HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/250

An­er­ken­nung aus­län­di­scher Be­rufs­ab­schlüs­se soll re­for­miert wer­den

An­er­ken­nung aus­län­di­scher Be­rufs­ab­schlüs­se soll re­for­miert wer­den: Pres­se­mit­tei­lung des BMBF vom 02.11.2010
We­ni­ger Bü­ro­kra­tie beim Zu­gang zum deut­schen Ar­beits­markt?
22.12.2010. In Deutsch­land herrscht Fach­kräf­te­man­gel, der teil­wei­se durch Zu­wan­de­rer mit aus­län­di­schen Ab­schlüs­sen aus­ge­gli­chen wer­den könn­te. Die­se Lö­sung ist schon seit län­ge­rem be­kannt. Doch feh­len­de ein­heit­li­che Ver­fah­rens­wei­sen und Kri­te­ri­en ma­chen die Rechts­la­ge un­durch­sich­tig, feh­ler­an­fäl­lig und lü­cken­haft. Die Bun­des­re­gie­rung ar­bei­tet da­her schon seit län­ge­rem an ei­ner Ge­set­zes­re­form. Greif­ba­re Er­geb­nis­se sind je­doch nicht in Sicht: Pres­se­mit­tei­lung des BMBF vom 02.11.2010.

Fach­kräfte­man­gel und büro­kra­ti­sche Hürden

Es ist kein Ge­heim­nis, dass in Deutsch­land ein ste­tig wach­sen­der Man­gel an Fach­kräften herrscht. Es fehlt an den so ge­nann­ten Be­ru­fen aus dem Be­reich "MINT" (Ma­the­ma­tik, In­for­ma­tik, Na­tur­wis­sen­schaft, Tech­nik). Da­bei gibt es nach ver­schie­de­nen Schätzun­gen in der Bun­des­re­pu­blik zwi­schen 300 000 und 500 000 Aka­de­mi­ker, de­ren ausländi­sche Qua­li­fi­ka­tio­nen in­ner­staat­lich nicht an­ge­mes­sen ver­wert­bar sind.

Vie­le po­ten­ti­el­le Fach­kräfte wer­den aber un­ter ih­ren fach­li­chen Fähig­kei­ten als Un­ge­lern­te beschäftigt, da die recht­li­che Si­tua­ti­on unüber­sicht­lich und un­ein­heit­lich ist. Fast eben­so groß wie die Zahl der ver­schie­de­nen Be­ru­fe ist die Zahl der Ver­fah­rens­wei­sen und zuständi­gen Stel­len. 16 un­ter­schied­li­che Lan­des­rech­te führen zu­dem zu ei­ner wei­te­ren recht­li­chen Zer­split­te­rung. Auch feh­len ein­heit­li­che Kri­te­ri­en für Be­wer­tung be­reits vor­han­de­ner Ab­schlüsse und Ansprüche auf de­ren bun­des­wei­te An­er­ken­nung.

So­wohl der Man­gel an Fach­kräften als auch das Pro­blem feh­len­der in­ner­staat­li­cher An­er­ken­nung ausländi­scher Fach­kräfte sind schon seit länge­rem be­kannt und Ge­gen­stand kon­tro­vers geführ­ter, al­ler­dings ef­fek­tiv frucht­lo­ser Dis­kus­sio­nen. Die letz­te große po­li­ti­sche Ab­sichts­erklärung ent­hielt der Ko­ali­ti­ons­ver­trag für die der­zei­ti­ge 17. Le­gis­la­tur­pe­ri­ode. Dort ver­ein­bar­ten die Re­gie­rungs­par­tei­en, ein ein­fa­ches, trans­pa­ren­tes und nut­zer­freund­li­ches An­er­ken­nungs­ver­fah­ren zu schaf­fen. Ne­ben ei­ner Er­st­an­lauf­stel­le und Tei­la­n­er­ken­nun­gen sol­len auch An­pas­sungs- und Ergänzungs­qua­li­fi­ka­tio­nen in größerem Um­fang als bis­her ermöglicht wer­den.

Auf die­ser Grund­la­ge be­schloss die Bun­des­re­gie­rung vor ei­nem Jahr ein Eck­punk­te­pa­pier zur "Ver­bes­se­rung der Fest­stel­lung und An­er­ken­nung von im Aus­land er­wor­be­nen be­ruf­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen und Be­rufs­ab­schlüssen". Nur un­we­sent­lich de­tail­lier­ter wur­de hier das Ziel be­kräftigt, ergänzen­de Re­ge­lun­gen ein­zuführen, "um die Chan­cen auf dem Ar­beits­markt für al­le Per­so­nen mit im Aus­land er­wor­be­nen be­ruf­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen und Be­rufs­ab­schlüssen, die sich rechtmäßig und dau­er­haft in Deutsch­land auf­hal­ten, zu ver­bes­sern". Die Dau­er des avi­sier­ten An­er­ken­nungs­ver­fah­rens soll­te, so das erklärte Ziel, sechs Mo­na­te nicht über­schrei­ten.

Ein an­gekündig­ter Re­fe­ren­ten­ent­wurf für die nöti­gen ge­setz­li­chen Ände­run­gen soll­te nach den ursprüng­li­chen Pla­nun­gen vor der Som­mer­pau­se vom Ka­bi­nett ver­ab­schie­det wer­den, wur­de dann auf die Zeit nach der Som­mer­pau­se ver­scho­ben und zu­letzt für den In­te­gra­ti­ons­gip­fel, der Pro­ble­men der Zu­wan­de­rung ge­wid­met ist, an­gekündigt.

Der Ge­set­zes­ent­wurf des BMBF

Letzt­lich ist es auch bei der Ankündi­gung ge­blie­ben. Am 11.11.2010 konn­te die Bun­des­mi­nis­te­rin für Bil­dung und For­schung An­net­te Scha­van of­fen­bar kei­nen voll­ende­ten Ge­set­zes­ent­wurf vor­le­gen, son­dern nur in all­ge­mei­ner Form des­sen In­halt um­schrei­ben. Der Ent­wurf wer­de zur­zeit von meh­re­ren, für be­stimm­te Be­rufs­grup­pen zuständi­gen Res­sorts ergänzt, hieß es. Die Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums ist da­her bis­lang die ein­zi­ge verfügba­re Quel­le.

Der Ent­wurf soll da­nach all­ge­mei­ne Re­ge­lun­gen zu den Vor­aus­set­zun­gen der Fest­stel­lung der Gleich­wer­tig­keit im Aus­land er­wor­be­ner Be­rufs­qua­li­fi­ka­tio­nen ent­hal­ten. Zu­dem gibt es für die nicht re­gle­men­tier­ten Be­ru­fe, al­so ins­be­son­de­re die vom Be­ruf­aus­bil­dungs­ge­setz (BBiG) er­fass­ten, erst­mals ei­nen all­ge­mei­nen ge­setz­li­chen An­spruch auf ei­ne Be­wer­tung im Aus­land er­wor­be­ner Be­rufs­qua­li­fi­ka­tio­nen und er enthält Ver­fah­rens­re­ge­lun­gen.

Der Ge­setz­ent­wurf soll "kla­re und ein­heit­li­che Kri­te­ri­en" für die Be­wer­tung im Aus­land er­wor­be­ner Be­rufs­qua­li­fi­ka­tio­nen vor­se­hen.

Die Schaf­fung ei­ner ein­heit­li­chen Ein­rich­tung ist nicht ge­plant. Die vor­ge­se­he­nen Ver­fah­ren wer­den viel­mehr von den für die je­wei­li­ge Be­rufs­aus­bil­dung und den Be­rufs­zu­gang zuständi­gen Kam­mern und Behörden um­ge­setzt.

In den Fällen, in de­nen sich ei­ne Aus­lands­qua­li­fi­ka­ti­on als nicht gleich­wer­tig er­weist, sind die An­trag­stel­ler/in­nen über die im Verhält­nis zur deut­schen Aus­bil­dung be­ste­hen­den Fehl­stel­len zu in­for­mie­ren, da­mit sie sich ent­spre­chend nach­qua­li­fi­zie­ren können. Es sol­len Be­ra­tungs­an­ge­bo­te für Aus­gleich­maßnah­men und sons­ti­ge Nach­qua­li­fi­zie­rungs- und Fort­bil­dungs¬maßnah­men so­wie zu ent­spre­chen­den Fördermöglich­kei­ten ge­schaf­fen wer­den. Ein all­ge­mei­ner An­spruch auf Nach­qua­li­fi­zie­rung ist je­doch nicht vor­ge­se­hen.

Das Bun­des­ge­setz wird sich nur auf Be­ru­fe, die auf Bun­des­ebe­ne ge­re­gelt sind, be­zie­hen, al­so ins­be­son­de­re auf aka­de­mi­sche und nicht­aka­de­mi­sche Heil­be­ru­fe, so­wie Aus­bil­dungs­be­ru­fe nach dem BBiG oder der Hand­werks­ord­nung.

Fa­zit

Die Ansätze der Re­gie­rung wa­ren und blei­ben in­ter­es­sant. Schon al­lein die im Eck­punk­te­pa­pier erwähn­te Er­st­an­lauf­stel­le wäre ein deut­li­cher Fort­schritt und ei­ne große Hil­fe durch den Behörden­dschun­gel. Mo­men­tan grenzt es schon an Ge­heim­wis­sen, die zuständi­ge Stel­le für ein An­er­ken­nungs­ver­fah­ren zu ken­nen.

Die An­er­ken­nung ausländi­scher Be­rufs­ab­schlüsse zu re­for­mie­ren, scheint aber of­fen­bar doch we­sent­lich schwie­ri­ger zu sein, als von der Bun­des­re­gie­rung er­war­tet. Die im­mer neu­en, von Worthülsen ge­prägten Fort­schritts­be­kun­dun­gen spre­chen ei­ne deut­li­che Spra­che. Führt man sich dann noch vor Au­gen, dass noch nicht ein­mal das förm­li­che Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren be­gon­nen hat oder auch nur ein fer­ti­ger Ent­wurf vor­liegt, ist Skep­sis mehr als an­ge­bracht. Mo­men­tan er­scheint es je­den­falls nicht rea­lis­tisch, auf ab­seh­ba­re Zeit mit Ver­bes­se­run­gen für Fach­kräfte mit ausländi­schen Ab­schlüssen zu rech­nen.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Bewertung:

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de