- -> zur Mobil-Ansicht
- Arbeitsrecht aktuell
- Arbeitsrecht 2025
- Arbeitsrecht 2024
- Arbeitsrecht 2023
- Arbeitsrecht 2022
- Arbeitsrecht 2021
- Arbeitsrecht 2020
- Arbeitsrecht 2019
- Arbeitsrecht 2018
- Arbeitsrecht 2017
- Arbeitsrecht 2016
- Arbeitsrecht 2015
- Arbeitsrecht 2014
- Arbeitsrecht 2013
- Arbeitsrecht 2012
- Arbeitsrecht 2011
- Arbeitsrecht 2010
- Arbeitsrecht 2009
- Arbeitsrecht 2008
- Arbeitsrecht 2007
- Arbeitsrecht 2006
- Arbeitsrecht 2005
- Arbeitsrecht 2004
- Arbeitsrecht 2003
- Arbeitsrecht 2002
- Arbeitsrecht 2001
- Tipps und Tricks
- Handbuch Arbeitsrecht
- Gesetze zum Arbeitsrecht
- Urteile zum Arbeitsrecht
- Arbeitsrecht Muster
- Videos
- Impressum-Generator
- Webinare zum Arbeitsrecht
-
Kanzlei Berlin
030 - 26 39 62 0
berlin@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Frankfurt
069 - 71 03 30 04
frankfurt@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hamburg
040 - 69 20 68 04
hamburg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hannover
0511 - 89 97 701
hannover@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Köln
0221 - 70 90 718
koeln@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei München
089 - 21 56 88 63
muenchen@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Nürnberg
0911 - 95 33 207
nuernberg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Stuttgart
0711 - 47 09 710
stuttgart@hensche.de
AnfahrtDetails
Doppelte Schriftformklausel fällt bei AGB-Kontrolle durch
25.06.2008. Vorformulierte Arbeitsverträge enthalten oft eine Klausel, der zufolge Vertragsänderungen nur wirksam sind, wenn sie schriftlich festgehalten werden.
Solche Schriftformklauseln können auch doppelt genäht werden und heißen dann "doppelte" bzw. „qualifizierte“ Schriftformklauseln.
Doppelte Schriftformklauseln besagen, dass nicht nur Vertragsänderungen, sondern auch ein Verzicht auf die Einhaltung der Schriftform nur wirksam ist, wenn er schriftlich vereinbart wird. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) haben solche Klauseln keinen rechtlichen Bestand: BAG, Urteil vom 20.05.2008, 9 AZR 382/07.
- Was geht vor, eine vertragliche Schriftformklausel oder ihr einvernehmliches Außerkraftsetzen durch eine nicht schriftliche Vereinbarung?
- Der Streitfall: Mietkostenersatz für Auslandsbeschäftigten auf der Basis einer formlosen Ergänzung des Arbeitsvertrags
- BAG: Doppelte Schriftformklauseln sind unklar und damit unwirksam, wenn sie nicht deutlich machen, dass individuelle Vereinbarungen immer vorgehen
Was geht vor, eine vertragliche Schriftformklausel oder ihr einvernehmliches Außerkraftsetzen durch eine nicht schriftliche Vereinbarung?
Schriftliche Arbeitsverträge werden nicht für jedes Arbeitsvertragsverhältnis neu entwickelt. In der Regel werden vorformulierte Vertragswerke, die der Arbeitgeber einseitig ausgearbeitet hat, verwendet. Einseitig vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Verwender für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und der anderen Vertragspartei bei Vertragsabschluss zur Unterschrift vorgibt, unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der rechtlichen Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Vorformulierte Arbeitsverträge enthalten oft Schriftformklauseln, denen zufolge Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages nur wirksam sind, wenn sie schriftlich festgehalten werden.
Da die Vertragsparteien ihren Vertrag allerdings jederzeit ändern und daher auch formfrei (mündlich oder stillschweigend) von ihrer eigenen Schriftformvereinbarung wieder abweichen können, taugen Schriftformklauseln wenig, wenn sie nicht als doppelte oder „qualifizierte“ Klauseln abgefasst sind. Solche Schriftformklauseln besagen, dass nicht nur Vertragsänderungen im Allgemeinen, sondern auch ein Verzicht auf die Einhaltung der Schriftform nur wirksam ist, wenn er schriftlich vereinbart bzw. festgehalten wird.
Haben die Parteien des Arbeitsvertrags eine doppelte Schriftform vereinbart, fragt sich allerdings, ob später überhaupt noch mündliche Vereinbarungen getroffen werden können. Das Gesetz setzt dies im Allgemeinen voraus, indem es in § 305b BGB bestimmt, dass individuelle Vertragsabreden Vorrang vor AGB haben.
Aus dieser gesetzlichen Regelung bzw. aus ihrer Vorgängernorm im AGB-Gesetz hat die Rechtsprechung der Zivilgerichte in einigen Entscheidungen den Schluss gezogen, dass der generelle Ausschluss der Wirksamkeit mündlich getroffener Einzelabreden gegen das gesetzliche Prinzip des Vorrangs der Individualabrede verstoße und daher keinen rechtlichen Bestand habe.
Fraglich und bisher durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht entschieden ist, ob diese Rechtsprechung auch für Arbeitsverträge gilt. Dabei kommt es nicht nur auf § 305b BGB an, sondern auch auf § 307 Abs.1 Satz 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in AGBs unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach Satz 2 dieser Vorschrift auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Den Vorwurf der Unverständlichkeit könnte man gegenüber arbeitsvertraglichen doppelten Schriftformklauseln erheben, da diese den Arbeitnehmer im Unklaren darüber lassen, ob es überhaupt zulässig ist, durch mündliche Individualabreden von dem „Kleingedruckten“ im Arbeitsvertrag abzuweichen.
Mit diesen Fragen hatte sich das BAG in seinem Urteil vom 20.05.2008 auseinanderzusetzen.
Der Streitfall: Mietkostenersatz für Auslandsbeschäftigten auf der Basis einer formlosen Ergänzung des Arbeitsvertrags
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der zum 06.05.2002 als Büroleiter/Kanton, China beschäftigt war. Der Kläger bewohnte mit seinem Lebensgefährten, der beim gleichen Arbeitgeber arbeitete, eine Wohnung in China.
Mieter war der Kläger. Er übersandte dem Arbeitgeber monatlich Excel-Tabellen, die eine Aufstellung des monatlichen Budgets enthielten, u.a. die monatliche Miete von umgerechnet 2.301,91 EUR. Diese Aufwendungen, u.a. auch die Miete, wurden monatlich vom Arbeitgeber erstattet, obwohl der schriftliche Arbeitsvertrag eine solche Pflicht nicht enthielt.
Im August 2005 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung ging der Kläger gerichtlich vor und erreichte immerhin, dass der Arbeitgeber die Kündigungsfristen einhalten musste. Bei der Gelegenheit klagte er auch die Erstattung von Mietkosten für neun Monate (20.717,19 EUR) ein, die der Beklagte zuletzt nicht mehr hatte zahlen wollen.
Im Streit um die Mietkosten berief sich der Arbeitgeber auf das von ihm ausgearbeitete und dem Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss gestellte arbeitsvertragliche Klauselwerk. Dieses enthielt u.a. folgende Regelung:
„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind, auch wenn sie bereits mündlich getroffen wurden, nur wirksam, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Seiten unterzeichnet worden sind. Dies gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.“
Das Arbeitsgericht Mönchengladbach wies die Klage mit Urteil vom 24.11.2006, 7 CA 3670/05 hinsichtlich der Erstattung der Mietkosten ab. In dem daraufhin geführten Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf die Arbeitgeberin zur Zahlung der Mieten verurteilt, die Revision jedoch zugelassen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2007, 9 Sa 143/07).
Das LAG sah in der arbeitgeberseitig vorgegebenen Schriftformklausel eine unangemessene Benachteiligung des klagenden Arbeitnehmers mit der Folge, dass es die Regelung als unwirksam ansah. Die Unwirksamkeit ergibt sich nach Ansicht des LAG allerdings nicht aus § 305b BGB, da zwischen den Parteien keine Vereinbarung getroffen worden sei, dass die Arbeitgeberin die Wohnungsmiete erstatten müsse.
Es handele sich hier vielmehr um einen Anspruch aus betrieblicher Übung, weswegen §305b BGB unanwendbar sei. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen der Arbeitnehmer darauf schließen kann, dass ihm eine Leistung oder Vergünstigung dauerhaft zukommen soll.
Der Kläger habe vorliegend aus den monatlichen Erstattungen der in das Budget aufgenommenen Mieten darauf schließen können, dass die Mieten auch weiterhin erstattet werden würden, dies auch deshalb, weil auch anderen Arbeitnehmern die Mieten erstattet wurden.
Die Unwirksamkeit der Schriftformklausel ergibt sich daher nach Ansicht des LAG Düsseldorf aus § 307 Abs.1 BGB, da die Klausel den klagenden Arbeitnehmer entgegen der Gebote von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Die Arbeitgeberin habe kein zu billigendes Interesse daran, generell davor geschützt zu sein, dass mit Personaldingen befasste und in diesem Rahmen allgemein vertretungsberechtigte Mitarbeiter nach Arbeitsvertragsschluss, d.h. im Wege der individuellen Vertragsergänzung Leistungen zusagen würden.
Da die im vorliegenden Fall strittige Klausel sämtliche Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages ohne Einhaltung der Schriftform für unwirksam erkläre und keine anderweitige Regelung für mündliche Vereinbarungen treffe, erfasse die Klausel auch Vereinbarungen, an deren Verhinderung die Arbeitgeberin kein schützenswertes Interesse habe. Daher sei die klauselmäßig vereinbarte generelle Unwirksamkeit mündlicher Individualvereinbarungen eine unangemessen Benachteiligung des Arbeitnehmers und daher gemäß § 307 Abs.1 BGB unwirksam.
Da es die Schriftformklausel für unwirksam hielt, gestand das LAG dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erstattung der Mieten aus betrieblicher Übung zu. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Arbeitgeberin.
BAG: Doppelte Schriftformklauseln sind unklar und damit unwirksam, wenn sie nicht deutlich machen, dass individuelle Vereinbarungen immer vorgehen
Das BAG hat sich mit Urteil vom 20.05.2008 (9 AZR 382/07) der Meinung des LAG Düsseldorf angeschlossen und der Klage stattgegeben. Soweit den bislang vorliegenden Angaben der Pressemitteilung entnommen werden kann, geht das BAG davon aus, dass die Schriftformklausel des Formulararbeitsvertrages wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs.1 BGB unwirksam sei.
Das BAG bezieht sich weiterhin auf § 305b BGB, d.h. auf den grundsätzlichen Vorrang individueller Abreden vor AGB-Regelungen. Das im vorliegenden Fall vereinbarte doppelte Schriftformerfordernis vermittele den Eindruck, dass mündliche individuelle Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien mangels Einhaltung der Schriftform generell nicht möglich bzw. gemäß § 125 Satz 2 BGB nichtig seien. Dies stehe aber dem Schutzzweck des § 305b BGB entgegen, der gerade den individuellen Vereinbarungen zwischen den Parteien den Vorrang vor den Regelungen des Formularvertrages einräume.
Fazit: Die Urteile des LAG Düsseldorf und des BAG sind im Ergebnis richtig, doch ist die Begründung, d.h. der Verweis auf § 307 Abs.1 BGB wenig überzeugend. Die wesentliche Frage lautet nicht, welcher Eindruck beim Arbeitnehmer hinsichtlich der Abänderbarkeit des arbeitsvertraglichen Klauselwerkes im Wege formloser Individualabreden entsteht, sondern ob formfreie Individualabreden Vorrang haben - oder eben nicht.
Diese Frage ist aber unter Heranziehung von § 305b BGB zu klären. Dabei kann man ruhig voraussetzen, dass eine „betriebliche Übung“ letztlich nichts weiter ist als eine besondere Form der einvernehmlichen formfreien Vertragsergänzung, die auch „individuellen“ Charakter im Sinne von § 305b BGB hat, da sie im Verhältnis zum arbeitsvertraglichen Klauselwerk einen besonderen bzw. individuellen Status hat.
Arbeitgeber sollten daher künftig auf doppelte Schriftformklauseln verzichten bzw. diese durch Regelungen ersetzen, in denen konkret bezeichnete vertragliche Änderungen - etwa solche, die dem Arbeitnehmer Ansprüche auf Gehalt oder Kostenerstattung verschaffen – von der (ausdrücklichen oder formfreien) Zustimmung konkret bezeichneter Vertretungspersonen abhängig gemacht werden.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2008, 9 AZR 382/07
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2007, 9 Sa 143/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - AGB-Kontrolle
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Schriftformklausel
- Arbeitsrecht aktuell: 09/013 Top 10 der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen 2008
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 15. September 2016
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |
HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.
Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw.
bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig.
Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.
© 1997 - 2025:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de