HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 20/066

Räu­mung des Be­triebs­rats­bü­ros durch den Ar­beit­ge­ber

Ar­beit­ge­ber dür­fen Räu­me, die sie dem Be­triebs­rat als Bü­ro über­las­sen ha­ben, nur mit des­sen Ein­ver­ständ­nis oder auf­grund ei­nes Räu­mungs­ti­tels wie­der in Be­sitz neh­men: Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt, Be­schluss vom 14.01.2019, 16 TaBV­Ga 6/19
berufsbedingter Umzug wegen Jobwechsel, leere Wohnung mit Kartons und Leiter

26.05.2020. Hin und wie­der müs­sen im Be­trieb Stüh­le ge­rückt wer­den, z.B. weil Ge­bäu­de re­no­viert oder gan­ze Ab­tei­lun­gen in an­de­ren Räu­men un­ter­ge­bracht wer­den sol­len.

Da­von kann auch der Be­triebs­rat be­trof­fen sein, d.h. ge­nau­er ge­sagt das Be­triebs­rats­bü­ro.

Kann der Ar­beit­ge­ber not­falls oh­ne Ein­ver­ständ­nis des Be­triebs­rats oder so­gar ge­gen des­sen er­klär­ten Wil­len das Be­triebs­rats­bü­ro räu­men und dem Be­triebs­rat an­de­re Räu­me als Bü­ro zu­wei­sen?

Nein, so das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt, Be­schluss vom 14.01.2019, 16 TaBV­Ga 6/19.

Haus­recht des Be­triebs­rats an sei­nem Büro vs. Recht des Ar­beit­ge­bers zur Zu­wei­sung an­de­rer Räume

Der Ar­beit­ge­ber ist nach § 40 Abs.2 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) da­zu ver­pflich­tet, dem Be­triebs­rat für des­sen Sit­zun­gen, für Sprech­stun­den und für die lau­fen­de Geschäftsführung in er­for­der­li­chem Um­fang Räume, Sach­mit­tel, Tech­nik und Büro­per­so­nal zur Verfügung zu stel­len.

Die Über­las­sung ei­nes ständi­gen Be­triebs­ratsbüros ist da­bei in den meis­ten Be­trie­ben selbst­verständ­lich. Der Be­triebs­rat hat dann nicht nur ei­nen ab­sch­ließba­ren Schrank in ei­nem Zim­mer, das auch von an­de­ren Per­so­nen bei Be­darf ge­nutzt wird, son­dern ei­nen Schlüssel für den gan­zen Raum, eben für das Be­triebs­ratsbüro.

Die Über­las­sung ei­nes sol­chen Büros an den Be­triebs­rat hat zur Fol­ge, dass der Be­triebs­rat das Haus­recht an die­sem Raum er­langt.

Das wie­der­um heißt, dass der Be­triebs­rat so sog. Sach­herr­schaft an dem Büro er­wirbt und da­mit zum (rechtmäßigen) Be­sit­zer im Sin­ne von § 854 Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) wird. Und dar­aus folgt: Wer dem Be­triebs­rat oh­ne des­sen Wil­len das Büro ent­zieht oder ihn in sei­nem Be­sitz stört, han­delt wi­der­recht­lich, d.h. er übt "ver­bo­te­ne Ei­gen­macht" aus (§ 858 Abs.1 BGB). Ei­ne Aus­nah­me gilt nur, wenn das Ge­setz die Be­sit­z­ent­zie­hung oder -Störung er­laubt.

An­de­rer­seits ist der Ar­beit­ge­ber gemäß § 40 Abs.2 Be­trVG da­zu be­rech­tigt, dem Be­triebs­rat auch an­de­re Räume als Büro zu­zu­wei­sen. Mögli­cher­wei­se ist dies ja ein Recht­fer­ti­gungs­grund, dem Be­triebs­rat not­falls auch ge­gen des­sen Wil­len das bis­her von ihm ge­nutz­te Büro zu ent­zie­hen und ihm ein an­de­res zu über­las­sen.

Streit im Kran­ken­haus über die La­ge des Be­triebs­ratsbüros

Der Be­triebs­rat ei­nes Kran­ken­hau­ses soll­te nach dem Wil­len der Geschäftsführung sein Be­triebs­ratsbüro im Erd­ge­schoss des Kran­ken­hau­ses auf­ge­ben und dafür an­de­re Räume in ei­nem na­he­ge­le­ge­nen Ver­wal­tungs­gebäude be­zie­hen.

Nach­dem sich Geschäfts­lei­tung und Be­triebs­rat darüber trotz länge­rer Gespräche nicht ei­nig wer­den konn­ten, teil­te die Geschäfts­lei­tung dem Be­triebs­rat am 10.12.2018 mit, dass man am 18. und 19.12.2018 sein Büro räum­en und die dort be­find­li­chen Sa­chen in die neu­en Zim­mer im Ver­wal­tungs­gebäude ver­brin­gen würde - mit oder oh­ne Be­tei­li­gung des Be­triebs­rats.

Dar­auf­hin streng­te der Be­triebs­rat ein ar­beits­ge­richt­li­ches Eil­ver­fah­ren an und ließ dem Ar­beit­ge­ber un­ter­sa­gen, das Büro zu be­tre­ten, Un­ter­la­gen und Ma­te­ria­li­en zu ent­fer­nen und die ihm zur Verfügung ge­stell­ten Räume zu ent­zie­hen (Ar­beits­ge­richt Darm­stadt, Be­schluss vom 18.12.2018, 3 BV­Ga 30/18).

Hes­si­sches LAG: Der Ar­beit­ge­ber hat kein Recht, ei­genmäch­tig mit ei­nem Um­zug der Ein­rich­tun­gen, Un­ter­la­gen und Ma­te­ria­li­en des Be­triebs­rats zu be­gin­nen.

Auch in der Be­schwer­de vor dem Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) hat­te der Ar­beit­ge­ber kei­nen Er­folg. Das LAG bestätig­te die einst­wei­li­ge Verfügung des Ar­beits­ge­richts Darm­stadt.

Auf­grund sei­nes Be­sit­zes (§ 854 Abs.1 BGB) ist der Be­triebs­rat da­vor geschützt, dass der Ar­beit­ge­ber oh­ne sein Ein­verständ­nis oder oh­ne ei­nen ge­gen den Be­triebs­rat ge­richt­li­chen Räum­ungs­ti­tel das dem Be­triebs­rat über­las­se­ne Be­triebs­ratsbüro ausräumt. Ein sol­ches Vor­ge­hen ist ver­bo­te­ne Ei­gen­macht im Sin­ne von § 858 Abs.1 BGB.

Dar­an ändert auch die grundsätz­li­che Be­fug­nis des Ar­beit­ge­ber nichts, dem Be­triebs­rat an­de­re Räume für die Be­triebs­rats­ar­beit zu­zu­wei­sen, so das LAG.

Fa­zit: Das Recht zur Zu­wei­sung an­de­rer Räume muss der Ar­beit­ge­ber in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ge­gen den Be­triebs­rat vor­brin­gen, da­mit das Ge­richt den Be­triebs­rat zur Räum­ung sei­nes Büros ver­pflich­tet. Oh­ne ei­nen sol­chen Räum­ungs­ti­tel ist das Be­triebs­ratsbüro für den Ar­beit­ge­ber ta­bu.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 16. November 2021

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 5.0 von 5 Sternen (1 Bewertung)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de