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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 04.05.2011, 7 Sa 1427/10

   
Schlagworte: Restitutionsklage
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 7 Sa 1427/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.05.2011
   
Leitsätze: Die in § 35 EGZPO getroffene Stichtagsregelung ist nicht zu beanstanden. Sie ist nicht willkürlich, denn sie knüpft an den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Ziffer 8 des § 580 ZPO an. Bei Schaffung der Zif.8 des § 580 ZPO war dem Gesetzgeber bekannt, dass die Möglichkeit der Anrufung des EGMR bestand und wie lang die dortigen Verfahren dauern. Das Festhalten an der 5-Jahres-Frist lässt erkennen, dass es sich insoweit nicht um ein "Redaktionsversehen" gehandelt hat.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 18.10.2010, 6 Ca 2708/97
   

Te­nor:

I. Die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge des Klägers wird als un­zulässig ver­wor­fen.

II. Die Kos­ten der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge hat der Kläger zu tra­gen.

III. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Mit sei­ner am 18.10.2010 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf ein­ge­gan­ge­nen Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge be­gehrt der Kläger die Wie­der­auf­nah­me des beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf un­ter dem Az 7 Sa 425/98 geführ­ten Be­ru­fungs­ver­fah­rens und die Auf­he­bung des in die­sem Ver­fah­rens er­gan­ge­nen rechts­kräfti­gen Ur­teils vom 03.02.2000.

Die Par­tei­en strei­ten im Aus­gangs­ver­fah­ren über die Wirk­sam­keit der dem Kläger von der be­klag­ten Kir­chen­ge­mein­de mit Schrei­ben vom 15.07.1997 zum 31.03.1998 erklärten frist­ge­rech­ten Kündi­gung.

Der 1957 ge­bo­re­ne Kläger war seit 1983 als Or­ga­nist und Chor­lei­ter bei der be­klag­ten Kir­chen­ge­mein­de tätig. Im Jahr 1994 trenn­ten sich der Kläger und sei­ne Ehe­frau, die zwei ge­mein­sa­me Kin­der ha­ben, ein­ver­nehm­lich und teil­ten dies im Ja­nu­ar 1995 der be­klag­ten Kir­chen­ge­mein­de mit. Zur Be­gründung der streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gung hat die Be­klag­te vor­ge­tra­gen, der noch ver­hei­ra­te­te Kläger un­ter­hal­te ei­ne außer­ehe­li­che Be­zie­hung zu Frau Rechts­anwältin N., die sei­ne da­ma­li­ge und jet­zi­ge Pro­zess­be­vollmäch­tig­te ist. Seit En­de 1997 ha­ben der Kläger und Frau N. ei­ne ge­mein­sa­me Toch­ter. So­wohl den Kündi­gungs­vor­wurf, ein außer­ehe­li­ches Verhält­nis ein­ge­gan­gen zu sein, als auch die Va­ter­schaft des von Frau N. ge­bo­re­nen Kin­des hat der Kläger zunächst in Ab­re­de ge­stellt. Nach Aus­spruch der Kündi­gung be­an­trag­te die Ehe­frau des Klägers die Schei­dung. Die Ehe wur­de im Au­gust 1998 ge­schie­den.

Das Ar­beits­ge­richt Es­sen hat der Kündi­gungs­schutz­kla­ge mit Ur­teil vom 09.12.1997 statt­ge­ge­ben und zur Be­gründung im We­sent­li­chen aus­geführt, dass ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung des Klägers auch un­ter Berück­sich­ti­gung der ka­tho­li­schen Glau­bens­leh­re noch nicht den An­for­de­run­gen des § 1 Abs. 1 KSchG genüge, weil dem Kläger un­ter Berück­sich­ti­gung von Ar­ti­kel 5 Abs. 1 S. 2 der Grund­ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes im Rah­men kirch­li­cher Ar­beits­verhält­nis­se (Grund­ord­nung) ei­ne Ab­mah­nung hätte er­teilt wer­den müssen.

Am 22.12.1997 sprach die Be­klag­te ei­ne zwei­te Kündi­gung zum 01.07.1998 aus. Mit Ur­teil vom 04.12.1998 wies das Ar­beits­ge­richt Es­sen die Kla­ge des Klägers ge­gen die­se Kündi­gung ab. Das dies­bezügli­che beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf noch anhängi­ge Be­ru­fungs­ver­fah­ren ist aus­ge­setzt.

Mit Ur­teil vom 13.08.1998 wies das Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Es­sen vom 09.12.1997 zurück. Es folg­te im We­sent­li­chen den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts und wies dar­auf hin, dass die Ar­beits­ge­rich­te bei der An­wen­dung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten zum Kündi­gungs­recht an die Vor­ga­ben der Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten ge­bun­den sei­en, so­weit die­se Vor­ga­ben den an­er­kann­ten Maßstäben der ver­fass­ten Kir­che Rech­nung trügen und sich die Ge­rich­te durch die An­wen­dung die­ser Vor­ga­ben nicht in Wi­der­spruch zu den Grund­prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung begäben, wo­bei die Ar­beits­ge­rich­te je­doch si­cher­zu­stel­len hätten, dass die Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten nicht in Ein­z­elfällen un­an­nehm­ba­re An­for­de­run­gen an die Loya­lität ih­rer Ar­beit­neh­mer stell­ten. Der Rich­tig­keit der Be­haup­tung der Be­klag­ten, der Kläger sei ei­ne dau­er­haf­te Ver­bin­dung mit Frau N. ein­ge­gan­gen, wor­in ei­ne schwe­re sitt­li­che Ver­feh­lung im Sin­ne von Ar­ti­kel 5 Abs. 2 1. Alt. A. E. lie­gen könn­te, brau­che je­doch strei­tent­schei­dend nicht nach­ge­gan­gen zu wer­den, weil die Par­tei­ver­neh­mung des Klägers nicht er­bracht ha­be, dass ent­spre­chend Ar­ti­kel 5 Abs. 1 S. 1 der Grund­ord­nung in ei­nem Gespräch mit ihm ver­sucht wor­den sei, dar­auf hin­zu­wir­ken, dass er die - nach Mei­nung der Be­klag­ten be­ste­hen­de - Be­zie­hung zu Frau N. abbräche.

Mit Ur­teil vom 12.08.1999, 2 AZR 712/98, hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Schluss­fol­ge­rung des Lan­des­ar­beits­ge­richt, ein Gespräch mit dem Kläger ha­be nicht statt­ge­fun­den, sei feh­ler­haft, weil das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Un­recht da­von ab­ge­se­hen ha­be, auch ei­ne Ver­neh­mung des Kir­chen­vor­stands­vor­sit­zen­den durch­zuführen, um fest­zu­stel­len, ob die­ser ver­sucht ha­be, den Kläger zu ei­ner Be­en­di­gung sei­ner außer­ehe­li­chen Be­zie­hung zu be­we­gen.

Mit dem nach der Zurück­ver­wei­sung er­gan­ge­nen streit­ge­genständ­li­chen Ur­teil vom 03.02.2000 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf oh­ne Zu­las­sung der Re­vi­si­on der Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Es­sen statt­ge­ge­ben, die Kündi­gungs­schutz­kla­ge des Klägers ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung im We­sent­li­chen aus­geführt, nach Ver­neh­mung des Kir­chen­vor­stands­vor­sit­zen­den ste­he zur Über­zeu­gung der Be­ru­fungs­kam­mer fest, dass die Be­klag­te das Pro­ze­de­re des Ar­ti­kels 5 Abs. 1 der Grund­ord­nung ein­ge­hal­ten ha­be. Da der Kläger un­miss­verständ­lich zu er­ken­nen ge­ge­ben ha­be, dass er an der Le­bens­ge­mein­schaft mit Frau N. fest­hal­ten wol­le, ha­be die Be­klag­te an­ge­sichts des be­harr­li­chen Stand­punkts des Klägers in Be­zug auf sei­ne neue Be­zie­hung zu Recht an­neh­men können, dass ei­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung überflüssig ge­we­sen sei. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat des wei­te­ren aus­geführt, es ver­ken­ne die Kon­se­quen­zen der ge­gen den Kläger aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung nicht, der sei­nen Be­ruf wahr­schein­lich nicht mehr ausführen und sei­nen Un­ter­halts­pflich­ten nicht mehr in dem bis­he­ri­gen Um­fang nach­kom­men könne, räum­te aber ein, dass die Be­klag­te den Kläger nicht wei­ter­beschäfti­gen könne, oh­ne jeg­li­che Glaubwürdig­keit hin­sicht­lich der Ver­bind­lich­keit der Sit­ten­ge­set­ze zu ver­lie­ren. In die­sem Zu­sam­men­hang müsse berück­sich­tigt wer­den, dass die Tätig­keit des Klägers ei­ne große Nähe zu dem Verkündungs­auf­trag der Kir­che auf­wei­se. Die In­ter­es­sen der Be­klag­ten würden die In­ter­es­sen des Klägers deut­lich über­wie­gen.

Mit Be­schluss vom 29.05.2000 hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Be­schwer­de des Klägers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on als un­zulässig ver­wor­fen.

Am 08.07.2002 hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Be­schwer­de des Klägers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on man­gels hin­rei­chen­der Aus­sicht auf Er­folg nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men, weil die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung kei­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken be­geg­ne.

Auf­grund des Ar­ti­kels 34 der Kon­ven­ti­on zum Schutz der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten - In­di­vi­du­al­be­schwer­de - hat der Kläger ge­gen die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land am 11.01.2003 ei­ne Be­schwer­de er­ho­ben. In die­sem Ver­fah­ren hat der Kläger vor­ge­tra­gen, durch die Ab­leh­nung der Ar­beits­ge­rich­te, die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung auf­zu­he­ben, sei Ar­ti­kel 8 der Kon­ven­ti­on ver­letzt wor­den. Ar­ti­kel 8 der Kon­ven­ti­on lau­tet:

"Ar­ti­kel 8 - Recht auf Ach­tung des Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens

(1) Je­der­mann hat An­spruch auf Ach­tung sei­nes Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens, sei­ner Woh­nung und sei­nes Brief­ver­kehrs.

(2) Der Ein­griff ei­ner öffent­li­chen Behörde in die Ausübung die­ses Rechts ist nur statt­haft, in­so­weit die­ser Ein­griff ge­setz­lich vor­ge­se­hen ist und ei­ne Maßnah­me dar­stellt, die in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft für die na­tio­na­le Si­cher­heit, die öffent­li­che Ru­he und Ord­nung, das wirt­schaft­li­che Wohl des Lan­des, die Ver­tei­di­gung der Ord­nung und zur Ver­hin­de­rung von straf­ba­ren Hand­lun­gen, zum Schutz der Ge­sund­heit und der Mo­ral oder zum Schutz der Rech­te und Frei­hei­ten an­de­rer not­wen­dig ist."

Auf­grund die­ser Be­schwer­de des Klägers hat der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te un­ter dem Da­tum vom 23.09.2010 ein Ur­teil er­las­sen und fol­gen­des ent­schie­den:

"1. Er erklärt die Be­schwer­de für zulässig.

2. Er ent­schei­det, dass Ar­ti­kel 8 der Kon­ven­ti­on ver­letzt ist.

3. Er ent­schei­det, dass die Fra­ge der An­wen­dung von Ar­ti­kel 41 der Kon­ven­ti­on noch nicht spruch­reif ist; und in­fol­ge­des­sen

a)behält er sich die Be­ur­tei­lung die­ser Fra­ge vor;

b)for­dert er die Re­gie­rung und den Be­schwer­deführer (Kläger) auf, ihn von je­der Ei­ni­gung, die sie mögli­cher­wei­se er­zie­len, in­ner­halb von drei Mo­na­ten ab dem Zeit­punkt die­ses Ur­teil zu un­ter­rich­ten

c)behält er sich die Be­stim­mung des wei­te­ren Ver­fah­rens vor und be­auf­tragt den Kam­mer­präsi­den­ten, das wei­te­re Ver­fah­ren er­for­der­li­chen­falls zu be­stim­men."

Ar­ti­kel 41 - Ge­rech­te Entschädi­gung - lau­tet:

"Stellt der Ge­richts­hof fest, dass die­se Kon­ven­ti­on oder die Pro­to­kol­le da­zu ver­letzt wor­den sind, und ge­stat­tet das in­ner­staat­li­che Recht der Ho­hen Ver­trags­par­tei nur ei­ne un­voll­kom­me­ne Wie­der­gut­ma­chung für die Fol­gen die­ser Ver­let­zung, so spricht der Ge­richts­hof der ver­letz­ten Par­tei ei­ne ge­rech­te Entschädi­gung zu, wenn dies not­wen­dig ist."

In den Gründen sei­ner Ent­schei­dung hat der Ge­richts­hof zunächst un­ter­stri­chen, dass Deutsch­land durch die Ein­rich­tung ei­nes Ar­beits­ge­richts­sys­tems so­wie ei­nes Ver­fas­sungs­ge­richts, das dafür zuständig sei, die Ent­schei­dun­gen der Ar­beits­ge­rich­te zu kon­trol­lie­ren, sei­ne Schutz­pflicht ge­genüber den Rechts­su­chen­den im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­reich, ei­nem Be­reich, in dem die Rechts­strei­tig­kei­ten ganz all­ge­mein die Rech­te der Be­trof­fe­nen aus Ar­ti­kel 8 der Kon­ven­ti­on berühr­ten, grundsätz­lich erfüllt ha­be. Al­ler­dings sei­en die Ar­beits­ge­rich­te in ih­ren Fol­ge­run­gen we­der auf das tatsächli­che Fa­mi­li­en­le­ben des Klägers noch auf den da­mit gewähr­ten Rechts­schutz ein­ge­gan­gen. Die In­ter­es­sen des kirch­li­chen Ar­beit­ge­bers sei­en nicht mit dem nach Ar­ti­kel 8 der Kon­ven­ti­on zu­ge­si­cher­ten Recht des Klägers auf Ach­tung sei­nes Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens, son­dern nur mit sei­nem In­ter­es­se auf Wah­rung sei­nes Ar­beits­plat­zes ab­ge­wo­gen wor­den. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­be die Fra­ge der Nähe der vom Kläger aus­geübten Tätig­keit zum Verkündungs­auf­trag der Kir­che nicht ge­prüft, son­dern ha­be - oh­ne ei­ne wei­te­re Nach­prüfung vor­zu­neh­men - den Stand­punkt des kirch­li­chen Ar­beit­ge­bers über­nom­men. Der Ge­richts­hof hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass bei der Abwägung der im Spiel be­find­li­chen kon­kur­rie­ren­den Rech­te und In­ter­es­sen ei­ne ein­ge­hen­de Prüfung nötig ge­we­sen wäre und ist zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, die Ar­beits­ge­rich­te hätten nicht hinläng­lich dar­ge­legt, war­um die In­ter­es­sen der Be­klag­ten die­je­ni­gen des Klägers bei wei­tem über­trof­fen ha­ben. Dar­aus hat der Ge­richts­hof ge­fol­gert, dass der deut­sche Staat dem Kläger nicht den not­wen­di­gen Schutz gewährt hat und so­mit der Ar­ti­kel 8 der Kon­ven­ti­on ver­letzt sei. Un­ter den ge­ge­be­nen Umständen sei die An­wen­dung des Ar­ti­kels 41 der Kon­ven­ti­on noch nicht spruch­reif.

Der Kläger stützt sei­ne Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge auf § 580 Zif­fer 8 ZPO. Das streit­ge­genständ­li­che, kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts be­ru­he auf der Ver­let­zung der Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on. Die Fünf­jah­res­frist für die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge aus § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO sei auf den Re­sti­tu­ti­ons­grund nach § 580 Nr. 8 ZPO nicht an­zu­wen­den bzw. so zu ver­ste­hen, dass sich die­se Frist von dem Tag der Rechts­kraft des Ur­teils des Eu­ropäischen Men­schen­ge­richts­hofs an be­mes­se. Da die übli­che und durch­schnitt­li­che Ver­fah­rens­dau­er vor dem Eu­ropäischen Men­schen­ge­richts­hof be­reits bei fünf Jah­ren lie­ge, würde an­sons­ten der neu ein­geführ­te Re­sti­tu­ti­ons­grund stets leer lau­fen. Aus der Ge­set­zes­be­gründung und der Mo­ti­va­ti­on des deut­schen Ge­setz­ge­bers er­ge­be sich aber, dass die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land er­folg­rei­chen Be­schwer­deführern ei­nen wirk­sa­men Re­sti­tu­ti­ons­grund an die Hand ge­ben woll­te. Ein ma­te­ri­ell gewünsch­ter Ge­set­zes­er­folg könne nicht an ei­ner Form­vor­schrift schei­tern. Aus den ge­nann­ten Gründen schei­te­re die Zulässig­keit auch nicht an § 35 EG­Z­PO. Die Be­klag­te könne zu­dem ein be­son­ders schutzwürdi­ges Ver­trau­en in die Rechts­kraft des mit der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge an­ge­grif­fe­nen Ur­teils nicht für sich in An­spruch neh­men. Der Kon­ven­ti­ons­ver­s­toß nach Art. 8 der Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on sei vom Eu­ropäischen Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te nach In­kraft­tre­ten des Lis­sa­bon­ver­tra­ges fest­ge­stellt wor­den. So­mit ha­be sich auch die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ver­pflich­tet, nach Art. 13 der Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on ei­ne wirk­sa­me in­ner­staat­li­che Be­schwer­de zu er­lau­ben. So­bald Uni­ons­recht dem in­ner­staat­li­chen Recht ent­ge­gen ste­he, ha­be je­nes Vor­rang. Wei­te­re recht­li­che Ausführun­gen zur Un­wirk­sam­keit der Re­ge­lung des § 35 EG­Z­PO macht der Kläger auf S. 2 - 10 sei­nes Schrift­sat­zes vom 22.02.2010. In­so­weit wird auf Bl. 731 - 739 der Ak­te Be­zug ge­nom­men. Letzt­lich könne sich die Be­klag­te ge­gen den ma­te­ri­ell als men­schen­rechts­wid­rig fest­ge­stell­ten Zu­stand, des­sen ers­te Ur­sa­che sie mit der Kündi­gung ge­setzt ha­be, nur mit ei­nem rein for­mel­len Grund ver­tei­di­gen. Ob die Be­klag­te dies tun möch­te, blei­be ab­zu­war­ten. Hilfs­wei­se ste­he ihm ein An­spruch auf Wie­der­ein­stel­lung zu.

Der Kläger be­an­tragt,

das rechts­kräfti­ge Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf vom 03.02.2000 zum Ak­ten­zei­chen 7 Sa 425/98 auf­zu­he­ben und der in dem Ver­fah­ren 7 Sa 425/98 ver­folg­ten Kündi­gungs­schutz­kla­ge des Re­sti­tu­ti­onsklägers mit dem dort ge­stell­ten An­trag statt­zu­ge­ben.

Hilfs­wei­se und hilfs­wei­se für den Fall der Un­zulässig­keit der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge be­an­tragt der Kläger,

das Ar­beits­verhält­nis auf der Grund­la­ge des Ar­beits­ver­tra­ges von 1983 in sei­ner zu­letzt be­ste­hen­den Fas­sung ein­sch­ließlich des De­ka­nats­kan­to­ren­ver­tra­ges mit ei­nem Beschäfti­gungs­um­fang von 100 % im We­ge der Wie­der­ein­stel­lung ab dem 23.09.2010 fort­zu­set­zen.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge als un­zulässig zu ver­wer­fen.

Die Be­klag­te hält die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge un­ter Hin­weis auf die Frist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO und die Über­lei­tungs­re­ge­lung des § 35 EG­Z­PO für un­zulässig. Das streit­ge­genständ­li­che Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf sei mit dem Nicht­an­nah­me­be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 29.05.2000 rechts­kräftig ge­wor­den. Die Aus­schluss­frist des § 586 ZPO sei mit­hin nicht ge­wahrt. Zu­dem fal­le der Kläger un­ter die Stich­tags­re­ge­lung des § 35 EG­Z­PO. Die­se Re­ge­lung ste­he nicht in Wi­der­spruch zu Art. 46 Abs. 1 EM­RK. We­gen der dies­bezügli­chen Ausführun­gen der Be­klag­ten und der Er­wi­de­rung auf die Rechts­an­sich­ten des Klägers im Schrift­satz vom 22.02.2010 wird auf den Schrift­satz der Be­klag­ten vom 26.04.2011 (Bl. 747 - 756 der Ak­te) Be­zug ge­nom­men.

Die Be­ru­fungs­kam­mer hat mit Be­schluss vom 26.01.2011 gemäß § 590 Abs. 2, 280 Abs. 1 ZPO an­ge­ord­net, dass über die Zulässig­keit der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge ab­ge­son­dert ver­han­delt wird.

Ent­schei­dungs­gründe:

I.

Für das Wie­der­auf­nah­me­be­geh­ren des Klägers ist vor­lie­gend gemäß § 584

Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO sach­lich und ört­lich aus­sch­ließlich das Be­ru­fungs­ge­richt und dem­nach das Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf zuständig, da das an­ge­foch­te­ne Ur­teil vom Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf er­las­sen wur­de und in Rechts­kraft er­wach­sen ist (vgl. da­zu BAG, Be­schluss vom 12.04.1984, 2 AS 1/83, zi­tiert nach ju­ris).

II.

Die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge ist un­zulässig. Sie ist des­halb gemäß § 589 Abs. 1 S. 2 ZPO i. V. m. 40 § 79 S. 1 ArbGG als un­zulässig zu ver­wer­fen.

Gemäß § 589 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Ge­richt von Amts we­gen zu prüfen, ob die Kla­ge an sich statt­haft ist. Zur Zulässig­keit der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge gehört der Vor­trag ei­nes ge­setz­lich vor­ge­se­he­nen Re­sti­tu­ti­ons­grun­des, wo­bei das schlüssi­ge Be­haup­ten ei­nes sol­chen Grun­des genügt.

Die­se Zulässig­keits­vor­aus­set­zung ist vor­lie­gend nicht erfüllt.

Der Kläger stützt sei­ne Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge auf § 580 Nr. 8 ZPO. Da­nach fin­det die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge statt, wenn der Eu­ropäische Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te ei­ne Ver­let­zung der Eu­ropäischen Kon­ven­ti­on zum Schutz der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten oder ih­rer Pro­to­kol­le fest­ge­stellt hat und das Ur­teil auf die­ser Ver­let­zung be­ruht.

Zwar hat der Kläger die vor­ste­hend ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen mit sei­ner Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge schlüssig vor­ge­tra­gen. Sei­ne Kla­ge ist je­doch gleich­wohl un­zulässig, weil der ge­setz­li­che Re­sti­tu­ti­ons­grund des § 580 Nr. 8 ZPO gemäß der Über­lei­tungs­vor­schrift des § 35 EG­Z­PO das Ver­fah­ren des Klägers nicht er­fasst mit der Fol­ge, dass es an ei­nem ge­setz­li­chen Re­sti­tu­ti­ons­grund man­gelt, auf den der Kläger sei­ne Kla­ge stützen kann.

§ 580 Nr. 8 ZPO wur­de durch das Zwei­te Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung der Jus­tiz (2. JuMoG) ein­gefügt und ist in Kraft seit dem 31.12.2006. Die da­zu durch Art. 9 Nr. 2 2.JuMoG ein­gefügte Über­g­angs­vor­schrift des § 35 EG­Z­PO be­inhal­tet, dass der neue Re­sti­tu­ti­ons­grund des § 580 Nr. 8 ZPO nur für Ver­fah­ren gilt, die nach dem In­kraft­tre­ten die­ser Vor­schrift, mit­hin nach dem 31.12.2006, rechts­kräftig ent­schie­den wor­den sind.

Da das streit­ge­genständ­li­che Ver­fah­ren mit Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 29.05.2000, mit dem die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de des Klägers zurück­ge­wie­sen wur­de, rechts­kräftig ent­schie­den wor­den ist, kann der Kläger

sich nach dem in je­der Hin­sicht ein­deu­ti­gen Wort­laut des § 35 EG­Z­PO nicht auf den Re­sti­tu­ti­ons­grund des § 580 Nr. 8 ZPO be­ru­fen.

Ei­ne dem ein­deu­ti­gen Wort­laut ei­ner Vor­schrift ent­ge­gen­ste­hen­de Aus­le­gung ist un­zulässig (vgl. BVerfG, Be­schluss vom 25.05.1995, 2 BvF 1/92, zi­tiert nach ju­ris; BAG, Ur­teil vom 09.09.2010, 2 AZR 714/08, zi­tiert nach ju­ris).

Die deut­sche Recht­spre­chung ist an Ge­setz und Recht ge­bun­den. Na­tio­na­le Ge­rich­te müssen gel­ten­de Ge­set­ze an­wen­den, wenn und so­weit die­se bei ei­nem Sach­ver­halt of­fen­sicht­lich ein­schlägig sind. Die­ser Grund­satz ist Aus­fluss des in Art. 20 Abs. 3 GG ver­an­ker­ten Rechts­staats­prin­zips. Die deut­schen Ge­rich­te sind ver­fas­sungs­recht­lich ver­pflich­tet, die gel­ten­den Ge­set­zes­nor­men und al­so auch § 35 EG­Z­PO an­zu­wen­den. Die Be­ru­fungs­kam­mer kann des­halb § 35 EG­Z­PO in ei­ge­ner Rechts­macht nicht un­an­ge­wen­det las­sen, da dies im Er­geb­nis ei­ner Nich­tig­keits­fest­stel­lung gleich­kom­men würde.

Al­ler­dings ist für die Be­ru­fungs­kam­mer auch nicht er­sicht­lich, war­um § 35 EG­Z­PO un­wirk­sam sein soll­te. We­der die Kon­ven­ti­on zum Schutz der Men­schen­rech­te (EM­RK) noch das deut­sche Ver­fas­sungs­recht ver­pflich­ten da­zu, die Wie­der­auf­nah­me ei­nes Ver­fah­rens zu ermögli­chen. Mit der Ergänzung des § 580 ZPO um die Zif­fer 8 ist die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land der Emp­feh­lung Nr. R (2000)2 des Mi­nis­ter­ko­mi­tees des Eu­ro­pa­rats vom 19.01.2000, in der die Mit­glieds­staa­ten aus­drück­lich da­zu auf­ge­ru­fen wer­den, die Wie­der­auf­nah­me des Ver­fah­rens in ih­ren na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen vor­zu­se­hen, ge­folgt und hat da­mit dem Prin­zip ei­ner kon­ven­ti­ons­freund­li­chen Aus­ge­stal­tung des in­ner­staat­li­chen Rechts ent­spro­chen (vgl. da­zu die Ein­zel­be­gründung zu Art. 10 Nr. 6 zum 2.JuMoG). Die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land hat mit­hin ei­ne "über­ob­li­ga­to­ri­sche" Leis­tung er­bracht, die sie mit ei­ner Stich­tags­re­ge­lung ver­bun­den hat, was - un­ter Berück­sich­ti­gung der Recht­spre­chung der Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts - nicht nur möglich, son­dern ge­bo­ten ist, weil nach die­ser Recht­spre­chung die so­ge­nann­te "ech­te Rück­wir­kung" ei­nes Ge­set­zes aus Ver­trau­ens­schutz­ge­sichts­punk­ten grundsätz­lich un­zulässig ist.

Un­ter ech­ter "Rück­wir­kung" ver­steht das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Rück­be­wir­kung von Rechts­fol­gen. Sie be­trifft den zeit­li­chen An­wen­dungs­be­reich ei­ner Norm und liegt vor, wenn die in der Norm vor­ge­se­he­ne Rechts­fol­ge be­reits rück­wir­kend zu ei­nem vor ih­rer Verkündung lie­gen­den Zeit­punkt ein­tre­ten soll. Das Rechts­staats­prin­zip und die Grund­rech­te be­gren­zen die Be­fug­nis des Ge­setz­ge­bers, Rechtsände­run­gen vor­zu­neh­men, die an Sach­ver­hal­te der Ver­gan­gen­heit an­knüpfen. Die Verläss­lich­keit der Rechts­ord­nung ist ei­ne Grund­be­din­gung frei­heit­li­cher Ver­fas­sun­gen. Der Staatsbürger muss die ihm ge­genüber mögli­chen staat­li­chen Ein­grif­fe grundsätz­lich vor­aus­se­hen und sich dem­ent­spre­chend ein­rich­ten können. Es be­darf des­halb ei­ner be­son­de­ren Recht­fer­ti­gung, wenn der Ge­setz­ge­ber die Rechts­fol­gen ei­nes der Ver­gan­gen­heit zu­gehöri­gen Ver­hal­tens nachträglich be­las­tend ändert. Der Bürger wird in sei­nem Ver­trau­en auf die Verläss­lich­keit der Rechts­ord­nung enttäuscht, wenn der Ge­setz­ge­ber an Tat­bestände nachträglich ungüns­ti­ge­re Fol­gen knüpft als die­je­ni­gen, von de­nen der Bürger bei sei­nen Dis­po­si­tio­nen aus­ge­hen durf­te. Das Ver­trau­ens­schutz­ge­bot be­wahrt den Bürger vor der Enttäuschung schutzwürdi­gen Ver­trau­ens durch ei­ne be­las­ten­de Neu­re­ge­lung. Der zeit­li­che An­wen­dungs­be­reich ei­ner Norm be­stimmt, in wel­chem Zeit­punkt die Rechts­fol­gen ei­ner ge­setz­li­chen Re­ge­lung ein­tre­ten sol­len. Grundsätz­lich er­laubt die Ver­fas­sung nur ein be­las­ten­des Ge­setz, des­sen Rechts­fol­gen frühes­tens mit Verkündung der Norm ein­tre­ten. Die An­ord­nung, ei­ne Rechts­fol­ge sol­le schon für ei­nen vor dem Zeit­punkt der Verkündung der Norm lie­gen­den Zeit­raum ein­tre­ten (Rück­be­wir­kung von Rechts­fol­gen, "ech­te" Rück­wir­kung), ist grundsätz­lich un­zulässig. Der Schutz des Ver­trau­ens in den Be­stand der ursprüng­lich gel­ten­den Rechts­fol­gen­la­ge fin­det sei­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Grund vor­ran­gig in den all­ge­mei­nen rechts­staat­li­chen Grundsätzen, ins­be­son­de­re des Ver­trau­ens­schut­zes und der Rechts­si­cher­heit (vgl. BverfG, Ur­teil vom 05.02.2004, 2 BvR 2029/01, zi­tiert nach ju­ris). In Fällen ech­ter Rück­wir­kung wird in ver­gan­ge­ne, be­reits ab­ge­wi­ckel­te Tat­bestände ein­ge­grif­fen. Dies ist ver­fas­sungs­recht­lich grundsätz­lich un­zulässig (BVerfG, Be­schluss vom 15.10.1996, 1 BvL 44/12, zi­tiert nach ju­ris).

Der Bürger soll sich mit­hin auf die recht­li­chen Grund­la­gen und Be­din­gun­gen sei­ner Le­bens­ge­stal­tung im Rah­men der ver­fas­sungsmäßigen Ord­nung ver­las­sen können (vgl. da­zu die Be­gründung zu Art. 9 Nr. 2 des 2.JuMoG).

Da­nach ist die in § 35 EG­Z­PO ge­trof­fe­ne Stich­tags­re­ge­lung nicht zu be­an­stan­den.

Auch die Be­klag­te kann sich hier - ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers - auf ein schutzwürdi­ges Ver­trau­en be­ru­fen, das nicht da­durch aus­ge­schlos­sen wird, dass die Be­klag­te von dem Ver­fah­ren vor dem Eu­ropäischen Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te oder den Zah­lungs­kla­gen des Klägers Kennt­nis hat­te, denn An­satz­punkt für den Ver­trau­ens­schutz ist vor­lie­gend, dass die Be­klag­te sich man­gels ei­nes ge­setz­li­chen Re­sti­tu­ti­ons­grun­des dar­auf ver­las­sen durf­te, dass es bei der Rechts­kraft des streit­ge­genständ­li­chen kla­ge­ab­wei­sen­den Ur­teils blei­ben wird.

Wie sich aus der Ge­set­zes­be­gründung er­gibt, kommt vor­lie­gend kei­ne der vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt für die Zulässig­keit ech­ter Rück­wir­kung ent­wi­ckel­ten Fall­grup­pen in Be­tracht. In­so­weit wird auf die Ge­set­zes­be­gründung und die da­zu er­gan­ge­ne Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, die in der Ge­set­zes­be­gründung zi­tiert ist, ver­wie­sen.

Zu berück­sich­ti­gen ist zu­dem, dass der Kläger nicht in ei­nen "recht­lo­sen" Zu­stand fällt. Sei­ne Bemühun­gen blei­ben nicht rechts­fol­gen­los. Er be­fin­det sich in dem Rechts­zu­stand, der vor Einführung der Zif­fer 8 in den § 580 ZPO be­stand, d. h. er erhält zwar nicht die von ihm gewünsch­te Rechts­fol­ge, nämlich die Wie­der­auf­nah­me des Be­ru­fungs­ver­fah­rens, aber im­mer­hin die Möglich­keit ei­ner Entschädi­gung nach Art. 41 EM­RK. Art. 41 EM­RK enthält zwei Vor­aus­set­zun­gen, nämlich zum ei­nen die Fest­stel­lung ei­ner Kon­ven­ti­ons­ver­let­zung und zum an­de­ren, dass das in­ner­staat­li­che Recht nur ei­ne "un­voll­kom­me­ne" Wie­der­gut­ma­chung ge­stat­tet. Aus Art. 41 EM­RK ist da­mit zu­dem er­sicht­lich, dass auch die Kon­ven­ti­on ei­ne Rechts­la­ge für möglich hält, bei der ei­ne vollständi­ge Ab­hil­fe der Kon­ven­ti­ons­ver­let­zung, die der Kläger mit sei­ner
Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge er­strebt, nicht er­folgt. Der Fall ei­ner "un­voll­kom­me­nen" Wie­der­gut­ma­chung kann - mögli­cher­wei­se - die Höhe der Entschädi­gung be­ein­flus­sen. So sieht es auch die Ge­set­zes­be­gründung.

Die Stich­tags­re­ge­lung des § 35 EG­Z­PO ist - ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers - auch nicht willkürlich, denn sie knüpft an den Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens der Zif­fer 8 des § 580 ZPO an.

Selbst wenn der Kläger sich die­sen Ausführun­gen - verständ­li­cher­wei­se - nicht an­sch­ließen kann, be­steht noch ein wei­te­res Zulässig­keits­hin­der­nis, nämlich die 5-Jah­res­frist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO. Nach die­ser Vor­schrift ist die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge nach Ab­lauf von fünf Jah­ren, von dem Tag der Rechts­kraft des Ur­teils an ge­rech­net, un­statt­haft. Die­se Aus­schluss­frist greift un­abhängig von der Kennt­nis des Wie­der­auf­nah­me­grun­des ein. Rechts­kräftig war das streit­ge­genständ­li­che Ur­teil - wie be­reits aus­geführt - im Mai 2000. Mit­hin ist auch die­se nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der ge­setz­li­chen Vor­schrift maßgeb­li­che Frist nicht ein­ge­hal­ten. Auch hier sind die deut­schen Ge­rich­te ver­fas­sungs­recht­lich ver­pflich­tet, die gel­ten­den Ge­set­zes­nor­men und al­so auch § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO - in­so­weit wird auf die vor­ste­hen­den Ausführun­gen ver­wie­sen - an­zu­wen­den.

Zu berück­sich­ti­gen ist zu­dem, dass dem Ge­setz­ge­ber bei Schaf­fung der Zif­fer 8 des § 580 ZPO be­kannt war, dass die Möglich­keit der An­ru­fung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs für Men­schen­rech­te be­stand und wie lan­ge die dor­ti­gen Ver­fah­ren dau­ern. Trotz­dem hat er die 5-Jah­res-Frist des § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht geändert. An­halts­punk­te dafür, dass es sich da­bei um ein "Re­dak­ti­ons­ver­se­hen" ge­han­delt hat, lie­gen nicht vor. Viel­mehr ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Ge­setz­ge­ber nach Ab­lauf von fünf Jah­ren dem Ver­trau­en auf den Be­stand ei­nes rechts­kräfti­gen Ur­teils den Vor­rang vor ei­ner Ein­zel­fall­ge­rech­tig­keit einräum­en woll­te.

Da­nach ist die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge als un­zulässig zu ver­wer­fen.

Im Hin­blick auf die Un­zulässig­keit der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge sind die ge­stell­ten Hilfs­anträge ge­gen­stands­los. Ei­ne Neu­ver­hand­lung der Haupt­sa­che kann nur bei Zulässig­keit der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge und Be­ja­hung ei­nes Wie­der­auf­nah­me­grun­des er­fol­gen. Ist die Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge - wie vor­lie­gend - un­zulässig - wird das Ver­fah­ren nicht in die al­te Pro­zess­la­ge - mit­hin in das Be­ru­fungs­ver­fah­ren - zurück ver­setzt, so dass in die­sem Fall ei­ne Kla­geände­rung oder Kla­ge­er­wei­te­rung durch das Stel­len ei­nes Hilfs­an­tra­ges nicht möglich ist, weil nicht zur Haupt­sa­che ver­han­delt wird.

III.

Als un­ter­lie­gen­de Par­tei hat der Kläger die Kos­ten der Re­sti­tu­ti­ons­kla­ge zu tra­gen (§§ 64 63 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 ZPO).

IV.

Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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