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LAG Hamburg, Urteil vom 26.06.2013, 5 Sa 110/12
Schlagworte: | Herausgabepflicht | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamburg | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 110/12 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 26.06.2013 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Hamburg - 3 Ca 248/12 | |
Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil
Im Namen des Volkes
Geschäftszeichen:
5 Sa 110/12
(3 Ca 248/12 ArbG Hamburg)
In dem Rechtsstreit
Verkündet am:
26. Juni 2013
Ferschen
Angestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-Klägerin / Berufungsklägerin-
gegen
- Beklagter / Berufungsbeklagter-
erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 5. Kammer
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lesmeister
als Vorsitzenden
den ehrenamtlichen Richter
den ehrenamtlichen Richter
für Recht:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. September 2012 – 3 Ca 248/12 – teilweise abgeändert:
2
Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin € 255.610,41 (i.W.: Euro zweihundertfünfundfünfzigtausendsechshundertzehn 41/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Februar 2011 zu zahlen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte zu 1 94/100, die Klägerin 6/100.
Die Revision wird für den Beklagten zu 1 zugelassen, für die Klägerin nicht.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über Zahlung von Schadensersatz.
Der am X.XXXXXXX 1958 geborene Beklagte zu 1) war seit dem 10. April 1995 bei der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war zunächst im Krematorium H.-1 als Bediener der Einäscherungsanlage eingesetzt, seit dem 1. Juni 2005 überwiegend im Büro des Krematoriums tätig und führte nur noch aushilfsweise Einäscherungen durch, wobei er im Jahr 2010 mehr als 350 Einäscherungen durchführte. Der Beklagte zu 1) war bei der Klägerin bis zum 20. Oktober 2011 beschäftigt. Er erhielt zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von € 2.746,89.
Bei Einäscherungen sind im Anschluss an die Verbrennung Aschereste von dem mit der Einäscherung befassten Arbeitnehmern auf Edelmetalle und Implantate zu untersuchen. Zahngold und sonstiges Gold sind sodann in ein dafür vorgesehenes Tresorbehältnis zu legen. Der Beklagte zu 1) war u.a. für die Entleerung des Tresorbehältnisses zuständig. Sowohl der Schlüssel für das Tresorbehältnis, als auch ein Entnahme-Aufzeichnungsbuch wurde vom Beklagten zu 1) verwahrt beziehungsweise geführt, streitig ist, ob dies allein durch den Beklagten zu 1) erfolgte und wie lange. Auch hat der Beklagte zu 1) entnommenes Edelmetall gewogen.
Mit Schreiben vom 7. März 2003 (Anlage K2, Bl. 40 d.A.) wurde der Beklagte zu 1) unter anderem darauf hingewiesen, dass an der Leiche befindlicher Schmuck nicht eigenmächtig entfernt oder an Dritte übergeben werden dürfe. Ausgenommen seien der beauftragte Bestatter, die
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Staatsanwaltschaft oder die Polizei im Rahmen angeordneter Untersuchungen. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass eine Verletzung dieser arbeitsvertraglichen Nebenpflicht neben der Möglichkeit der Kündigung durch den Arbeitgeber auch Schadensersatzansprüche auslösen könne.
In einem weiteren diesbezüglichen Schreiben vom 9. Februar 2004 an den Beklagten zu 1) heißt es, dass Wertgegenstände wie Schmuckgegenstände, Gold und andere sonstige wertvolle Materialien in den Einäscherungsrückständen niemals entnommen werden dürfen (Anlage K3, Bl. 41 d.A.). Sollte es zu erneuten Vorfällen kommen, an denen der Beklagte zu 1) beteiligt sei, werde das Arbeitsverhältnis umgehend fristlos gekündigt und Strafanzeige erstattet.
Mit in diesem Zusammenhang arbeitgeberseitig abgeforderter Erklärung vom 9. Februar 2004 bestätigte der Beklagte zu 1), dass er das Schreiben vom 9. Februar 2004 erhalten, gelesen und verstanden habe. Er erklärte, niemals Wertgegenstände wie Schmuck oder Uhren von Verstorbenen ohne entsprechende Genehmigung ebenso wenig wie wertvolle Materialien, wie z.B. Gold aus Einäscherungsrückständen entwendet zu haben (Anlage K3, Bl. 42 d.A.).
In einer Verfügung der Klägerin vom 9. Februar 2005 (Anlage K4, Bl. 43 d.A.) zum Umgang mit Zahngold, Schmuck und Körperersatzteilen im Anschluss an die Kremation heißt es:
„1. Das mit der Übernahme eines Verstorbenen entstandene Gewahrsamsverhältnis besteht nach der Einäscherung fort. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Zahngold, Schmuckreste und Körperersatzstücke. Sie gehen mit der Kremation in das Eigentum der Hamburger Friedhöfe -AöR- über.
2. Mitarbeiter an den Einäscherungsanlagen sind verpflichtet, in den Einäscherungsrückständen offensichtlich befindliches Zahngold, Schmuckreste und Körperersatzrückstände zu sichern und der durch örtliche Anweisung festgelegten Sortierung zuzuführen.
3. Die Wegnahme der Sachen aus dem Eigentum der Hamburger Friedhöfe AöR wird als Diebstahl angezeigt und hat außerdem arbeitsrechtliche Konsequenzen.
4. Aussortiertes Zahngold, Schmuckreste und Körperersatzstücke werden namens und im Auftrag der Hamburger Friedhöfe AöR durch Veräußerung verwertet. Die Erlöse werden folgenden Zwecken zugeführt:
• Veräußerungserlöse aus der Verwertung von Zahngold und Schmuckrückständen werden der Kinderkrebshilfe gespendet.
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• Veräußerungserlöse aus der Verwertung von Körperersatzstücken werden zur Verbesserung der Arbeits- und Dienstbedingungen der Mitarbeiter des Hamburger Krematoriums verwendet.
5. Organisation und Durchführung vorstehender Verfügung liegen bei K 0. Das gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen Ansprüche von Angehörigen auf Herausgabe von Zahngold oder Schmuckresten geltend gemacht werden.“
Diese Verfügung vom 9. Februar 2005 wurde mit der Arbeitsanordnung vom 10. Februar mit Wirkung zum 3. März 2005 umgesetzt. (Anlagenkonvolut K5, Bl. 44-45. D.A.) Darin wurde auf Folgendes angewiesen:
„1. Alle Mitarbeiter an den Einäscherungsanlagen sind verpflichtet, in den Einäscherungsrückständen sichtbar vorhandenes Zahngold und Schmuckreste zu entnehmen, zu sammeln und unter Verschluss aufzubewahren.
2. Verantwortlich für diese Maßnahme in jeder Schicht ist immer der Bediener der 3-er Anlage. Die Übernahme und die Weitergabe des Sammelgutes in einer Stahlblechkassette gehört zu seinen Dienstpflichten. Die Stahlblechkassette ist abbausicher an einer Wand zu befestigen.
3. Täglich übergibt der Bediener der 3-er Anlage in der Frühschicht das Vortagesergebnis an Herrn Q. oder einer von KO bestimmten Mitarbeiter. Die Lagerung erfolgt im Safe im Dienstzimmer von KO.
4. Zur Nachweisführung und zur Sicherheit des Bedieners erfolgt am Ende jeder Schicht ein Eintrag in ein dafür vorliegendes Heft- auch bei negativem Ergebnis- mit Unterschrift. Die in der Geschäftsführerverfügung angewiesene Verpflichtung zur Sicherung von Schmuckresten und des Zahngoldes erfordert gewissenhafte Arbeit.
5. Körperersatzstücke werden aus den Einäscherungsrückständen entnommen und in den dafür vorgesehenen Behältnissen eingelagert.
6. Die Veräußerung des Zahngoldes und der Schmuckreste erfolgt in Verantwortung von K 20/30. Dafür zugelassene Firmen sind regelmäßig zu kontaktieren und keine übermäßig großen Lagerbestände zuzulassen. Bei allen Übergabehandlungen ist das Vier-Augen-Prinzip sicherzustellen. Körperersatzstücke sind nur auf Weisung von K0 oder K 20/30 an Abholer ein Verstoß gegen die Dienstpflichten.
7. Im Bereich des Hamburger Krematoriums ist über alle Verkaufs- und Spendenaktivitäten Nachweis zu führen.“
Auf diese der Arbeitsanordnung zu Grunde liegende Verfügung wurde der Beklagte zu 1) in Dienstbesprechungen vom 16. Dezember 2005, 4. August 2006 und 14. Januar 2008 sowie mit E-Mail vom 31. Oktober 2006 hingewiesen (Anlagenkonvolut K6, Bl. 46ff. d.A).
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Seit Oktober 2009 werden die Edelmetallrückstände aus der Asche des Verstorbenen an die E. GmbH geliefert. Diese teilte der Klägerin im Oktober 2009 mit, dass in anderen Krematorien mit nur ca. 10 % der Einäscherungen des Krematoriums der Klägerin die 10-15fache Menge an Edelmetall anfallen würde.
Daraufhin schaltete die Beklagte die Polizei ein, welche Ermittlungen wegen schweren Bandendiebstahls, Störung der Totenruhe und Verwahrungsbruch gegenüber sämtlichen Mitarbeitern des Krematoriums aufnahm. U.a. ist das Ermittlungsverfahren auch gegenüber dem Beklagten zu 1) anhängig. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde aufgrund richterlichen Beschlusses die Einäscherungsanlage im Krematorium H.-1 unter Einsatz von Videotechnik observiert. Insoweit heißt es in einem Vermerk der Polizei Hamburg vom 13. August 2010 in den Ermittlungsakten (vorgelegt als Anlage K 7, Bl. 50 d.A.) u.a.:
„Die Auswertung hat ergeben, dass sich die Beschuldigten […],L., […] die Asche der Verstorbenen gezielt nach Gegenständen durchsuchen, um diese selektierten Gegenstände anschließend zu verwerten.“
Bei Hausdurchsuchungen bei anderen Mitarbeitern des Krematoriums wurden insgesamt mehr als 4,7 kg Kremierungsrückstände (Zahngold) sowie insgesamt € 145.740,00 in bar aufgefunden. Mehrere Mitarbeiter der Klägerin wurden vorläufig festgenommen. Bei einer polizeilichen Hausdurchsuchung am 20. August 2010 wurden in der gemeinsamen Wohnung der Beklagten von der Polizei eine Liste mit Geldbeträgen sowie ein Umschlag mit Hinweisen zu Auslandsimmobilienbesitz sichergestellt.
In sog. „Edelmetallbegleitschreiben“ aus dem Zeitraum zwischen dem 28. Mai 2003 und dem 07. Mai 2010 (in Anlagen K11- K53, Bl. 57-144 d.A.) machte die Beklagte zu 2) gegenüber der E1 GmbH & Co. KG u.a. jeweils Angaben zu Scheidgut und gewünschter Überweisung auf eine angegebene Bankverbindung. Eine der Bankverbindungen lautet: Sparkasse S. bzw. B., Bankleitzahl: xxxxx, Kontonummer: xxxxx; dabei handelt es sich um das Konto des Beklagten zu 1). Im Übrigen ist ein Konto mit der Nummer xxxxx bei der Sparkasse B. angegeben, deren Kontoinhaberin die Beklagte zu 2) gewesen ist. Die E1 GmbH & Co. KG bescheinigte gegenüber der Beklagten zu 2) diverse Gutschriften bzgl. von Scheidgutanlieferungen und erklärte „Betrag wird überwiesen“. Wegen des genauen Inhalts wird auf die Anlagen K11 – K53 Bezug genommen. Hierüber gibt es einen Vermerk des KK H. vom 17. November 2011 (Anl. K 10, Bl. 55 d.A.), aus dem sich ergibt, dass die Firma E1 für das erhaltene Zahngold insgesamt € 273.682,97 gezahlt hat.
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Mit Schreiben vom 23. August 2010 (Anlage K55, Bl. 146 d.A.) teilte die Klägerin dem Beklagten zu 1) mit, dass sie beabsichtige das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, stellte ihn unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und erteilte ihm ein Hausverbot.
Nach eingeholter Zustimmung durch den Personalrat stellte die Klägerin dem Beklagten zu 1) am 20. Oktober 2010 ein Schreiben vom selben Tage zu, mit dem die Klägerin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich zum 30. Juni 2011 kündigte. Das vom Beklagten zu 1) gegen die Kündigungen geführte Arbeitsgerichtsverfahren (Beiakte ArbG Hamburg 3 Ca 422/10 = LAG Hamburg 5 Sa 44/11) blieb erfolglos.
Erstinstanzlich hat die Klägerin ein Rückzahlungsverlangen in Höhe von € 2.156,99 wegen eines aus ihrer Sicht überzahlten Gehalts gegen den Beklagten zu 1) geltend gemacht.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte zu 1) habe durch die Entwendung und Veräußerung von Zahngold in einer Vielzahl von Fällen vorsätzlich gegen die Weisungen der Klägerin verstoßen. Dies sei auch durch die polizeilich aufgenommenen Videoaufzeichnungen belegt worden, wo zu sehen sei, wie der Beklagte zu 1) mehrfach Gegenstände aus den Ascherückständen entnommen und nicht in das hierfür vorgesehene Tresorbehältnis gelegt habe. Die Videoaufzeichnungen würden zeigen, dass sich der Beklagte zu 1) die aus der Asche aussortierten Edelmetalle in die Hosentasche gesteckt habe. Da der Beklagte zu 1) auch in Kenntnis des Verstoßes gegen die ausdrücklichen Anweisungen der Klägerin gehandelt habe, habe er auch vorsätzlich gehandelt.
Die (am XX.XXXXX 2012) verstorbene Beklagte zu 2) habe in den Jahren 2003 bis 2010 an die E1 GmbH & Co. KG insgesamt 31.709,80 Gramm Edelmetalle verkauft. Hierdurch sei der Klägerin ein Schaden in Höhe von insgesamt € 273.682,97 entstanden. Dieser Betrag stelle den finanziellen Gegenwert der insgesamt entwendeten und mit der Beklagten zu 2) abgesetzten 31,7098 kg Zahngold dar und lasse sich durch die Vorlage der ausgestellten Begleitschreiben der E1 GmbH & Co. KG belegen. Durch die Entnahme des Zahngoldes habe die Klägerin die ihr zustehende Verfügungsgewalt hierüber verloren.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe im Wege der Aneignung durch In-Eigenbesitznahme an dem Zahngold und den übrigen Ascherückständen Eigentum erworben. Der Aneignungswille sei in Ziffer 1 der Verfügung der Geschäftsführung vom 9. Februar 2005 geltend gemacht worden, in der die Klägerin hinsichtlich des kremierten Zahngoldes bekundete, dass das mit der Übernahme eines Verstorbenen entstandene Gewahrsamsverhältnis auch nach der Einäscherung fortbestehe und Zahngold, Schmuckreste und Körperersatzstücke mit der Kremation in das Eigentum der Klägerin übergehe.
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Dass die Erlöse aus den Zahngoldverkäufen in der Vergangenheit an soziale Einrichtungen gespendet worden seien, hindere die Annahme eines ersatzfähigen Schadens nicht. Der Schaden liege darin, dass die zweckgebundenen finanziellen Mittel der Klägerin verringert worden seien, ohne dass der damit verbundene Zweck habe erreicht werden können.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu 1) und die Beklagte zu 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin
€ 25.317,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2003,
weitere € 40.825,04 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2004,
weitere € 29.163,81 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2005,
weitere € 37.577,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2006,
weitere € 9.014,46 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2007,
weitere € 42.458,01 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2008,
weitere € 71.255,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2009,
weitere € 18.072,056 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2010 zu zahlen und
2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin € 2.156,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.
Der Beklagte zu 1) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte zu 1) hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe an den sich in den Ascherückständen befindlichen Edelmetallen kein Eigentum erworben. Diese seien vielmehr herrenlos gewesen.
Ein Eigentumserwerb sei auch nicht durch die Umsetzung der Arbeitsanweisung vom 09. Februar 2005 erfolgt, da der Rechtsordnung einen Eigentumserwerb durch Umsetzung fremd sei.
Die Klägerin habe daher mangels Eigentümerstellung nicht anordnen dürfen, die Gegenstände nicht zu entwenden, da ihr hierfür die Legitimation gefehlt habe.
Der Beklagte zu 1) hat die Richtigkeit sämtlicher im Verfahren von der Klägerin vorgelegten, aber nicht beglaubigten Kopien bestritten.
Durch das dem Beklagten zu 1) am 22. Oktober 2012 zugestellte Teilurteil vom 12. September 2012, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich des überzahlten Gehalts stattgegeben, im Übrigen hat es die Klage gegen den Beklagten zu 1) abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der Klagabweisung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe an dem nach Einäscherung übrig gebliebenen Zahngold kein Eigentum erworben, somit sei ihr kein durch die Wegnahme zu ersetzender Schaden entstanden.
Hiergegen richtet sich die am 22. November 2012 eingelegte und mit am 24. Januar 2013 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin, nachdem die Berufungsbegründungsfrist am 17. Dezember 2012 bis zum 24. Januar 2013 verlängert worden war. Die vom Beklagten zu 1 eingelegte Anschlussberufung wurde zurückgenommen.
Die Klägerin trägt vor, ab dem Jahre 2010 sei das Krematorium von ihrer Tochtergesellschaft, der K1 GmbH geführt worden. Sie habe sich vorsorglich ermächtigen lassen, mögliche Schadensersatzansprüche dieser Tochtergesellschaft geltend zu machen. Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, sie habe das verbliebene Zahngold, wenn es denn herrenlos war, gemäß § 958 Abs. 1 BGB aneignen können. Auf etwaige Ansprüche hätten die Hinterbliebenen jedenfalls konkludent verzichtet. Im Übrigen sei auch die Besitzstörung von § 823 Abs. 1 BGB erfasst.
Die Klägerin beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. September 2012 – 3 Ca 248/12 -
den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin
€ 25.317,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basis-zinssatz seit dem 31. Dezember 2003,
weitere € 40.825,04 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2004,
weitere € 29.163,81 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2005,
weitere € 37.577,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2006,
weitere € 9.014,46 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2007,
weitere € 42.458,01 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2008,
weitere € 71.255,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2009,
weitere € 18.072,056 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2010 zu zahlen.
Der Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, wegen fehlenden Eigentumserwerbs hätte die Klägerin keinen Schaden, wenn er überhaupt jemals Edelmetalle an sich genommen haben sollte. Etwaige Ansprüche stünden der K1 GmbH zu. Es werde bestritten, dass die Klägerin den Erlös gespendet hätte. Die Hinterbliebenen hätten nicht auf ihr Recht zur Aneignung verzichtet, denn sie hätten nichts von den Vorgängen gewusst und seien nicht informiert worden. Ein Anspruch aus einer Besitzstörung scheitere daran, dass die Mitarbeiter - auch wenn sie als Besitzdiener einzuordnen seien – mit eigenem Aneignungswillen die Edelmetallrückstände gemäß § 958 Abs. 1 BGB an sich genommen hätten. Die Forderungen der Klägerin, die er der Höhe und dem Grunde nach bestreite, seien zeitlich nicht einzuordnen. Er erhebe die Einrede der Verjährung, denn seit März 2003 habe die Klägerin immer wieder darauf hingewiesen, dass Wertgegenstände nicht eigenmächtig entfernt werden dürften, also habe die Klägerin grob fahrlässig Unkenntnis von den Wegnahmehandlungen
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der Mitarbeiter gehabt, denn sie habe eine konkrete, durchschlagsfähige und erfolgsorientierte Kontrollorganisation nicht sichergestellt. Nach dem Vortrag der Klägerin selbst habe er in der Zeit vom 1. Juni 2005 bis in das Jahr 2010 hinein überhaupt keinen Zugang zum Krematorium gehabt und er scheide als Täter aus. In dieser Zeit sei er nicht mit der Bedienung der Einäscherungsanlage befasst gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. Die Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Sie hat gegenüber dem Beklagten zu 1) einen Schadensersatzanspruch im Umfang des ihm und der verstorbenen Beklagten zu 2) in der Zeit von Mai 2003 bis Ende des Jahres 2009 zugeflossenen Erlöses von Dentalscheidegut, nicht jedoch für das Jahr 2010.
1. Allerdings geht die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass sich ein solcher Anspruch aus § 823 BGB oder aus der Verletzung des Arbeitsvertrages, §§ 611, 280 Abs. 1 BGB, selbst nicht begründen lässt, denn mangels Eigentumserwerbs ist der Klägerin im Sinne dieser Vorschriften ein Schaden nicht entstanden.
a. Bei Würdigung des unstreitigen Sachverhaltes unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im vorliegenden Verfahren und dem beigezogenen Kündigungsschutzverfahren geht die Kammer gemäß § 286 ZPO davon aus, dass sich der Beklagte zu 1) im angegebenen Zeitraum Edelmetall, insbesondere Zahngold, aus der Asche der im Krematorium der Klägerin eingeäscherten Verstorbenen verschafft und unter Mithilfe seiner Lebensgefährtin, der verstorbenen Beklagten zu 2), an die Fa. E1 GmbH verkauft hat. Diese hat der Beklagten zu 2) den Kaufpreis jeweils schriftlich mitgeteilt und den Betrag auf deren Konto oder das des Beklagten zu 1) überwiesen. Zwar hat der Beklagte zu 1) – entgegen § 138 Abs. 4 ZPO - die Richtigkeit der nicht beglaubigten Kopien der Edelmetallbegleitschreiben und Gutschriften (Anl. K 11) bestritten, jedoch nicht die Vorgänge an sich und auch nicht, dass das Geld auf sein Konto und das seiner Lebensgefährtin geflossen ist. Hierfür gibt es für die Kammer nur eine Erklärung: Das Gold und die
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anderen Edelmetalle stammen aus der Asche von den bei der Klägerin Eingeäscherten, wurden vom Beklagten zu 1) an sich genommen und sodann mit seiner Lebensgefährtin gemeinsam verwertet. Es wurden Videoaufzeichnungen im Juli 2010 gemacht, der Beklagte zu 1) wurde von dem Überwacher POM P. in dessen Bericht etwa vom 29. Juli 2010 (Anl. K8, Bl. 51 d.A.) als überwachte Person angegeben, die mit der Asche hantiert, etwas an sich zu nehmen scheint und er deshalb im Vermerk vom 13. August 2010 (Anl K7, Bl. 50 d.A.) als Beschuldigter angegeben wird. Dementsprechend vorsichtig ist auch der Vortrag des Beklagten zu 1) im vorliegenden Verfahren, in dem er eine auch nur annähernd nachvollziehbare Erklärung für das von der Fa. E1 GmbH & Co KG geflossene Geld nicht geben konnte und noch in der Verhandlung vor der Berufungskammer im Wesentlichen auf die zugrunde liegende Rechtsfrage des Eigentumserwerbs abstellte und darauf hinweisen ließ, die Mitarbeiter hätten sich in einem „rechtsfreien Raum“ bewegt.
b. Dieser Raum war allerdings nicht rechtsfrei. In der Tat hat aber die Klägerin an dem verbliebenen Edelmetall kein Eigentum erlangt. Die mit dem Leichnam fest verbundenen künstlichen Körperteile, z.B. das Zahngold, die in Form und Funktion defekte Körperteile ersetzen, sog. Substitutiv-Implantate (OLG Hamburg 19.12.2011 – 2 Ws 123/11 – NJW 2012, 1601 juris), gehören zum Leichnam und teilen während der Verbindung dessen Schicksal. Sowohl der Leichnam als auch die künstlichen Körperteile stehen in niemandes Eigentum und gehören deshalb auch nicht zum Nachlass iSd. § 1922 BGB (Gottwald, Rechtsprobleme um die Feuerbestattung NJW 2012, 2231, 2232 mwN.).
Die künstlichen Körperteile werden allerdings mit Trennung vom Leichnam eigentumsfähig, sie werden nach der Einäscherung zur beweglichen Sache, § 90 BGB. Da mangels Universalsukzession diese Teile als herrenlose Sachen anzusehen sind, kann an ihnen nach § 958 Abs. 1 BGB durch Inbesitznahme Eigentum erworben werden. Allerdings verhindert § 958 Abs. 2 BGB einen Eigentumserwerb auf diesem Wege, sofern durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines Anderen verletzt wird. Inhaber dieses Aneignungsrechts ist der Erbe oder nach anderer Auffassung die Person, die im Einzelfall zur Totenfürsorge berechtigt ist (Engelbrecht, Zum Umgang mit Zahngold und Implantaten im Rahmen der Bestattung, KommunalPraxis BY 2007, 173, juris; vgl. die Nachweise bei Gottwald aaO.). Diese Frage kann hier offenbleiben, denn sicherlich ist nicht der Krematoriumsbetreiber aneignungsbefugt und ein konkludenter Verzicht der vorrangig Aneignungsberechtigten kann nicht angenommen werden, denn die gehen davon aus, dass alle Asche mit ihren Bestandteilen in der Urne landet, wissen nicht, dass die Edelmetalle ausgesondert werden, würden angesichts des Wertes eher nicht zustimmen, dass sich der Betreiber des Krematoriums diese Werte zueignet (OLG Hamburg aaO.; Gottwald aaO.). Wenn die Klägerin also nicht Eigentümer werden konnte, konnte sie in ihrem Eigentumsrecht nicht iS.d. § 823 Abs. 1 BGB verletzt werden, der arbeitsvertragliche Verstoß
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seitens des Beklagten zu 1) führte nicht zu einem Schaden, die in Frage kommenden strafrechtlichen Vorschriften sind keine Schutzgesetze zugunsten der Klägerin iSd. § 823 Abs. 2 BGB.
c. Zwar ist auch der Besitz gleich einem absoluten Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB geschützt (Staudinger BGB 13. Aufl. 1999, Nr. B 167 zu § 823), es sind allerdings nur die Schäden zu ersetzen, die dem Besitzer aufgrund entgangener Ersatzansprüche, Wegnahme- und Verwendungsrechte entstehen, auch sog. Haftungsschäden, damit sind Ansprüche gegen den Besitzer gemeint, denen dieser ausgesetzt ist, weil er für den Untergang der Sache auch bei Zufall verantwortlich ist oder weil er fahrlässig an der Schadensentstehung mitgewirkt hat (Staudinger aaO). Allenfalls theoretisch ist denkbar, dass Erben oder Totensorgeberechtigte gegenüber der Klägerin Ansprüche geltend machen könnten. Dies ist nicht der Fall und es wäre auch kaum ermittelbar, wie viel Gold etwa bei einem bestimmten Toten gefunden wurde.
2. Der Anspruch der Klägerin folgt für die Zeit bis zum Jahresende 2009 aus § 667 BGB.
a. § 667 BGB ist auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anzuwenden, obwohl Arbeitnehmer nicht im Sinne von § 662 BGB unentgeltlich tätig werden. Die auftragsrechtlichen Bestimmungen enthalten allgemeine Grundsätze, die auch für Arbeitsverhältnisse gelten. Wer im Interesse eines anderen Aufwendungen macht, kann Ersatz der Aufwendungen von demjenigen verlangen, für den er tätig geworden ist (BAG 11. April 2006 – 9 AZR 500/05, AP Nr. 1 zu § 667 BGB, juris; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 657/02 - AP BGB § 670 Nr. 32, juris). Dieselben Grundsätze gelten für die Herausgabepflicht nach § 667 BGB. Diese Vorschrift bildet das Gegenstück zum Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB. Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aus ihr aber auch keinen Vorteil ziehen (Erman BGB 13. Aufl. 2011 § 667 Rn. 1). Ebenso soll der Arbeitnehmer regelmäßig neben der vereinbarten Arbeitsvergütung keine weiteren materiellen Vorteile aus seiner Arbeitsleistung erlangen. Die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendigen Betriebsmittel hat der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Nur was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, wird durch die Vergütungszahlung ausgeglichen (BAG 14.12.2011 – 10 AZR 283/10 – AP Nr. 2 zu § 667 BGB, juris; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 657/02 – aaO.).
b. Der Herausgabeanspruch nach § 667 1. Alt. BGB bezieht sich auf alles, was der Beauftragte „zur Ausführung des Auftrags“ erhalten hat. Dies umfasst alles, was dem Beauftragten vom Auftraggeber oder auf dessen Veranlassung von Dritten zu dem Zweck zur Verfügung gestellt worden ist, den Beauftragten rechtlich oder tatsächlich in die Lage zu versetzen, das Geschäft durchzuführen. Entscheidend ist die vom Auftraggeber festgelegte Zweckbestimmung, gleichgültig ist, ob diese Mittel zur Rückgabe oder zum Verbrauch bestimmt sind und gleichgültig ist auch,
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dass die Zuwendung eines Dritten nach dessen Willen nicht für den Auftraggeber bestimmt war (Erman aaO. mwN.). Gegenstand des Erhaltenen und damit des Herausgabeanspruchs aus der 1. Alternative kann jede rechtliche oder tatsächliche Position sein: Eigentum, Besitz, Inhaberstellung. Hierunter fallen etwa Werkzeuge, Schlüssel, Materialien (Erman aaO.). Anders gesagt: Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses – und nicht nur bei Gelegenheit - war es Aufgabe des Beklagten zu 1), Edelmetalle zu sammeln, zu verbringen, zu wiegen usw. Ein eigenes Recht zum Besitz, zur Wegnahme bestand nicht, der Beklagte zu 1) ist deshalb verpflichtet, diese ihm zur Verfügung gestellten Materialien an die Klägerin herauszugeben.
c. Der Herausgabeanspruch nach § 667 2. Alt. BGB setzt voraus, dass der Beauftragte etwas aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Das ist jeder Vorteil, den der Beauftragte auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat (BGH 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89 - NJW-RR 1992, 560, juris). Das sind die Bonusmeilen (BAG 11. April 2006 aaO.) oder die erhaltenen Schmiergelder (BAG 26. Februar 1971 – 3 AZR 97/70 – AP Nr. 5 zu § 687 BGB, juris), also jeder Vorteil, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat. Auch auf diesem Wege – z.B. über Dritte - erlangte Materialien aus dem Geschäft der Klägerin hat der Beklagte zu 1) somit herauszugeben.
d. Bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe haftet der Beauftragte gemäß § 280 BGB auf Schadensersatz (Erman aaO. Nr 13 mwN.). Der Beklagte zu 1) hat vorsätzlich den Herausgabeanspruch der Klägerin unmöglich werden lassen, indem das erlangte/erhaltene Edelmetall der Fa. E1 GmbH & Co KG zur weiteren Verarbeitung, nämlich zum Einschmelzen, übergeben wurde. Der Wiederbeschaffungswert und damit der Umfang des zu ersetzenden Schadens iSd. § 249 BGB drückt sich im erhaltenen Entgelt aus, dürfte angesichts des gestiegenen Goldpreises noch darüber liegen.
3. Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Gemäß § 199 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (Lakkis in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 199 BGB Nr. 59). Wenn die Klägerin ihre Arbeitnehmer seit dem Jahre 2003 schriftlich darauf hinweist, dass Wertgegenstände
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Verstorbener nicht privat einbehalten dürfen, wiederholt sie eine selbstverständliche Vertragspflicht. Es ist ihr rechtlich nicht vorzuwerfen, dass sie dies für ausreichend hält, auf die Ehrlichkeit ihrer Mitarbeiter vertraut und auf eine effektive Überwachung verzichtet hat. Der Anspruch der Klägerin, die erst im Jahre 2009 die Mitteilung der Fa. E. über die geringen abgelieferten Goldmengen erhielt, ist somit nicht verjährt.
4. Der Anspruch der Klägerin für das Jahr 2010 ist vom Beklagten zu 1) unter Hinweis auf einen Gläubigerwechsel bestritten worden. Die Übernahme des Krematoriums durch eine Tochtergesellschaft der Klägerin mit Beginn des Jahres 2010 könnte in der Tat bspw. einen Betriebsübergang und einen Arbeitgeberwechsel iSd. § 613a BGB darstellen. Die Kammer hat dies in der mündlichen Verhandlung klären wollen, die Klägerin konnte hierzu keine Angaben machen, die schriftsätzlich vorgetragene Ermächtigung ist rechtlich nicht weiterführend. Die Berufung war deshalb hinsichtlich des Anspruchs für das Jahr 2010 im Umfang von € 18.072,56 zurückzuweisen.
5. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288 BGB. Verzug trat mit dem Schreiben der Klägerin vom 17. Februar 2011 ein.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 516 Abs. 3 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision für den Beklagten zu 1) liegen vor, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, für die Klägerin nicht.
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