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LAG Hamburg, Urteil vom 08.12.2010, 5 Sa 54/10
Schlagworte: | Grundsicherung für Arbeitssuchende, Bedarfsgemeinschaft, Hartz IV | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamburg | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 54/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 08.12.2010 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 30.03.2010, 14 Ca 124/08 Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2012, 5 AZR 61/11, |
|
Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil
Im Namen des Volkes
Geschäftszeichen:
5 Sa 54/10
(14 Ca 124/08 ArbG Hamburg)
In dem Rechtsstreit
Verkündet am:
08. Dezember 2010
Angestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
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erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 5. Kammer
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lesmeister als Vorsitzenden
den ehrenamtlichen Richter L.
den ehrenamtlichen Richter B.
für Recht:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. März 2010 – 14 Ca 124/08 – abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 2.154,35 (i.W.: Euro zweitausendeinhundertvierundfünfzig 35/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05. März 2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Urteil kann Revision bei dem Bundesarbeitsgericht eingelegt werden. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht.
Die Revisionsschrift muss enthalten:
- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird;
- die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt wird.
Mit der Revisionsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Die Revision ist zu begründen. Die Revisionsbegründung muss enthalten:
- die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge),
- die Angabe der Revisionsgründe, und zwar,
a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt,
b) soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Die Revision kann nur ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, der bzw. die bei einem deutschen Gericht zugelassen ist, oder eine Gewerkschaft, eine Vereinigung von Arbeitgebern oder ein Zusammenschluss solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder einlegen und begründen. Dies gilt entsprechend für juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Frist für die Einlegung der Revision (Notfrist) beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Revision zwei Monate. Die Revisionsbegründungsfrist kann auf Antrag einmal bis zu einem weiteren Monat verlängert werden.
Die Revisionsfrist und die Revisionsbegründungsfrist beginnen mit dem Tage der von Amts wegen erfolgten Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils des Landesarbeitsgerichts, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
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Hinweis:
1. Die Anschrift des Bundesarbeitsgerichts lautet:
Hugo-Preuß-Platz 1 – 99084 Erfurt
2. Aus technischen Gründen sind die Revisionsschrift, die Revisionsbegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze im Revisionsverfahren in siebenfacher Ausfertigung (und für jeden weiteren Beteiligten eine Ausfertigung mehr) bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
3. Zur Möglichkeit der Einlegung der Revision mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung vom 9. März 2006 (BGBl I, 519 ff) hingewiesen.
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Tatbestand
Die Parteien streiten über Restvergütung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Kläger war bei der Gi. GmbH mit Sitz in Hamburg (im Folgenden: Schuldnerin) in der Zeit vom 1. August 1972 bis zum 29. Februar 2008 zuletzt zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.019,94 € beschäftigt. Am 12. November 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg (Az.: 67b IN 272/07) eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Ab dem 1. August 2007 leisteten weder die Schuldnerin noch der Beklagte Gehaltszahlungen an den Kläger. Für die Zeit vom 12. August 2007 bis zum 11. November 2007 erhielt der Kläger Insolvenzgeld.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger vom Beklagten eine offene Vergütung nach dem Insolvenzgeldzeitraum in Höhe von 2.154,35 € netto. Für den Zeitraum 12. November 2007 bis zum 29. Februar 2008 belief sich der Massegeldanspruch des Klägers auf - unstreitig - 5.841,94 € netto = 7.339,12 € brutto.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2007 (Anlage K 7 – Bl. 33-42 d.A.) bewilligte die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung und Grundsicherung S. (im Folgenden: ARGE) den Eheleuten W. die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Bedarfsgemeinschaft lief unter dem Namen der Ehefrau des Klägers, H. W., an die auch der Bescheid gerichtet war. Der beigefügte Berechnungsbogen verteilt die monatlichen Regelleistungen jeweils hälftig auf die Eheleute.
Die ARGE forderte den Beklagten mit Schreiben vom 16. September 2009 (Bl. 65 d.A.) auf, ihr einen Betrag in Höhe von 4.183,98 € für Leistungen zur Sicherung zum Lebensunterhalt betreffend die Eheleute H. und P. W. im – hier einschlägigen - Zeitraum 12. November 2007 bis 29. Februar 2008 rückzuerstatten. Der Beklagte erstattete an die ARGE den von ihr geforderten Betrag in Höhe von 4.183,98 € und zahlte an den Kläger 1.657,96 € aus.
Der Kläger hat vorgetragen, dass der Beklagte zu Unrecht als Forderungsübergang an die ARGE auch die an seine Ehefrau geleisteten Zahlungen der ARGE berücksichtigt habe. Er selbst habe von der ARGE S. in dem vorgenannten Zeitraum insgesamt Zahlungen lediglich in Höhe von 2.028,69 € (338,19 € im November 2007, jeweils 563,50 € im
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Dezember 2007, Januar und Februar 2008) erhalten. Unter Berücksichtigung des an ihn durch den Beklagten gezahlten Betrages in Höhe von 1.657,96 € habe er Anspruch auf weitere 2.154,35 €.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 2.154,35 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass er die vom Kläger geltend gemachte Forderung vollständig – auch durch Zahlung an die ARGE - befriedigt habe. Die Zahlungen der ARGE und damit die auf sie übergegangenen Forderungen seien nicht aufzuteilen. Hätte zum Zeitpunkt der Gehaltszahlungen die Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragt, wären diese versagt worden, da ihr unterhaltsverpflichteter Ehemann über hinreichendes Einkommen verfügt hätte.
Durch das dem Kläger am 25. Mai 2010 zugestellte Urteil vom 30. März 2010, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Kläger könne sich unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten an die ARGE halten, soweit fehlerhaft Zahlungen an seine Ehefrau übergeleitet worden seien.
Hiergegen richtet sich die am 23. Juni 1010 eingelegte und mit am 26. August 2010 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers, nachdem auf dessen am Montag, dem 26. Juli 2010 bei Gericht eingegangenen Antrag hin die Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. August 2010 verlängert worden war.
Der Kläger wiederholt und vertieft seine Rechtsauffassung, wonach von der ARGE für seine Ehefrau erbrachte Leistungen nicht auf die ARGE übergeleitet würden.
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Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. März 2010 – 14 Ca 124/08 -
den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 2.154,35 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt, dass Zahlungen der ARGE auch an die Ehefrau des Klägers nur deshalb geflossen seien, weil er – der Beklagte – nicht gleich das Gehalt an den Kläger gezahlt habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist begründet.
II. Der der Höhe nach unstreitige Gehaltsnettoanspruch des Klägers gemäß § 611 BGB ist durch die Zahlung in Höhe des eingeklagten Betrages seitens des Beklagten an die ARGE nicht gemäß § 362 BGB nach einem gesetzlichen Forderungsübergang erloschen, sondern besteht nach wie vor.
Zwar ist ein Betrag in Höhe von € 4.183,98 von der ARGE in dem Zeitraum vom 12. November 2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 29. Februar 2008 an den Kläger und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft geflossen. Der kraft Gesetzes gemäß § 115 Abs. 1 SGB X eintretende Forderungsübergang betrifft aber nur den Empfänger der Leistungen, also den Kläger. Das SGB II kennt keinen Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft als solcher, denn sie stellt keine juristische Person dar. Das bedeutet, dass - außer bei ausdrücklichem gesetzlichen Ausschluss - Anspruchsinhaber jeweils alle einzelnen
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Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, selbst wenn dies in den Bescheiden der Arbeitsgemeinschaften (§ 44b SGB II) sowie der Leistungsträger iS des § 6 Abs 1 SGB II nicht deutlich zum Ausdruck kommt (BSG 7.11.06 – B 7 AS 8(06 r – BSGE 97, 217). Anders gesagt: Leistungen dürfen nicht an eine Bedarfsgemeinschaft bewilligt werden, sondern nur an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Zwar werfen die Bescheide als Leistungsbetrag einen Gesamtbetrag aus, der aber im Anhang des Bescheids, auf den verwiesen wird, näher erläutert wird. Erst aus diesem Anhang werden die einzelnen die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft betreffenden Leistungsbeträge erkennbar. So ist es auch vorliegend. Aus dem Anhang zu dem Bescheid der ARGE ergeben sich die an die Ehefrau des Klägers geleisteten Beträge. Der gesetzliche Forderungsübergang betrifft aber nur diejenigen Ansprüche, die dem jeweiligen unmittelbaren Empfänger der Leistungen zustehen, Aufwendungen für andere – also z.B. für Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – werden nicht erfasst (Eicher SGB II 2. Aufl. 2008, Nr. 16 zu § 33). Die Arbeitsentgeltforderung geht also nur insoweit auf den Sozialleistungsträger über, wie die Nichterfüllung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung des Anspruchs für die Gewährung der Sozialleistung „kausal“ ist. Diese Voraussetzung ist gegeben, falls der Anspruch auf Arbeitsentgelt – wie hier - nicht erfüllt wird und der Arbeitnehmer deshalb einen Einkommensausfall erleidet. Der Leistungsempfänger muss also zugleich Gläubiger des Arbeitsentgelts sein. Deshalb gilt § 115 SGB X nicht für den Fall, dass infolge der Nichterfüllung von Arbeitsentgeltansprüchen Personen, die gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer Ansprüche auf Familienunterhalt haben, Sozialleistungen in Anspruch nehmen (Wannagat-Eichenhofer SGB X, 2001, Nr. 10 zu § 115).
Soweit die ARGE an die Ehefrau des Klägers Leistungen erbracht hat, tritt kein gesetzlicher Forderungsübergang ein. Der der Höhe nach unstreitige Teil betreffend die Ehefrau des Klägers konnte deshalb nicht in Erfüllung des Arbeitsentgeltanspruchs des Klägers vom Beklagten geleistet werden. Die Schuld besteht nach wie vor. Demgemäß war das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288 BGB, die Mahnung erfolgte am 25. Februar 2008 (Anl. K 5, Bl. 30 d.A.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen wegen grundsätzlicher Bedeutung vor, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Lesmeister
L.
B.
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