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Gesetz zur Frauenquote in Aufsichtsräten verabschiedet
31.03.2015. Im Sommer 2014 stellten Bundesjustizminister Maas und Bundesfamilienministerin Schwesig ihren gemeinsamen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Frauenquote in Aufsichtsräten der Öffentlichkeit vor.
Auf diesen Startschuss folgte im Januar 2015 der offizielle Gesetzentwurf, der mit einigen Änderungen am 06.03.2015 und damit pünktlich zwei Tage vor dem Weltfrauentag vom Bundestag in zweiter und dritter Lesung angenommen wurde.
Im Folgenden finden Sie einen kurzen Kommentar zu den beschlossenen Änderungen: Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst.
- Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten mitbestimmter und börsennotierter Unternehmen ab 2016
- Gesamterfüllung, Getrennterfüllung und leerer Stuhl
- Pflicht zur Festlegung von Zielgrößen für das Geschlechterverhältnis in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Managementebenen
- Reform des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG) und des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG)
- Kritik an der Neuregelung
- Fazit: Symbol- oder Signalpolitik?
Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten mitbestimmter und börsennotierter Unternehmen ab 2016
Wie bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbart wurde sieht das neue Gesetz eine Mindestquote von 30 Prozent für jedes Geschlecht (d.h. auch für Männer) in den Aufsichtsräten von Großunternehmen vor, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG), dem Montan-Mitbestimmungsgesetz (MontanMitbestG) oder dem Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz (MontanMitbestGErgG) unterliegen.
Betroffen sind damit etwas mehr als 100 Großunternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern sowie Europäische Aktiengesellschaften (SE), bei denen sich das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aus derselben Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt.
Die vom Gesetz erfassten Unternehmen müssen die Frauenquote ab 2016 für die neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten, d.h. die bestehende Aufsichtsratsmandate werden nach bisherigem Recht bis zum Ende der Amtszeit ausgeübt.
Da im Aufsichtsrat von Unternehmen, die unter das MontanMitbestG oder MontanMitbestGErgG fallen, neben den Vertretern der (gleich großen) Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbank ein neutrales Mitglied tätig ist, haben diese Aufsichtsräte immer eine ungerade Anzahl von Mitgliedern. Das neutrale Mitglied zählt bei der Berechnung der Geschlechterquote nicht mit.
Gesamterfüllung, Getrennterfüllung und leerer Stuhl
Anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen gilt die nun gesetzlich festgelegte Frauenquote grundsätzlich für den gesamten Aufsichtsrat als Organ ("Gesamterfüllung"). Allerdings können die Anteilseigner- und/oder die Arbeitnehmerseite der Gesamterfüllung vor einer Wahl widersprechen. In diesem Fall muss jede Bank "ihre" Mindestquote für diese Wahl gesondert erfüllen ("Getrennterfüllung").
Bei Nichterfüllung der Quote ist die quotenwidrige Ernennung bzw. Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“). Bleibt ein Stuhl auf der Arbeitnehmerseite leer, ist eine Nachwahl oder eine gerichtliche Ersatzbestellung vorzunehmen („vorübergehend leerer Stuhl“).
Einzelheiten zur Berechnung der Quote und zu den Folgen einer quotenwidrigen Ernennung bzw. Wahl kann man in einer Informationsbroschüre nachlesen, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMF) zusammen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJ) erarbeitet hat.
Pflicht zur Festlegung von Zielgrößen für das Geschlechterverhältnis in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Managementebenen
Unternehmen, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, sind künftig dazu verpflichtet, sich selbst "verbindliche" Ziele für eine Veränderung der Geschlechterquote
- in ihren Aufsichtsräten,
- in ihren Vorständen und
- in ihren obersten beiden Managementebenen unterhalb des Vorstands
zu setzen und diese eigenständig definierten Ziele zusammen mit einer Frist für die Zielerreichung öffentlich zu machen. Formelle Sanktionen für den Fall der Zielverfehlung sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr setzt der Gesetzgeber hier auf den Druck der öffentlichen Meinung.
Die Pflicht zur Zielfestlegung gilt außer für AGs und KGaAs auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs), für eingetragene Genossenschaften (eGs) und für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaGs), wenn sie dem MitbestG, dem MontanMitbestG, dem MontanMitbestGErgG oder dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) unterliegen.
Nach den Angaben der Gesetzesverfasser sind etwa 3.500 Unternehmen von dieser Regelung betroffen. Erstmals Ziele festlegen müssen die Unternehmen bis zum 30.09.2015.
Unternehmen, die unter die gesetzliche Zielvorgabe eines Frauenanteils von 30 Prozent im Aufsichtsrat fallen (weil sie börsennotiert und mitbestimmt sind), brauchen für ihren Aufsichtsrat kein Ziel festzulegen, weil hier bereits das gesetzliche Ziel von 30 Prozent pro Geschlecht gilt.
Reform des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG) und des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG)
Da der Bund mit gutem Beispiel vorangehen möchte, wurden auch das Gesetz über die Berufung und Entsendung von Frauen und Männern in Gremien im Einflußbereich des Bundes (Bundesgremienbesetzungsgesetz - BGremBG) und das Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes (Bundesgleichstellungsgesetz - BGleiG) in einigen Punkten geändert.
Das BGremBG verpflichtet die Bundesministerien künftig dazu, darauf hinzuwirken, dass in sog. "wesentlichen Gremien", bei denen der Bund mindestens drei Sitze besetzen kann, eine paritätische Geschlechtervertretung erreicht wird. Dieses Ziel soll stufenweise erreicht werden, indem zunächst ab 2016 ein Geschlechteranteil von jeweils mindestens 30 Prozent (entsprechend den Aufsichtsräten von privaten Großunternehmen) und ab dem Jahr 2018 eine Quote von 50 Prozent angestrebt wird, allerdings bezogen auf die vom Bund zu benennenden Gremienmitglieder, da der Bund nur diese beeinflussen kann.
Das BGleiG gilt künftig auch für privatrechtlich organisierte Unternehmen, an denen der Bund mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist, falls sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen und Teil der mittelbaren Bundesverwaltung sind. Anders als ursprünglich vorgesehen fallen privatisierte Unternehmen wie die Deutsche Bahn AG und die Deutsche Post AG nicht unter das BGleiG.
Kritik an der Neuregelung
Der Opposition im Bundestag, d.h. den Grünen und Linken, geht das Gesetz nicht weit genug. Renate Künast von den Grünen verspottete die Frauenquote als "Quötchen" und schlug zusammen mit ihrer Fraktion vor, eine Quote von 40 Prozent anstatt von 30 Prozent einzuführen. Auch die Linke kritisierte das Gesetz als unzureichend, weil letztlich nur rund 100 Unternehmen bzw. Aufsichtsräte betroffen sind.
Auch die Arbeitgeber äußerten deutliche Kritik an dem Reformgesetz, allerdings mit umgekehrter Stoßrichtung. Aus ihrer Sicht ist das Ziel einer höheren Frauenquote von Frauen im Top-Management zwar richtig, doch eine vom Staat vorgegebene feste Quote der falsche Weg dorthin. Arbeitgebervertreter verweisen dabei auf die geringe Anzahl von Frauen, die sich für technisch-naturwissenschaftliche Studiengänge und Berufe entscheiden und auf Verbesserungsbedarf bei der Kinderbetreuung.
Vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) war dagegen prinzipielle Zustimmung zu hören, allerdings verbunden mit der Forderung, die Gesamterfüllung der 30-Prozent-Quote durch eine getrennte Betrachtung von Arbeitgeberbank und Arbeitnehmerbank zu ersetzen (Elke Hannack: Frauenquote im Aufsichtsrat wichtiger Schritt). Denn nach Einschätzung von Gewerkschaftsvertretern wird die Arbeitgeberseite größere Probleme mit der Umsetzung der Quote haben als die Arbeitnehmerseite. Mit diesem Vorschlag konnte sich der DGB durchsetzen, denn die endgültige Gesetzesfassung sieht wie erwähnt neben dem Grundsatz der Gesamterfüllung vor, dass jede Bank dem widersprechen und auf einer Getrennterfüllung bestehen kann.
Ob das von der Geschlechterquote erzwungene Stühlerücken den Arbeitnehmervertretern allerdings wirklich so leicht fallen wird, ist zweifelhaft. Immerhin meldete das gewerkschaftsnahe "Arbeitsrecht im Betrieb" (AiB) Anfang März 2015, dass einige Betriebsräte Sorgen wegen der Frauenquote hätten (AiB, 05.03.2015: Gleichberechtigung. Betriebsräte haben Bedenken gegen Frauenquote). Hierzu heißt es:
"Immer noch befürchten einige Gewerkschafter und Betriebsräte großer Unternehmen, dass das Gesetz die Mitbestimmung schwächen könne. Denn auf die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat würden in der Regel Betriebsratsvorsitzende aus den großen Werken des Konzerns entsandt - also Vertreter, denen die Kollegen auch in Betriebsratswahlen das Vertrauen geschenkt hätten. Das werde so nicht mehr möglich sein, wenn solche Kandidaten wegen der neuen Quote durch Frauen ersetzt werden müssten."
In der Tat: Da es in Industrieunternehmen nur wenige weibliche Betriebsratsvorsitzende großer Werke gibt, müssen hier manche männlichen Top-Gewerkschaftsvertreter künftig Platz machen für ihre Gewerkschaftskolleginnen aus der zweiten Reihe.
Fazit: Symbol- oder Signalpolitik?
Angesichts der überschaubaren Anzahl von Unternehmen, die von der gesetzlich verpflichtenden Frauenquote betroffen sind, und angesichts der Tatsache, dass die strukturellen Ursachen für eine geringe Frauenquote im Top-Management (zu geringer Frauenanteil in MINT-Studiengängen usw.) vom Gesetz nicht angepackt werden, kann man dem Gesetz vorhalten, es ginge nicht weit genug und/oder sei eher symbolisch.
Diese Kritik würde allerdings die Aufmunterung für ambitionierte Frauen übersehen, die auch von solchen vermeintlich kleinen Reformschritten ausgeht. So gesehen sollte man das Reformgesetz als im Prinzip richtige Signalpolitik begreifen anstatt den Vorwurf einer "nur" symbolischen Politik zu erheben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20.01.2015, Bundestag Drucks. 18/3784
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss), vom 04.03.2015, Bundestag Drucks. 18/4227
- Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht 92. Sitzung, Freitag 06.03.2015
- Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, Referentenentwurf
- Bundesministerium für Familie pp. / Bundesministerium der Justiz pp., Fragen und Antworten zu dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst
- Bundesministerium für Familie pp., Pressemeldung vom 21.08.2014: Gleichstellung ist ein Wirtschaftsfaktor
- Bundesministerium der Justiz / Bundesministerium für Familie, "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe pp.", Leitlinien für das Gesetzgebungsverfahren
- Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) / Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Geschlechterquote: Richtiges Ziel, falscher Weg
- Elke Hannack: Frauenquote im Aufsichtsrat wichtiger Schritt
- Arbeitsrecht im Betrieb (AiB), 05.03.2015: Gleichberechtigung. Betriebsräte haben Bedenken gegen Frauenquote
- Spiegel online, 10.09.2014: Ministerin gibt Druck nach: Schwesig schwächt Frauenquote ab
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Arbeitsrecht aktuell: 20/099 Gender Lifetime Earnings Gap
- Arbeitsrecht aktuell: 18/037 "GroKo" will Teilzeit- und Befristungsrecht anpassen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/212 Deutsche Mitbestimmung ist mit EU-Recht vereinbar
- Arbeitsrecht aktuell: 17/185 Entgelttransparenzgesetz in Kraft
- Arbeitsrecht aktuell: 17/092 Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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