HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

OLG Karls­ru­he, Ur­teil vom 13.09.2011, 17 U 99/10

   
Schlagworte: Diskriminierungsverbote: Geschlecht, Stellenausschreibung
   
Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Aktenzeichen: 17 U 99/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.09.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 22.03.2010, 2 O 279/09
   

Geschäfts­num­mer:
17 U 99/10
2 O 279/09
Land­ge­richt
Karls­ru­he

Verkündet am
13. Sep­tem­ber 2011

Na­gel, JAng.e
als Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

 

Ober­lan­des­ge­richt Karls­ru­he

17. Zi­vil­se­nat

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

Im Rechts­streit

Dr. B. U.

- Kläge­rin / Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

ge­gen

H. H. GmbH

- Be­klag­te / Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:

Streit­hel­fer:
1. R. K.
2. R. G.

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te zu 1 und 2:

we­gen For­de­rung

hat der 17. Zi­vil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Karls­ru­he auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 26. Ju­li 2011 un­ter Mit­wir­kung von

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Vor­sit­zen­dem Rich­ter am Ober­lan­des­ge­richt Dr. Müller-Christ­mann
Rich­ter am Ober­lan­des­ge­richt Lind­ner
Rich­te­rin am Land­ge­richt Dr. Merz

für Recht er­kannt:

I. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Land­ge­richts Karls­ru­he vom 22.03.2010 - 2 O 279/09 - im Kos­ten­punkt auf­ge­ho­ben und in Ziff. 1 der Ur­teils­for­mel wie folgt geändert und neu ge­fasst:

1. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 13.257,36 EUR zu zah­len.

2. Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

II. Die wei­ter­ge­hen­de Be­ru­fung wird zurück­ge­wie­sen.

III. Die durch die An­ru­fung des un­zuständi­gen Ar­beits­ge­richts ent­stan­de­nen Kos­ten trägt die Kläge­rin. Von den Kos­ten der Streit­hil­fe tra­gen die Kläge­rin 4/10 und die Streit­hel­fer 6/10. Von den übri­gen Kos­ten des Rechts­streits bei­der In­stan­zen tra­gen die Kläge­rin 4/10 und die Be­klag­te 6/10.

IV. Die­ses Ur­teil ist vorläufig voll­streck­bar. Der je­wei­li­ge Voll­stre­ckungs­schuld­ner darf die Voll­stre­ckung durch Si­cher­heits­leis­tung in Höhe von 120 % des voll­streck­ba­ren Be­tra­ges ab­wen­den, wenn nicht der je­wei­li­ge Voll­stre­ckungsgläubi­ger vor der Voll­stre­ckung Si­cher­heit in Höhe von 120 % des je­weils zu voll­stre­cken­den Be­trags leis­tet.

V. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

VI. Der Streit­wert für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf 24.765,00 EUR fest­ge­setzt.

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I.

Die Kläge­rin be­gehrt von der Be­klag­ten ei­ne Entschädi­gung we­gen ge­schlechts­be­zo­ge¬ner Be­nach­tei­li­gung.

Die Be­klag­te ist ein mit­telständi­sches Lo­gis­tik-, Trans­port- und Um­zugs­un­ter­neh­men. In ih­rem Auf­trag gab die Rechts­an­walts­kanz­lei K. & G., de­ren Mit­glie­der die bei­den Streit­hel­fer sind, am 15.09.2007 und gleich­lau­tend am 22.09.2007 in den B. ei­ne Stel­len­an¬zei­ge fol­gen­den In­halts auf (An­la­ge K 1):

Geschäftsführer
im Man­dan­ten­auf­trag zum nächstmögli­chen Ein­tritts­ter­min ge­sucht für mit­telständi­sches Lo­gis­tik-, Trans­port & Um­zugs­un­ter­neh­men mit Sitz im Raum K. Fähig­kei­ten in Ak­qui­si­ti­on so­wie Fi­nanz- und Rech­nungs­we­sen sind er­for­der­lich, Er­fah­run­gen in Führungs­po­si­tio­nen erwünscht. Frühe­re Tätig­kei­ten in der Bran­che nicht not­wen­dig. Ih­re schrift­li­chen, vollständi­gen Be­wer­bungs­un­ter­la­gen mit An­ga­be Ih­res nächstmögli­chen Ein­tritts­da­tums und Ih­ren Ge­halts­vor­stel­lun­gen sen­den Sie bit­te an:
Rechts­anwälte K. & G., in K., oder per E-Mail an in­fo@....de

Die auch als Rechts­anwältin zu­ge­las­se­ne Kläge­rin war zu die­sem Zeit­punkt als Per­so­nal­lei­te­rin bei der I. Ver­si­che­rungs­grup­pe in M. beschäftigt, nach­dem sie zu­vor mehr als 20 Jah­re bei den K. Ver­si­che­run­gen tätig ge­we­sen war. Per E-Mail vom 18.09.2007 (An­la­ge K 2), der ein „Know-How-Pro­fil“ und ein ta­bel­la­ri­scher Le­bens­lauf bei­gefügt wa­ren (An­la­ge K 3), be­warb sich die Kläge­rin auf die aus­ge­schrie­be­ne Geschäftsführungs­po­si­ti­on. Auf te­le­fo­ni­sche Nach­fra­ge er­fuhr die Kläge­rin am 05.10.2007 vom Se­kre­ta­ri­at des An­waltsbüros K. & G., dass ih­re Be­wer­bung kei­ne Berück­sich­ti­gung ge­fun­den ha­be. Mit E-Mail vom 15.10.2007 an Rechts­an­walt K. und Schrei­ben vom 17.10.2007 an die Rechts­anwälte K. & G. (An­la­ge K 4) mel­de­te die Kläge­rin Entschädi­gungs­ansprüche in Höhe von 24.765,00 EUR an und be­gehr­te Aus­kunft über den Auf­trag­ge­ber der Stel­len­an­zei­ge. Da die Aus­kunft nicht er­teilt wur­de, er­hob die Kläge­rin Kla­ge ge­gen die Rechts­an­walts­so­zietät K. & G., die durch Ur­teil des Land­ge­richts Karls­ru­he vom 29.04.2008 – 4 O 23/08 zur Be­nen­nung ih­res Man­dan­ten ver­ur­teilt wur­de. Nach Ein­lei­tung von Zwangs­voll­stre­ckungs­maßnah­men be­nann­te die Rechts­an­walts­kanz­lei schließlich am 05.03.2009 die Be­klag­te als Auf­trag­ge­be­rin der An­zei­ge (An­la­ge K 6). Mit Schrei­ben vom 09.03.2009 mach­te die Kläge­rin so­dann ge­genüber der Be­klag­ten ih­ren mit 24.765,00 EUR be­zif­fer­ten Entschädi­gungs­an­spruch gel­tend (An­la­ge K 7).

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Die­sen Entschädi­gungs­an­spruch we­gen ge­schlechts­be­zo­ge­ner Be­nach­tei­li­gung im Be­wer­bungs­ver­fah­ren ver­folgt die Kläge­rin mit der am 08.04.2009 beim Ar­beits­ge­richt Karls­ru­he ein­ge­reich­ten Kla­ge wei­ter. Die Kläge­rin ist der Auf­fas­sung, die mit „Geschäftsführer“ über­schrie­be­ne Stel­len­an­zei­ge sei nicht ge­schlechts­neu­tral. Schon des­halb sei zu ver­mu­ten, dass die Kläge­rin we­gen ih­res Ge­schlechts be­nach­tei­ligt wor­den sei. Die be­gehr­te Entschädi­gung von 24.765,00 EUR nach § 15 Abs. 2 AGG sei an­ge­sichts der bis­he­ri­gen Ein­kom­mens­si­tua­ti­on der Kläge­rin und des Mo­nats­ge­halts von 13.257,36 EUR brut­to für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le (AS I 315) auch der Höhe nach an­ge­mes­sen.

Die Be­klag­te ist der Auf­fas­sung, der Ter­mi­nus „Geschäftsführer“ wen­de sich glei­cher­maßen an weib­li­che Per­so­nen, al­lein hier­aus könne ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung nicht ab­ge­lei­tet wer­den, zu­mal auch ei­ne Be­wer­be­rin zum Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den wur­de. Die Kläge­rin sei auch nicht auf­grund ih­res Ge­schlechts, son­dern we­gen man­geln­der Qua­li­fi­ka­ti­on, ins­be­son­de­re feh­len­der Ak­qui­si­ti­ons­er­fah­rung nicht berück­sich­tigt wor­den. Außer­dem sei das In­se­rat nicht mit der Be­klag­ten ab­ge­stimmt ge­we­sen und ihr da­her nicht zu­zu­rech­nen. Die Entschädi­gungs­ansprüche sei­en je­den­falls überhöht. Im Übri­gen ha­be sich die Kläge­rin mögli­cher­wei­se nicht ernst­haft be­wor­ben, son­dern nur um ei­ne Entschädi­gung zu er­strei­ten.

We­gen der tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen und der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Par­tei­vor­brin­gens wird auf das Ur­teil des Land­ge­richts Be­zug ge­nom­men (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit Be­schluss vom 17.06.2009 hat das Ar­beits­ge­richt Karls­ru­he den Rechts­streit an das Land­ge­richt Karls­ru­he ver­wie­sen. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge nach Anhörung der Kläge­rin und des Geschäftsführers der Be­klag­ten, T. H., ab­ge­wie­sen. Al­lein die Ver­wen­dung der Über­schrift „Geschäftsführer“ be­gründe oh­ne wei­te­re An­halts­punk­te kei­nen Ver­s­toß ge­gen die Pflicht zur ge­schlechts­neu­tra­len Stel­len­aus­schrei­bung, zu­mal die An­zei­ge nicht von der Be­klag­ten, son­dern der ein­ge­schal­te­ten An­walts­kanz­lei for­mu­liert wor­den sei. Im Übri­gen sei die Ver­mu­tung ei­ner Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin we­gen ih­res Ge­schlechts je­den­falls da­durch wi­der­legt, dass zu­min­dest ei­ne Be­wer­be­rin zum Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den wor­den und über­dies nach­voll­zieh­bar sei, dass die Kläge­rin die Stel­le we­gen man­geln­der Ak­qui­si­ti­ons­er­fah­rung nicht er­hal­ten ha­be. Sch­ließlich lägen vor al­lem we­gen der un­zu­rei­chen­den Be­wer­bungs­un­ter­la­gen und der

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als­bal­di­gen Gel­tend­ma­chung von Entschädi­gungs­ansprüchen An­halts­punk­te für ei­ne rechts­miss­bräuch­li­che Be­wer­bung vor.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Ausführun­gen des Land­ge­richts wird auf die Ent­schei­dungs­gründe des an­ge­foch­te­nen Ur­teils Be­zug ge­nom­men.

Hier­ge­gen rich­tet sich die Be­ru­fung der Kläge­rin, die die erst­in­stanz­lich gel­tend ge­mach­ten Kla­ge­ansprüche in vol­lem Um­fang wei­ter­ver­folgt. Sie hält an ih­rer Auf­fas­sung fest, die An­zei­gen sei­en nicht ge­schlechts­neu­tral for­mu­liert. Die hier­aus fol­gen­de Ver­mu­tung der Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin we­gen ih­res Ge­schlechts sei nur dann wi­der­legt, wenn das Ge­schlecht bei der Aus­wahl über­haupt kei­ne Rol­le ge­spielt ha­be, was sich aus dem Be­klag­ten­vor­trag nicht er­ge­be. Die Kläge­rin sei für die aus­ge­schrie­be­ne Geschäftsführer­po­si­ti­on ge­eig­net und an die­ser auch ernst­haft in­ter­es­siert ge­we­sen. Sie ha­be sich aus persönli­chen Gründen in den Raum K. verändern wol­len und ha­be sich auch bei an­de­ren Fir­men um Führungs­po­si­tio­nen be­wor­ben (An­la­gen BK 1 - BK 4). Von ih­rem da­ma­li­gen Ar­beit­ge­ber ha­be sie sich ei­gens für Be­wer­bun­gen ein Zwi­schen­zeug­nis aus­stel­len las­sen. Tatsächlich sei sie zum 31.12.2007 auch dort aus­ge­schie­den und ar­bei­te seit Herbst des Jah­res 2008 in lei­ten­der Po­si­ti­on ei­ner großen K. Un­ter­neh­mens­grup­pe, wo sie auch im Be­reich Kun­den­be­treu­ung und Ak­qui­si­ti­on tätig sei.

Die Kläge­rin be­an­tragt:

Das Ur­teil des Land­ge­richts Karls­ru­he vom 22.03.2010 - 2 O 279/09 - wird ab­geändert. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung in Geld gem. § 15 Abs. 2 S. 1 AGG we­gen ge­schlechts­be­zo­ge­ner Be­nach­tei­li­gung im Be­wer­bungs­ver­fah­ren zu gewähren.

Den An­trag auf Nicht­zu­las­sung der Ne­benin­ter­ven­ti­on hat die Kläge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 26.07.2011 zurück­ge­nom­men.

Die Be­klag­te be­an­tragt

Zurück­wei­sung der Be­ru­fung.

Sie ver­tei­digt das Ur­teil des Land­ge­richts un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens.

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Mit Schrift­satz vom 14.09.2010 ha­ben die Rechts­anwälte K. und G. den Bei­tritt zum Rechts­streit auf Sei­ten der Be­klag­ten erklärt. Sie schließen sich dem An­trag auf Zurück­wei­sung der Be­ru­fung an und tra­gen ergänzend vor, das Ge­schlecht der Kläge­rin ha­be für die Aus­wah­l­ent­schei­dung kei­ne Rol­le ge­spielt. Auf die An­zei­gen hätten sich ins­ge­samt 85 In­ter­es­sen­ten ge­mel­det, wo­von 4 Per­so­nen weib­li­chen Ge­schlechts ge­we­sen sei­en. Zu Vor­stel­lungs­gesprächen ein­ge­la­den wor­den sei­en 13 Stel­len­be­wer­ber, hier­un­ter auch ei­ne Per­son weib­li­chen Ge­schlechts. Im Übri­gen lägen An­halts­punk­te für ei­ne rechts­miss­bräuch­li­che Be­wer­bung durch die Kläge­rin vor, da die Kläge­rin be­reits un­mit­tel­bar nach der te­le­fo­ni­schen Ab­sa­ge am 05.10.2007 und er­neut am 09.10.2007 Entschädi­gungs­ansprüche an­ge­mel­det ha­be. Die Streit­hel­fer mei­nen fer­ner, die Frist von zwei Mo­na­ten zur Gel­tend­ma­chung gem. § 15 Abs. 4 AGG sei nicht ein­ge­hal­ten wor­den, da in­ner­halb die­ser Frist Ansprüche zwar bei ih­nen, nicht aber bei der Be­klag­ten an­ge­mel­det wor­den sei­en.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Be­ru­fungs­vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf die im Be­ru­fungs­rechts­zug ge­wech­sel­ten Schriftsätze Be­zug ge­nom­men.

II.

Die zulässi­ge Be­ru­fung der Kläge­rin ist teil­wei­se be­gründet.

Der Rechts­weg zu den or­dent­li­chen Ge­rich­ten ist schon auf­grund des in­so­weit gem. § 17 a Abs. 2 S. 3 GVG bin­den­den Ver­wei­sungs­be­schlus­ses des Ar­beits­ge­richts vom 17.06.2009 und im Übri­gen auch gem. § 5 Abs. 1 S. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG ge­ge­ben. Die Kla­ge ist auch zulässig. Zu Recht hat das Land­ge­richt die Be­stimmt­heit des un­be­zif­fer­ten, auf an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung gem. § 15 Abs. 2 AGG ge­rich­te­ten Zah­lungs­an­tra­ges be­jaht.

Der Kläge­rin kann von der Be­klag­ten gem. § 15 Abs. 2 AGG ei­ne Entschädi­gung be­an­spru­chen, weil die Be­klag­te sie we­gen ih­res Ge­schlechts be­nach­tei­ligt hat. Der Se­nat hält ei­ne Entschädi­gung in Höhe ei­nes Mo­nats­ge­halts von 13.257,36 EUR für an­ge­mes­sen.

1. Der sach­li­che und persönli­che An­wen­dungs­be­reich des AGG ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 3 AGG eröff­net.

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2. Die Entschädi­gungs­for­de­rung wur­de auch in­ner­halb der Frist von zwei Mo­na­ten gem. § 15 Abs. 4 AGG schrift­lich gel­tend ge­macht.

Für den Be­ginn der Frist kommt es auf die Kennt­nis der an­spruchs­be­gründen­den Tat­sa­chen an. Hier­zu zählt auch die Iden­tität des An­spruchs­geg­ners, das heißt des Ar­beit­ge­bers. So­lan­ge der Be­wer­ber nicht weiß, ge­gen wen er Ansprüche we­gen ver­bo­te­ner Be­nach­tei­li­gung gel­tend ma­chen muss, kann die Gel­tend­ma­chungs­frist nach § 15 Abs. 4 AGG nicht lau­fen. Dies gilt al­ler­dings nur, so­lan­ge der An­spruchs­be­rech­tig­te un­ver­schul­det die Iden­tität des An­spruchs­ver­pflich­te­ten nicht kennt. Er ist des­halb ge­hal­ten, al­le zu­mut­ba­ren Maßnah­men zu er­grei­fen, um nach Möglich­keit in­ner­halb der Gel­tend­ma­chungs­frist des § 15 Abs. 4 AGG die Iden­tität des Ar­beit­ge­bers zu er­mit­teln. Dies er­for­dert je­den­falls, dass er in­ner­halb der zwei­mo­na­ti­gen Gel­tend­ma­chungs­frist schrift­lich den ein­ge­schal­te­ten Drit­ten auf­for­dert, die Iden­tität des Ar­beit­ge­bers preis­zu­ge­ben (Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, 3. Aufl., § 15 Rn. 51, 51 a).

Nach­dem die Kläge­rin am 05.10.2007 von der Nicht­berück­sich­ti­gung ih­rer Be­wer­bung er­fah­ren hat­te, mel­de­te sie mit Schrei­ben vom 17.10.2007 Ansprüche ge­genüber den be­auf­trag­ten Rechts­anwälten an ver­bun­den mit der Auf­for­de­rung um Aus­kunft über den Auf­trag­ge­ber der Stel­len­an­zei­ge. Die­sen Aus­kunfts­an­spruch hat sie im Fol­gen­den ge­richt­lich bis zur Zwangs­voll­stre­ckung ver­folgt. Da­mit hat sie in­ner­halb der zwei­mo­na­ti­gen Gel­tend­ma­chungs­frist al­le zu­mut­ba­ren Maßnah­men er­grif­fen, um die Iden­tität des Ar­beits­ge­bers zu er­fah­ren. Kurz nach­dem ihr am 05.03.2009 die Aus­kunft er­teilt wor­den war, hat sie am 09.03.2009 Entschädi­gungs­ansprüche ge­genüber der Be­klag­ten gel­tend ge­macht. Sie hat da­her auch in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach Kennt­nis­er­lan­gung von der Iden­tität des Ar­beit­ge­bers die­sen in An­spruch ge­nom­men. Da­mit ist ins­ge­samt die Frist des § 15 Abs. 4 AGG ge­wahrt.

3. Die Drei­mo­nats­frist gem. § 61 b Abs. 1 ArbGG war vor­lie­gend nicht zu be­ach­ten, da die­se Vor­schrift nur für die Ver­fah­ren vor den Ar­beits­ge­rich­ten gilt (Oberthür, Ar­bRB 2009, 26; Dil­ler NZA, 2007, 649, 653). Da­von un­abhängig wäre die Frist auch ge­wahrt wor­den. Nach § 61 b ArbGG muss ei­ne Kla­ge auf Entschädi­gung nach § 15 AGG in­ner­halb von drei Mo­na­ten, nach­dem der An­spruch schrift­lich gel­tend ge-

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macht wor­den ist, er­ho­ben wer­den. Die drei­mo­na­ti­ge Kla­ge­frist knüpft so­mit an den Tag der schrift­li­chen Gel­tend­ma­chung an - nicht an den Ab­lauf der Gel­tend­ma­chungs­frist (Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 15 Rn. 46, 59). Am 09.03.2009 wur­den Entschädi­gungs­ansprüche ge­gen die Be­klag­te schrift­lich gel­tend ge­macht. Die Entschädi­gungs­kla­ge ist am 08.04.2009 beim Ar­beits­ge­richt Karls­ru­he ein­ge­gan­gen und wur­de auch als­bald, nämlich am 17.04.2009 zu­ge­stellt. Die drei­mo­na­ti­ge Kla­ge­frist wur­de da­mit ein­ge­hal­ten.

4. Die Be­klag­te hat die Kläge­rin we­gen ih­res Ge­schlechts be­nach­tei­ligt und da­mit ge­gen § 7 Abs. 1 i. V. m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG ver­s­toßen.

Ei­ne Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin als Per­son weib­li­chen Ge­schlechts ist be­reits dar­in zu se­hen, dass die Kläge­rin letzt­lich die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le als „Geschäftsführer“ nicht er­hal­ten hat. In­so­fern hat sie ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung er­fah­ren als ei­ne an­de­re Per­son (§ 3 Abs. 1 AGG), nämlich die­je­ni­ge, die die Stel­le er­hal­ten hat.

Die Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin ist auch we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des, nämlich we­gen ih­res Ge­schlechts er­folgt. Die Be­klag­te hat durch die ihr zu­re­chen­ba­re, nicht ge­schlechts­neu­tra­le Stel­len­aus­schrei­bung ge­gen §§ 11, 7 Abs. 1 AGG ver­s­toßen. Die gem. § 22 AGG für die ge­schlechts­be­zo­ge­ne Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin spre­chen­de Ver­mu­tung ver­moch­te die Be­klag­te nicht zu wi­der­le­gen. Von ei­ner rechts­miss­bräuch­li­chen Be­wer­bung der Kläge­rin ist nicht aus­zu­ge­hen.

a) Der Se­nat geht da­von aus, dass die Stel­len­aus­schrei­bung im Streit­fall un­ter Ver­s­toß ge­gen §§ 11, 7 Abs. 1 AGG er­folgt ist. Grundsätz­lich verstößt ei­ne Aus­schrei­bung dann ge­gen § 7 Abs. 1 AGG, wenn Per­so­nen, die ein in § 1 ge­nann­tes Merk­mal auf­wei­sen, vom Kreis der für die zu be­set­zen­de Stel­le in Be­tracht kom­men­den Per­so­nen aus­ge­schlos­sen wer­den. Es darf et­wa nicht nach „männ­li­chen“ oder „weib­li­chen“ Kan­di­da­ten ge­sucht wer­den (Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 11 Rn. 6). Ge­schlechts­neu­tral hin­ge­gen ist ei­ne Aus­schrei­bung for­mu­liert, wenn sie sich in ih­rer ge­sam­ten Aus­drucks­wei­se so­wohl an Frau­en als auch an Männer rich­tet. Dem ist je­den­falls dann Rech­nung ge­tra­gen, wenn die Be­rufs­be­zeich­nung in männ­li­cher und weib­li­cher Form ver­wen­det oder ein ge­schlechts­neu­tra­ler Ober­be­griff gewählt

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wird (Münche­ner Kom­men­tar/Thüsing, BGB, 5. Aufl. , § 11 AGG Rn. 5; Er­fur­ter Kom­men­tar zum Ar­beits­recht/Schlach­ter, 11. Aufl. , § 11 AGG Rn. 2).

Die­sen Vor­ga­ben genügt die streit­ge­genständ­li­che Stel­len­aus­schrei­bung nicht, da der Be­griff „Geschäftsführer“ ein­deu­tig männ­lich ist und we­der durch den Zu­satz „/in“ noch durch die Ergänzung „m/w“ er­wei­tert wird. Der Be­ru­fung ist - ent­ge­gen dem Land­ge­richt - dar­in zu fol­gen, dass es sich bei dem Be­griff „Geschäftsführer“ auch nicht um ei­nen ge­schlechts­neu­tra­len Ober­be­griff han­delt. Ob im all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch häufig noch die männ­li­che Be­zeich­nung als Ober­be­griff ver­wen­det wird, ist nach Auf­fas­sung des Se­nats im Rah­men des § 11 AGG nicht ent­schei­dend (eben­so Er­fur­ter Kom­men­tar/Schlach­ter, § 11 AGG, Rn. 2; a. A. Münche­ner Kom­men­tar/Thüsing, § 11 AGG Rn. 5). Die An­for­de­run­gen an die Be­griff­lich­kei­ten im All­tag oder in Ge­set­zes­tex­ten sind an­de­re als bei ei­ner Stel­len­aus­schrei­bung. Selbst wenn im all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch oder teil­wei­se auch noch in der Ge­set­zesspra­che der männ­li­che Be­griff wie ein Ober­be­griff ver­wen­det wird, so wird er da­durch im Rah­men ei­ner Stel­len­an­zei­ge nicht ge­schlechts­neu­tral. Im Übri­gen spricht et­wa § 6 Abs. 3 AGG aus­drück­lich von „Geschäftsführern und Geschäftsführe­rin­nen“.

Zum Teil wird al­ler­dings die Auf­fas­sung ver­tre­ten, auch wenn al­lein die pri­ma fa­cie männ­li­che Be­zeich­nung ver­wen­det wer­de, könne je­den­falls der Ge­samt­kon­text der Aus­schrei­bung er­ge­ben, dass ei­ne Ge­schlechts­dis­kri­mi­nie­rung nicht be­ab­sich­tigt wer­de (Münche­ner Kom­men­tar/Thüsing, § 11 AGG, Rn. 5). Der männ­li­che Be­griff „Geschäftsführer“ wird in­des­sen im wei­te­ren Kon­text der An­zei­ge nicht re­la­ti­viert. We­der spricht die An­non­ce an ei­ner an­de­ren Stel­le ex­pli­zit weib­li­che Be­wer­ber an, noch wer­den als ty­pi­scher­wei­se „weib­lich“ emp­fun­de­ne Fähig­kei­ten oder Tätig­keits­fel­der ge­nannt. Dem­ge­genüber ist der männ­li­che Ter­mi­nus „Geschäftsführer“ als Über­schrift durch die Ver­wen­dung größerer Schrift­ty­pen und durch die Zen­trie­rung noch op­tisch her­vor­ge­ho­ben. Darüber hin­aus be­zieht er sich auch auf ein ty­pi­scher­wei­se „männ­li­ches“ Betäti­gungs­feld, nämlich den Lo­gis­tik-, Trans­port- und Um­zugs­be­reich, wenn­gleich frühe­re Tätig­kei­ten in der Bran­che nicht als not­wen­dig be­zeich­net wer­den. Ins­ge­samt wird der her­vor­ge­ho­be­ne männ­li­che Be­griff „Geschäftsführer“ an kei­ner Stel­le der An­zei­ge re­la­ti­viert oder um weib­li­che As­pek­te ergänzt. Im Übri­gen deu­tet auch die von den Streit­hel­fern vor­ge­tra­ge­ne Tat­sa­che, dass sich un­ter 85 In­ter­es­sen­ten nur 4 Frau­en auf die An­zei­ge be­wor­ben ha­ben,

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eher dar­auf hin, dass sich Frau­en von die­ser An­zei­ge tatsächlich we­ni­ger an­ge­spro­chen fühl­ten. Der Se­nat geht je­den­falls im Er­geb­nis da­von aus, dass die streit­ge­genständ­li­che Stel­len­an­zei­ge un­ter Ver­s­toß ge­gen §§ 11, 7 Abs. 1 AGG for­mu­liert ist.

b) Dass die Stel­len­an­zei­ge nicht von der Be­klag­ten, son­dern durch die von ihr be­auf­trag­ten Streit­hel­fer for­mu­liert wur­de, ändert hier­an nichts. Be­dient sich der Ar­beit­ge­ber nämlich zur Stel­len­aus­schrei­bung ei­nes Drit­ten und ver­letzt die­ser die Pflicht zur ge­schlechts­neu­tra­len Stel­len­aus­schrei­bung, so ist dem Ar­beit­ge­ber die­ses Ver­hal­ten in al­ler Re­gel zu­zu­rech­nen. Den Ar­beit­ge­ber trifft im Fall der Fremd­aus­schrei­bung die Sorg­falts­pflicht, die Ord­nungs­gemäßheit der Aus­schrei­bung zu über­wa­chen (BAG, Ur­teil vom 05.02.2004 - 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540; Bau-er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 11 Rn. 7, § 15 Rn. 33; BVerfG, Be­schluss vom 21.09.2006 - 1 BvR 308/03, NJW 2007, 137).

c) Die nicht ge­schlechts­neu­tra­le, ge­gen §§ 11, 7 Abs. 1 AGG ver­s­toßen­de Stel­len­aus­schrei­bung stellt ein In­diz im Sin­ne von § 22 AGG dar, das ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen des Ge­schlechts ver­mu­ten lässt mit der Fol­ge, dass die Be­weis­last­um­kehr des § 22 AGG ein­greift (Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 11 Rn. 8, § 22 Rn. 11; BAG, Ur­teil vom 05.02.2004 - 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540, Rn. 63; LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 20.03.2009 - 9 Sa 5/09, ju­ris). Nach § 22 AGG müss­te so­mit die Be­klag­te be­wei­sen, dass die Kläge­rin nicht we­gen ih­res Ge­schlechts be­nach­tei­ligt wur­de.

Für die Be­nach­tei­li­gung we­gen des Ge­schlechts ist es nicht er­for­der­lich, dass al­lein das Ge­schlecht des Be­wer­bers zu sei­ner Ab­leh­nung geführt hat. Ei­ne sol­che Aus­le­gung wird ins­be­son­de­re dem Schutz­zweck des Art. 3 Abs. 2 GG nicht ge­recht. Liegt der Ar­beit­ge­ber­ent­schei­dung ein „Mo­tivbündel“ zu­grun­de, so ist al­lein maßge­bend, ob in die­sem auch das Ge­schlecht des Stel­len­be­wer­bers als ne­ga­ti­ves Kri­te­ri­um ent­hal­ten ist (BAG, Ur­teil vom 27.04.2000 - 8 AZR 295/99, ju­ris Rn. 40). De­ment¬spre­chend ist die Be­nach­tei­li­gung we­gen des Ge­schlechts nicht schon durch die bes­se­re Eig­nung ei­nes an­de­ren Be­wer­bers wi­der­legt. Nicht al­lein der best­plat­zier­te Be­wer­ber kann be­nach­tei­ligt sein (BAG, Ur­teil vom 27.04.2000 - 8 AZR 295/99, ju­ris Rn. 33; BAG, Ur­teil vom 05.02.2004 - 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540, Rn. 67 ff.; vgl. auch LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 20.03.2009 - 9 Sa 5/09, ju­ris Rn. 59).

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Viel­mehr müss­te die Be­klag­te nach­wei­sen, dass das Ge­schlecht der Kläge­rin bei der Aus­wah­l­ent­schei­dung „über­haupt kei­ne Rol­le“ ge­spielt hat, dass al­so in dem Mo­tivbündel, das die Aus­wah­l­ent­schei­dung be­ein­flusst hat, das Ge­schlecht der Kläge­rin nicht als ne­ga­ti­ves oder das Ge­schlecht des er­folg­rei­chen Be­wer­bers als po­si­ti­ves Kri­te­ri­um ent­hal­ten war (BAG, Ur­teil vom 05.02.2004 - 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540, Rn. 69; LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 20.03.2009 - 9 Sa 5/09, ju-ris Rn. 57; Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 22 Rn. 13). Hierfür ist er­for­der­lich, dass die Be­klag­te die maßgeb­li­chen Erwägun­gen für ih­re Hand­lung dar­legt und hierfür Be­weis an­bie­ten kann (Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG § 22 Rn. 13).

Die Tat­sa­che, dass ei­ne weib­li­che Be­wer­be­rin zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den wur­de, ver­mag die Ver­mu­tung al­lein nicht zu wi­der­le­gen. Da­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass sich nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag der Streit­hel­fer un­ter 85 Stel­len­be­wer­bern nur 4 Per­so­nen weib­li­chen Ge­schlechts be­fan­den und da­von wie­der­um nur ei­ne Frau zum Vor­stel­lungs­gespräch ge­be­ten wur­de. Der Um­stand, dass die­se Be­wer­be­rin ein­ge­la­den wur­de, be­legt zwar mögli­cher­wei­se, dass die­se nicht we­gen ih­res Ge­schlechts be­nach­tei­ligt wur­de. Da die Kläge­rin selbst aber nicht zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ge­be­ten wur­de, ist nicht be­wie­sen, dass bei der ge­gen die Kläge­rin ge­fal­le­nen Ent­schei­dung de­ren Ge­schlecht über­haupt kei­ne Rol­le ge­spielt hat, (vgl. auch ArbG Stutt­gart, Ur­teil vom 05.09.2007 - 29 Ca 2793/07, ju­ris Rn. 29; nicht über­zeu­gend da­her die Auf­fas­sung des VG Mainz, die Ver­mu­tung der Be­nach­tei­li­gung we­gen des Le­bens­al­ters sei wi­der­legt, wenn sich un­ter den in die en­ge­re Aus­wahl ge­nom­me­nen und zum Vor­stel­lungs­gespräch ge­la­de­nen Be­wer­bern auch zwei älte­re Be­wer­ber befänden, VG Mainz, Ur­teil vom 21.01.2009 - 7 K 484/08.MZ, NVwZ-RR 2009, 570 ).

Auch der Vor­trag der Be­klag­ten, die Kläge­rin sei nicht we­gen ih­res Ge­schlechts, son­dern we­gen der man­geln­den Ak­qui­si­ti­ons­er­fah­rung nicht ein­ge­la­den wor­den, kann die Ver­mu­tung nicht wi­der­le­gen. Da­mit ist nämlich eben­falls nicht be­legt, dass das Ge­schlecht ne­ben der mögli­cher­wei­se feh­len­den Ak­qui­se­er­fah­rung der Kläge­rin bei der Ent­schei­dung kei­ner­lei Rol­le ge­spielt hat. Schrift­li­che Un­ter­la­gen oder nähe­re In­for­ma­tio­nen zur Aus­wah­l­ent­schei­dung legt die Be­klag­te auch nicht vor. Die Ver­mu­tung ist da­her nicht wi­der­legt.

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des­halb aus­ge­schlos­sen, weil ih­re Be­wer­bung nicht sub­jek­tiv ernst ge­meint, son­dern aus­sch­ließlich auf Er­lan­gung ei­ner Entschädi­gung ge­rich­tet ge­we­sen wäre.

Nach ganz herr­schen­der Mei­nung setzt der An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG vor­aus, dass der be­tref­fen­de Be­wer­ber sich sub­jek­tiv ernst­haft um die frag­li­che Stel­le be­wor­ben hat und hierfür auch ob­jek­tiv in Be­tracht kam (BAG, Ur­teil vom 27.04.2000 - 8 AZR 95/99, LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 20.03.2009 - 9 Sa 5/09, ju­ris Rn. 37; LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 29.01.2009 - 4 Sa 346/08, Rn. 41 ff.; LAG Ham­burg, Be­schluss vom 12.01.2009 - 3 Ta 26/08, ju­ris, Rn. 19; Münche­ner Kom­men­tar/Thüsing, § 15 AGG Rn. 17). Da­bei trägt der Ar­beit­ge­ber, hier die Be­klag­te, die Be­weis­last für das Feh­len der ob­jek­ti­ven oder sub­jek­ti­ven Eig­nung des Be­wer­bers (Münche­ner Kom­men­tar/Thüsing, § 15 AGG Rn. 17; Dil­ler, BB 2006, 1968, 1969).

Die Be­klag­te hat kei­ne aus­rei­chen­den In­di­zi­en für ei­ne miss­bräuch­li­che, sub­jek­tiv nicht ernst ge­mein­te Be­wer­bung der Kläge­rin dar­ge­legt. Sol­che In­di­zi­en wären et­wa ei­ne of­fen­sicht­li­che Über- und Un­ter­qua­li­fi­ka­ti­on, un­vollständi­ge Be­wer­bungs­un­ter­la­gen oder de­plat­zier­te An­ga­ben in der Be­wer­bung, mas­sen­haf­te Be­wer­bun­gen auf dis­kri­mi­nie­ren­de An­zei­gen oder ei­ne Viel­zahl von Entschädi­gungs­kla­gen so­wie ex­trem ho­he Entschädi­gungs­for­de­run­gen (Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 6 Rn. 12). Mögli­ches In­diz für ei­ne sub­jek­tiv nicht ernst­haf­te Be­wer­bung könn­te im Streit­fall die Un­vollständig­keit der Be­wer­bungs­un­ter­la­gen sein, da die dem Se­nat vor­lie­gen­den Un­ter­la­gen in der Tat ei­nen kon­kre­ten Be­zug auf die streit­ge­genständ­li­che Stel­len­aus­schrei­bung und die dort ge­for­der­ten Fähig­kei­ten, ins­be­son­de­re die Ak­qui­si­ti­ons­er­fah­rung ver­mis­sen las­sen. An­de­rer­seits sind wei­te­re In­di­zi­en für ei­ne nicht ernst ge­mein­te Be­wer­bung nicht er­kenn­bar. Die Kläge­rin hat bei der Anhörung in ers­ter In­stanz aus­geführt, dass sie stets nur ne­ben­be­ruf­lich als Rechts­anwältin zu­ge­las­sen ge­we­sen sei. Sie woll­te sich nach ih­rem un­be­strit­te­nen Vor­trag be­ruf­lich verändern und hat tatsächlich zum 31.12.2007 die Stel­le ge­wech­selt. Seit Herbst 2008 ist sie in lei­ten­der Po­si­ti­on in ei­ner großen K. Un­ter­neh­mens­grup­pe, auch im Be­reich Kun­den­be­treu­ung und Ak­qui­si­ti­on, tätig. Es ist auch nicht er­kenn­bar, dass die Kläge­rin für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le völlig un­ge­eig­net oder über- bzw. un­ter­qua­li­fi­ziert ge­we­sen wäre. Wie ernst oder er­folg­ver­spre­chend die wei­te­ren von der Kläge­rin vor­ge­leg­ten Be­wer­bun­gen wa­ren (An­la­gen BK 1 - 4), ist nach Auf­fas­sung des Se­nats nicht we­sent­lich. Ein Rechts­miss­brauch wäre selbst dann nicht be­wie­sen, wenn

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sich die Kläge­rin aus­sch­ließlich auf die streit­ge­genständ­li­che An­zei­ge be­wor­ben hätte, da ihr aus den oben auf­geführ­ten Gründen ein ernst­haf­tes Bemühen um die­se Stel­le nicht ab­ge­spro­chen wer­den kann. Auch die von der Kläge­rin ge­for­der­te Entschädi­gung in Höhe von et­wa 24.765 EUR ist an­ge­sichts ih­res bis­he­ri­gen Ge­halts von wohl 8.255 EUR, des mo­nat­li­chen Ge­halts der aus­ge­schrie­be­nen Geschäftsführer­stel­le von 13.257,36 EUR und der - hier noch deut­lich un­ter­schrit­te­nen - Ober­gren­ze von 3 Mo­nats­gehältern gem. § 15 Abs. 2 AGG nicht völlig überhöht. Dass die Kläge­rin von ih­rem in § 15 Abs. 2 AGG nor­mier­ten Recht Ge­brauch ge­macht und zeit­nah ei­ne Entschädi­gung re­kla­miert hat, be­legt al­lein ei­nen Rechts­miss­brauch nicht, da das Ge­setz den Entschädi­gungs­an­spruch vor­sieht und auch ei­ne Frist von nur 2 Mo­na­ten gem. § 15 Abs. 4 AGG einräumt. Ins­ge­samt kann zwar nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass sich die Kläge­rin auf die streit­ge­genständ­li­che Stel­le auch mit der Über­le­gung be­wor­ben hat, im Fal­le ih­rer Ab­leh­nung zu­min­dest ei­ne Entschädi­gung gem. § 15 Abs. 2 AGG gel­tend zu ma­chen. Nicht be­wie­sen ist aber, dass die Be­wer­bung al­lei­ne aus die­sem Grund er­folgt ist und sub­jek­tiv kein ernst­haf­tes Bemühen um die Er­lan­gung der Geschäftsführer­po­si­ti­on vor­ge­le­gen hat. Die von der be­weis­be­las­te­ten Be­klag­ten vor­ge­tra­ge­nen Umstände sind hierfür nicht aus­rei­chend.

5. Der Kläge­rin steht da­her ein An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung gem. § 15 Abs. 2 AGG ge­gen die Be­klag­te zu. Der Höhe nach hält der Se­nat ei­ne Entschädi­gung im Um­fang ei­nes Mo­nats­ge­halts, hier 13.257,36 EUR, für an­ge­mes­sen.

Die Höhe der Entschädi­gung gem. § 15 Abs. 2 AGG steht im Er­mes­sen des Ge­richts. Bei der Fest­set­zung der an­ge­mes­se­nen Entschädi­gung sind al­le Umstände des Ein­zel­falls zu berück­sich­ti­gen, ins­be­son­de­re die Höhe der Vergütung so­wie die Schwe­re der Ver­let­zung. Wei­ter­hin muss die Höhe der Entschädi­gung auch ab­schre­cken­de Wir­kung ha­ben, d. h. ge­eig­net sein, den Ar­beit­ge­ber zukünf­tig zur ord­nungs­gemäßen Erfüllung sei­ner Pflich­ten nach dem AGG an­zu­hal­ten und Drit­te von ähn­li­chen Verstößen ab­zu­hal­ten. Die­sen Vor­ga­ben der Eu­ropäischen An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­richt­li­ni­en würde die Verhängung von Ba­ga­tell­beträgen nicht genügen (zum Gan­zen Bau­er/Göpfert/Krie­ger, AGG, § 15 Rn. 35, 36). Im Streit­fall ist zu berück­sich­ti­gen, dass die dis­kri­mi­nie­ren­de An­zei­ge zwei­mal er­schie­nen ist. Re­le­vant für die Entschädi­gungshöhe ist auch, dass die Kläge­rin zunächst die Streit­hel­fer ge­richt­lich auf Aus­kunft in An­spruch neh­men und so­gar die Zwangs­voll­stre­ckung ein-

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lei­ten muss­te, be­vor sie ih­re Entschädi­gungs­ansprüche ge­genüber der Be­klag­ten an­mel­den konn­te. An­de­rer­seits sind außer der Über­schrift „Geschäftsführer“ kei­ne wei­te­ren Dis­kri­mi­nie­run­gen oder Be­ein­träch­ti­gun­gen der Kläge­rin er­kenn­bar. Un­strei­tig be­trug das Geschäftsführer­ge­halt der aus­ge­schrie­be­nen Stel­le 13.257,36 EUR brut­to. An­ge­sichts die­ses ho­hen Be­tra­ges er­scheint dem Se­nat un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände ein Mo­nats­ge­halt als an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung.

6. Die Be­ru­fung der Kläge­rin hat da­her in Höhe von 13.257,36 EUR Er­folg.

III.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 101 ZPO, 17 b GVG. Da der aus­ge­ur­teil­te Be­trag deut­lich un­ter dem von der Kläge­rin als Größen­ord­nung an­ge­ge­be­nen liegt, war ei­ne Kos­ten­quo­telung ge­recht­fer­tigt, oh­ne dass die­se pro­zen­tu­al ex­akt dem Verhält­nis des zu­ge­spro­che­nen Be­trags zu dem fest­ge­setz­ten Streit­wert ent­spre­chen müss­te. Der Aus­spruch über die vorläufi­ge Voll­streck­bar­keit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on gem. § 543 Abs. 2 ZPO lie­gen nicht vor.

Gem. § 63 Abs. 2 GKG war der Streit­wert für den Be­ru­fungs­rechts­zug fest­zu­set­zen.

 

Dr. Müller-Christ­mann 

Vors. Rich­ter am Ober­lan­des­ge­richt

 

Lind­ner 

Rich­ter am Ober­lan­des­ge­richt

 

Dr. Merz

Rich­te­rin am Land­ge­richt

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