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LAG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 02.10.2012, 17 TaBV 38/12

   
Schlagworte: Betriebsrat, Leiharbeit
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 17 TaBV 38/12
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 02.10.2012
   
Leitsätze:

1. Die Versetzung eines Leiharbeitnehmers in einen anderen Betrieb des Entleihers unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats des Entleihbetriebs gem. § 99 BetrVG. § 14 Abs. 3 AÜG unterscheidet nicht zwischen Versetzung und Einstellung, sondern statuiert das Mitbestimmungsrecht vor der Übernahme zur Arbeitsleistung.

2. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG steht einem vorübergehenden Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz nicht entgegen.

3. Zur Auslegung des Begriffs "vorübergehend" i.s.d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist nicht das TzBfG heranzuziehen mit der Folge, dass ein vorübergehender Einsatz eines Leiharbeitnehmers nur angenommen werden kann, wenn ein sachlicher Grund entsprechend § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG vorliegt.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Mönchengladbach, Beschluss vom 29.03.2012, 3 BV 3/12
   

Te­nor:

Die Be­schwer­de des Be­triebs­rats ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Mönchen­glad­bach vom 29.03.2012 - 3 BV 3/12-wird zurück­ge­wie­sen.

Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

GRÜNDE:

A.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Be­rech­ti­gung des Be­triebs­rats zur Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung zur "Ver­set­zung" ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers und zur vorläufi­gen Durchführung der Maßnah­me.

Die An­trag­stel­le­rin (im Fol­gen­den: Ar­beit­ge­be­rin) be­treibt die Ver­ga­be von Kon­su­men­ten­kre­di­ten für Fahr­zeu­ge, Haus­rat und Rei­sen so­wie das Fi­li­al- und Di­rekt­bank­geschäft mit Pri­vat­kun­den. Sie beschäftigt ca. 3600 Mit­ar­bei­ter deutsch­land­weit. An­trags­geg­ner ist der für den Be­trieb "Sa­les" ge­bil­de­te Be­triebs­rat.

Der Leih­ar­beit­neh­mer U. T. war Ar­beit­neh­mer der B. Per­so­nal­dienst­leis­tun­gen GmbH, die mit der er­for­der­li­chen Er­laub­nis Ar­beit­neh­merüber­las­sung be­treibt. Herr T. wur­de als Kun­den­be­ra­ter bei der Ar­beit­ge­be­rin in der Fi­lia­le Ber­lin I ein­ge­setzt, die zum Be­trieb der Haupt­ver­wal­tung mit ei­nem ei­ge­nen Be­triebs­rat gehört.

Die Ar­beit­ge­be­rin schrieb die Po­si­ti­on des Kun­den­be­ra­ters für die Fi­lia­le Ber­lin-O. in der Zeit vom 23.11.2011 bis 07.12.2011 in­tern aus. In­ter­ne Be­wer­bun­gen gin­gen nicht ein.

Mit Schrei­ben vom 06.01.2012 bat die Ar­beit­ge­be­rin den Be­triebs­rat im Rah­men der 7 Ar­beit­neh­merüber­las­sung um Zu­stim­mung zur Ver­set­zung des Herrn T. zum 15.01.2012 von der Fi­lia­le Ber­lin I in die Fi­lia­le Ber­lin-O.. Mit Schrei­ben vom 09.01.2012 ver­wei­ger­te der Be­triebs­rat un­ter Be­zug­nah­me auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 Be­trVG sei­ne Zu­stim­mung. Er wies u.a. dar­auf hin, dass ein Ver­s­toß ge­gen das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz vor­lie­ge, weil ei­ne un­be­fris­te­te Beschäfti­gung nicht "vorüber­ge­hend" sei und die Be­set­zung des Ar­beits­plat­zes mit ei­nem Leih­ar­beit­neh­mer ei­nes sach­li­chen Grun­des bedürfe.

Mit Schrei­ben vom 11.01.2012 teil­te die Ar­beit­ge­be­rin dem Be­triebs­rat mit, dass be­ab­sich­tigt sei, den Leih­ar­beit­neh­mer U. T. vorläufig zu ver­set­zen. We­gen des In­halts wird auf das Un­ter­rich­tungs­schrei­ben (Bl. 21 d. A.) Be­zug ge­nom­men. Mit Schrei­ben vom 17.01.2012 be­stritt der Be­triebs­rat, dass die Maßnah­me aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich sei.

Nach Durchführung der Ver­set­zung änder­te sich der Ar­beit­ge­ber des Leih­ar­beit­neh­mers.

Mit dem am 20.01.2012 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen An­trag be­gehrt die Ar­beit­ge­be­rin die Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der Per­so­nal­maßnah­me so­wie die Fest­stel­lung, dass die vorläufi­ge Ver­set­zung aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich war.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat be­haup­tet, dass ei­ne vorüber­ge­hen­de Ein­stel­lung des Leih­ar­beit­neh­mers be­ab­sich­tigt sei. Da sich kein Mit­ar­bei­ter auf die in­tern aus­ge­schrie­be­ne Stel­le be­wor­ben ha­be, ha­be sie sich ent­schlos­sen, die Stel­le vorüber­ge­hend mit ei­nem Leih­ar­beit­neh­mer zu be­set­zen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass es sich um ei­ne Ver­set­zung han­de­le, da dem Leih­ar­beit­neh­mer ein neu­er Ar­beits­be­reich zu­ge­wie­sen wer­de. Der Be­triebs­rat ha­be kein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht, weil kein Ver­s­toß ge­gen das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz ge­ge­ben sei. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG sei be­reits nicht ein­schlägig, da die­se Vor­schrift nur bei der erst­ma­li­gen Über­nah­me zur An­wen­dung kom­me. Der Leih­ar­beit­neh­mer sei aber vor dem In­kraft­tre­ten des neu­en Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­set­zes über­nom­men wor­den. Im Übri­gen lie­ge auch kein Ge­set­zes­ver­s­toß vor. Es könne letzt­lich da­hin­ste­hen, ob ei­ne vorüber­ge­hen­de Über­las­sung vor­lie­ge. Die Vor­schrift ha­be nur ei­ne klar­stel­len­de Funk­ti­on. Die vorläufi­ge Durchführung sei aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich, weil die Auf­recht­er­hal­tung des Geschäfts­be­trie­bes an­sons­ten nur un­ter In­an­spruch­nah­me un­zu­mut­ba­rer Schwie­rig­kei­ten möglich sei.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat be­an­tragt,

die Zu­stim­mung des An­trags­geg­ners zur Ver­set­zung des Leih­ar­beit­neh­mers U. T. von der Fi­lia­le Ber­lin I in die Fi­lia­le Ber­lin-O. ab dem 15.01.2012 wird er­setzt.

Es wird fest­ge­stellt, dass die zum 15.01.2012 vor­ge­nom­me­ne vorläufi­ge Ver­set­zung des Leih­ar­beit­neh­mers U. T. aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich ist.

Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt,

den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Der Be­triebs­rat hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass er nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet wor­den sei, da es sich nicht um ei­ne Ver­set­zung, son­dern um ei­ne Ein­stel­lung han­de­le. Auch über den Wech­sel des Ar­beit­ge­bers ha­be der Be­triebs­rat in­for­miert wer­den müssen. Die Ein­stel­lung sei we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG un­wirk­sam. Das Ge­setz er­lau­be nur vorüber­ge­hen­de Einsätze. Der Leih­ar­beit­neh­mer soll aber nach dem An­trag nicht zeit­lich be­grenzt ein­ge­setzt wer­den. Von ei­ner vorüber­ge­hen­den Über­las­sung könne zu­dem nur aus­ge­gan­gen wer­den, wenn ein sach­li­cher Grund iSd. Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes vor­lie­ge. Ei­ne Dring­lich­keit der Maßnah­me sei nicht ge­ge­ben, da die Ar­beit­ge­be­rin aus­rei­chend Zeit ge­habt ha­be, die Stel­le zu be­set­zen.

Mit Be­schluss vom 29.03.2012 hat das Ar­beits­ge­richt den Anträgen statt­ge­ge­ben und im We­sent­li­chen aus­geführt, dass kein Ge­set­zes­ver­s­toß vor­lie­ge, weil das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz die nicht vorüber­ge­hen­de Beschäfti­gung nicht ver­bie­te. We­der der Ge­set­zes­wort­laut noch der sich dar­aus er­ge­ben­de ge­setz­ge­be­ri­sche Wil­le las­se ei­nen sol­chen Schluss zu. Die For­mu­lie­rung "vorüber­ge­hend" ha­be nur klar­stel­len­de Funk­ti­on. Ein Ver­s­toß ge­gen die EU-Richt­li­nie sei auch nicht ge­ge­ben. Der Fest­stel­lungs­an­trag sei eben­falls be­gründet, weil die Per­so­nal­maßnah­me nicht of­fen­sicht­lich willkürlich und nicht of­fen­sicht­lich nicht drin­gend er­for­der­lich sei.

Ge­gen den dem Be­triebs­rat am 11.04.2012 zu­ge­stell­ten Be­schluss hat der Be­triebs­rat mit dem am 24.04.2012 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se mit dem am 04.06.2012 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet. Der Be­triebs­rat ist der Auf­fas­sung, dass er be­reits nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet 20 wor­den sei, da nur mit­ge­teilt wor­den sei, in wel­cher Fi­lia­le der Leih­ar­beit­neh­mer beschäftigt ge­we­sen sei und wo er ein­ge­setzt wer­den soll. Darüber hin­aus sei auch nicht über den Wech­sel des Ver­lei­hers in­for­miert wor­den. Dies sei er­for­der­lich, da an­sons­ten die Ge­fahr be­ste­he, dass die Rech­te des Be­triebs­rats nach § 14 Abs. 3 AÜG um­gan­gen wer­den könn­ten. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats hätte nicht er­setzt wer­den dürfen. Die Maßnah­me ver­s­toße ge­gen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG. Da­nach sei nur ei­ne vorüber­ge­hen­de Über­las­sung von Leih­ar­beit­neh­mern zulässig. Die­se liegt hier nicht vor, da die Ar­beit­ge­be­rin die Zu­stim­mung zu ei­ner nicht be­fris­te­ten Über­nah­me be­an­tragt ha­be. Ei­ne be­ab­sich­tig­te vorüber­ge­hen­de Beschäfti­gung wer­de mit Nicht­wis­sen be­strit­ten. Selbst wenn die Ab­sicht be­stan­den ha­be, den Mit­ar­bei­ter nur vorüber­ge­hend ein­zu­set­zen, sei die Zu­stim­mung zu Recht ver­wei­gert wor­den. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG sei ein Ver­bots­ge­setz. Dem ste­he nicht ent­ge­gen, dass das Ge­setz kei­ne Sank­tio­nen für ei­nen Ver­s­toß ge­gen ei­ne vorüber­ge­hen­de Über­las­sung vor­se­he. Ein Ver­bots­ge­setz lie­ge auch vor, wenn das Ge­setz das Ziel ver­fol­ge, ei­ne dau­er­haf­te Über­las­sung zu ver­hin­dern. Dies sei hier ge­ge­ben, da das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz die EG-Leih­ar­beits­richt­li­nie um­set­zen wol­le. Nach der EG-Richt­li­nie sei der Aus­tausch von Stamm­ar­beit­neh­mern durch Leih­ar­beit­neh­mer un­erwünscht. Der Auf­nah­me ei­ner vorüber­ge­hen­den Über­las­sung könne nur ent­nom­men wer­den, dass die dau­er­haf­te Über­las­sung ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers nicht zulässig sei. Da der deut­sche Ge­setz­ge­ber nur die Richt­li­nie um­set­ze, sei die dau­er­haf­te Über­las­sung ver­bo­ten. Hier lie­ge ei­ne dau­er­haf­te Über­las­sung vor, da kein End­da­tum an­ge­ge­ben wor­den sei. Ein vorüber­ge­hen­der Cha­rak­ter der Ar­beit­neh­merüber­las­sung könne nur an­ge­nom­men wer­den, wenn ihr ein sach­li­cher Grund ent­spre­chend § 14 Abs. 1 Nr. 1-5 Tz­B­fG zu­grun­de lie­ge. Un­abhängig von die­ser Be­ur­tei­lung un­ter­lie­ge der Ein­satz ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers der Miss­brauchs­kon­trol­le. Die vorläufi­ge Durchführung der Maßnah­me sei un­wirk­sam, da sie of­fen­sicht­lich un­sach­lich, un­vernünf­tig bzw. willkürlich er­fol­ge. Der Be­triebs­rat ha­be auch zu Recht die Eil­bedürf­tig­keit der Maßnah­me ver­neint. Der Vor­trag des Ar­beit­ge­bers sei zu pau­schal.

Der Be­triebs­rat be­an­tragt,

1. der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Mönchen­glad­bach vom 29.03.2012 -3 BV 3/12 - wird ab­geändert.

2. Die Anträge der Ar­beit­ge­be­rin wer­den zurück­ge­wie­sen.

Die Ar­beit­ge­be­rin be­an­tragt,

die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 2. ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Mönchen­glad­bach vom 29.03.2012-3 BV 3/12-wird zurück­ge­wie­sen.

Die Ar­beit­ge­be­rin ist der Auf­fas­sung, dass der Be­triebs­rat ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den sei. Nach der De­fi­ni­ti­on des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes han­de­le es sich bei dem Ein­satz des Leih­ar­beit­neh­mers in ei­ner an­de­ren Fi­lia­le um ei­ne Ver­set­zung. Im Übri­gen sei dem Be­triebs­rat die Maßnah­me be­kannt ge­we­sen und ei­ne mögli­cher­wei­se feh­ler­haf­te Be­zeich­nung unschädlich. Der Be­triebs­rat sei auch nicht über den Wech­sel des Ver­lei­hers zu in­for­mie­ren ge­we­sen, da der Wech­sel des Ver­lei­h­un­ter­neh­mens mit der tatsächli­chen Ein­glie­de­rung des Ar­beit­neh­mers, der dem Mit­be­stim­mungs­recht zu­grun­de­lie­ge, nicht in ei­nem Zu­sam­men­hang ste­he. Dem Be­triebs­rat ste­he auch kein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG zu. Die Vor­schrift sei be­reits nicht tat­be­stand­lich ein­schlägig, da die erst­ma­li­ge Über­las­sung des Leih­ar­beit­neh­mers vor In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes er­folgt sei. Ei­ner An­wen­dung der neu­en Vor­schrift auf die Maßnah­me stünde das im Rechts­staats­prin­zip wur­zeln­de Rück­wir­kungs­ver­bot ent­ge­gen. Im Übri­gen sei nur ein vorüber­ge­hen­der Ein­satz be­ab­sich­tigt. Dies sei be­reits dem An­trag an den Be­triebs­rat zu ent­neh­men. Un­abhängig da­von sei auch bei ei­ner dau­ern­den Ver­set­zung kein Ver­s­toß ge­gen das neue AÜG ge­ge­ben. Es han­de­le sich nicht um ei­ne Ver­bots­norm. Es müsse hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck kom­men, dass der Zweck der be­tref­fen­den Norm dar­in be­ste­he, die per­so­nel­le Maßnah­me selbst zu ver­hin­dern. Das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats bei Ein­stel­lun­gen und Ver­set­zun­gen sei kein In­stru­ment der Ver­trags­kon­trol­le. Die vor­lie­gen­de Ver­set­zung müss­te ver­bo­ten sein. Dies kom­me in der Re­ge­lung nicht zum Aus­druck. Sie ent­hal­te kei­ne Sank­ti­on bei ei­ner nicht vorüber­ge­hen­den Über­las­sung. Dem neu­en AÜG sei auch nicht die In­ten­ti­on zu ent­neh­men, nicht vorüber­ge­hen­de Über­las­sun­gen zu ver­hin­dern. Dies er­ge­be sich auch nicht aus der Ge­set­zes­be­gründung. Ein Ver­s­toß ge­gen die EG-Leih­ar­beits­richt­li­nie vom 19.11.2008 lie­ge nicht vor. Ihr las­se sich auch kein Ver­bot ei­ner dau­er­haf­ten Beschäfti­gung ent­neh­men. Ihr Ziel be­ste­he dar­in, Leih­ar­beit als ar­beits­markt­po­li­ti­sches In­stru­ment EU-weit zu har­mo­ni­sie­ren, nicht je­doch, sie ein­zu­schränken. Der Fest­stel­lungs­an­trag sei eben­falls be­gründet. Hin­wei­se für ei­ne un­sach­li­che Maßnah­me ha­be der Be­triebs­rat nicht auf­geführt.

We­gen des wei­te­ren Sach- und Streit­stan­des wird auf den Ak­ten­in­halt so­wie auf die zwi­schen den Be­tei­lig­ten ge­wech­sel­ten Schriftsätze und ge­richt­li­chen Pro­to­kol­le, ein­sch­ließlich der Gründe I. des erst­in­stanz­li­chen Be­schlus­ses Be­zug ge­nom­men.

B.

I. Die Be­schwer­de des Be­triebs­rats ist zulässig. Sie ist statt­haft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), frist- so­wie form­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 87 Abs. 2 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Die Be­schwer­de ist aber nicht be­gründet.

1. Der Zu­stim­mungs­er­set­zungs­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin ist zulässig.

a) Für den An­trag be­steht das er­for­der­li­che Rechts­schutz­bedürf­nis gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG ist der Be­triebs­rat des
Ent­lei­her­be­triebs vor der Über­nah­me ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers zur Ar­beits­leis­tung nach § 99 Be­trVG zu be­tei­li­gen. Die Vor­schrift gibt dem Be­triebs­rat des Ent­lei­her­be­triebs hin­sicht­lich der Über­nah­me ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers aus­drück­lich ein Anhörungs­recht nach § 99 Be­trVG. S. 2 und 3 er­wei­tert die Un­ter­rich­tungs­pflicht des Ent­lei­hers (Kort DB 2010, 1291). Weil der Be­triebs­rat der Ein­stel­lung sei­ne Zu­stim­mung ver­wei­gert hat, kann die Ar­beit­ge­be­rin die­se gemäß § 99 Abs. 4 Be­trVG ge­richt­lich er­set­zen las­sen.

2. Der An­trag ist be­gründet. Die Kam­mer folgt im Er­geb­nis der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, dass die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der "Ver­set­zung" des Leih­ar­beit­neh­mers zu er­set­zen war.

a) Die Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu ei­ner per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me setzt vor­aus, dass der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Be­trVG aus­rei­chend un­ter­rich­tet hat. Die vom Be­triebs­rat ver­wei­ger­te Zu­stim­mung darf - un­abhängig von den dafür vor­ge­brach­ten Gründen - von den Ge­rich­ten nur er­setzt wer­den, wenn die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG in Gang ge­setzt wur­de. Da­zu muss der Ar­beit­ge­ber die An­for­de­run­gen des § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG so­wie bei Ein­stel­lun­gen und Ver­set­zun­gen auch die­je­ni­gen des § 99 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG erfüllt ha­ben (st. Rspr. z.B. BAG 01.06.2011 - 7 ABR 117/09 - AP Nr. 64 zu § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung; BAG 28.06.2005 - 1 ABR 26/04 - AP Nr. 49 zu § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung).

aa) Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind hier erfüllt. Der Be­triebs­rat wur­de über den Leih­ar­beit­neh­mer und sei­nen al­ten und neu­en Ein­satz in­for­miert. Die vom Be­triebs­rat in­so­weit gerügte fal­sche Be­zeich­nung der Maßnah­me als Ver­set­zung ist unschädlich, so­lan­ge der Be­triebs­rat er­ken­nen kann, wel­cher Mit­be­stim­mungs­tat­be­stand in Fra­ge steht. Dies ist hier ge­ge­ben. Die Ar­beit­ge­be­rin will den Leih­ar­beit­neh­mer aus der Fi­lia­le Ber­lin I in der Fi­lia­le in Ber­lin O. beschäfti­gen. Dies war für den Be­triebs­rat klar er­kenn­bar. Im Übri­gen han­delt es sich zwar bei ei­ner be­triebsüberg­rei­fen­den Ver­set­zung ei­nes Ar­beit­neh­mers für den auf­neh­men­den Be­trieb um ei­ne Ein­stel­lung (BAG 26.01.1993 -1 AZR 303/92- AP Nr. 102 zu § 9 Be­trVG 1972). § 14 Abs. 3 AÜG un­ter­schei­det aber nicht zwi­schen Ver­set­zung und Ein­stel­lung, son­dern sta­tu­iert das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats des Ent­leih­be­triebs vor der Über­nah­me des Leih­ar­beit­neh­mers zur Ar­beits­leis­tung. Der Be­triebs­rat soll mit­hin be­tei­ligt wer­den, wenn der Ar­beit­neh­mer beim Ent­lei­her ein­ge­glie­dert wird. Sinn und Zweck des Mit­be­stim­mungs­rechts des Be­triebs­ra­tes aus § 99 Be­trVG ist der Schutz der beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer vor mögli­chen Nach­tei­len in Form von Kündi­gun­gen oder Ver­set­zun­gen (BAG 05.03.1991 - 1 ABR 39/90 - AP Nr. 90 zu § 99 Be­trVG 1972). Der Ein­satz in ei­nem an­de­ren Be­trieb ist iSd. der Vor­schrift ei­ne er­neu­te Über­nah­me zur Ar­beits­leis­tung, da der Ar­beit­neh­mer neu in ei­nen an­de­ren Be­trieb ein­ge­glie­dert wird.

bb) So­weit der Be­triebs­rat wei­ter ei­ne man­gel­haf­te Un­ter­rich­tung rügt, weil ihm nicht mit­ge­teilt wor­den sei, dass be­ab­sich­tigt ge­we­sen sei, den Leih­ar­beit­neh­mer vorüber­ge­hend ein­zu­set­zen, führt das nicht zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Zum Ei­nen er­gibt sich be­reits aus dem Anhörungs­schrei­ben, mit dem die Zu­stim­mung zur Ver­set­zung im Rah­men ei­ner Ar­beit­neh­merüber­las­sung be­an­tragt wur­de, dass ei­ne Beschäfti­gung nach dem Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz, das von ei­ner "vorüber­ge­hen­den" Über­las­sung spricht, be­an­tragt wur­de. Zum An­de­ren hat die Ar­beit­ge­be­rin die Ab­sicht der vorüber­ge­hen­den Über­las­sung mit der An­trag­stel­lung noch mal klar­ge­stellt. Ei­ne wei­te­re In­for­ma­ti­on war in­so­weit ent­behr­lich, da der Wi­der­spruch des Be­triebs­rats deut­lich er­ken­nen lässt, dass der Wi­der­spruch auch für die­sen Fall er­folgt ist, al­so die­sen Um­stand mit er­fasst. Für den Be­triebs­rat ist es aus­weis­lich des Wi­der­spruchs nicht von Be­deu­tung ge­we­sen, ob die Ar­beit­ge­be­rin die Ab­sicht hat, den Leih­ar­beit­neh­mer vorüber­ge­hend ein­zu­set­zen. Der Be­triebs­rat sieht be­reits die Beschäfti­gung ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers oh­ne ein zeit­li­ches En­de an­zu­ge­ben bzw. die Beschäfti­gung oh­ne An­ga­be ei­nes sach­li­chen Grun­des gemäß § 14 Abs. Nr. 1 - 5 Be­trVG, aus dem sich ein vorüber­ge­hen­der Be­darf und des­sen Dau­er er­ge­ben, als dau­er­haf­te Beschäfti­gung und Ver­s­toß ge­gen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG an und hat des­we­gen wi­der­spro­chen.

cc) Ei­ne feh­ler­haf­te Un­ter­rich­tung er­gibt sich nicht auch des­we­gen, weil der Be­triebs­rat nicht über den Wech­sel des Ver­lei­hers in­for­miert wor­den ist. Für die Be­ur­tei­lung kommt es auf die Umstände zum Zeit­punkt der An­trag­stel­lung an. Der Wech­sel des Ar­beit­ge­bers des Leih­ar­beit­neh­mers er­folg­te nach der Anhörung des Be­triebs­rats. Zu­dem ist im Hin­blick auf den Norm­zweck des § 99 Be­trVG al­lein maßgeb­lich, ob Sinn und Zweck des Mit­be­stim­mungs­rechts ei­ne er­neu­te Be­tei­li­gung des Be­triebs­rats ver­lan­gen. Dies ist hier nicht ge­ge­ben. Für die Mit­be­stim­mungs­pflich­tig­keit ei­nes Tat­be­stan­des kommt es nicht auf das zu­grun­de­lie­gen­de Rechts­verhält­nis an, son­dern auf die Ein­glie­de­rung in den Be­trieb (BAG 28.04.1998, aaO.). Der Wech­sel des Ver­trags­ar­beit­ge­bers der Leih­ar­beits­kraft und der Wech­sel des Zeit­ar­beits­un­ter­neh­mens als Ver­trags­part­ner der An­trag­stel­le­rin ist da­mit für die Be­ur­tei­lung der mit­be­stim­mungs­recht­li­chen Fra­ge un­er­heb­lich (LAG Düssel­dorf Be­schluss vom 30.10.2008 -15 TaBV 12/08-EzAÜG Be­trVG Nr. 110).

b) Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats gilt auch nicht gemäß § 99 Abs. 3 Be­trVG als er­teilt. Der Be­triebs­rat hat in sei­nem Schrei­ben vom 09.01.12 form- und frist­ge­recht und in in­halt­lich zu be­ach­ten­der Wei­se Ver­wei­ge­rungs­gründe vor­ge­bracht, die sich den Gründen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG zu­ord­nen las­sen.

c) Der Be­triebs­rat hat sei­ne Zu­stim­mung zu Un­recht ver­wei­gert. Das Ar­beits­ge­richt hat die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur "Ver­set­zung" in die Fi­lia­le- O. zu Recht er­setzt.

Der Be­triebs­rat rügt ei­nen Ver­s­toß ge­gen das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz, weil der Leih­ar­beit­neh­mer oh­ne ei­ne zeit­li­che Be­fris­tung bzw. oh­ne Dar­le­gung ei­nes Grun­des aus dem sich ein vorüber­ge­hen­der Be­darf er­gibt, in der Fi­lia­le Ber­lin O. ein­ge­setzt wer­den soll.

aa) Es kann da­hin­ste­hen, ob der An­wen­dung des § 1 Abs.1 S. 2 AÜG be­reits ent­ge­gen­steht, dass der Leih­ar­beit­neh­mer be­reits vor In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes über­las­sen war. Ein Ge­set­zes­ver­s­toß liegt nicht vor.

bb) Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG 12.11.2002 - 1 ABR 1/02 - AP Nr. 41 zu § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung mwN.) kann der Be­triebs­rat ei­ner per­so­nel­len Maßnah­me sei­ne Zu­stim­mung gemäß § 99 Ab­satz 2 Nr. 1 Be­trVG nur dann ver­sa­gen, wenn die Maßnah­me selbst ge­gen ein Ge­setz, ei­nen Ta­rif­ver­trag oder ei­ne sons­ti­ge Norm verstößt. Geht es um die Über­nah­me ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers und da­mit um ei­ne Ein­stel­lung iSd. § 99 Ab­satz 1, S. 1 Be­trVG, muss die­se als sol­che un­ter­sagt sein. Da­zu be­darf es zwar kei­nes Ver­bots­ge­set­zes im tech­ni­schen Sin­ne, das un­mit­tel­bar die Un­wirk­sam­keit der Maßnah­me her­beiführt (BAG 28. 09. 1988 -1 ABR 85/87- AP Nr. 60 zu § 99 Be­trVG 1972). Der Zweck der be­tref­fen­den Norm, die Ein­stel­lung selbst zu ver­hin­dern, muss aber hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck kom­men. Da­zu genügt es nicht, dass ein­zel­ne Ver­trags­be­din­gun­gen rechts­wid­rig sind. Das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats bei Ein­stel­lun­gen ist kein In­stru­ment zur um­fas­sen­den Ver­trags­in­halts­kon­trol­le (BAG 12.11.2002 aaO; BAG 28. 03. 2004, BA­GE Band 94 Sei­te 169 mwN). Der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG ist bei Ein­stel­lun­gen le­dig­lich dann ge­ge­ben, wenn der Zweck der Ver­bots­norm nur da­durch er­reicht wer­den kann, dass die Ein­stel­lung ins­ge­samt un­ter­bleibt (BAG 28. 6. 1994 - 1 ABR 59/93 - AP Nr. 4 zu § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung).

cc) Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze ist kein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Be­triebs­rats ge­ge­ben.

(1) Es kann da­hin­ste­hen, ob das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz ei­ne nicht "vorüber­ge­hen­de" Über­las­sung ver­bie­tet (er­fasst), in­so­weit ein Ver­bots­ge­setz dar­stellt bzw. die Ziel­rich­tung des Ge­set­zes ist, ei­ne nicht "vorüber­ge­hen­de" Über­las­sung zu ver­hin­dern und dem Be­triebs­rat bei Verstößen ein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht zu­steht (da­ge­gen u.a. Ar­beits­ge­richt Leip­zig 15.02.2012 - 11BV 79/11- AiB 2012, 402 ff; Ar­beits­ge­richt Leip­zig 23.03.2012 - 3 BV 84/11 -ju­ris.de; Thüsing /Stie­bert DB 2012, 632 ff; Gie­sen Fa 2012, 66 ff; Kra­nich/Si­mon BB 2012 1413 ff; Boehm­ke - ju­ris PR-ArbG 27/2912 - Anm 2; dafür u.a. Bartl/Ro­ma­now­ski NZA On­line 3/12; Böhm, DB 2012, 918, 921; Brors, ju­ris­PR-ArbR 16/2012 Anm. 6; Düwell, ZESAR 2011, 449, 459; Ha­mann, RdA 2011, 322,327; Ha­mann, ju­ris­PR-ArbR 46/2010 Anm. 2; Schus­ter/Grüne­berg, AiB 2012, 81, 83; Ul­ber, AiB 2012, 7, 9; Ul­ber/zu Doh­na-Ja­e­ger, AÜG, § 14 Rn. 216).

(2) Ei­ne sol­che Fall­kon­stel­la­ti­on liegt nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht vor. Die Ar­beit­ge­be­rin be­ab­sich­tigt die vorüber­ge­hen­de Be­set­zung der Stel­le mit ei­nem Leih­ar­beit­neh­mer. Dies hat sie mit dem An­trag klar­ge­stellt. Der Ein­satz er­folg­te vor dem Hin­ter­grund, dass ei­ne in­ter­ne Stel­len­aus­schrei­bung für die Stel­le sei­tens der Stamm­be­leg­schaft zu kei­nem Er­folg geführt hat. Die Stel­len­aus­schrei­bung ist un­strei­tig. Der Be­triebs­rat hat auch selbst nicht vor­ge­tra­gen, dass sich ein Mit­ar­bei­ter der Stamm­be­leg­schaft auf die Stel­le be­wor­ben hat. Hier­von ist für die Be­ur­tei­lung aus­zu­ge­hen. Der Be­triebs­rat be­strei­tet zwar mit Nicht­wis­sen die Ab­sicht ei­ner vorüber­ge­hen­den Maßnah­me. Ei­ne wei­te­re Aufklärung war je­doch nicht er­for­der­lich, da es im Ver­fah­ren gemäß § 99 Abs. 4 Be­trVG um die Zu­stim­mung zu ei­ner vom Ar­beit­ge­ber be­ab­sich­tig­ten Maßnah­me geht.

(3) Der von der Ar­beit­ge­be­rin ge­plan­te Ein­satz verstößt nicht ge­gen das AÜG. Er ist als "vorüber­ge­hend" iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 AÜG an­zu­se­hen.

(a) Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Ar­beit­ge­be­rin die Maßnah­me nicht von vorn­her­ein zeit­lich be­fris­tet hat. Der Ge­setz­ge­ber hat den Be­griff "vorüber­ge­hend" im Sinn der Leih­ar­beits­richt­li­nie als fle­xi­ble Zeit­kom­po­ne­te ver­stan­den und ins­be­son­de­re auf ge­nau be­stimm­te Höchst­fris­ten ver­zich­tet. Der Ge­setz­ge­ber führt in der Be­gründung aus, "Das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz re­gelt ein auf vorüber­ge­hen­de Über­las­sun­gen an­ge­leg­tes Mo­dell der Ar­beit­neh­merüber­las­sung, bei dem die Über­las­sung an den je­wei­li­gen Ent­lei­her im Verhält­nis zum Ar­beits­ver­trags­verhält­nis zwi­schen dem Ver­lei­her und dem Leih­ar­beit­neh­mer vorüber­ge­hend ist." Da­bei wird der Be­griff "vorüber­ge­hend" im Sin­ne der Leih­ar­beits­richt­li­nie als fle­xi­ble Zeit­kom­po­nen­te ver­stan­den und ins­be­son­de­re auf ge­nau be­stimm­te Höchstüber­las­sungs­fris­ten ver­zich­tet (BT-Drs. 17/4804, S. 8). Im Rah­men ei­ner par­la­men­ta­ri­schen An­fra­ge hat die Bun­des­re­gie­rung sich zum Ge­set­zes­ent­wurf wie folgt geäußert: "Ent­spre­chend dem We­sen ei­ner Klar­stel­lung ist ei­ne Ände­rung der be­ste­hen­den Rechts­la­ge nicht be­ab­sich­tigt. Dem­nach ist auch wei­ter­hin ei­ne nicht von vorn­her­ein zeit­lich be­fris­te­te Über­las­sung von Zeit­ar­beit­neh­mern möglich (BT-Drs. 17/8829, S. 24; sie­he auch Boehm­ke aaO.)." Da­mit ste­hen dem AÜG kei­ne Einsätze ent­ge­gen, de­ren Dau­er, wie im vor­lie­gen­den Fall, noch nicht endgültig fest­steht. Die Ent­ste­hungs­ge­schich­te und Ge­set­zes­be­gründung der fle­xi­blen Zeit­kom­po­ne­te spre­chen mit­hin da­ge­gen, dass be­reits zu Be­ginn ei­ner Über­las­sung de­ren En­de fest­ge­legt wer­den muss (s.a. Sand­mann/Mar­schall/Schnei­der AÜG Art. 1 § 1 S. 40).

(b) So­weit der Be­triebs­rat der Auf­fas­sung ist, dass zur Aus­le­gung des Be­griffs "vorüber­ge­hend" das Tz­B­fG her­an­zu­zie­hen ist, und nach dem Re­ge­lungs­wil­len des Ge­setz­ge­bers ein vorüber­ge­hen­der Cha­rak­ter der Ar­beit­neh­merüber­las­sung nur an­ge­nom­men wer­den kann, wenn ihr ein sach­li­cher Grund ent­spre­chend § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 Tz­B­fG zu­grun­de liegt (u.a. Bartl/Ro­ma­now­ski NZA 2012, Sei­te 4 mwN.), ins­be­son­de­re ein Ein­satz auf ei­nem Dau­er­ar­beits­platz ver­hin­dert wer­den soll, kann dem nicht ge­folgt wer­den. Für ei­ne sol­che Be­schränkung des Ein­sat­zes von Leih­ar­beit­neh­mern durch An­bin­dung an dar­zu­le­gen­de Sach­gründe er­ge­ben sich nach Auf­fas­sung der Kam­mer we­der aus dem Wort­laut noch aus der Ent­ste­hungs­ge­schich­te aus­rei­chen­de An­halts­punk­te.

Ei­ne Gleich­stel­lung des Merk­mals "vorüber­ge­hend" im Sin­ne des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes ei­ner­seits und des Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­set­zes kann dem AÜG nicht ent­nom­men wer­den. Da­mit fin­det ei­ne Ver­la­ge­rung der Be­griff­lich­keit von ei­ner rein zeit­li­chen Kom­po­nen­te zu ei­ner zweck­be­stimm­ten Kom­po­nen­te statt (Thüsing/Stie­bert aaO.), wie sie sich in § 14 Abs. 1 Nr.1 Tz­B­fG wie­der­fin­det. Der Ge­setz­ge­ber hat zwei ar­beits­markt­po­li­ti­sche In­stru­men­te mit un­ter­schied­li­chen Re­ge­lungs­zwe­cken zur Verfügung ge­stellt (Kran­nich/Si­mon DB 2012, Sei­te 1414). Dort, wo der Ge­setz­ge­ber ei­nen sach­li­chen Grund for­dert, wie im Tz­B­fG, führt er die­sen auf. Un­terlässt er dies und ver­wen­det er nur ei­nen un­be­stimm­ten zeit­li­chen Be­griff, so kann nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Ge­setz­ge­ber ei­nen sach­li­chen Grund für den vorüber­ge­hen­den Ein­satz for­dert (Thüsing/Stie­bert aaO.).

Für die­se Be­ur­tei­lung spricht auch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Ge­set­zes. Im Ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zum "Ge­setz zur Ver­hin­de­rung von Miss­brauch der Ar­beit­neh­merüber­las­sung" vom 02.09.2010 war noch zur nähe­ren Kon­kre­ti­sie­rung des Be­griffs "vorüber­ge­hend" erläuternd aus­geführt: "Zu­gleich soll aber aus­ge­schlos­sen wer­den, dass Un­ter­neh­men mit Hil­fe der Ar­beit­neh­merüber­las­sung ih­ren dau­er­haf­ten Be­darf an Ar­beits­kräften ab­de­cken. In der Re­gel kann im­mer dann von ei­ner vorüber­ge­hen­den Über­las­sung aus­ge­gan­gen wer­den, wenn der Ein­satz in dem Ent­lei­h­un­ter­neh­men nicht dau­er­haft sein soll und bei­spiels­wei­se im Rah­men ei­ner Ur­laubs- oder Kran­ken­ver­tre­tung oder zur Durchführung ei­nes be­son­de­ren Pro­jekts oder Auf­trags statt­fin­det." Die­se sich an Sach­gründen ori­en­tie­ren­de For­mu­lie­rung fin­det sich in der dem Bun­des­tag und Bun­des­rat vor­ge­leg­ten Ge­set­zes­be­gründung, wie oben aus­geführt (BT-Drs. 17 /4804, S. 8), nicht mehr. Da­mit war auch im Streit­fall die ge­for­der­te An­ga­be ei­nes kon­kre­ten sach­li­chen Grun­des i.S.d. Tz­B­fG für den Ein­satz an sich, und des­sen Dau­er ent­behr­lich.

(c) Der Be­ur­tei­lung steht auch nicht die EU-Richt­li­nie ent­ge­gen. Die nachträgli­che Einfügung des Be­griffs vorüber­ge­hend, mag zwar dafür spre­chen, dass dem Merk­mal ei­ne Be­deu­tung zu­zu­mes­sen ist (Bartl/Ro­ma­now­ski aaO.). Die Erwägun­gen der Richt­li­nie mögen auch zum Aus­druck brin­gen, dass durch ei­ne "vorüber­ge­hen­de" Leih­ar­beit nur der Fle­xi­bi­li­sie­rungs­be­darf und nicht ein Dau­er­be­darf ab­ge­deckt wer­den soll (Bartl/ Ro­ma­now­ski aaO.). Dar­aus und aus den Re­ge­lun­gen in Art 5 1. (5) und Art. 6 (1) der Richt­li­nie er­gibt sich aber nicht für die Kam­mer, dass ei­ne über den Wort­sinn hin­aus­ge­hen­de Re­ge­lung ge­trof­fen wer­den soll­te und folg­lich Dau­er­ar­beitsplätze auch nicht vorüber­ge­hend mit
Leih­ar­beits­kräften be­setzt wer­den können bzw. Sach­gründe er­for­der­lich sind, um ei­nen zeit­wei­sen Ein­satz ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers u.a. auf Dau­er­ar­beitsplätzen zu recht­fer­ti­gen. In­so­weit kann da­hin­ste­hen, ob von der Richt­li­nie über­haupt die dau­ern­de Über­las­sung er­fasst wird (zu den un­ter­schied­li­chen Auf­fas­sun­gen (2. c) cc) (1)).

dd) So­weit der Be­ur­tei­lung ent­ge­gen­ge­hal­ten wird, dass die vor­lie­gen­de Auf­fas­sung, al­lein auf die erklärte Pla­nungs­ab­sicht des Ar­beit­ge­bers ab­zu­stel­len, da­zu führt, dass dem Be­triebs­rat die Kon­trol­le ei­nes Ge­set­zes­ver­s­toßes nur er­schwert möglich ist, ist dem ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass der Ge­setz­ge­ber die Möglich­keit hat, das Merk­mal "vorüber­ge­hend" wie im Tz­B­fG mit den dort auf­geführ­ten Sach­gründen zu ver­knüpfen. Wenn er dar­auf ver­zich­tet, kann dies nur da­hin­ge­hend ver­stan­den wer­den, dass Sach­gründe nicht ge­for­dert wer­den. Es darf nicht über­se­hen wer­den, dass in der Ge­set­zes­be­gründung be­tont wird, "dass die Ar­beit­neh­merüber­las­sung" in der Re­gel voll so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäfti­gungs­verhält­nis­se schaf­fe. Der über­wie­gen­de Teil der ehe­ma­li­gen Leih­ar­beits­kräfte be­fin­de sich mit­tel­fris­tig weit­hin in Beschäfti­gung und nicht in Ar­beits­lo­sig­keit. Da­mit leis­te die Ar­beit­neh­merüber­las­sung ei­nen wich­ti­gen Bei­trag da­zu, dass die po­si­ti­ve wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung schnell in neue Beschäfti­gungs­chan­cen um­ge­setzt wird (BT- DS 17 /4804 S. 7). An­ge­sichts der do­ku­men­tier­ten Be­deu­tung der Leih­ar­beit für die Dy­na­mik auf dem Ar­beits­markt und der Stärkung der Stel­lung des Leih­ar­beit­neh­mers durch den equal-pay Grund­satz, kann mit­hin al­lein aus der Einfügung des Merk­mals "vorüber­ge­hend" nicht ent­nom­men wer­den, dass be­reits die Ein­stel­lung ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers un­ter­blei­ben soll, wenn ein ge­plan­ter vorüber­ge­hen­der Ein­satz oh­ne Zei­t­en­d­an­ga­be und nähe­re Be­gründung er­folgt. Dies gilt erst recht vor dem Hin­ter­grund, dass die Streit­fra­gen über den Ein­satz des Leih­ar­beit­neh­mers be­reits während des Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens dis­ku­tiert wor­den sind. Es ver­bleibt in­so­fern al­lein die Miss­brauchs­kon­trol­le, die häufig zu­tref­fend erst im Nach­hin­ein ge­trof­fen wer­den kann. Aus­rei­chen­de An­halts­punk­te für ein rechts­miss­bräuch­li­ches Ver­hal­ten lie­gen hier nicht vor.

Nach al­le­dem verstößt die als vorüber­ge­hend ge­plan­te Maßnah­me der Ar­beit­ge­be­rin nicht ge­gen § 1 Abs. 1 S. 2 Be­trVG.

d) Der Be­triebs­rat konn­te die Zu­stim­mung nicht gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 5 Be­trVG ver­wei­gern. Un­strei­tig wur­de die Stel­le im Be­trieb aus­ge­schrie­ben.

Nach al­le­dem war die Zu­stim­mung zu er­set­zen.

2. Der Fest­stel­lungs­an­trag ist zulässig und be­gründet. Die Kam­mer folgt dem Ar­beits­ge­richt im Er­geb­nis und in der Be­gründung.

a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG kann der Ar­beit­ge­ber, wenn dies aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich ist, die per­so­nel­le Maßnah­me im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG vorläufig durchführen, be­vor der Be­triebs­rat sich geäußert oder wenn er die Zu­stim­mung ver­wei­gert hat. Hat der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat un­verzüglich von der vorläufi­gen per­so­nel­len Maßnah­me un­ter­rich­tet und der Be­triebs­rat die drin­gen­de Er­for­der­lich­keit be­strit­ten, darf der Ar­beit­ge­ber nach § 100 Abs. 2 Be­trVG die vorläufi­ge Maßnah­me nur auf­recht er­hal­ten, wenn er in­ner­halb von drei Ta­gen beim Ar­beits­ge­richt die Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats und die Fest­stel­lung be­an­tragt hat, dass die Maßnah­me aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich war.

b) Die for­mel­len Vor­aus­set­zun­gen des § 100 Abs. 2 Be­trVG lie­gen vor. Die Ar­beit­ge­be­rin hat den Be­triebs­rat, nach­dem die­ser die be­an­trag­te Zu­stim­mung zur Ver­set­zung des Leih­ar­beit­neh­mers mit Schrei­ben vom 09.01.2012 ver­wei­gert hat­te, mit Schrei­ben vom 11.01.2012 darüber un­ter­rich­tet, dass die per­so­nel­le Maßnah­me vorläufig durch­geführt wer­de und dar­in die Gründe für die­se vorläufi­ge Maßnah­me gem. § 100 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG mit­ge­teilt. Nach­dem der Be­triebs­rat mit Schrei­ben vom 17.01.2001 die Not­wen­dig­keit der vorläufi­gen Maßnah­me be­strit­ten hat, hat die Ar­beit­ge­be­rin in­ner­halb von drei Ta­gen mit dem am 20.01.2012 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen An­trag das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren gem. § 100 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG ein­ge­lei­tet.

c) Der Fest­stel­lungs­an­trag ist nur dann ab­zu­wei­sen, wenn die vorläufi­ge per­so­nel­le Maßnah­me of­fen­sicht­lich aus sach­li­chen Gründen nicht drin­gend er­for­der­lich war (§ 100 Abs. 3 S. 1 Be­trVG). Das Merk­mal der Of­fen­sicht­lich­keit er­for­dert ei­ne gro­be, oh­ne wei­te­res er­sicht­li­che Ver­ken­nung der sach­lich-be­trieb­li­chen Not­wen­dig­kei­ten für ei­ne als­bal­di­ge Durchführung der Maßnah­me, wo­bei von dem Zeit­punkt der Ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers, nicht aber von der nachträgli­chen Be­ur­tei­lung der Si­tua­ti­on aus­zu­ge­hen ist (vgl. BAG Be­schluss vom 07.11.1977 - 1 ABR 55/75 - AP
Nr. 1 zu § 100 Be­trVG 1972; BAG Be­schluss vom 18.10.1988 - 1 ABR 36/87 - AP Nr. 4 zu § 100 Be­trVG 1972).

Ei­ne gro­be Ver­ken­nung der sach­lich-be­trieb­li­chen Not­wen­dig­kei­ten für ei­ne als­bal­di­ge Durchführung der Maßnah­me er­gibt sich nicht. Der Ar­beit­ge­ber hat auf ei­nen not­wen­di­gen Ein­satz ei­nes zusätz­li­chen Kun­den­be­ra­ters in der Fi­lia­le hin­ge­wie­sen. Der Be­triebs­rat rügt zwar die all­ge­mei­ne auch in wei­te­ren anhängi­gen Ver­fah­ren ver­wand­te Be­gründung der Ar­beit­ge­be­rin. Er hat aber selbst nicht vor­ge­tra­gen, dass kein Be­darf für den zusätz­li­chen Ein­satz ei­nes Mit­ar­bei­ters in der Fi­lia­le be­stand. Es kann auch nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass er die Eil­bedürf­tig­keit her­bei­geführt hat. Da der Be­triebs­rat die Aus­schrei­bung von Stel­len gel­tend ge­macht hat, hat­te die Ar­beit­ge­be­rin die Stel­le zunächst aus­zu­schrei­ben und die Aus­schrei­bungs­frist ab­zu­war­ten. Auch an­ge­sichts des Zeit­ab­laufs kann nicht von ei­ner of­fen­sicht­lich nicht aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­li­chen Maßnah­me aus­ge­gan­gen wer­den.

Nach al­le­dem war die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

III. Die Be­schwer­de­kam­mer hat den ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­gen grundsätz­li­che Be­deu­tung zu­ge­mes­sen und des­we­gen die Rechts­be­schwer­de für Be­triebs­rat an das Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­sen (§§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 Zif­fer 1 ArbGG).

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