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Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse
21.11.2017. Zuwanderung von Flüchtlingen und Arbeitskräftemangel in Deutschland kann man als zwei Seiten derselben Medaille ansehen und sich Gedanken darüber machen, wie man Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen besser in den deutschen Arbeitsmarkt integriert.
Zu diesem Thema gibt es einen aktuellen Vorschlag der Landesregierung Schleswig-Holsteins. Sie sieht Nachbesserungsbedarf beim Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG): Antrag des Landes Schleswig-Holstein auf Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse vom 11.10.2017 (BR Drucks. 677/17).
- Auf welcher Grundlage werden ausländische Berufsabschlüsse in Deutschland anerkannt?
- Welche Regelungen sieht das Europarecht für die Anerkennung ausländischer Qualifikationen vor?
- Was hat das Anerkennungsgesetz seit dem Inkrafttreten am 01.04.2012 bewirkt?
- Was möchte Schleswig-Holstein verbessern?
- Fazit
Auf welcher Grundlage werden ausländische Berufsabschlüsse in Deutschland anerkannt?
Im Jahr 2008 hatten Bund und Länder beschlossen, das Anerkennungssystem für ausländische Berufsabschlüsse gemeinsam zu überarbeiten. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 06.12.2011 (BGBl. I S. 2515) hat der Bundesgesetzgeber schließlich ein ziemlich einheitliches Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen Abschlüssen eingeführt.
Das Verbesserungsgesetz besteht im Prinzip aus zwei Teilen, zum einen aus dem Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz - BQFG) und zum anderen in einer Vielzahl von Anpassungen der verschiedensten Berufsordnungen und berufsregelnder Gesetze.
Das BQFG als Bundesgesetz steht dabei im Hintergrund, d.h. es gilt nur dann, wenn und soweit das speziellere Regelungen zu bestimmten Berufen keine abweichenden Regelungen enthalten. Im Ergebnis ist das BQFG daher in erster Linie auf die nicht-reglementierten Berufe anzuwenden, also auf Berufe, die eine duale Ausbildung voraussetzen. Ärzte, Anwälte usw. sind als reglementierten Berufe außen vor, d.h. für sie gilt das BQFG nicht.
Für einen Antrag auf Feststellung der Gleichwertigkeit einer ausländischen Berufsqualifikation muss man gemäß § 2 Abs. 2 BQFG
- einen ausländischen Ausbildungsnachweis erworben haben und man muss
- darlegen, dass man einer dieser Ausbildung entsprechenden Erwerbstätigkeit in Deutschland nachgehend möchte.
Dabei spielt der aktuelle Aufenthaltsstatus keine Rolle, d.h. auch Personen die sich im Ausland befinden oder in Deutschland Asyl suchen sind mit einbezogen.
Ist der Antrag mit allen nötigen Unterlagen gemäß § 5 BQFG bei der zuständigen Stelle wie z.B. bei einer örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK) eingegangen (§ 8 BQFG), wird die ausländische Qualifikation daraufhin überprüft, ob es wesentliche Unterschiede zu einer vergleichbaren beruflichen Tätigkeit in Deutschland gibt.
Dabei kommt es auf den Inhalt und die Dauer der ausländischen Ausbildung an und auf die dadurch erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten. Die im Ausland erworbenen Qualifikationen können und müssen dabei nicht vollständig mit dem deutschen Referenzberuf übereinstimmen. Vielmehr hat der Anerkennungsantrag nur dann keinen Erfolg, wenn es wesentliche Unterschiede gibt. In einem solchen Fall kann der Antragssteller versuchen, diese Unterschiede auszugleichen, indem er Fortbildungen oder einschlägige Berufserfahrungen nachweist.
Hat die Überprüfung der ausländischen Ausbildung Erfolg, bekommt der Antragsteller eine bundesweit gültige Gleichwertigkeitsbescheinigung. Auch die nur teilweise Gleichwertigkeit mit einem Referenzberuf kann bescheinigt werden.
Bei den reglementierten Berufen wie z.B. bei Anwälten, Ärzten oder Steuerberatern wird die Gleichwertigkeitsprüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens von den zuständigen Berufskammern durchgeführt. Unterschiede zum BQFG gibt es deshalb vor allem bei den Formalien, d.h. bei Antragsformularen, notwendigen Unterlagen und einzuhaltenden Fristen. Die Grundlage der Beurteilung der Gleichwertigkeit ist aber auch hier die Frage, ob es "wesentliche Unterschiede" zwischen der ausländischer Qualifikation und dem deutschen Referenzberuf gibt oder nicht.
Erste Anlaufstellen für die Beratung sind das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ und die Hotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ (ALiD-Hotline).
Welche Regelungen sieht das Europarecht für die Anerkennung ausländischer Qualifikationen vor?
Auch das Europarecht enthält Vorgaben für die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen, nämlich die Richtlinie 2005/36/EG vom 07.09.2005. Sie gilt für die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Bereich der reglementierten Berufe und soll gewährleisten, dass Bürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) durch eine grundsätzliche Anerkennung der Gleichwertigkeit ihrer Berufsabschlüsse freien Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt haben.
Die Richtlinie wurde im Jahr 2013 durch die Richtlinie 2013/55/EU geändert, und zwar mit dem Ziel, das Anerkennungsverfahren unbürokratischer und einfacher zu gestalten. Das soll u.a. mit dem elektronischen Verfahren des Europäischen Berufsausweise (EBA) realisiert werden. Der EBA ist aber bislang nur für wenige Berufe verfügbar, z.B. für Krankenschwestern, Apotheker, Physiotherapeuten, Bergführer oder Immobilienmakler. Außerdem stellt die Richtlinie 2013/55/EU klar, dass die Qualifikation unabhängig von sprachlichen Kenntnissen geprüft werden muss und die Ausbildungsdauer nicht als eigenständiges Kriterium für die Begründung wesentlicher Unterschiede herangezogen werden darf.
Die aktuellen EU-Vorgaben wurden in Deutschland mit Gesetz vom 22.12.2015 (BGBl. I S. 2572 Nr. 55) im BQFG und in den Fachordnungen und -gesetzen umgesetzt.
Was hat das Anerkennungsgesetz seit dem Inkrafttreten am 01.04.2012 bewirkt?
Gemäß § 18 BQFG hat die Bundesregierung die Anwendung und Auswirkung des BQFG nach vier Jahren zu überprüfen und darüber dem Bundestag sowie dem Bundesrat berichten. Dieser Bericht wurde dem Bundestag im Sommer 2017 (BT-Drucks. 18/12756) vorgelegt.
Der Bericht stellt dem Anerkennungsgesetz ein positives Zwischenzeugnis aus. Immerhin hat sich die Zahl der Anträge von knapp 11.000 in 2012 auf fast 20.000 in 2015 erhöht. In dieser Zeit wurden über 40.700 ausländische Abschlüsse als voll gleichwertig anerkannt, rund 1.900 Anträge wurden abgelehnt.
Aus dem Papier geht ebenfalls hervor, dass etwa 10 Prozent der Anträge aus dem Ausland gestellt wurden, wobei viele dieser Antragssteller ihre Zuwanderungsentscheidung von der Anerkennung abhängig machten. Die überwiegende Mehrzahl der Antragsteller befindet sich bereits in Deutschland, d.h. das BQFG ist vor allem für diese Fachkräfte wichtig.
Aus dem Bericht ergibt sich auch, dass mancher Interessent von den Kosten des Anerkennungsverfahrens abgeschreckt werden könnte. Seit Dezember 2016 gibt es daher bundesweite Zuschüsse für das Anerkennungsverfahren.
Was möchte Schleswig-Holstein verbessern?
Der Antrag der schwarz-grün-gelben Landesregierung aus Schleswig-Holstein betrifft eine Rechtsfolgenlücke im § 6 Abs.3 BQFG. Hier heißt es:
"Die zuständige Stelle muss innerhalb von drei Monaten über die Gleichwertigkeit entscheiden. Die Frist beginnt mit Eingang der vollständigen Unterlagen. Sie kann einmal angemessen verlängert werden, wenn dies wegen der Besonderheiten der Angelegenheit gerechtfertigt ist. Die Fristverlängerung ist zu begründen und rechtzeitig mitzuteilen."
Was aber passiert, wenn die Frist abgelaufen ist und noch keine Entscheidung ergangen ist, ist derzeit im Gesetz nicht geregelt. Deshalb soll die Bundesregierung aufgefordert werde, eine „angemessene“ Rechtsfolge für die Überschreitung der Frist festzulegen.
Wie das konkret aussehen soll, wird zwar nicht klar gesagt. In der Begründung des Antrages heißt es aber dazu, dass eine Fiktion denkbar wäre. Einer solchen Regelung zufolge könnte die Gleichwertigkeit künftig als anerkannt gelten,
- wenn die Bearbeitungsfrist von drei Monaten (plus Verlängerung) verstrichen ist,
- wenn keine wesentlichen Interessen der Allgemeinheit dagegen sprechen und wenn
- eine Beeinträchtigung von Qualitätsstandards ausgeschlossen wird.
Außerdem soll nach dem Vorschlag Schleswig-Holsteins die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) personell und finanziell besser ausgestattet werden. Die ZAB ist Ansprechpartner der örtlich zuständigen Stellen, wenn es um fachliche Informationen zu ausländischen Berufsausbildungen geht. Die Einhaltung der Frist vor Ort hängt daher oft (auch) von der Auslastung des ZAB ab.
Fazit
Der Verbesserungsvorschlag Schleswig-Holsteins hängt zwar ein wenig in der Luft, weil derzeit gar nicht bekannt ist, ob es erhebliche Probleme bei der Einhaltung der Bearbeitungsfrist gibt. In dem Evaluationsbericht der Bundesregierung heißt es, dass die gesetzliche Zeitvorgaben „insgesamt im Schnitt eingehalten“ würden.
Andererseits ist eine Fristenregelung ohne klare Rechtsfolge für den Fall der Fristüberschreitung in jedem Fall inkonsequent. Die Bearbeitungsfrist verliert damit an Bedeutung. Kommt es in Einzelfällen zu erheblichen Fristüberschreitungen, ist das für die Antragsteller eine Zumutung, weil sie ohne Bescheid beruflich lahmgelegt sind.
Auch europarechtlich ist die Regelungslücke bedenklich. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit würde eingeschränkt, wenn sich das Gleichwertigkeitsverfahren weit über die drei Monate hinaus zieht und wenn ein EU/EWR-Bürger dadurch an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Deutschland gehindert wird. Außerdem sieht Art.51 Abs.3 Richtlinie 2005/36/EG vor, dass gegen eine nicht fristgerecht getroffene Entscheidung ein Rechtsbehelf nach innerstaatlichem Recht möglich sein muss.
Gegen den Vorschlag Schleswig-Holsteins spricht allerdings, dass eine automatische Anerkennung der Gleichwertigkeit als gesetzliche Rechtsfolge der Fristüberschreitung dazu führen kann, dass die zuständigen Stellen die Anträge unter Zeitdruck "im Zweifel" negativ bescheiden, ohne den Sachverhalt ausreichend geprüft zu haben. Dann hätte der Antragsteller zwar die Möglichkeit eines Widerspruchs, doch würde das weitere Zeitverluste bis zum Erhalt des Gleichwertigkeitsbescheids mit sich bringen. Ob man auf diese Weise zu schnelleren Bearbeitungszeiten käme, ist daher zweifelhaft.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Antrag des Landes Schleswig-Holstein auf Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse vom 11.10.2017 (BR Drucks. 677/17)
- Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 06.12.2011(BGBl. I S. 2515)
- Gesetz zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und anderer Gesetze vom 22.12.2015 BGBl. I S. 2572 Nr. 55)
- Bericht zum Anerkennungsgesetz 2017 vom 12.06.2017 (BT Drucks. 18/12756)
- Erläuterung zum Anerkennungsgesetz des Bundes vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
- Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Einwanderung qualifizierter Fachkräfte (Einwanderungsgesetz – EinwG) der Fraktion der SP vom 08.11.2017 (BT Drucks. 19/44)
- Arbeitsrecht aktuell: 20/094 Erleichterte Zuwanderung für ausländische Fachkräfte
- Arbeitsrecht aktuell: 18/007 Einwanderungsgesetz für ausländische Fachkräfte
- Arbeitsrecht aktuell: 11/067 Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse
- Arbeitsrecht aktuell: 10/250 Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse soll reformiert werden
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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