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ArbG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.02.2012, 9 Ga 24/12
Schlagworte: | Streik | |
Gericht: | Arbeitsgericht Frankfurt am Main | |
Aktenzeichen: | 9 Ga 24/12 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 29.02.2012 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 9 Ga 24/12
Verkündet am:
29. Februar 2012
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
1.
2.
- Verfügungsklägerin -
Prozessbevollmächtigt. zu 1, 2:
gegen
- Verfügungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigt.:
hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Kammer 9,
auf die mündliche Verhandlung vom 29. Februar 2012
durch den Richter XXXXXXXXX als Vorsitzenden
und die ehrenamtliche Richterin XXXXX und die
ehrenamtliche Richterin XXXXX für Recht
erkannt:
1. Der Verfügungsbeklagten wird es untersagt, in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und/oder Verkehrszentrale in dem Zeitraum bis Donnerstag, den 01. März 2012, 5.00 Uhr Streiks durchzuführen.
2. Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Unterlassungspflichten ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000,00 EUR (in Worten: Zweihundert-fünfzigtausend und 00/100 Euro), ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Bundesvorsitzenden, angedroht.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000.000 Euro festgesetzt.
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Tatbestand:
Die Parteien streiten im einstweiligen Rechtsschutz um die Unterlassung eines Streiks.
Die Verfügungsklägerin zu 1) betreibt den XXXXXX. Die Verfügungsklägerin zu 2) ist die Obergesellschaft des XXXXXX-Konzerns, einem großen weltweit agierenden Konzern in der zivilen Luftfahrt. Sie betreibt die intern als XXXXXX Passage bezeichnete Linienfluggesellschaft mit Frankfurt als Heimatflughafen.
Die Verfügungsbeklagte ist eine Gewerkschaft, deren Organisationsbereich sich gemäß der Satzung vom 9. Juli 2003 in der Fassung vom 15. September 2010 im Wesentlichen auf die Flugsicherung bezieht.
Unter dem 20. Dezember 2007 schlossen die Verfügungsklägerin zu 1) und die Verfügungsbeklagte den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 32/2007. Bezüglich des Inhalts dieses Tarifvertrages wird Bezug genommen auf Bl. 60 bis 67 d. A..
Mit E-Mail vom 30. Juni 2011 übersandte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin zu 1) ein Kündigungsschreiben mit dem sie zum 31. Dezember 2011 mit Ausnahme der Regelungen in §§ 5 bis 8 kündigte. Dieses Schreiben ging der Verfügungsklägerin zu 1) im Original am 1. Juli 2011 zu.
Zwischen der Verfügungsklägerin zu 1) und der Verfügungsbeklagten besteht ein Tarifkonflikt, der zunächst im Wege der Schlichtung beigelegt werden sollte. Ergebnis der Schlichtungsbemühungen war ein Schlichtungsvorschlag. Hinsichtlich dieses Schlichtungsvorschlags wird auf Bl. 77 bis 114 d.A. (Kompromisslösung) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2012 (Bl. 15 d. A.) kündigte die Verfügungsbeklagte gegenüber der Verfügungsklägerin zu 1) einen zunächst befristeten Streik an. Mangels Einigung zwischen den Tarifvertragsparteien wurde der Streik fortgesetzt. Zuletzt kündigte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 22. Februar 2012 (Bl. 117 d. A.) einen Streik ihrer Mitglieder bei der Verfügungsklägerin zu 1) in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Verkehrszentrale und Vorfeldaufsicht im Zeitraum von Sonntag, den 26. Februar 2012 von 21:00 Uhr bis zum Donnerstag, den 1. März 2012 um 5:00 Uhr
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an. Diese Maßnahme sollte zur Durchsetzung der Schlichtungsempfehlung (Bl. 70-114 d. A.) mit den in den Schreiben vom 15. und 25 Februar 2012 genannten Einschränkungen (siehe Bl. 115 und 118 d. A.) dienen. Der Streik wurde am Sonntag den 26. Februar 2012 ausgerufen und begann um 21:00 Uhr.
Infolge des Streiks kam es zu Flugausfällen, von denen sowohl die Verfügungsklägerin zu 1) als auch die Verfügungsklägerin zu 2) betroffen waren. Hinsichtlich der Flugausfälle und der sich daraus ergebenden Folgen für die Verfügungsklägerinnen wird auf Bl. 13 bis 41 d. A. Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerinnen sind der Auffassung, dass die streitgegenständliche Arbeitskampfmaßnahme rechtswidrig sei, da sie in unverhältnismäßiger Weise in ihre eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe eingreife. Zudem verstoße sie gegen die relative und zudem gegen die gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 des Landesbezirkstarifvertrages bestehende erweiterte Friedenspflicht (diesbezüglich wird auf Bl. 45 bis 46 und Bl. 116 bis 182 d. A. Bezug genommen).
Die Antragstellerinnen beantragen mit der bei Gericht am 28. Februar 2012 eingegangenen Antragsschrift,
I.
1. der Antragsgegnerin wird es untersagt, ihre Mitglieder und sonstige Arbeitnehmer der Antragstellerin zu 1. in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und/oder Verkehrszentrale in dem Zeitraum bis Donnerstag, den 1. März 2012, 5.00 Uhr zu Streiks aufzurufen und/oder Streiks in den genannten Abteilungen durchzuführen.
2. Hilfsweise zu I, 1: Der Antragsgegnerin wird es untersagt, ihre Mitglieder und sonstige Arbeitnehmer der Antragstellerin zu 1. in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und/oder Verkehrszentrale in dem Zeitraum bis Donnerstag, den 01. März 2012, 5.00 Uhr, zu Streiks aufzurufen und/oder Streiks in genannten Abteilungen durchzuführen, sofern diese
a) (aa) an mehr als einem Tag pro Woche stattfinden;
(bb) hilfsweise zu (aa): an mehr als 2 Tagen pro Woche statt- finden;
(cc) hilfsweise zu (bb): an mehr als 3 Tagen pro Woche stattfinden; und/oder
b) (aa) die Dauer von 2 Stunden an einem Tag überschreiten;
(bb) hilfsweise zu (aa): die Dauer von 4 Stunden an einem Tag überschreiten;
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(cc) hilfsweise zu (bb): die Dauer von 6 Stunden an einem Tag überschreiten;
(dd) hilfsweise zu (cc): die Dauer von 8 Stunden an einem Tag überschreiten;
und/oder
(ee) mehrfach innerhalb eines Tages beginnen und/oder enden:
und/oder
c) unter Berücksichtigung bereits vorangegangener Streikmaßnamen (aa) die Dauer von insgesamt einer Woche überschreiten;
(bb) hilfsweise zu (aa): die Dauer von insgesamt zwei Wochen überschreiten;
und/oder
d) zu Ausfällen von mehr als 5 % des regulären Flugverkehrs führen.
II. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Unterlassungspflichten ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000,00 EUR (in Worten: Zweihundert- fünfzigtausend und 00/100 Euro), ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Bundesvorsitzenden, angedroht.
Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Beklagtenvortrags wird auf Bl. 146 bis 149 sowie Bl. 157 bis 172 Bezug genommen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Anträge zu I. 1. und II. sind zulässig und begründet. Über die weiteren lediglich hilfsweise gestellten Anträge ist mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden.
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Die Verfügungsklägerinnen haben sowohl einen Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung im Arbeitskampf ist nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich zulässig (in der Literatur z.B. Kissel, ArbeitskampfR, § 65 Rdnr. 9 m.w. Nachw.; in der Rspr. z.B. zuletzt LAG Sachsen [2. 11. 2007], NZA 2008, NZA 2008, 59 Rdnr. 91). Bei einer Unterlassungsverfügung, wie im vorliegenden Fall, ist der Verfügungsanspruch ein Unterlassungsanspruch, der sich entweder aus der tarifvertraglichen Friedenspflicht, dem Recht auf Durchführung eines Arbeitskampfs aus Art. 9 Abs. 3 GG unter Berücksichtigung der durch die Rechtsprechung gezogenen Grenzen sowie die Regelungen der §§ 823 Abs. 1 und 1004 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) ergeben kann. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist, dass die Rechtswidrigkeit des Arbeitskampfs oder der einzelnen Arbeitskampfmaßnahmen dargelegt und glaubhaft gemacht wird. Dabei ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die Rechtswidrigkeit der Arbeitskampfmaßnahmen eindeutig oder offenkundig sein muss oder ob eine „einfache” Rechtswidrigkeit der Arbeitskampfmaßnahmen ausreichend ist. Mit dem LAG Hessen (vom 22. 7. 2004, NZA-RR 2005, 262) schließt sich auch die erkennende Kammer der letztgenannten Auffassung an.
Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus einer Verletzung der Friedenspflicht gegenüber der Verfügungsklägerin zu 1) sowie aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGG, da die streitgegenständliche Streikmaßnahme eben wegen dieses Verstoßes gegen die Friedenspflicht rechtswidrig ist und in die Rechtsgüter auch der Verfügungsklägerin zu 2), namentlich in deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe, eingreift.
Im Einzelnen:
Der Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin zu 1) ergibt sich hier aus der Verletzung der Friedenspflicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Landesbezirkstarifvertrag tatsächlich wirksam zum 31. Dezember 2011 teilgekündigt wurde und ob eine solche Teilkündigung vorliegend überhaupt möglich war.
Eine Verletzung der Friedenspflicht ist selbst dann gegeben, wenn man zugunsten der Verfügungsbeklagten eine wirksame Teilkündigung annimmt und lediglich die §§ 5 bis 8 des Landesbezirkstarifvertrages fortgelten.
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Die Verfügungsbeklagte verletzt die zwischen ihr und der Verfügungsklägerin zu 1) bestehende Friedenspflicht dadurch, dass sie mit dem streitgegenständlichen Streik unter anderem Tarifziele durchzusetzen versucht, die bereits abschließend zwischen den Tarifparteien geregelt sind.
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang auch, ob die umfassende bzw. erweiterte Friedenspflicht aus § 12 Abs. 2 S. 2 des Tarifvertrages nach der ausgesprochenen Teilkündigung noch Geltung beanspruchen kann. Denn sofern von den Tarifvertragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, wirkt die Friedenspflicht jedenfalls relativ. Sie bezieht sich nur auf die tarifvertraglich geregelten Gegenstände (BAG vom 21.12.1982 - 1 AZR 411/80 - BAGE 41, 209, 219). Ihre sachliche Reichweite ist durch Auslegung der tariflichen Regelungen zu ermitteln (vgl. etwa Kissel Arbeitskampfrecht § 26 Rn. 81 ff.; MünchArbR/Löwisch/Rieble 2. Aufl. § 277 Rn. 5; Schumann in Däubler Arbeitskampfrecht 2. Aufl. Rn. 212; Wiedemann in Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 682). Haben die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Sachmaterie erkennbar umfassend geregelt, ist davon auszugehen, dass sie diesen Bereich der Friedenspflicht unterwerfen und für die Laufzeit des Tarifvertrags die kampfweise Durchsetzung weiterer Regelungen unterbinden wollen, die in einem sachlichen inneren Zusammenhang mit dem befriedeten Bereich stehen (vgl. Jacobs ZTR 2001, 249; MünchArbR/Löwisch/Rieble 2. Aufl. § 277 Rn. 5; Wiedemann in Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 682).
Nach § 12 Abs. 2 S. 1 des Landesbezirkstarifvertrages sollen die Regelungen für „die genannten Zeiträume“ abschließend sein. Aus der Formulierung im Plural ergibt sich, dass zu differenzieren ist zwischen denjenigen Regelungen, die bis jedenfalls zum Ende des Jahres 2017 gelten und denjenigen, die vorzeitig kündbar sind. Der erkennbare Wille der Tarifvertragsparteien ging also dahin, dass die jeweiligen Regelungen bzw. Regelungskomplexe bis zu einer wirksamen Kündigung abschließend sein sollen.
Die Verfügungsbeklagte begehrt mit dem streitgegenständlichen Streik die Durchsetzung der in dem Schlichtungsvorschlag vom 2. Februar 2012 (Bl. 77 – 114 d. A.) vorgeschlagenen Tarifbestimmungen. In diesem vorgeschlagenen Tarifwerk finden sich nun aber auch solche Regelungen, die mit den ungekündigten Regelungen aus dem Landesbezirkstarifvertrag in einem sachlichen Zusammenhang stehen und von diesen abweichen. So findet sich in § 7 des Landesbezirkstarifvertrages eine Regelung über einen Belastungsausgleich. Dieser regelt abschließend (s.o.), dass für langjährig
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Beschäftigte im Bereich „Apron Control“ als Erholungs- und auch Präventionsmaßnahme ein Anspruch auf Regenerationskuren besteht. Demgegenüber ergibt sich aus § 49 des vorgeschlagenen Tarifwerks, dass darüber hinaus zur Entlastung älterer Mitarbeiter ein Anspruch auf einen Wechsel aus der Wechselschicht in den Schichtdienst besteht. Beide Regelungen haben die Reduzierung von Belastungen zum Ziel und dienen damit dem Gesundheitsschutz. Daher stehen diese Regelungen in einem ausreichenden sachlichen Zusammenhang.
Gleiches gilt für § 8 des Landesbezirkstarifvertrages und § 18 der vorgeschlagenen und mit dem streitgegenständlichen Streik durchzusetzenden Tarifregelung. Auch hier soll zu der abschließenden Regelung im Landesbezirkstarifvertrag eine weitere Regelung, die mit dieser in einem sachlichen Zusammenhang steht, hinzugefügt werden. In § 8 des Landesbezirkstarifvertrages findet sich eine Regelung über den finanziellen Ausgleich für solche Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz eingesetzt werden können. Die Differenz zwischen den bisherigen Monatsbezügen und den künftigen, soll danach gestaffelt nach der Betriebszugehörigkeit wie folgt abgesichert werden:
- ab 28 Jahren 100%
- ab 23 Jahren gleichmäßige Absenkung auf 90 %
- ab 18 Jahren gleichmäßige Absenkung auf 80 %
§ 18 Abs. 8 des Schlichtungsvorschlags enthält ebenfalls eine Regelung über die Beschäftigung auf einem nicht gleichwertigen Arbeitsplatz und sieht einen nicht nach Beschäftigungsdauer gestaffelten Ausgleich der Entgeltdifferenz vor. Zwar regelt § 18 Abs. 8 lediglich die Folgen eines Arbeitsunfalls, gleichwohl überschneidet sich diese Regelung hinsichtlich der Adressatenkreise mit derjenigen in § 8 des Landesbezirkstarifvertrages. Auch dienen diese Regelungen dem gleichen Zweck, nämlich der sozialen Absicherung von Mitarbeitern, die aus gesundheitlichen Gründen eine geringwertigere Tätigkeit ausüben müssen.
Der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Streikmaßnahme steht auch nicht entgegen, dass der Bundesvorsitzende der Verfügungsbeklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärte, dass an den o.g. Tarifforderungen nicht mehr festgehalten werde. Vielmehr handelt es sich bei der streitgegenständlichen Arbeitskampfmaßnahme um eine bereits andauernde einheitliche Maßnahme, die auch
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nur einheitlich als rechtwidrig oder aber rechtmäßig beurteilt werden kann. Anders mag es sich verhalten, solange eine Arbeitskampfmaßnahme lediglich angekündigt ist, jedoch noch nicht begonnen hat. Eine solche Fallkonstellation ist hier aber nicht gegeben. Die Verfügungsklägerin zu 1) musste spätestens mit Aufruf zum Streik und der Arbeitsniederlegung für die gesamte Dauer des Streiks Maßnahmen ergreifen, um den Auswirkungen der Arbeitsniederlegung entgegenzuwirken. Die Entscheidung welche Maßnahmen sie für welche Zeitdauer durchführt bzw. ob sie sich auf Verhandlungen zu den konkreten Tarifforderungen einlässt, satt den Arbeitskampf hinzunehmen, orientiert sich an der Abwägung der durch den Arbeitskampf eintretenden Folgen und dem mit dem Arbeitskampf durchzusetzenden Regelungen. Daher können während einer laufenden Arbeitskampfmaßnahme nicht die Kampfziele geändert werden. Ob die zu Protokoll erklärte Änderung der Kampfziele nun erheblich oder von übergeordneter Bedeutung ist, entzieht sich der Beurteilung durch die Gerichte. Andernfalls würden die Gerichte eine Tarifzensur betreiben. Es ist eben nicht die Aufgabe der Gerichte die Kampfziele zu bewerten.
Auch die Verfügungsklägerin zu 2) hat einen Unterlassungsanspruch, der sich aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGG ergibt, da durch den rechtswidrigen Streik in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen wird. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten sieht die Kammer in dem Streik einen betriebsbezogenen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin zu 2). Der Verfügungsbeklagten ist bewusst und es ist für sie gerade auch Mittel, um den Verhandlungsdruck zu erhöhen, dass es durch den Streik zu Flugausfällen kommt, durch die gerade und auch zwingend die Verfügungsklägerin zu 2) als am Standort Frankfurt größte Fluggesellschaft betroffen ist.
Neben dem Verfügungsanspruch setzt der Erlass einer einstweiligen Verfügung als Verfügungsgrund voraus, dass die Gefahr des endgültigen Rechtsverlusts besteht. Der Verfügungsgrund (§§ 935, 940) ergibt sich aus dem bereits andauernden rechtswidrigen Arbeitskampf unter Abwägung Interessen der Antragstellerinnen und des Verfügungsbeklagten.
Gemäß § 91 Abs. 1 ZPO hat die Verfügungsbeklagte als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes beruht auf den von den Verfügungsklägerinnen vorgetragenen und unstreitig gebliebenen wirtschaftlichen Folgen des Streiks.
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
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