­ter­schied­li­che Be­hand­lung an­kommt. Für die kon­kre­te Tätig­keit darf das Selbst­verständ­nis des Be­klag­ten nur dann ei­ne ent­schei­den­de Rol­le spie­len, wenn die­se da­zu in ei­ner di­rek­ten Be­zie­hung steht.

Un­ter Be­ach­tung des so ver­stan­de­nen Selbst­verständ­nis­ses der Kir­che hat die Be­ur­tei­lung zu er­fol­gen, ob die Re­li­gi­on von Beschäftig­ten im Hin­blick auf das Selbst­verständ­nis der Kir­che oder nach Art der Tätig­keit ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt
 

dd) Für die hier in Fra­ge ste­hen­de Stel­le ei­ner So­zi­alpädago­gin im Rah­men des Teil­pro­jekts „In­te­gra­ti­ons­lot­se H.“ ist die Zu­gehörig­keit zur christ­li­chen

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Kir­che und da­mit die christ­li­che Re­li­gi­on kei­ne in Hin­blick auf das Selbst­be­stim­mungs­recht des Be­klag­ten ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung.

Das Selbst­be­stim­mungs­recht, das in Ar­ti­kel 137 Abs. 3 WRV sei­nen di­rek­ten Ur­sprung hat, be­inhal­tet das Recht der Kir­che, al­le ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten gemäß den spe­zi­fi­schen kirch­li­chen Ord­nungs­ge­sichts­punk­ten recht­lich ge­stal­ten zu können (Rust/Falk a.a.O. § 9 Rand­no­te 53). Auf die in­so­weit oben zi­tier­ten Ausführun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts wird ver­wie­sen.
Die­se weit­rei­chen­den Be­fug­nis­se be­rech­ti­gen die Kir­che je­doch nicht fest­zu­le­gen, dass al­le Tätig­kei­ten un­abhängig von dem kon­kre­ten Tätig­keits­be­zug nur von An­gehöri­gen der kirch­li­chen Ge­mein­schaft be­setzt wer­den können. Ei­ne sol­che Fest­le­gung stünde in of­fen­kun­di­gem Wi­der­spruch zu der Vor­ga­be der Rah­men­richt­li­nie, nach der nur we­sent­li­che be­ruf­li­che An­for­de­run­gen fest­ge­legt wer­den dürfen (Wed­de a.a.O. Rand­no­te 52).
Bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung ist es zulässig, wenn der kirch­li­che Ar­beit­ge­ber in Ausfüllung des Selbst­be­stim­mungs­rech­tes, so­weit es um die re­li­giöse Di­men­si­on des kirch­li­chen Diens­tes geht, die Ein­stel­lung von der Kir­chen­zu­gehörig­keit abhängig macht (Rust/Fal­ke a.a.O. Rand­no­te 110). Dies be­trifft sämt­li­che Tätig­kei­ten, die den Verkündungs­auf­trag zum Ge­gen­stand ha­ben, den so­ge­nann­ten „verkündungs­na­hen Be­reich“. Auch be­stimm­te ex­po­nier­te Po­si­tio­nen wie z. B. Geschäftsführ­er­funk­tio­nen von kirch­li­chen Kran­kenhäusern oder von welt­an­schau­li­chen Schu­len können dar­un­ter­fal­len (Wed­de a.a.O. Rand­no­te 51). Nicht er­fasst wer­den je­doch Po­si­tio­nen, die kei­ne Berührung mit der Verkündung der Bot­schaft der christ­li­chen Kir­che ha­ben (so­ge­nann­ter „verkündungs­fer­ner Be­reich“). In­so­weit be­ste­hen kei­ne schützens­wer­ten In­ter­es­sen der Kir­che, die ei­ne Un­gleich­be­hand­lung recht­fer­ti­gen könn­ten (Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG Kom­men­tar § 9 Rand­no­te 15).

Der Be­klag­te ver­steht sich auf der Grund­la­ge sei­ner Präam­bel als Re­präsen­tant der Evan­ge­li­schen Kir­che und ih­rer zen­tra­len christ­li­chen Glau­bens­in­hal­te. Sein dia­ko­ni­sches Wir­ken ist Re­li­gi­ons­ausübung. Er ist

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da­her grundsätz­lich be­rech­tigt, die ma­te­ri­el­len In­hal­te der be­ruf­li­chen An­for­de­rung selbst zu be­stim­men. Er be­ruft sich in­so­weit auf die Richt­li­ni­en des Ra­tes der EKD. Dort wird in § 3 Abs. 1 grundsätz­lich die Zu­gehörig­keit zu ei­ner evan­ge­li­schen Kir­che zur Vor­aus­set­zung für die be­ruf­li­che Mit­ar­beit in der EKD und ih­rer DW ge­macht. Nach Abs. 2 kann da­von je­doch ab­ge­wi­chen wer­den für Auf­ga­ben, die nicht der Verkündung, Seel­sor­ge, Un­ter­wei­sung oder Lei­tung zu­zu­ord­nen sind, wenn an­de­re ge­eig­ne­te Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter nicht zu ge­win­nen sind. In die­sem Fall können auch Per­so­nen ein­ge­stellt wer­den, die ei­ner an­de­ren Mit­glieds­kir­che der Ar­beits­ge­mein­schaft christ­li­cher Kir­chen in Deutsch­land oder der Ver­ei­ni­gung evan­ge­li­scher Frei­kir­chen an­gehören sol­len. Die Ein­stel­lungsmöglich­keit von Per­so­nen an­de­rer Re­li­gio­nen wird nicht aus­drück­lich un­ter­sagt. Un­strei­tig beschäftigt der Be­klag­te auch ver­ein­zelt Per­so­nen, die we­der der Evan­ge­li­schen noch der Ka­tho­li­schen Kir­che bzw. ei­ner frei­kirch­li­chen oder grie­chisch-or­tho­do­xen Kon­fes­si­on an­gehören.

Da­mit trägt so­wohl die Richt­li­nie als auch die Pra­xis des Be­klag­ten der For­de­rung ein Stück weit Rech­nung, dass für Tätig­kei­ten im verkündungs­fer­nen Be­reich die Zu­gehörig­keit zur christ­li­chen Kir­che nicht Ein­stel­lungs­vor­aus­set­zung sein muss.

In Be­zug auf die hier strei­ti­ge Stel­le hat der Be­klag­te nicht plau­si­bel dar­ge­legt, dass die­se dem verkündungs­na­hen Be­reich im oben dar­ge­leg­ten Sin­ne zu­zu­rech­nen ist, ins­be­son­de­re kon­kre­te Ausführun­gen da­zu, dass und in­wie­weit die Stel­le der Verkündung, Seel­sor­ge, Un­ter­wei­sung oder Lei­tung zu­zu­ord­nen ist, nicht ge­macht. An­halts­punk­te, dass es sich um ei­ne her­aus­ra­gen­de Po­si­ti­on han­delt, die not­wen­dig die Iden­ti­fi­zie­rung mit den Verkündungs­in­hal­ten der christ­li­chen Kir­che er­for­dert, sind nicht er­sicht­lich und von dem Be­klag­ten im Übri­gen auch nicht vor­ge­tra­gen.

ee) Auch nach Art der Tätig­keit, die ei­ne So­zi­alpädago­gin im Rah­men des Teil­pro­jek­tes „In­te­gra­ti­ons­lot­se H.“ zu ver­rich­ten hat, ist die Zu­gehörig­keit

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zu ei­ner christ­li­chen Kir­che nicht ei­ne ge­recht­fer­tig­te be­ruf­li­che An­for­de­rung.
Ein­schlägig sind nur sol­che An­for­de­run­gen, die sich für be­stimm­te Ar­ten von Tätig­kei­ten un­mit­tel­bar aus ei­nem Zu­sam­men­spiel von re­li­giösem oder welt­an­schau­li­chem Selbst­verständ­nis und kon­kre­ter be­ruf­li­cher An­for­de­rung er­ge­ben. In richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung sind auch die­se Vor­aus­set­zun­gen eng zu fas­sen. In­so­weit muss der Nach­weis er­bracht wer­den, dass es sich um we­sent­li­che An­for­de­run­gen han­delt, die un­ter Be­ach­tung der Zie­le der Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft für die Ausführung der be­stimm­ten Art der Tätig­keit un­umgäng­lich ist (Wed­de a.a.O. Rand­no­te 54).

Vor­lie­gend macht der Be­klag­te un­ter Be­zug­nah­me auf die Stel­len­aus­schrei­bung gel­tend, zu den Auf­ga­ben der in Fra­ge ste­hen­den Stel­le gehörten öffent­li­che Auf­trit­te ge­genüber ver­schie­de­nen Behörden, in ver­schie­de­nen Gre­mi­en, In­sti­tu­tio­nen und Verbänden so­wie ge­genüber kom­mu­na­len, na­tio­na­len und un­ter­na­tio­na­len Ein­rich­tun­gen. Da­mit er­hal­te die Tätig­keit ei­nen un­mit­tel­ba­ren kirch­lich-dia­ko­ni­schen Ein­schlag. We­der aus der Stel­len­be­schrei­bung noch aus dem Vor­trag des Be­klag­ten geht je­doch kon­kret her­vor, wie sich die­se öffent­li­chen Auf­trit­te ge­stal­ten und dass im Zu­ge die­ser Auf­trit­te ei­ne Ver­mitt­lung, Verkündung oder prak­ti­sche Um­set­zung der christ­li­chen Re­li­gi­on statt­fin­den soll. So­fern die Stel­len­be­schrei­bung von Be­zug auf die „Vor­be­rei­tung und Durchführung von Ver­an­stal­tun­gen im Rah­men des Teil­pro­jekts In­te­gra­ti­ons­lot­se H.“ nimmt, er­gibt sich aus dem Wort­laut viel­mehr die An­nah­me, dass im Zu­ge der Auf­trit­te Gesprächs­in­halt das Teil­pro­jekt und nicht der re­li­giöse Hin­ter­grund des Be­klag­ten ist. Für sei­ne Be­haup­tung, das An­lie­gen und Ziel des Pro­jek­tes, die Be­glei­tung der In­te­gra­ti­on der Mi­gran­ten in die hie­si­ge Ge­sell­schaft, könne nur von ei­ner Per­son mit ei­nem Hin­ter­grund, der nicht dem des zu be­treu­en­den Mi­gran­ten ent­spre­che, ge­leis­tet wer­den, bleibt der Be­klag­te ei­ne Be­gründung schul­dig. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist nicht er­sicht­lich, war­um da­zu nur Per­so­nen mit ei­ner Kir­chen­zu­gehörig­keit in der La­ge sein können.

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Da­mit hat der Be­klag­te die ihm gemäß § 22 AGB ob­lie­gen­de Dar­le­gungs- und Be­weis­last nicht erfüllt.

Da­von ab­ge­se­hen spricht so­wohl die um­fas­sen­de Fremd­fi­nan­zie­rung des Pro­jek­tes In­te­gra­ti­ons­lot­se als auch die drin­gen­de Emp­feh­lung in dem Zu­wen­dungs­be­scheid, kei­ne den Be­wer­ber­kreis ein­schränken­den Vor­ga­ben zu ma­chen und die Aus­wahl der Mit­ar­bei­ter neu­tral durch­zuführen, ent­schie­den ge­gen die christ­li­che Prägung der in Fra­ge ste­hen­den Stel­le. Wenn tatsächlich die Zu­wen­dungs­ge­ber auf eu­ropäischer und na­tio­na­ler Ebe­ne, wie der Be­klag­te be­haup­tet, da­von aus­ge­hen, dass ei­ne Durchführung der von ih­nen fi­nan­zier­ten Pro­jek­te sei­tens ei­nes kirch­lich-dia­ko­ni­schen Trägers un­ter den Vor­be­hal­ten des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rech­tes steht, kann die Emp­feh­lung nur als drin­gen­der un­ermüdli­cher Ap­pell ver­stan­den wer­den, dar­auf bei dem in Fra­ge ste­hen­den Pro­jekt zu ver­zich­ten.

b) Die Kläge­rin ist nicht we­gen ih­rer eth­ni­schen Her­kunft be­nach­tei­ligt wor­den.
§ 1 AGG un­ter­schei­det aus­drück­lich zwi­schen Be­nach­tei­li­gung we­gen eth­ni­scher Her­kunft und we­gen Re­li­gi­on. „Eth­ni­sche Her­kunft“ zeich­net sich durch ge­mein­sa­me Her­kunft, Ge­schich­te, Kul­tur oder Zu­sam­men­gehörig­keits­gefühl aus. Ei­ne Sub­sum­mie­rung der Re­li­gi­on un­ter das Merk­mal eth­ni­sche Her­kunft hätte zur Fol­ge, dass ei­ne Tren­nung der bei­den Merk­ma­le nicht mehr möglich wäre. Nur wenn ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung we­gen der Re­li­gi­on nur vor­ge­scho­ben wird, um ei­ne tatsächlich ge­woll­te Be­nach­tei­li­gung we­gen der eth­ni­schen Her­kunft zu ver­schlei­ern, kann es sich um ei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung in Form ei­ner ver­steck­ten Be­nach­tei­li­gung we­gen eth­ni­scher Her­kunft han­deln (vgl. Schlach­ter a.a.O. § 1 Rand­no­te 4).
Da­von ist vor­lie­gend nicht aus­zu­ge­hen. Der Be­klag­te hat deut­lich zum Aus­druck ge­bracht, dass es ihm tatsächlich auf die Zu­gehörig­keit zu ei­ner christ­li­chen Kir­che an­kam. Bestäti­gung fin­det dies dar­in, dass nach sei­nem un­wi­der­spro­che­nen Vor­trag die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ei­ne gebürti­ge In­de­rin er­hielt.

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Dem ist die Kläge­rin nicht sub­stan­ti­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten.

2.) Da der Be­klag­te die Kläge­rin nach al­lem we­gen ih­rer Re­li­gi­on im Ein­stel­lungs­ver­fah­ren be­nach­tei­ligt hat, steht der Kläge­rin ein Entschädi­gungs­an­spruch ge­gen den Be­klag­ten gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu.
Bei der Be­mes­sung der Entschädi­gung ist nach dem un­wi­der­spro­che­nen Vor­trag der Kläge­rin von ei­nem mo­nat­li­chen Ver­dienst für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le in Höhe von € 1.300,00 aus­zu­ge­hen. Die Entschädi­gung ist un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände des Ein­zel­fal­les je nach Schwe­re der Be­ein­träch­ti­gung, An­lass und Be­weg­grund des Han­delns und ei­ner mögli­chen rechts­feind­li­chen Ein­stel­lung fest­zu­le­gen. Eben­so sind Präven­ti­ons­ge­sichts­punk­te zu be­ach­ten (Bücker in Rust-Fal­ke a.a.O. § 15 Rand­no­te 43).
Aus­ge­hend von die­sen Grundsätzen hält die Kam­mer ei­ne Entschädi­gung von € 3.900,00 aus fol­gen­den Gründen für an­ge­mes­sen:
Die Kläge­rin hat­te un­ge­ach­tet der Tat­sa­che, dass sie nicht über ein ab­ge­schlos­se­nes Stu­di­um der So­zi­al­wis­sen­schaft/So­zi­alpädago­gik verfügt und da­mit das An­for­de­rungs­pro­fil der frag­li­chen Stel­le nicht in vol­lem Um­fang erfüll­te, gu­te Aus­sich­ten, oh­ne Be­nach­tei­li­gung die Stel­le zu er­hal­ten. Nach dem un­wi­der­spro­che­nen Vor­trag der Kläge­rin hielt die Mit­ar­bei­te­rin der Be­klag­ten Frau K. die Be­wer­bung der Kläge­rin für so in­ter­es­sant, dass sie die­ser den Ein­tritt in die Kir­che vor­schlug, da dies un­be­ding­te Vor­aus­set­zung für die Stel­le sei. Ein sol­ches An­sin­nen un­ge­ach­tet der Ver­ge­wis­se­rung, ob die Kläge­rin sich denn über­haupt mit den Wer­ten und In­hal­ten der christ­li­chen Kir­che iden­ti­fi­zier­te, ist nur dann nach­voll­zieh­bar, wenn ein er­heb­li­ches In­ter­es­se an der Ein­stel­lung der Kläge­rin be­stand.

Die Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin we­gen ih­rer Re­li­gi­on wiegt um so schwe­rer, als sich der Be­klag­te da­mit be­wusst über die Emp­feh­lung des Zu­wen­dungs­ge­bers für das Pro­jekt In­te­gra­ti­ons­lot­se, die Aus­wahl von Mit­ar­bei­tern neu­tral durch­zuführen, hin­weg­setz­te und da­mit ei­ne

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Be­reit­schaft, sich mit den eu­ropäischen Vor­ga­ben im Dis­kri­mi­nie­rungs­schutz aus­ein­an­der­zu­set­zen, ver­mis­sen lässt.

Die Kläge­rin hat ih­ren Entschädi­gungs­an­spruch recht­zei­tig in­ner­halb der zwei­mo­na­ti­gen Frist des § 15 Abs. 4 AGG nach Zu­gang der Ab­leh­nung des Be­klag­ten vom 06. Fe­bru­ar 2007 mit Schrei­ben vom 21. Fe­bru­ar 2007 gel­tend ge­macht.

Nach al­lem war zu ent­schei­den, wie er­kannt.

Die Ent­schei­dung über die Kos­ten folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 ZPO.

Die Fest­set­zung des Streit­werts be­ruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 3 ZPO.

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