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Arbeitnehmerfreizügigkeit und Sprache
28.04.2015. Das Europäische Recht garantiert den Bürgern der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), sich innerhalb der EU frei zu bewegen, um sich auf freie Stellen zu bewerben bzw. eine Beschäftigung auszuüben.
Diese Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU ist eine wichtige Grundfreiheit und muss von den Mitgliedsstaaten dementsprechend ernst genommen werden.
Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil entschieden hat, hat Belgien durch zu formalistische Sprachnachweise für den Zugang zum lokalen öffentlichen Dienst gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoßen: EuGH, Urteil vom 05.02.2015, C-317/14.
- Welche Sprachnachweise können die Mitgliedsstaaten für den Zugang zum öffentlichen Dienst verlangen?
- Der Streitfall: Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen das Königreich Belgien
- EuGH: Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch Zwang zur Vorlage eines Sprachnachweises, den nur eine belgische Einrichtung nach Ablegung einer Prüfung in Belgien vergibt
Welche Sprachnachweise können die Mitgliedsstaaten für den Zugang zum öffentlichen Dienst verlangen?
Nach Art.45 Abs.1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU gewährleistet. Dieses Recht beinhaltet die Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten, aktiv zu werden, um bestehende unterschiedliche Behandlungen von EU-Ausländern und Inländern in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen zu beseitigen (Art.45 Abs.2 AEUV). Aus Sicht der Arbeitnehmer beinhaltet die EU-weite Freizügigkeit insbesondere das Recht, sich innerhalb der gesamten EU um offene Stellen zu bewerben (Art.45 Abs.3 Buchstabe a) AEUV).
Zu alldem passen Sprachbarrieren nur schlecht. Wer sich als Franzose in Deutschland um eine offene Stelle bewirbt, wird möglicherweise in seiner Freizügigkeit unzulässig eingeschränkt und außerdem wegen seiner Herkunft diskriminiert, wenn für die Stelle akzentfreies Deutsch verlangt wird, ohne dass diese Fähigkeit für die ausgeschriebene Tätigkeit zwingend erforderlich ist (über einen solchen Fall hatte vor einigen Jahren das Arbeitsgericht Hamburg zu entscheiden, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 10/047 Darf ein Arbeitgeber akzentfreies Deutsch verlangen?).
Aber auch dann, wenn gute Sprachkenntnisse aufgrund der Besonderheiten einer ausgeschriebenen Stelle im Prinzip eine sachlich gerechtfertigte Anforderung an Stellenbewerber sind, kann eine verbotene Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorliegen, nämlich dann, wenn an die Art und Weise des Sprachkundenachweises überzogene Anforderungen gestellt werden.
Der Streitfall: Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen das Königreich Belgien
Im dem Fall des EuGH hatte die EU-Kommission gegen das Königreich Belgien ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt, weil Belgien durch zu bürokratische Regelungen über einen erforderlichen Sprachnachweis gegen Art.45 AEUV verstoßen hatte, so jedenfalls die Meinung der Kommission.
Denn nach belgischem Recht darf in "lokalen Dienststellen", die im französischen, niederländischen oder deutschen Sprachgebiet liegen, niemand in ein Amt oder eine Stelle ernannt oder befördert werden, wenn er die Sprache des jeweiligen Gebietes nicht beherrscht. Dieses Regelung betrifft Einrichtungen, die im Gebiet einer Gemeinde Konzessionäre eines öffentlichen Dienstes sind oder die mit Aufgaben betraut sind, die im Allgemeininteresse liegen. Obwohl das Urteil des EuGH hierzu keine weiteren Angaben enthält, geht es hier offenbar um Einrichtungen, die dem öffentlichen Dienst zuzurechnen sind oder in seinem Auftrag tätig sind, aber keine hoheitlichen Befugnisse ausüben.
Das Erfordernis sprachlicher Fähigkeiten ist dabei nicht das Problem, sondern der vom belgischen Recht geforderte Nachweis. Denn wenn ein Bewerber keine Sprachzeugnisse vorweisen kann, aus denen hervorgeht, dass er an einem landessprachlichen Unterricht teilgenommen hat, muss er eine Prüfung ablegen, und diese Prüfung wiederum kann nur in Belgien vor einer belgischen Stelle abgelegt werden.
EuGH: Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch Zwang zur Vorlage eines Sprachnachweises, den nur eine belgische Einrichtung nach Ablegung einer Prüfung in Belgien vergibt
Der EuGH entschied das Vertragsverletzungsverfahren im Sinne der Kommission, d.h. gegen das Königreich Belgien. Die Art des vom belgischen Recht geforderten Sprachnachweises verstößt gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit, weil der Sprachnachweis nur von einer amtlichen belgischen Einrichtung ausgestellt wird, und zwar nach einer von ihr in Belgien durchgeführten Prüfung.
Denn zum einen werden andere, nicht in Belgien erworbene Sprachnachweise ausgeschlossen, wofür es keine sachlichen Gründe gibt, und zum anderen werden Nicht-Belgier benachteiligt, weil sie allein wegen der erforderlichen Sprachprüfung nach Belgien anreisen müssen, was mit einem erheblich höheren Aufwand verbunden ist als für Belgier. Das ist, so der Gerichtshof, eine mittelbare Benachteiligung ausländischer Stellenbewerber und damit eine Verletzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Dass Art.45 Abs.4 AEUV die "Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" von der Geltung des Freizügigkeits-Artikels ausnimmt, erwähnt der EuGH nicht ausdrücklich. Aus seiner bisherigen Rechtsprechung folgt aber, dass der Gerichtshof unter "öffentlicher Verwaltung" die hoheitliche Staatsverwaltung im engeren Sinne meint, also z.B. den Polizeidienst oder Richterämter. Und um diese öffentliche Verwaltung im engeren Sinne ging es hier im Streitfall offenbar nicht.
Fazit: Nicht nur sprachliche Anforderungen inhaltlicher Art, die durch die ausgeschriebene Tätigkeit nicht gerechtfertigt sind, können die Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzen und Zuwanderer wegen ihrer Herkunft (mittelbar) diskriminieren, sondern auch übertrieben bürokratische Anforderungen an die Art und Weise, wie sprachliche Kenntnisse und Fähigkeiten nachzuweisen sind.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 05.02.2015, C-317/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Ethnische Herkunft, Rassismus
- Arbeitsrecht aktuell: 17/212 Deutsche Mitbestimmung ist mit EU-Recht vereinbar
- Arbeitsrecht aktuell: 12/092 Arbeitsvertragliche Ausschlussfrist und mangelnde Deutschkenntnis
- Arbeitsrecht aktuell: 11/236 Diskriminierung bei der Bewerbung, wenn sehr gute Deutschkenntnisse gefordert werden?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/209 Diskriminierung am Arbeitsplatz wegen Verpflichtung zu einem Deutschkurs?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/047 Darf ein Arbeitgeber akzentfreies Deutsch verlangen?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/030 Kündigung wegen schlechten Deutschkenntnissen
Letzte Überarbeitung: 30. August 2017
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