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Diskriminierung durch öffentliche Äußerung ohne konkretes Opfer
Die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29.06.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten dazu, gegen Diskriminierung von Arbeitnehmern aus rassistischen Gründen vorzugehen.
Eine solche Diskriminierung wegen ethnischen Herkunft liegt vor, wenn eine Person aus rassistischen Gründen oder wegen ihrer ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt bzw. erfahren hat bzw. erfahren würde (Art.2 Abs.2 Buchstabe a) der Richtlinie 2000/43/EG).
Fraglich ist, ob bereits die allgemeine, an die Öffentlichkeit gerichtete Äußerung eines Arbeitgebers, er werde mögliche Bewerber wegen ihrer Herkunft bei einer laufenden Einstellungskampagne nicht berücksichtigen, eine solche Diskriminierung darstellt - auch wenn gar keine Bewerber namhaft gemacht werden können, die sich bei diesem Arbeitnehmer beworben haben und dann aufgrund ihrer „unerwünschten“ Herkunft abgelehnt wurden.
Das juristische Problem besteht hier darin, dass sich eine solche Diskriminierung in der "abstrakten" Äußerung einer Gesinnung erschöpfen würde, d.h. es wäre konkreter Bewerber von ihr betroffen.
Nachdem bereits der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Poiares Maduro in seinen Schlussanträgen vom 12.03.2008 in der Rechtssache C-54/07 (Feryn) die Auffassung vertreten hat, dass auch in einem solchen Fall eine unzulässige Diskriminierung vorliegt (wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell: 08/54 Diskriminierung durch öffentliche Äußerungen ohne konkretes Opfer), hat sich der EuGH jetzt dieser Ansicht angeschlossen: EuGH, Urteil vom 10.07.2008, Rs. C-54/07 (Feryn).
In dem Vorlagefall suchte ein belgisches Unternehmen, die NV Firma Feryn, Anfang 2005 öffentlich Monteure für den Einbau von Schwingtüren. Feryn ist auf den Verkauf und den Einbau von Sicherheitstüren spezialisiert, die u.a. in Einfamilienhäuser eingebaut und daher an eine „bürgerliche“ Kundschaft verkauft werden.
In einem Fernsehinterview vom 28.04.2005 äußerte einer der Direktoren der Feryn sinngemäß, er könne aufgrund entsprechender Kundenwünsche Ausländer als Monteure für Haustüren nicht einsetzen. Unter anderem aufgrund dieser Äußerungen wurde Feryn von dem belgischen Antidiskriminierungszentrum verklagt, und zwar auf Feststellung, Feryn betreibe eine diskriminierende Einstellungspolitik.
Im Verlaufe dieses Rechtsstreits setzte die Berufungsinstanz, der Arbeidshof te Brussel (Arbeitsgerichtshof Brüssel) das Verfahren aus und legte dem EuGH eine Reihe von Vorlagefragen vor, die im wesentlichen drei Punkte betrafen:
Zum einen wollte das Vorlagegericht die Frage geklärt sehen, ob die öffentliche Äußerung eines Arbeitgebers, keine Arbeitnehmer einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse einzustellen, eine durch die Richtlinie verbotene Diskriminierung bei der Einstellung darstelle. Diese Frage wurde vom EuGH bejaht, da solche Äußerungen bestimmte Bewerber ernsthaft davon abhalten könnten, sich überhaupt zu bewerben, womit sie beim Zugang zum Arbeitsmarkt behindert würden.
Zweitens wollte das Vorlagegericht wissen, ob öffentliche Äußerungen von der Art der im Ausgangsfall streitigen bereits ausreichten, um die Beweislast zu Ungunsten des Arbeitgebers umzukehren.
Schließlich fragte das Vorlagegericht, welche Sanktionen für eine auf der Grundlage von öffentlichen Äußerungen des Arbeitgebers glaubhaft gemachte Diskriminierung bei der Einstellung als angemessen angesehen werden könnten. Hierzu führt der EuGH aus, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es „kein unmittelbares Opfer einer Diskriminierung“ gebe, die gerichtliche und kostenpflichtige Feststellung einer Diskriminierung in Betracht komme oder auch die Verurteilung des Arbeitgebers, seine diskriminierende Praxis zu unterlassen. Denkbar sei auch, der Einrichtung, die das Verfahren bestritten hat, einen Schadensersatz zuzusprechen.
Hierzu führt das Urteil des EuGH aus, dass die Vermutung einer diskriminierenden Einstellungspraxis in einem Fall wie der hier streitigen Rechtssache gegeben sei. Wörtlich heißt es dazu in dem Urteil des EuGH:
„Öffentliche Äußerungen, durch die ein Arbeitgeber kundtut, dass er im Rahmen seiner Einstellungspolitik keine Arbeitnehmer einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse beschäftigen werde, reichen aus, um eine Vermutung im Sinne des Art.8 Abs.1 der Richtlinie 2000/43 für das Vorliegen einer unmittelbar diskriminierenden Einstellungspolitik zu begründen. Es obliegt dann diesem Arbeitgeber, zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Er kann dies dadurch tun, dass er nachweist, dass die tatsächliche Einstellungspraxis des Unternehmens diesen Äußerungen nicht entspricht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die gerügten Tatsachen glaubhaft sind, und zu beurteilen, ob die Beweise zur Stützung des Vorbringens des Arbeitgebers, dass er den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt habe, ausreichend sind."
Die Entscheidung ist von einigen Kommentatoren heftig kritisiert worden. Man warf dem EuGH vor, eine Art Gesinnungsstrafe zu befürworten.
So meinte etwa Roland Wolf, Rechtsexperte der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, es werde nicht eine Diskriminierung, sondern „nur ihre abstrakte Ankündigung“ sanktioniert (FAZJOB.NET, Diskriminierung braucht keine Opfer, 10.07.2008).
Und Prof. Volker Rieble meinte gar, dem EuGH eine „neue und absurde Sanktionsverschärfung“ vorhalten zu können. Diese besteht angeblich darin, dass nunmehr schon „das öffentliche Bekenntnis zu Diskriminierung (…) geahndet werden“ müsse (F.A.Z. vom 19.20./07.2008, Beilage „Beruf und Chance“, C 2).
Dieser Kritik ist entgegenzuhalten, dass die Feryn vorgeworfene Diskriminierung so „abstrakt“ gar nicht war, suchte Feryn doch immerhin zeitgleich mit ihren öffentlichen, ausländische Bewerber diskriminierenden Meinungsäußerungen Arbeitskräfte zur Einstellung. Und mit Blick auf diese besondere (Einstellungs-)Situation weisen sowohl die Schlussanträge des Generalanwalts vom 12.03.2008 als auch das jetzt ergangene Urteil des EuGH vom 10.07.2008 zurecht darauf hin, dass sich abgelehnte bzw. „konkret“ diskriminierte ausländische Bewerber möglicherweise deshalb nicht finden lassen, weil ausländische Arbeitskräfte aufgrund der klar diskriminierenden öffentlichen Bekundungen Feryns von einer Bewerbung von vornherein Abstand genommen haben.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 10.07.2008, C-54/07
- Schlussanträge des Generalanwalts M. Poiares Maduro vom 12.03.2008, Rs. C 54/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Ethnische Herkunft, Rassismus
- Arbeitsrecht aktuell: 13/152 Diskriminierung von Schwulen bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 08/054 Diskriminierung durch öffentliche Äußerungen - auch ohne konkretes Opfer?
- FAZJOB.NET, Diskriminierung braucht keine Opfer, 10.07.2008
Letzte Überarbeitung: 5. April 2018
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