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Ge­halts­über­zah­lung bei Über­stun­den­ver­gü­tung

Ar­beit­ge­ber müs­sen ei­ne Über­zah­lung von Über­stun­den­ver­gü­tung nach Tag und Uhr­zeit ge­nau be­le­gen: Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Ur­teil vom 12.10.2011, 9 Sa 156/11
Mann hinter hohem Papierstapel Beim Streit um Über­stun­den braucht man Be­le­ge.

08.05.2012. Wer Über­stun­den macht, ar­bei­tet auf Wunsch des Ar­beit­ge­bers län­ger als ei­gent­lich vor­ge­se­hen. Ab­ge­se­hen von Spit­zen­ver­die­nern kön­nen Ar­beit­neh­mer Be­zah­lung ih­rer Über­stun­den ver­lan­gen. Da­zu müs­sen sie die ge­leis­te­ten Über­stun­den al­ler­dings sehr ge­nau be­le­gen, je­den­falls wenn sie vor Ge­richt zie­hen und die Be­zah­lung ih­rer Über­stun­den ein­kla­gen.

In ei­nem ak­tu­el­len Ur­teil hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Köln ent­schie­den, dass die­se stren­ge Be­weis­last auch um­ge­kehrt für Ar­beit­ge­ber gilt, wenn sie ei­ne be­reits aus­ge­zahl­te Über­stun­den­ver­gü­tung vor Ge­richt zu­rück­for­dern. Denn der Rück­for­de­rungs­an­spruch be­ruht auf der Be­haup­tung, der Ar­beit­neh­mer hät­te gar kei­ne Über­stun­den ge­macht, und die­se Be­haup­tung muss der Ar­beit­ge­ber be­wei­sen - und zwar haar­klein: LAG Köln, Ur­teil vom 12.10.2011, 9 Sa 156/11.

Kla­ge auf Be­zah­lung von Über­stun­den - theo­re­tisch leicht, prak­tisch schwer

Vie­le Ar­beit­neh­mer leis­ten Über­stun­den, oh­ne sie ge­nau zu no­tie­ren. Dann ist ei­ne späte­re Kla­ge auf Be­zah­lung der Über­stun­den prak­tisch aus­sichts­los.

Denn die Ge­rich­te ver­lan­gen vom kla­gen­den Ar­beit­neh­mer, dass er je­de ein­zel­ne Über­stun­de ge­nau nach Da­tum und Uhr­zeit dar­legt. Da­zu gehört die An­ga­be, wel­che Ar­bei­ten ge­leis­tet wur­den und dass der Ar­beit­ge­ber sie ver­langt hat, zu­min­dest aber ein­ver­stan­den war. Und wenn sich der Ar­beit­ge­ber an nichts er­in­nern kann (oder will), muss der Ar­beit­neh­mer die­sen Vor­trag be­wei­sen, z.B. durch Zeu­gen. In­fol­ge die­ser Schwie­rig­kei­ten wer­den die meis­ten Kla­gen auf Be­zah­lung von Über­stun­den ab­ge­wie­sen.

Al­ler­dings können auch Ar­beit­ge­ber Be­kannt­schaft mit die­ser stren­gen Dar­le­gungs- und Be­weis­last ma­chen, nämlich wenn sie ein­mal in der Si­tua­ti­on sind, ein Ar­beits­ge­richt da­von über­zeu­gen zu müssen, dass ei­ne Über­stun­den­be­zah­lung falsch war und der Ar­beit­neh­mer da­her zu Un­recht er­hal­te­ne Zah­lun­gen zurücker­stat­ten muss.

LAG Köln: Ar­beit­ge­ber muss nach Be­zah­lung von Über­stun­den be­wei­sen, dass sie nicht ge­leis­tet wur­den

Im Streit­fall er­stell­te ein Fahr­stuhl­mon­teur über sei­ne War­tungs­ar­bei­ten re­gelmäßig Ar­beits­nach­wei­se, d.h. St­un­den­be­rich­te. Außer­dem reich­te er je­den Mo­nat Über­stun­den­be­rech­nun­gen ein, die die ge­leis­te­ten Über­stun­den für je­den ein­zel­nen Ta­ge auf­zeig­ten. Der Ar­beit­ge­ber über­prüfte die Über­stun­den­be­rech­nun­gen lan­ge Zeit nicht zahl­te die vom Ar­beit­neh­mer auf­ge­schrie­be­nen Über­stun­den ein­fach aus.

Erst nach ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung über­prüfte der Ar­beit­ge­ber St­un­den­be­rich­te und Über­stun­den­be­rech­nun­gen. Da­bei kam er zu dem Er­geb­nis, hier lägen Wi­dersprüche vor. Er for­der­te da­her den an­geb­lich zu Un­recht ge­zahl­ten Über­stun­den­lohn zurück. Da­mit hat­te er we­der vor dem Ar­beits­ge­richt Aa­chen (Ur­teil vom 25.11.2011, 7 Ca 2506/10) noch vor dem LAG Köln Er­folg.

Denn wenn der Ar­beit­ge­ber ei­ne schon ge­zahl­te Über­stun­den­vergütung zurück­for­dert, muss er die Un­rich­tig­keit je­der ein­zel­nen Über­stun­de be­wei­sen, so das LAG. Ge­lingt ihm das nicht, weil er nur lücken­haf­te Auf­zeich­nun­gen hat, hat er eben Pech, so das Ge­richt.

Fa­zit: Oh­ne ei­ne sehr ge­naue Ar­beits­zeit­er­fas­sung ha­ben Kla­gen auf Be­zah­lung von Über­stun­den kei­ne Chan­ce. Denn das Ge­richt muss für ein ent­spre­chen­des Ur­teil ge­nau wis­sen, über wel­che Ta­ge und Ar­beits­stun­den es sein Ur­teil fällt. Das gilt spie­gel­ver­kehrt auch für den Ar­beit­ge­ber, wenn aus­nahms­wei­se ein­mal er Ansprüche aus dem The­ma Über­stun­den her­lei­tet. Dann muss er für je­den ein­zel­nen Ar­beits­tag die An­fangs- und End­zei­ten und die Pau­sen­zei­ten des Ar­beit­neh­mers dar­le­gen.

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Letzte Überarbeitung: 22. Juli 2016

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