HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Hamm, Ur­teil vom 18.01.2006, 3 Sa 2122/05

   
Schlagworte: Zusatzrente, Rente: Zusatzrente
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 3 Sa 2122/05
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 18.01.2006
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn
   

3 Sa 2122/05

3 Ca 69/05 Ar­beits­ge­richt Pa­der­born 3 AZR 383/06  

 

Verkündet am 18.01.2006:

Spon­da Re­gie­rungs­an­ge­stell­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In Sa­chen

A1xxxx L1xxxx, O1xxxxxxxxxxx 31 a2, 32xxx P1xxxxxxx

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:
An­walts­kanz­lei M1xxx, N1xxxxxxx S1x. 11, 33xxx P1xxxxxxx

ge­gen

C1xxxxxxxxxxxx für den K1xxx H1xxxx e1.V1., ver­tre­ten durch den Vor­stand, K2xxxxxxxx. 91, 34xxx B1xxxx

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:
Rechts­anwälte A3xx, H2xxxxx, Dr. G1xxxxx und P2xxxxx, D2xxxxxxx S2xxxx 21, 35xxx S3xxxxxxx

N2xxxxxxxxxxxxxxxxx:
K3xxxxxxxx Z1xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx des V2xxxxxxx der D3xxxxxx D4xxxxxxxxxx, A4xxxxx des ö1xxxxxxxxxx R1xxxx, ver­tre­ten durch den Vor­stand, d5xxxx ver­tre­ten durch den Vor­stands­vor­sit­zen­den D6xxxx-V3xxxxxxx Dr. N3xxxxx F1. L2. K4xx, A6 R2xxxxxxx 81, 51xxx K5xx

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:
Rechts­anwälte S4xxxxxxx, K6xxx, K7xxxxxx, L3xxxxxxxxxx 12, 52xxx K5xx

 

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hat die 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 18.01.2006
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Schmidt
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Hil­pert und Ta­sch­ner

für Recht er­kannt:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 07.09.2005 – Az. 3 Ca 69/05 – wird zurück­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens trägt der Kläger.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

T a t b e s t a n d :

Die Par­tei­en strei­ten um die Wirk­sam­keit der Ablösung ei­nes Zu­satz­ver­sor­gungs­sys­tems der kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands (KZVK).
Der am 19.09.1949 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te und für zwei Kin­der un­ter­halts­ver­pflich­te­te Kläger ist seit dem 01.01.1976 als So­zi­alpädago­ge bei dem be­klag­ten C1xxxxxxxxxxxx beschäftigt.
Grund­la­ge der Beschäfti­gung ist ein schrift­li­cher Dienst­ver­trag vom 15.01.1976, des­sen § 2 fol­gen­den Wort­laut hat:

„§ 2
Für das Dienst­verhält­nis gel­ten die „Richt­li­ni­en für Ar­beits­verträge in den Ein­rich­tun­gen des Deut­schen C2xxxxxxxxxxxxxx" (AVR) in der zur Zeit des Ver­trags­ab­schlus­ses in der „C3xxxxx-Kor­re­spon­denz" veröffent­lich­ten und im Amts­blatt des Orts­bis­tums in Kraft ge­setz­ten Fas­sung.

 

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Die AVR sind Be­stand­teil des Dienst­ver­tra­ges und ha­ben dem Mit­ar­bei­ter zur Kennt­nis­nah­me zur Verfügung ge­stan­den.

Bei Ände­run­gen der AVR gilt je­weils die in der „C3xxxxx-Kor­re­spon­denz" veröffent­lich­te und im Amts­blatt des Orts­bis­tums in Kraft ge­setz­te Fas­sung, oh­ne dass es ei­ner wei­te­ren Ver­ein­ba­rung be­darf. Auch in­so­weit ist dem Mit­ar­bei­ter Ge­le­gen­heit zur Kennt­nis­nah­me zu ge­ben."

Zif­fer VIII der An­la­ge 1 zu den AVR ver­pflich­tet un­ter der Über­schrift „Zusätz­li­che Al­ters­ver­sor­gung" den Dienst­ge­ber, die Ver­sor­gung der Mit­ar­bei­ter für Al­ter und In­va­li­dität gemäß den Be­stim­mun­gen der An­la­ge 8 zu den AVR (Ver­sor­gungs­ord­nung A/Ver­sor­gungs­ord­nung B) zu ver­an­las­sen. Grundsätz­lich fin­det da­nach Ver­sor­gungs­ord­nung A An­wen­dung. Ver­sor­gungs­ord­nung B ist le­dig­lich an­zu­wen­den, so­fern der Dienst­ge­ber nicht Be­tei­lig­ter ei­ner öffent­lich-recht­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­ein­rich­tung ist.
An­la­ge 8 zu den AVR enthält für die Ver­sor­gungs­ord­nung A in § 1 wie­der­um fol­gen­de Re­ge­lung:

„§ 1 Ge­samt­ver­sor­gung

(1) Mit­ar­bei­ter und die zu ih­rer Aus­bil­dung Beschäftig­ten (An­la­ge 7 zu den AVR), für die nach der Sat­zung der Kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands (im fol­gen­den Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se ge­nannt) Ver­si­che­rungs­pflicht be­steht, sind durch ih­ren Dienst­ge­ber bei der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se zum Zwe­cke der Al­ters-, Be­rufs­unfähig­keits- und Er­werbs­unfähig­keits­ver­sor­gung so­wie der Ver­sor­gung ih­rer Hin­ter­blie­be­nen zu ver­si­chern.

(2) Der Ver­sor­gungs­an­spruch des Mit­ar­bei­ters und des zu sei­ner Aus­bil­dung Beschäftig­ten so­wie der Ver­sor­gungs­an­spruch ei­nes ih­rer Hin­ter­blie­be­nen rich­ten sich aus­sch­ließlich nach der Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se und ih­rer Ausführungs­be­stim­mun­gen und können nur ge­genüber der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se gel­tend ge­macht wer­den."

Der Kläger ist durch den Be­klag­ten bei der KZVK, die dem Rechts­streit auf die Streit­verkündung des Be­klag­ten mit Schrift­satz vom 29.04.2005 auf­sei­ten der Be­klag­ten mit Schrift­satz vom 09.06.2005 bei­ge­tre­ten ist, zu­satz­ver­si­chert.

 

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§ 11 Abs. 2 der Sat­zung der Streit­hel­fe­rin in der ak­tu­el­len Fas­sung sieht als Vor­aus­set­zung für den Er­werb der Be­tei­li­gung vor, dass „der Ar­beit­ge­ber ein für die Mit­glie­der der in der Ver­ei­ni­gung der kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­verbände zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Ar­beit­ge­ber­verbände gel­ten­des Ver­sor­gungs­ta­rif­recht oder in Be­zug auf die Leis­tun­gen ein Ta­rif­recht we­sent­lich glei­chen In­halts ta­rif­ver­trag­lich oder all­ge­mein ein­zel­ver­trag­lich an­wen­det".

Die Sat­zungs­vor­schrif­ten der KZVK ba­sie­ren da­bei auf den ent­spre­chen­den Ver­sor­gungs­ta­rif­verträgen des öffent­li­chen Diens­tes.
Ursprüng­lich sah die Sat­zung der KZVK ein so­ge­nann­tes um­la­ge­fi­nan­zier­tes Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem vor.
Im öffent­li­chen Dienst er­folg­te ei­ne Um­stel­lung von dem auch dort ursprüng­lich vor­han­de­nen um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tems auf ein bei­trags­ori­en­tier­tes Punk­te­mo­dell durch den Al­ters­vor­sor­ge­plan 2001 und auf die­sem auf­bau­en­den Al­ters­vor­sor­ge­ta­rif­verträgen vom 01.03.2002.
Un­ter dem 16.04.2002 be­schloss der Ver­wal­tungs­rat der KZVK ei­ne Ände­rung der Sat­zung und stell­te rück­wir­kend zum 01.01.2002 die Al­ters­ver­sor­gung von dem um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Zu­satz­ren­ten­sys­tem um. Im Rah­men die­ser Um­stel­lung wur­den die bis zum 01.01.2002 er­wor­be­nen An­wart­schaf­ten in ei­ne Start­gut­schrift um­ge­rech­net, wo­bei die zurück­ge­leg­ten Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­re nicht wie bis­her auf der Ba­sis von 40 mögli­chen Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­ren bis zum Er­rei­chen der Voll­ren­te und da­mit mit ei­nem Fak­tor von 2,294 %, son­dern nur noch mit ei­nem Fak­tor von 2,25 % berück­sich­tigt wur­den, weil als Ba­sis nun­mehr von 44 mögli­chen Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­ren aus­ge­gan­gen wur­de. Ei­ne Ren­ten­be­wer­tung wur­de nach ei­nem Näherungs­ver­fah­ren vor­ge­nom­men.

Mit Schrei­ben vom 28.10.2002 teil­te der Be­klag­te un­ter an­de­rem dem Kläger die Um­stel­lung des Ver­sor­gungs­sys­tems mit.
Einwände des Klägers hier­ge­gen mit Schrei­ben vom 04.11.2002, 06.02.2004 und 20.04.2004 blie­ben er­geb­nis­los.

Mit der un­ter dem 13.01.2005 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge ver­folgt der Kläger sein Be­geh­ren wei­ter, dass sei­ne Ru­he­geld­ansprüche im Sin­ne ei­ner

 

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Ge­samt­ver­sor­gung fort­be­ste­hen und durch die Um­stel­lung der Sat­zung der KZVK nicht berührt wor­den sind.

Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Ände­rung der Sat­zung führe zu deut­li­chen Ein­schnit­ten bei der Ver­sor­gung, ge­ra­de bei den Ar­beit­neh­mern, die zwar nicht als ren­ten­nah an­zu­se­hen, aber älter sei­en.
Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, es sei wei­ter­hin ei­ne Al­ters­ver­sor­gung nach den Grundsätzen der Ge­samt­ver­sor­gung ge­schul­det.

Dies er­ge­be sich be­reits aus der Re­ge­lung des § 1 der An­la­ge 8 zu den AVR. Die in § 1 ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen sei­en so aus­zu­le­gen, dass dann, wenn die KZVK kei­ne Möglich­keit der Ge­samt­ver­sor­gung mehr bie­te, die­se Re­ge­lung als nun­mehr un­be­acht­lich zu gel­ten ha­be und die Ver­si­che­rung dann eben bei ei­nem an­de­ren Träger ab­ge­schlos­sen wer­den müsse.
Ziel der Re­ge­lung sei ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung und nur nach­ran­gig die Re­ge­lung der Pflicht des Ab­schlus­ses bei der KZVK ge­we­sen.

Auch sei­en, so hat der Kläger des Wei­te­ren die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge, auf die sich die Be­klag­te vor­pro­zes­su­al be­ru­fen ha­be, nicht erfüllt.
Es lie­ge kei­ne we­sent­li­che Ände­rung der tatsächli­chen oder recht­li­chen Verhält­nis­se vor, die ei­nen Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge recht­fer­ti­gen könn­ten. Da­bei sei zu be­ach­ten, dass es sich bei der KZVK um ei­nen selbständi­gen Ver­si­che­rungs­träger han­de­le, der eben nicht mit dem ein­zel­nen Ar­beit­ge­ber iden­tisch sei. In­so­weit könn­ten sei­ner Mei­nung nach Fi­nan­zie­rungs­pro­ble­me ei­nes Drit­ten von vorn­her­ein grundsätz­lich nicht zu ei­nem Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge führen. Zu­dem hat der Kläger be­strit­ten, dass die fi­nan­zi­el­le Si­tua­ti­on bei der KZVK ei­ne Um­stel­lung des Sys­tems er­for­der­lich ma­che.
Auch der Ein­wand, die Ver­si­che­rungs­pflicht bei der KZVK sei zur Ver­ein­heit­li­chung der Ver­sor­gungs­sys­te­me im öffent­li­chen und kirch­li­chen Be­reich er­folgt, sei nicht er­heb­lich, da die­ser Ein­wand nicht zu ei­ner Un­zu­mut­bar­keit im Sin­ne ei­nes Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge führe.

 

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Selbst wenn man ei­nen Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge un­ter­stel­le, sei die Um­stel­lung des Sys­tems sei­ner Mei­nung nach un­zulässig.
Zum ei­nen sei die Ände­rung der Sat­zung schon, in­so­weit un­strei­tig, oh­ne Be­tei­li­gung der ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on er­folgt; ei­ner sol­chen Be­tei­li­gung ha­be es je­doch nach Art. 7 Abs. 1 der Grund­ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes im Rah­men kirch­li­cher Ar­beits­verhält­nis­se be­durft.
Ein wei­te­rer Grund für die Un­wirk­sam­keit er­ge­be sich dar­aus, dass die Grundsätze des Ver­trau­ens­schut­zes nicht aus­rei­chend be­ach­tet wor­den sei­en.
Ein Ver­s­toß ge­gen den Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes lie­ge hin­sicht­lich der Um­rech­nungs­fak­to­ren für be­reits er­dien­te Ansprüche vor. Die zurück­ge­leg­ten Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­re würden nun­mehr mit ei­nem veränder­ten Fak­tor berück­sich­tigt, weil als Ba­sis nun­mehr von 44 statt bis­her 40 mögli­chen Ver­si­che­rungs­jah­ren aus­ge­gan­gen wer­de. Ein sol­cher Ein­griff in den Ver­trau­ens­schutz sei nur zulässig, wenn die Zu­grun­de­le­gung die­ser Fak­to­ren zwin­gend er­for­der­lich ge­we­sen sei; dies wie­der­um er­for­de­re ei­ne wirt­schaft­li­che Not­la­ge des Sys­tems, hierfür lägen je­doch kei­ne aus­rei­chen­den An­halts­punk­te vor.

Der Kläger hat be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass sei­ne Ru­he­geld­ansprüche auf Grund § 2 des zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­tra­ges vom 15.01.1976 i.V.m. § 1 der An­la­ge 8 zur AVR im Sin­ne ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung fort­be­ste­hen und durch die Um­stel­lung der Kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands (KZVK) mit Wir­kung ab dem 01. Ja­nu­ar 2002 von ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gung auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Punk­te­sys­tem nicht berührt wer­den,

 

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hilfs­wei­se

fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, ihm sämt­li­che Schäden zu er­set­zen, die ihm durch die Um­stel­lung der KZVK mit Wir­kung ab dem 01. Ja­nu­ar 2002 von ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gung auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Punk­te­sys­tem ent­ste­hen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat sich zum ei­nen für nicht pas­siv le­gi­ti­miert an­ge­se­hen.
Zum an­de­ren sei ei­ne Zu­satz­ver­sor­gung auf der Ba­sis ei­nes Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tems ge­ra­de nicht ge­schul­det, der Kläger ha­be nach der Je­wei­lig­keits­klau­sel le­dig­lich ei­nen An­spruch auf Ver­sor­gung nach Maßga­be der Sat­zung.

Die Streit­hel­fe­rin auf­sei­ten der Be­klag­ten, die KZVK, hat gleich­falls den Be­klag­ten für nicht pas­siv le­gi­ti­miert er­ach­tet.
Zu­dem wol­le der Kläger den In­halt sei­nes Ver­sor­gungs­an­spruchs im Zu­sam­men­hang mit der zum 01.01.2002 er­folg­ten Um­stel­lung der Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­chen bzw. kirch­li­chen Diens­tes geklärt ha­ben. Dies ha­be vor der zuständi­gen Zi­vil­ge­richts­bar­keit zu er­fol­gen.

Die Streit­hel­fe­rin hat darüber hin­aus den gel­tend ge­mach­ten An­spruch für nicht be­rech­tigt er­ach­tet.

Der Be­klag­te sei le­dig­lich ver­pflich­tet, die Ver­si­che­rung sei­ner Ar­beit­neh­mer bei ihr zu ver­an­las­sen, die­ser Ver­pflich­tung sei er nach­ge­kom­men. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers las­se sich aus der ver­wen­de­ten Über­schrift in § 1 der An­la­ge 8 nichts zur Fra­ge des In­halts der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge ab­lei­ten. Die Zu­sa­ge sei nicht auf ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ge­rich­tet. Der In­halt des § 1 der Ver-

 

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sor­gungs­ord­nung A spre­che da­von, dass sich der Ver­sor­gungs­an­spruch aus­sch­ließlich nach der je­wei­li­gen Kas­sen­sat­zung rich­te. Die in­halt­li­che Aus­ge­stal­tung des Ver­sor­gungs­an­spruchs sei da­her le­dig­lich in Form ei­ner so­ge­nann­ten „Je­wei­lig­keits­klau­sel" er­folgt.
Sie sei auf Grund ih­rer Er­rich­tungs­grund­la­gen da­zu be­rech­tigt und ver­pflich­tet ge­we­sen, den Sys­tem­wech­sel in der Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes mit­zu­voll­zie­hen. Sie sei nämlich gemäß Er­rich­tungs­be­schluss der Voll­ver­samm­lung des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands vom 30.08.1976 un­strei­tig zum Zweck er­rich­tet wor­den, den Ar­beit­neh­mern im kirch­li­chen und kirch­lich-ca­ri­ta­ti­ven Be­reich ei­ne zusätz­li­che Al­ters­ver­sor­gung nach den für den öffent­li­chen Dienst gel­ten­den Grundsätzen durch Ver­si­che­rung zu gewähren.
Hier­mit kor­re­spon­die­re die Be­gründung zu dem „Ge­setz be­tref­fend die Er­rich­tung der kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands mit Sitz in Köln als rechtsfähi­ge An­stalt des öffent­li­chen Rechts".
Auch Sinn- und Zweckerwägun­gen sprächen ge­gen die An­nah­me, dass al­lei­ne durch die Über­schrift der Re­ge­lung be­reits ei­ne Fest­le­gung auf ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ha­be er­fol­gen sol­len. So ge­be § 11 Abs. 2 Satz 1 der Kas­sen­sat­zung dem Be­klag­ten die ar­beits­recht­li­che An­wen­dung des Ver­sor­gungs­ta­rif­rechts des öffent­li­chen Diens­tes zwin­gend vor. Die Je­wei­lig­keits­klau­sel ba­sie­re da­mit ge­ra­de­zu auf der stren­gen An­bin­dung an den öffent­li­chen Dienst.

Selbst wenn zu­tref­fend sei, dass die Ver­sor­gungs­zu­sa­ge ge­ra­de und aus­sch­ließlich auf ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ge­rich­tet sei, er­ge­be sich ih­rer Mei­nung nach zu Guns­ten des Be­klag­ten ein An­spruch auf An­pas­sung un­ter dem Ge­sichts­punkt des Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge.
An der Not­wen­dig­keit der Sys­tem­um­stel­lung an sich be­ste­he an­ge­sichts an­de­ren­falls schon auf Grund der de­mo­gra­phi­schen Ent­wick­lung dro­hen­den sprung­haf­ten Stei­ge­run­gen der Um­la­gesätze so­wie an­ge­sichts der das al­te Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem als ver­fas­sungs­wid­rig be­ur­tei­len­den bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung kein Zwei­fel. Die an­ge­spro­che­ne de­mo­gra­phi­sche Ent­wick­lung mit all ih­ren Kon­se­quen­zen, wel­che ins­be­son­de­re um­la­ge­fi­nan­zier­te Ren­ten­sys­te­me be­son­ders tref­fe und in ab­seh­ba­rer Zeit un­fi­nan­zier­bar ma­che, könne dem Kläger nicht ent­gan­gen sein. Hin­zukämen Ände­run­gen der ge­sam­ten ge­setz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen. Die Bei­be­hal­tung des vom Kläger für sich in An­spruch

 

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ge­nom­me­nen Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tems hätte da­zu geführt, dass die vom Ge­setz­ge­ber in­iti­ier­ten Ab­sen­kun­gen in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung vollständig durch das Sys­tem der Zu­satz­ver­sor­gung auf­zu­sto­cken ge­we­sen wären, was über ent­spre­chend stei­gen­de Auf­wen­dun­gen durch die Ar­beit­ge­ber zu fi­nan­zie­ren ge­we­sen sei.
Die Exis­tenz­gefähr­dung der be­tei­lig­ten Ar­beit­ge­ber wer­de schon dar­an deut­lich, dass die von ihr anläss­lich der Sys­tem­um­stel­lung zu be­die­nen­den Be­sitzstände aus dem ab­gelösten Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem nicht von dem vor­han­de­nen Kas­sen­vermögen ge­deckt sei­en.
Ein wei­te­rer Ge­sichts­punkt sei schließlich, dass bei ei­ner Bei­be­hal­tung des Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tems der Be­klag­te und al­le an­de­ren C3xxxxx-Ar­beit­ge­ber zur Erfüllung ih­rer Ver­sor­gungs­zu­sa­ge nicht mehr auf sie, die KZVK ver­wei­sen könn­ten, son­dern die im­mens kom­ple­xen, ge­samt­ver­sor­gungs­im­ma­nen­ten Be­rech­nun­gen selbst vor­neh­men müss­ten.
Ins­ge­samt hätten sich da­her die recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Be­din­gun­gen, die Grund­la­ge für ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ge­we­sen sei­en, we­sent­lich verändert, so­dass ein Fest­hal­ten an die­sem Sys­tem für Ar­beit­ge­ber un­zu­mut­bar sei.

Im Übri­gen hat die Streit­hel­fe­rin dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ei­ne stich­hal­ti­ge Aus­sa­ge zu et­wai­gen Ver­schlech­te­run­gen für den Kläger in­fol­ge des Sys­tem­wech­sels nicht möglich sei, je­den­falls vom Kläger aber sol­che nicht sub­stan­zi­iert dar­ge­legt sei­en.

Mit Ur­teil vom 07.09.2005 hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen.
Zur Be­gründung hat es aus­geführt, der Rechts­weg zu den Ar­beits­ge­rich­ten sei eröff­net, auch be­ste­he das für den Fest­stel­lungs­an­trag er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se, der An­trag sei je­doch nicht be­gründet.

Al­ler­dings sei die er­for­der­li­che Pas­siv­le­gi­ti­ma­ti­on des Be­klag­ten ge­ge­ben.
Der Kläger ha­be je­doch kei­nen An­spruch ge­gen den Be­klag­ten auf Ver­schaf­fung ei­ner Al­ters­ver­sor­gung in Form ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung.
Die Aus­le­gung der Re­ge­lung in § 1 der An­la­ge 8 der AVR er­ge­be, dass dem Kläger kei­ne Ge­samt­ver­sor­gung zu­ge­sagt wor­den sei. Die Über­schrift spre­che zwar für die Auf­fas­sung des Klägers § 1 Abs. 2 re­ge­le je­doch aus­drück­lich, dass der Ver­sor-

 

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gungs­an­spruch sich aus­sch­ließlich nach der Sat­zung der Kas­se rich­te. Bei aus­drück­li­cher oder still­schwei­gen­der In­be­zug­nah­me von außer­halb des Ar­beits­ver­tra­ges lie­gen­den Re­gel­wer­ken wer­de übli­cher­wei­se und re­gelmäßig dy­na­misch auf die Richt­li­ni­en in der je­wei­li­gen Fas­sung ver­wie­sen. Es han­de­le sich da­her um ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel auf die je­wei­li­ge Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se. Die Über­schrift „Ge­samt­ver­sor­gung" stel­le le­dig­lich ei­nen Hin­weis auf die zu die­sem Zeit­punkt gel­ten­de Art der Ver­sor­gung dar.
Ein An­spruch auf Gewährung ei­ner Al­ters­ver­sor­gung auf Ba­sis ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gung sei da­her nur dann in Be­tracht ge­kom­men, wenn die Sat­zungsände­rung durch die Streit­hel­fe­rin un­wirk­sam ge­we­sen sei. Dies sei je­doch nicht der Fall.
Die Sat­zungsände­rung sei for­mell nicht zu be­an­stan­den.
Auch ma­te­ri­ell-recht­lich sei die Ände­rung wirk­sam. Da­bei sei zu berück­sich­ti­gen, dass die Sat­zung der KZVK auf der Um­set­zung von Ta­rif­verträgen be­ru­he, ei­ne In­halts­kon­trol­le fin­de bei Ta­rif­verträgen je­doch grundsätz­lich nicht statt, weil Ta­rif­verträge von gleich­be­rech­tig­ten Part­nern aus­ge­han­delt würden. We­gen der Gleich­ge­wich­tig­keit der Ta­rif­part­ner sei des­halb da­von aus­zu­ge­hen, dass ei­ne aus­ge­wo­ge­ne Re­ge­lung ge­trof­fen wor­den sei. Da die KZVK die ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen zur Al­ters­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes le­dig­lich um­ge­setzt ha­be, be­ste­he die glei­che Rich­tig­keits­gewähr wie bei ei­nem nor­ma­tiv gel­ten­den Ta­rif­ver­trag, so­dass le­dig­lich ein ein­ge­schränk­ter Prüfungs­maßstab be­ste­he. Die­sem hal­te die geänder­te Sat­zung stand. Der Wirk­sam­keit ste­he ins­be­son­de­re nicht der Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes ent­ge­gen, ein Ein­griff in er­dien­te An­wart­schaf­ten sei nicht er­kenn­bar, da sich ins­be­son­de­re die endgülti­ge Höhe der Zu­satz­ver­sor­gung während des Ver­si­che­rungs­verhält­nis­ses nicht ver­bind­lich be­rech­nen las­se. Die Berück­sich­ti­gung der zurück­ge­leg­ten Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­re mit ei­nem Fak­tor von 2,25 % be­ru­he auf der Re­ge­lung in § 18 Abs. 2 Be­trAVG und sei nicht zu be­an­stan­den.
Ei­ner Be­tei­li­gung der ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on ha­be es nicht be­durft.
Auch der Hilfs­an­trag sei zwar zulässig, aber un­be­gründet, ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klägers schei­de schon des­we­gen aus, weil es an ei­ner ent­spre­chen­den Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten feh­le.

 

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Ge­gen das un­ter dem 12.10.2005 zu­ge­stell­te Ur­teil, auf des­sen Ent­schei­dungs­gründe im Übri­gen Be­zug ge­nom­men wird, hat der Kläger un­ter dem 14.11.2005 Be­ru­fung zum Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt und die­se un­ter dem 23.11.2005 be­gründet.

Er hält das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil für un­zu­tref­fend, so­weit das Ar­beits­ge­richt in § 1 der An­la­ge 8 zu den AVR ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel ge­se­hen ha­be.
Der Wort­laut der maßgeb­li­chen Norm be­gin­ne mit der Über­schrift „Ge­samt­vor­sor­ge". Ab­satz 1 re­ge­le so­dann, dass für be­stimm­te Per­so­nen­grup­pen ei­ne Ver­si­che­rung bei der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se ab­ge­schlos­sen wer­den müsse. Ab­satz 2 re­ge­le, dass sich der Ver­sor­gungs­an­spruch nach der je­wei­li­gen Fas­sung der KZVK be­stim­me. Dem Wort­laut nach wer­de folg­lich ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ge­schul­det, die bei der KZVK ab­zu­sch­ließen sei. Ei­ne Re­ge­lung, was im Fal­le der Un­ver­ein­bar­keit die­ser Punk­te zu ge­sche­hen ha­be, sei nicht ge­trof­fen wor­den. In­so­weit müsse der wirk­li­che Wil­le der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en bei der Aus­le­gung berück­sich­tigt wer­den. Die Über­schrift ge­be da­bei nur den Rah­men und die Gren­zen des Tex­tes vor. Die kirch­li­chen Ta­rif­ver­trags­par­tei­en hätten in­so­weit von vorn­her­ein be­stimmt, dass ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ge­schul­det sei, der Wil­le sei folg­lich da­hin ge­gan­gen, die For­ma­li­en ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung in die­sem Pa­ra­gra­phen zu be­stim­men. So erkläre es sich, dass in Ab­satz 2 ge­re­gelt sei, dass der Ver­sor­gungs­an­spruch als sol­cher sich nach der je­wei­li­gen Fas­sung der KZVK be­stim­me. Es sei den Par­tei­en nicht dar­um ge­gan­gen, das „Ob" ei­nes Ver­sor­gungs­an­spruchs zu re­geln, son­dern nur nähe­re Ein­zel­hei­ten, wie die­ser An­spruch ha­be gewährt wer­den sol­len, oh­ne dass da­durch ei­ne an­de­re Struk­tur ha­be ge­schaf­fen wer­den sol­len. Die­se Aus­le­gung ent­spre­che auch dem Sinn und Zweck der Re­ge­lung. Sch­ließlich er­ge­be sich ein sol­ches Verständ­nis aus der Ent­ste­hungs­ge­schich­te. Durch die KZVK ha­be das Ver­sor­gungs­sys­tem im kirch­li­chen Be­reich an das des öffent­li­chen Diens­tes an­ge­passt wer­den sol­len. Im öffent­li­chen Dienst ha­be je­doch ein Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem be­stan­den. Hier­von hätten die „kirch­li­chen Ta­rif­ver­trags­par­tei­en" Kennt­nis ge­habt, in­so­weit sei­en die Re­ge­lun­gen der KZVK de­nen im öffent­li­chen Dienst weit­ge­hend nach­ge­bil­det wor­den. Die „kirch­li­chen Ta­rif­ver­trags­par­tei­en" sei­en auch nicht nur zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses der AVR

 

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von ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung aus­ge­gan­gen, son­dern die­se sei auch mehr als 25 Jah­re der Be­rech­nung der Ver­sor­gungs­ansprüche zu Grun­de ge­legt wor­den.
Al­lein da­her sei der Be­klag­te sei­ner Mei­nung nach schon zu ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung ver­pflich­tet.

Darüber hin­aus ver­bleibt der Kläger bei der Auf­fas­sung, die Sat­zungsände­rung sei aus meh­re­ren Gründen un­wirk­sam.
Zum ei­nen ha­be, so ver­tritt der Kläger wei­ter­hin die Auf­fas­sung, die ar­beits­recht­li­che Kom­mis­si­on an den grund­le­gen­den Ände­run­gen des Ver­sor­gungs­sys­tems be­tei­ligt wer­den müssen.
Die jet­zi­ge Fas­sung der Sat­zung sei auch des­we­gen un­wirk­sam, weil ei­ne ech­te Rück­wir­kung da­durch vor­lie­ge, dass hin­sicht­lich der Mo­na­te Ja­nu­ar bis April 2002 in be­reits er­dien­te An­wart­schaf­ten ein­ge­grif­fen wor­den sei, die in der Be­rech­nung der Start­gut­schrift nicht berück­sich­tigt wor­den sei­en.
Auch stel­le die Be­rech­nung der Start­gut­schrif­ten ei­nen Ein­griff in sei­ne Rech­te dar: Grundsätz­lich sei­en Ände­run­gen der Sat­zung möglich, Ein­grif­fe in zu­ge­sag­te Ver­sor­gungs­rech­te sei­en je­doch nicht schran­ken­los zulässig, son­dern un­terlägen ei­ner ge­richt­li­chen Bil­lig­keits­kon­trol­le nach § 317 BGB, da die KZVK Drit­ter im Sin­ne der §§ 317, 319 BGB sei.
Als all­ge­mei­ne Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen un­terlägen die Sat­zungs­be­stim­mun­gen auch ei­ner In­halts­kon­trol­le nach den §§ 305 ff. BGB.
In­so­weit sei ein Ver­s­toß ge­gen § 308 Nr. 4 BGB hin­sicht­lich § 2 der Sat­zung der KZVK fest­zu­stel­len. Ein Ände­rungs­vor­be­halt sei ge­ra­de für älte­re, je­doch noch nicht ren­ten­na­he Ver­si­cher­te nicht zu­mut­bar.
Fer­ner lie­ge ein Ver­s­toß ge­gen § 307 Abs. 1 BGB vor. Ei­ne Ein­schränkung des Kon­troll­maßsta­bes wie bei der Um­set­zung von Ta­rif­verträgen sei da­bei sei­ner Mei­nung nach nicht ge­ge­ben, da vor­lie­gend sich die AVR samt An­la­gen nicht geändert hätten und die Sat­zung des­halb auch nicht nur in Voll­zug ei­ner Ände­rung von Ta­rif­verträgen geändert wor­den sei. Des­we­gen sei­en sei­ner Mei­nung nach die Grundsätze der von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Drei-Stu­fen-Theo­rie zu be­ach­ten.
Hier lie­ge ein Ein­griff in das Grund­recht des Ar­ti­kel 14 im Hin­blick auf die Ren­ten­an­wart­schaf­ten vor, der Schutz­be­reich des Ei­gen­tums um­fas­se An­wart­schaf­ten und die ent­spre­chen­de er­dien­te Dy­na­mik.

 

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Ein Ein­griff lie­ge durch ei­ne Fest­schrei­bung des An­wart­schafts­wer­tes vor, wenn sie die Ge­fahr ei­ner nach­tei­li­gen Ab­wei­chung von dem zu die­sem Zeit­punkt noch nicht fest­stell­ba­ren tatsächli­chen Wert der er­lang­ten Ren­ten­an­wart­schaft mit sich brin­ge. Hier be­ste­he die sehr ho­he Wahr­schein­lich­keit, dass sich die Ab­wei­chung für ihn gra­vie­rend be­merk­bar ma­che, hin­sicht­lich des Wer­tes der er­dien­ten Dy­na­mik sei zu­min­dest wahr­schein­lich, dass die Be­wer­tung der Start­gut­schrift ei­ne nach­tei­li­ge Be­wer­tung der bis zum Stich­tag er­wor­be­nen Ver­sor­gungs­an­wart­schaf­ten mit sich brin­ge.
Fer­ner wer­de die Um­rech­nung auf § 18 Abs. 2 Nr. 1 Be­trAVG gestützt, hier sei je­doch zu be­ach­ten, dass die zurück­ge­leg­ten Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­re nicht wie bis­her auf der Ba­sis von 40 mögli­chen Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­ren, son­dern nur noch mit ei­nem Fak­tor von 2,25 % berück­sich­tigt würden, weil als Ba­sis nun­mehr von 44 mögli­chen Ver­si­che­rungs­jah­ren aus­ge­gan­gen wer­de.
Ne­ga­tiv wir­ke sich schließlich aus, dass die Ren­ten­be­wer­tung aus­sch­ließlich nach dem Näherungs­ver­fah­ren er­folgt sei und nicht auf Grund ei­ner in­di­vi­du­el­len Ren­ten­aus­kunft.

Die Ge­samt­be­wer­tung al­ler Fak­to­ren führe da­nach da­zu, dass ein Ein­griff in die Ei­gen­tums­ga­ran­tie vor­lie­ge, auch durch die vor­ge­nom­me­ne ech­te Rück­wir­kung.

Der Kläger be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass sei­ne Ru­he­geld­ansprüche auf Grund § 2 des zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­tra­ges vom 15.01.1976 i.V.m. § 1 der An­la­ge 8 zur AVR im Sin­ne ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung fort­be­ste­hen und durch die Um­stel­lung der Kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands (KZVK) mit Wir­kung ab dem 01.01.2002 von ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gung auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Punk­te­sys­tem nicht berührt wer­den,

 

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hilfs­wei­se

fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, ihm sämt­li­che Schäden zu er­set­zen, die ihm durch die Um­stel­lung der KZVK mit Wir­kung ab dem
01.01.2002 von ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten
Ge­samt­ver­sor­gung auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Punk­te­sys­tem ent­ste­hen.

Der Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er ver­tei­digt die vom Ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung zu § 1 Abs. 2 der An­la­ge 8 zu den AVR; zu­tref­fend han­de­le es sich um ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sung. Dies er­ge­be sich schon aus der Aus­le­gung der Vor­schrift im Zu­sam­men­hang des Re­ge­lungs­gefüges, wenn der Kläger selbst vor­tra­ge, dass die be­tref­fen­de Vor­schrift der An­glei­chung des kirch­li­chen an das Ver­sor­gungs­recht des öffent­li­chen Diens­tes ha­be die­nen sol­len. Dass sich die dy­na­mi­sche Ver­wei­sung nur auf For­ma­li­en ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung be­zie­hen sol­le, könne der Kläger nicht über­zeu­gend dar­le­gen.

Auch sei die vor­ge­nom­me­ne Sat­zungsände­rung nicht un­wirk­sam.
Ei­ne Mit­wir­kung der ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on sei nicht not­wen­dig ge­we­sen. Auch der Ver­weis auf das Grund­recht auf Ei­gen­tum aus Art. 14 Abs. 1 GG ge­he fehl; Ei­gen­tums­po­si­tio­nen sei­en nur in dem Um­fang geschützt, wie sie vom Grund­recht­sträger er­wor­ben würden, ei­ne dem ver­trag­li­chen Re­gel­werk zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ent­spre­chen­de An­pas­sung von Ver­sor­gungs­ansprüchen berühre den Schutz­be­reich je­doch nicht.
Die Sat­zungsände­rung führe auch schließlich zu kei­ner ech­ten Rück­wir­kung, da der Er­werb der An­wart­schaf­ten in den Mo­na­ten Ja­nu­ar bis April 2002 nicht als ab­ge­schlos­se­ner Tat­be­stand an­zu­se­hen sei.
Rich­ti­ger­wei­se sei­en im Rah­men der Sat­zungsände­rung die §§ 317, 319 BGB zu be­ach­ten. Zu ei­ner of­fen­ba­ren Un­bil­lig­keit ha­be der Kläger je­doch nichts aus­geführt,

 

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er ver­mu­te le­dig­lich, dass durch die Um­stel­lung des Ver­sor­gungs­sys­tems fi­nan­zi­el­le Nach­tei­le entständen.
Ei­ne In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB könne nicht statt­fin­den.

Die Streit­hel­fe­rin auf­sei­ten der Be­klag­ten be­an­tragt gleich­falls,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie teilt die Auf­fas­sung des Be­klag­ten, ei­ne Be­tei­li­gung der ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on am Ver­fah­ren zur Sat­zungsände­rung sei nicht er­for­der­lich ge­we­sen.
Auch sei es nicht zu­tref­fend, dass sich auf dem We­ge zum Punkt­mo­dell kei­ne gleich­star­ken Ar­beit­neh­mer- und Ar­beit­ge­ber­ver­tre­ter ge­genüber­ge­stan­den hätten. Der Kläger über­se­he, dass die Neu­fas­sung der Sat­zung nicht auf ei­ne ei­ge­ne Rechtschöpfung zurück­ge­he, son­dern den Al­ters­ver­sor­gungs­plan 2001 und den dar­auf be­ru­hen­den Al­ters­ver­sor­gungs­ta­rif­ver­trag des öffent­li­chen Diens­tes un­verändert über­neh­me. Die­ser sei aber zwi­schen un­strei­tig pa­ritäti­schen Ver­hand­lungs­part­nern aus­ge­han­delt wor­den. Es be­ste­he da­her auch die vom Kläger re­kla­mier­te, ge­genüber dem un­mit­tel­ba­ren An­wen­dungs­be­reich der Ta­rif­verträge des öffent­li­chen Diens­tes wei­ter­ge­hen­de ge­richt­li­che Kon­trol­le nicht. Die Rich­tig­keits- und Aus­ge­wo­gen­heits­ver­mu­tung zu Guns­ten von Grund­ent­schei­dun­gen der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en gel­te auch vor­lie­gend oh­ne Ein­schränkung.
Auch lie­ge ei­ne un­zulässi­ge Rück­wir­kung der Sat­zungsände­rung nicht vor. Je­den­falls im No­vem­ber/De­zem­ber 2001 sei der in­ter­es­sier­ten Öffent­lich­keit be­reits der Al­ters­vor­sor­ge­plan 2001 der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en des öffent­li­chen Diens­tes be­kannt ge­we­sen. Je­den­falls am 01.01.2002 ha­be kein Beschäftig­ter des öffent­li­chen oder kirch­lich-ca­ri­ta­ti­ven Diens­tes mehr ein schutzwürdi­ges Ver­trau­en in den Fort­be­stand des Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tems ha­ben können.

Da das Sys­tem der Ge­samt­ver­sor­gung es den­knot­wen­dig mit sich ge­bracht ha­be, dass die Höhe der Zu­satz­ver­sor­gungs­ren­te erst bei Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­fal­les ha­be be­rech­net wer­den können, hätten sich an­ders als im neu­en Punk­te­mo­dell kei­ne geschütz­ten Ren­ten­an­wart­schaf­ten er­ge­ben, eben­so we­nig wie ein be­re­chen­ba­res „bis­her Er­dien­tes". Da­her sei auch erklärbar, war­um der Kläger nicht dar­le­ge, was er

 

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denn zum Um­stel­lungs­stich­tag er­dient ha­ben wol­le und was sei­ne geschütz­ten An­wart­schaf­ten ge­we­sen sei­en.

Hin­sicht­lich des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Be­ru­fung des Klägers ist zulässig, aber nicht be­gründet.

A.

Durch­grei­fen­de Be­den­ken ge­gen die Zulässig­keit der Be­ru­fung be­ste­hen nicht.

Die Be­ru­fung ist statt­haft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG.
Die Be­ru­fung ist auch form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.

B. 

Die Be­ru­fung des Klägers ist je­doch nicht be­gründet.
Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht ver­neint, dass die Ru­he­geld­ansprüche des Klägers wei­ter im Sin­ne ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung fort­be­ste­hen.
Eben­so zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt ei­ne Scha­dens­er­satz­ver­pflich­tung des Be­klag­ten ab­ge­lehnt.

 

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I.
Das ursprüng­lich nach der Sat­zung der Streit­hel­fe­rin auf­sei­ten des Be­klag­ten be­ste­hen­de um­la­ge­fi­nan­zier­te Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem ist wirk­sam in ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Zu­satz­ren­ten­sys­tem geändert wor­den.

1) Das Fest­stel­lungs­be­geh­ren des Klägers schei­tert nicht von vorn­her­ein an ei­nem feh­len­den Fest­stel­lungs­in­ter­es­se.
Ein sol­ches hat das Ar­beits­ge­richt zu Recht an­ge­nom­men.

a) Die all­ge­mei­nen und be­son­de­ren pro­zes­sua­len Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge sind in je­der La­ge des Ver­fah­rens von Amts we­gen zu prüfen (BAG, Ur­teil vom 10.12.1991, EzA § 253 ZPO Nr. 11; BAG, Ur­teil vom 25.04.2001, EzA § 253 ZPO Nr. 21). Da­bei hat das Ge­richt den Sach­ver­halt nicht selbständig zu er­mit­teln, viel­mehr hat der Kläger die er­for­der­li­chen Tat­sa­chen dar­zu­le­gen und ge­ge­be­nen­falls zu be­wei­sen (BAG, Ur­teil vom 03.03.1999, EzA § 256 ZPO Nr. 50; BAG, Ur­teil vom 25.04.2001, aaO.).

b) Nach § 46 Ab­satz 2 Satz 1 ArbGG, § 256 Ab­satz 1, 1. Al­ter­na­ti­ve ZPO kann auf Fest­stel­lung des Be­ste­hens oder Nicht­be­ste­hens ei­nes Rechts­verhält­nis­ses ge­klagt wer­den, wenn ein recht­li­ches In­ter­es­se dar­an be­steht, dass das Rechts­verhält­nis als­bald fest­ge­stellt wird.

Ein sol­ches Fest­stel­lungs­in­ter­es­se ist dann zu be­ja­hen, wenn
a) ein Rechts­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ist,
b) ein recht­li­ches In­ter­es­se an der Fest­stel­lung ge­ge­ben ist;

Ein recht­li­ches In­ter­es­se ist dann an­zu­neh­men, wenn aa ) ei­ne tatsächli­che Un­si­cher­heit be­steht,
bb ) die­se durch die er­streb­te ge­richt­li­che Ent­schei­dung be­sei­tigt wer­den kann, und

 

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cc ) die­ses In­ter­es­se auch an als­bal­di­ger Fest­stel­lung be­steht.

c) Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend erfüllt.

aa) Un­ter den Par­tei­en ist ein Rechts­verhält­nis strei­tig, da Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten darüber be­ste­hen, nach wel­chen Be­stim­mun­gen und in wel­cher Form An­wart­schaf­ten des Klägers auf ein Ru­he­geld be­ste­hen.

bb) Ein recht­li­ches In­ter­es­se an Fest­stel­lung be­steht, da in­fol­ge der un­ter­schied­li­chen Auf­fas­sun­gen hierüber ei­ne tatsächli­che Un­si­cher­heit be­steht, die durch die er­streb­te ge­richt­li­che Ent­schei­dung be­sei­tigt wer­den kann.
Die­ses In­ter­es­se be­steht da­bei auch an als­bal­di­ger Fest­stel­lung. Dem steht nicht der Um­stand ent­ge­gen, dass Ru­he­geld­ansprüche erst mit Ab­lauf ei­ner Rei­he von Jah­ren beim Kläger ge­ge­ben sind, da er sich be­reits jetzt dar­auf ein­rich­ten muss, in wel­chem Um­fang An­wart­schaf­ten auf künf­ti­ge Ru­he­geld­ansprüche be­ste­hen.

2) An­wart­schaf­ten des Klägers be­ste­hen je­doch nicht im Sin­ne ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung fort.

Dies hat das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt.

a) Un­ter den Par­tei­en be­steht kein Streit darüber, dass ei­ne An­wart­schaft des Klägers auf ei­ne Zu­satz­ver­sor­gung über § 2 des Dienst­ver­tra­ges vom 15.01.1976 in Ver­bin­dung mit Zif­fer XIII. AVR und An­la­ge 8 zu den AVR be­gründet wor­den ist.

Die Par­tei­en strei­ten im Be­ru­fungs­ver­fah­ren auch nicht mehr darüber, dass sich mögli­che künf­ti­ge Ru­he­geld­ansprüche ge­gen den Be­klag­ten rich­ten.

b) Die An­wart­schaft auf Gewährung ei­ner Zu­satz­ver­sor­gung nach ei­nem Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem ist je­doch durch Sat­zungsände­rung auf­sei­ten der Streit­hel­fe­rin wirk­sam zum 01.01.2002 ab­geändert wor­den.

 

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aa) Der Be­klag­te und die Streit­hel­fe­rin be­ru­fen sich zum Be­ste­hen ei­ner Ablösungsmöglich­keit durch Ver­wei­sung auf die Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se § 1 Abs. 2 der An­la­ge 8 zu den AVR.
Die­se eröff­net nach Auf­fas­sung der Kam­mer in Übe­rein­stim­mung mit dem Ar­beits­ge­richt ei­ne sol­che Ablösungsmöglich­keit.
Dies er­gibt sich aus der Aus­le­gung des § 1 der An­la­ge 8 zu den AVR.

1. Die Kam­mer folgt in­so­weit der Auf­fas­sung des Klägers, dass die Aus­le­gung der Be­stim­mun­gen der AVR nebst An­la­gen nach den Grundsätzen der Aus­le­gung von Ta­rif­verträgen zu er­fol­gen hat.

Zwar be­sit­zen die AVR und ih­re An­la­gen kei­nen nor­ma­ti­ven Cha­rak­ter (vgl. hier­zu BAG, Be­schluss vom 24.09.1980, EzA § 72a ArbGG Nr. 17; BAG, Ur­teil vom 28.10.1987, EzA § 125 BGB Nr. 10; BAG, Ur­teil vom 06.09.1990, EzA § 2 BeschFG 1985 Nr. 7); gleich­wohl han­delt es sich um von Drit­ten ge­setz­te Nor­men, die le­dig­lich kraft ein­zel­ver­trag­li­cher Ab­re­de auf ein Ar­beits­verhält­nis An­wen­dung fin­den. Es ist da­her ge­recht­fer­tigt, die Aus­le­gung nach den Grundsätzen der Ta­rif­ver­trags­aus­le­gung vor­zu­neh­men.

2. Die Aus­le­gung ta­rif­li­cher Be­stim­mun­gen hat ent­spre­chend den Grundsätzen der Ge­set­zes­aus­le­gung zunächst vom Ta­rif­wort­laut aus­zu­ge­hen. Über den rei­nen Ta­rif­wort­laut hin­aus ist der wirk­li­che Wil­le der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en und der da­mit von ih­nen be­ab­sich­tig­te Sinn und Zweck der Ta­rif­nor­men dann mit zu berück­sich­ti­gen, so­fern und so­weit sie in den ta­rif­li­chen Nor­men ih­ren Nie­der­schlag ge­fun­den ha­ben.
Hier­zu ist auch auf den ta­rif­li­chen Ge­samt­zu­sam­men­hang ab­zu­stel­len, der häufig schon des­we­gen mit berück­sich­tigt wer­den muss, weil nur dar­aus und nicht aus der ein­zel­nen Ta­rif­norm auf den wirk­li­chen Wil­len der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ge­schlos­sen und nur so bei Mit­berück­sich­ti­gung des ta­rif­li­chen Ge­samt­zu­sam­men­han­ges der Sinn und Zweck der Ta­rif­nor­men zu­tref­fend er­mit­telt wer­den kann (BAG, Ur­teil vom 12.12.1973, EzA § 1 TVG Aus­le­gung Nr. 1; BAG, Ur­teil vom 12.09.1984, EzA § 1 TVG Aus­le­gung Nr. 14; (Wie­de­mann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz. 397 und 399)).

 

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Erst dann, wenn bei ent­spre­chen­der Aus­wer­tung des Ta­rif­wort­lauts und des ta­rif­li­chen Ge­samt­zu­sam­men­hangs als den in ers­ter Li­nie her­an­zu­zie­hen­den Aus­le­gungs­kri­te­ri­en im Ein­zel­fall noch Zwei­fel blei­ben, kann zur Er­mitt­lung des wirk­li­chen Wil­lens der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en auf wei­te­re Kri­te­ri­en wie Ta­rif­ge­schich­te, prak­ti­sche Ta­rifübung und Ent­ste­hungs­ge­schich­te des je­wei­li­gen Ta­rif­ver­tra­ges zurück­ge­grif­fen wer­den, wo­bei je­doch kei­ne Bin­dung an ei­ne be­stimm­te Rei­hen­fol­ge bei der Her­an­zie­hung der wei­te­ren Aus­le­gungs­mit­tel ge­ge­ben ist. Maßgeb­lich sind je­doch zunächst zwin­gend die am Ta­rif­wort­laut ori­en­tier­ten Aus­le­gungs­mit­tel des Ta­rif­wort­lauts und des ta­rif­li­chen Ge­samt­zu­sam­men­han­ges zu berück­sich­ti­gen (BAG, Ur­teil vom 12.09.1984, aaO.; BAG, Ur­teil vom 10.11.1993, EzA § 4 TVG Bau­in­dus­trie Nr. 70).

3. Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Kri­te­ri­en er­gibt sich nach Auf­fas­sung der Kam­mer un­miss­verständ­lich, dass sich An­wart­schaf­ten des Ar­beit­neh­mers auf ei­ne Zu­satz­ver­sor­gung im­mer nur nach dem je­wei­li­gen In­halt der maßgeb­li­chen Sat­zung auf­sei­ten der Streit­hel­fe­rin rich­ten.

3.1 Be­reits der Wort­laut des § 1 der An­la­ge 8 zu den AVR ist nach Auf­fas­sung der Kam­mer ein­deu­tig.

Zwar spricht die Über­schrift in § 1 der An­la­ge 8 von „Ge­samt­ver­sor­gung", was abs­trakt und los­gelöst von nach­fol­gen­den Re­ge­lun­gen dar­auf hin­weist, dass je­den­falls im Zeit­punkt der Er­stel­lung der An­la­ge 8 die Zu­satz­ver­sor­gung in Form ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung be­steht.

Die Über­schrift kann al­ler­dings nicht los­gelöst von der nach­fol­gen­den in­halt­li­chen Aus­ge­stal­tung des § 1 be­trach­tet wer­den.
§ 1 Abs. 2 der An­la­ge 8 weist aus­drück­lich und un­miss­verständ­lich dar­auf hin, dass sich der Ver­sor­gungs­an­spruch des Mit­ar­bei­ters aus­sch­ließlich nach der Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se rich­tet. Al­lein vom Wort­laut wird da­mit schon klar, dass le­dig­lich die Sat­zung maßgeb­lich für die Be­gründung und die Be­rech­nung ei­ner An­wart­schaft sein kann, zu­mal die An­la­ge 8 selbst In­halt und Um­fang von Ansprüchen nicht re­gelt.

 

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3.2 Zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis führen Berück­sich­ti­gung von Sinn und Zweck der maßgeb­li­chen Norm, auf Grund de­rer rück­ge­schlos­sen wer­den kann auf den Wil­len de­rer, die die Re­ge­lung in Kraft ge­setzt ha­ben.

Folgt aus dem Wort­laut, dass ei­ne Sat­zung maßgeb­lich sein soll, wo selbst erst die Ansprüche nach Art und Um­fang ge­re­gelt sind, folgt hier­aus be­reits zwangsläufig, dass nicht mit der Über­schrift ein be­stimm­tes Mo­dell ei­ner Ver­sor­gung fest­ge­schrie­ben wer­den soll, wenn die Re­ge­lun­gen zur Ver­sor­gung selbst sich in ei­ner an­de­ren Ord­nung be­fin­den.
Die Re­ge­lung macht deut­lich, dass ei­ne Un­ter­wer­fung un­ter ei­ne Re­ge­lungs­kom­pe­tenz an­de­rer vor­ge­nom­men wor­den ist, hier der Gre­mi­en, die die Sat­zung auf­stel­len.

Ge­ra­de auch der Hin­weis des Klägers auf ei­ne An­knüpfung an die Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen des öffent­li­chen Diens­tes zeigt, dass nicht dau­er­haft ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung fest­ge­schrie­ben wer­den soll­te, son­dern le­dig­lich der der­zei­ti­ge Sta­tus, das Mo­dell der Zu­satz­ver­sor­gung erwähnt wor­den ist, wo­bei sich der In­halt der Zu­sa­ge nach der je­wei­li­gen Sat­zung rich­tet.

Auch die be­son­de­re Erwähnung, dass sich der Ver­sor­gungs­an­spruch „aus­sch­ließlich" nach der Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se rich­ten soll, zeigt im Ge­samt­zu­sam­men­hang deut­lich, dass nur die­se maßgeb­lich für In­halt und Um­fang des Ver­sor­gungs­an­spruchs sein soll.

Der Ver­weis auf ei­ne Sat­zung macht auch klar, dass da­mit Ände­run­gen im Lau­fe der Jah­re denk­bar sind und vor­ge­nom­men wer­den können.
Ent­spre­chen­den Ver­wei­sun­gen in Ver­sor­gungs­ord­nun­gen auf be­am­ten­recht­li­che Ver­sor­gung ist auch oh­ne aus­drück­li­che Je­wei­lig­keits­klau­sel zu ent­neh­men, dass im­mer die maßgeb­li­chen Be­stim­mun­gen ent­schei­dend sein sol­len. Soll dem­ge­genüber nur die bei Ver­trags­schluss maßgeb­li­che Re­ge­lung in Be­zug ge­nom­men wer­den, muss dies deut­lich zum Aus­druck ge­bracht wer­den

 

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(vgl. hier­zu bei­spiels­wei­se BAG, Ur­teil vom 16.08.1988, EzA § 1 Be­trAVG Be­am­ten­ver­sor­gung Nr. 2).
Im Rah­men ei­ner Aus­le­gung ist da­her re­gelmäßig auf den Wil­len der Norm­set­zen­den zu schließen, dass ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sung ge­wollt ist.

Dem­ge­genüber ist die von ei­ner je­weils gülti­gen Ver­sor­gungs­ord­nung ab­ge­kop­pel­te Ver­sor­gung die Aus­nah­me und muss des­halb deut­lich zum Aus­druck ge­bracht wer­den (BAG, Ur­teil vom 16.08.1988, aaO.; BAG, Ur­teil vom 20.02.2001, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr.27).

3.3 Sch­ließlich er­gibt auch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te kein an­de­res Er­geb­nis.
Der Um­stand, dass die Zu­satz­ver­sor­gung im kirch­li­chen Be­reich an die Zu­satz­ver­sor­gung im öffent­li­chen Dienst an­knüpfte und auch zum da­ma­li­gen Zeit­punkt im Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung be­stand, be­deu­tet in kei­ner Wei­se, dass die­ses Sys­tem der Ver­sor­gung auf al­le Zeit fest­ge­schrie­ben wer­den soll­te. Ge­ra­de weil ei­ne Zu­satz­ver­sor­gung in Form ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung von vie­len äußeren Fak­to­ren, un­ter an­de­rem der ge­setz­li­chen Ren­te des Ar­beit­neh­mers abhängig ist und sich Ge­rech­tig­keits­vor­stel­lun­gen über ei­ne Zu­satz­ver­sor­gung im Lau­fe der Jah­re ändern können, macht deut­lich, dass kei­ne Fest­schrei­bung ei­ner Zu­satz­ver­sor­gung auf ein be­stimm­tes Sys­tem vor­ge­nom­men wer­den soll.
Wäre die Auf­fas­sung des Klägers rich­tig, würde die Fest­le­gung ei­ner Zu­satz­ver­sor­gung auf ein be­stimm­tes Sys­tem, wie sie auch in an­de­ren Be­rei­chen üblich ist, da­zu führen, dass al­lein des­we­gen ei­ne künf­ti­ge Abänder­bar­keit nicht an­ge­nom­men wer­den könn­te. Ge­ra­de dies wi­der­spricht aber dem Sys­tem von Ver­sor­gungs­sys­te­men, sich an im Lau­fe der Jah­re ändern­de äußere Be­din­gun­gen an­zu­pas­sen und geänder­te Ge­rech­tig­keits­vor­stel­lun­gen auf­zu­neh­men.

bb) Die Ver­wei­sung in § 1 Abs. 2 der An­la­ge 8 auf die je­wei­li­ge Sat­zung der Streit­hel­fe­rin be­wirkt zwar, dass ei­ne Fest­schrei­bung der bei Ar­beits­ver­trags­schluss gel­ten­den Re­ge­lun­gen nicht vor­ge­nom­men wor­den ist und späte­re Ände­run­gen da­nach möglich sind; dies führt aber nicht au­to­ma­tisch zu dem Er­geb­nis, dass

 

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die Sat­zung, in der die Leis­tungs­vor­aus­set­zun­gen und der Um­fang der Ver­sor­gung ge­re­gelt sind, be­lie­big um­geändert wer­den kann. Auch die Ände­run­gen un­ter­lie­gen grundsätz­lich ei­ner ge­richt­li­chen Kon­trol­le (BAG, Ur­teil vom 09.11.1999, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 23; BAG, Be­schluss vom 17.06.2003, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 40).

1. Die Maßgeb­lich­keit der nun­meh­ri­gen, ab 01.01.2002 gel­ten­den Sat­zung setzt da­bei zum ei­nen vor­aus, dass die Sat­zungsände­rung auf for­mal ord­nungs­gemäßem We­ge zu­stan­de ge­kom­men ist.
Dies ist vor­lie­gend der Fall, ei­ner ge­son­der­ten Be­tei­li­gung der ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on be­durf­te es hier­zu nicht.

Ein Be­tei­li­gungs­recht er­gab sich ins­be­son­de­re nicht aus Art. 7 Abs. 1 der Grund­ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes im Rah­men kirch­li­cher Ar­beits­verhält­nis­se in Ver­bin­dung mit § 1 der Ord­nung der ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on, wo­nach die­se grundsätz­lich an der Be­schluss­fas­sung von Rechts­nor­men über In­halt, Ab­schluss und Be­en­di­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen mit­zu­wir­ken hat.
Bei der Ände­rung der Sat­zung geht es um die Recht­set­zung durch ei­nen Drit­ten, de­ren Re­ge­lungs­be­fug­nis sich die Par­tei­en sich durch den Ar­beits­ver­trag in Ver­bin­dung mit Zif­fer XIII der An­la­ge 1 zu den AVR und in Ver­bin­dung mit § 1 der An­la­ge 8 zu den AVR un­ter­wor­fen ha­ben.

2. Ein­grif­fe in Ver­sor­gungs­an­wart­schaf­ten sind grundsätz­lich möglich.
Der Hin­weis des Klägers, dass es sich bei Ru­he­geld­ansprüchen und An­wart­schaf­ten grundsätz­lich um geschütz­te Rechts­po­si­tio­nen han­delt, steht dem nicht ent­ge­gen. Nicht je­der Ein­griff in Be­sitzstände des Ar­beit­neh­mers führt zu dem au­to­ma­ti­schen Er­geb­nis, dass es sich um nicht ent­zieh­ba­re An­wart­schaf­ten han­delt.
Un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen kommt so­gar auch ein Ein­griff in so­ge­nann­te er­dien­te Be­sitzstände in Be­tracht (BAG, Ur­teil vom 27.08.1996, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 12; BAG, Ur­teil vom 28.07.1998, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 18; BAG, Ur­teil vom 28.07.1998, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 19).

 

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Selbst nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les sind dem Grun­de nach Ver­schlech­te­run­gen der Ver­sor­gung möglich (BAG, Ur­teil vom 12.10.2004, EzA § 1 Be­trAVG Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung Nr. 11).

Grundsätz­lich hat der Kläger zu­tref­fend dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ver­schlech­tern­de Abände­run­gen ei­ner Ver­sor­gungs­an­wart­schaft an den Grundsätzen der Verhält­nismäßig­keit und des Ver­trau­ens­schut­zes zu prüfen sind.
Die Recht­spre­chung hat dafür ein so­ge­nann­tes drei­stu­fi­ges Prüfungs­sche­ma ent­wi­ckelt, mit dem be­stimm­te Ka­te­go­ri­en von Be­sitz­stands­stu­fen und Ein­griffs­gründen zu­ein­an­der in Be­zie­hung ge­setzt wor­den sind (BAG, Ur­teil vom 17.04.1985, EzA § 1 Be­trAVG Un­terstützungs­kas­se Nr. 2; BAG, Ur­teil vom 18.04.1989, EzA § 1 Be­trAVG Un­terstützungs­kas­se Nr. 7; BAG, Ur­teil vom 17.11.1992, EzA § 1 Be­trAVG Un­terstützungs­kas­se Nr. 10).

3. Vor­lie­gend gilt je­doch le­dig­lich ein ein­ge­schränk­ter Prüfungs­maßstab, weil die Sat­zung der Streit­hel­fe­rin un­wi­der­spro­chen ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen aus dem Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes de­ckungs­gleich über­nom­men hat.

3.1 Das dar­ge­stell­te drei­stu­fi­ge Prüfungs­sche­ma lässt sich nicht oh­ne Wei­te­res auf ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen über­tra­gen (BAG, Ur­teil vom 20.02.2001, aaO.; BAG, Ur­teil vom 28.07.2005, DB 2006, Sei­te 166). Ta­rif­li­che Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen un­ter­lie­gen we­gen des ver­mu­te­ten Kräfte­gleich­ge­wich­tes der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en bei ih­rer Er­stel­lung nicht ei­ner Bil­lig­keits­kon­trol­le. Sie können veränder­ten Ge­ge­ben­hei­ten und veränder­ten ta­rif­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen an­ge­passt wer­den, so­dass in ih­rem Verhält­nis zu­ein­an­der grundsätz­lich das Ablösungs­prin­zip gilt. Ei­ne Kon­trol­le be­schränkt sich in­so­weit auf ei­ne Übe­rein­stim­mung mit dem Grund­ge­setz, zwin­gen­des Ge­set­zes­recht, das Vor­lie­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen die gu­ten Sit­ten oder ge­gen tra­gen­de Grundsätze des Ar­beits­rechts; hin­ge­gen können ta­rif­li­che Nor­men nicht auf ih­re Ver­ein­bar­keit mit § 242 BGB über­prüft wer­den, ei­ne Bil­lig­keits­kon­trol­le fin­det da­her nicht statt (BAG, Ur­teil vom 14.12.1982, EzA § 242 BGB Ru­he­geld Nr. 100; BAG, Ur­teil vom 06.02.1985, EzA Art. 3 GG Nr. 17; BAG, Ur­teil vom 17.05.1988, EzA § 5 Be­trAVG Nr. 19; BAG, Ur­teil vom 28.07.2005, aaO.)

 

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Auch Ta­rif­verträge müssen al­ler­dings die sich aus dem Rechts­staats­prin­zip er­ge­ben­den Grundsätze des Ver­trau­ens­schut­zes und der Verhält­nismäßig­keit be­ach­ten und dürfen da­her er­dien­te Be­sitzstände nicht völlig außer Acht las­sen (BAG, Ur­teil vom 20.02.2001, aaO.; BAG, Ur­teil vom 28.07.2005, aaO.).

3.2 Kirch­li­che Ar­beits­rechts­re­ge­lun­gen stel­len zwar, wie aus­geführt, kei­ne Ta­rif­verträge im Sin­ne des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes dar, weil sie nicht nach des­sen Maßga­be zu­stan­de ge­kom­men sind.
Auch kirch­li­che Ar­beits­ver­trags­richt­li­ni­en un­ter­lie­gen aber nur dann den für die Ta­rif­verträge gel­ten­den Maßstäben, so­weit in ih­nen die ent­spre­chen­den Ta­rif­ver­trags­re­ge­lun­gen des öffent­li­chen Diens­tes für gleich­ge­la­ger­te Sach­be­rei­che ganz oder mit im We­sent­li­chen glei­chen In­hal­ten über­nom­men wer­den (BAG, Ur­teil vom 06.11.1996, EzA § 611 BGB Aus­bil­dungs­bei­hil­fe Nr. 16; BAG, Ur­teil vom 28.01.1998, EzA § 611 BGB kirch­li­che Ar­beit­neh­mer Nr. 44).
Bei ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen sind da­bei kei­ne an­de­ren Prüfungs­maßstäbe des­we­gen her­an­zu­zie­hen, weil die Ta­rif­nor­men nicht kraft Ta­rif­bin­dung, son­dern le­dig­lich kraft ein­zel­ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­rung an­zu­wen­den sind. Auch in sol­chen Fällen ist von der grundsätz­li­chen Rich­tig­keits­gewährung der ein­be­zo­ge­nen Ta­rif­ver­trags­nor­men aus­zu­ge­hen (BAG, Ur­teil vom 06.11.1996, aaO.). Mit Ur­teil vom 17.04.1996 (EzA § 611 BGB Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 140) ist das Bun­des­ar­beits­ge­richt al­ler­dings wei­ter­ge­hend von ei­ner ein­ge­schränk­ten Bil­lig­keits­kon­trol­le nach §§ 317, 319 BGB aus­ge­gan­gen.
Im Ur­teil vom 19.02.2003 (EzA § 611 BGB 2002 kirch­li­che Ar­beit­neh­mer Nr. 1) hat es das Bun­des­ar­beits­ge­richt da­hin­ge­stellt sein las­sen, wel­cher Auf­fas­sung in­so­weit zu fol­gen ist.

Vor­lie­gend geht es zwar nicht dar­um, dass die Ar­beits­ver­trags­richt­li­ni­en selbst ta­rif­li­che Be­stim­mun­gen aus dem Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes in­halts­gleich oder we­nigs­tens we­sent­lich in­halts­gleich über­nom­men ha­ben; viel­mehr ist die Über­nah­me durch die Sat­zung der Streit­hel­fe­rin er­folgt, die ih­rer­seits wie­der­um nach den obi­gen Ausführun­gen maßgeb­lich ist für den In­halt der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge der Ar­beit­neh­mer.

 

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Un­wi­der­spro­chen geht die Neu­fas­sung der Sat­zung auf­sei­ten der Streit­hel­fe­rin auf den Al­ters­vor­sor­ge­plan 2001 und den hier­auf be­ru­hen­den Al­ters­ver­sor­gungs­ta­rif­verträgen des öffent­li­chen Diens­tes zurück und über­nimmt die­se un­verändert.
Die­se Ta­rif­verträge wur­den zwi­schen gleich­star­ken Ta­rif­ver­trags­par­tei­en aus­ge­han­delt, so­dass ei­ne grundsätz­li­che Gewähr für die An­ge­mes­sen­heit der Re­ge­lun­gen und Berück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen der je­wei­li­gen ta­rif­un­ter­wor­fe­nen Par­tei­en ge­ge­ben ist. Be­ruht die Recht­set­zung nicht auf ei­ge­nen Re­geln, son­dern le­dig­lich dar­auf, dass ta­rif­ver­trag­li­che Be­stim­mun­gen in­halts­gleich über­nom­men wer­den, be­steht kein An­lass, ei­ne wei­ter­ge­hen­de Über­prüfungsmöglich­keit in­so­weit zu­zu­las­sen.

3.3 Auch für die vor­lie­gen­de Ent­schei­dung kann es da­hin­ge­stellt blei­ben, wel­cher Prüfungs­maßstab in­so­weit an­zu­wen­den ist, da je­den­falls der In­halt der geänder­ten Sat­zung bei­den Prüfungs­maßstäben ge­recht wird.

3.3.1 Wen­det man die für die Rechts­kon­trol­le von Ta­rif­verträgen gel­ten­den Maßstäbe an, lässt sich ei­ne Un­wirk­sam­keit der ab­geänder­ten Sat­zung nicht fest­stel­len. Weil Ta­rif­verträge be­schränkt dar­auf zu über­prüfen sind, ob sie ge­gen die Ver­fas­sung, ge­gen an­de­res höher­ran­gi­ges zwin­gen­des Recht oder ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­s­toßen, ist nicht zu prüfen, ob die je­weils ge­rech­tes­te oder zweckmäßigs­te Re­ge­lung ge­fun­den wor­den ist (BAG, Ur­teil vom 19.02.2003, aaO.).

We­der lässt sich ein Ver­s­toß ge­gen höher­ran­gi­ges Recht oder das Grund­ge­setz, noch ein Ver­s­toß ge­gen die Grundsätze der Verhält­nismäßig­keit und des Ver­trau­ens­schut­zes fest­stel­len.

Ein Ver­s­toß ge­gen Grund­ge­setz oder höher­ran­gi­ges Recht liegt nicht dar­in be­gründet, dass das Ver­sor­gungs­sys­tem rück­wir­kend zum 01.01.2002 mit Be­schluss vom 16.04.2002 um­ge­stellt wor­den ist.

 

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Da­bei kann es da­hin­ge­stellt blei­ben, ob es sich hier­bei um ei­nen Fall der so­ge­nann­ten ech­ten Rück­wir­kung han­delt, wie der Kläger an­nimmt; denn je­den­falls kommt ei­ne sol­che so­ge­nann­te ech­te Rück­wir­kung dann in Be­tracht, wenn der Nor­madres­sat im Zeit­punkt des rück­wir­ken­den In­kraft­tre­tens der Norm kei­nen hin­rei­chen­den Ver­trau­ens­schutz auf den Fort­be­stand der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge mehr hat­te, ins­be­son­de­re des­we­gen, weil er auf Grund be­stimm­ter Umstände mit ei­ner ab­wei­chen­den Neu­re­ge­lung rech­nen muss­te (BAG, Ur­teil vom 23.11.1994, EzA § 1 TVG Rück­wir­kung Nr. 3).
Zu­tref­fend hat der Kläger in­so­weit dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die in Re­de ste­hen­de kirch­li­che Ver­sor­gung den Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen des öffent­li­chen Diens­tes folgt. Auch hier stand zum Zeit­punkt des rück­wir­ken­den In­kraft­tre­tens der neu­en Sat­zung be­reits ei­ne Ände­rung des Ver­sor­gungs­sys­tems fest. Ein Ver­trau­en des Klägers auf Fort­be­stand des Ver­sor­gungs­sys­tems im kirch­li­chen Be­reich kam da­her je­den­falls ab die­sem Zeit­punkt nicht mehr in Be­tracht.

Ei­ne Un­wirk­sam­keit er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass die zurück­ge­leg­ten Pflicht­ver­si­che­rungs­jah­re mit ei­nem Pro­zent­satz von 2,25 % berück­sich­tigt wer­den. Dies be­ruht auf der Be­stim­mung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG.

So­weit der Kläger ei­ne ne­ga­ti­ve Aus­wir­kung des Wei­te­ren dar­aus her­lei­tet, dass die Ren­ten­be­wer­tung nach dem Näherungs­ver­fah­ren, und nicht auf Grund ei­ner in­di­vi­du­el­len Ren­ten­aus­kunft er­folgt ist, stellt auch dies kei­nen Ver­s­toß ge­gen ein Ge­setz dar. Die Be­wer­tung nach dem Näherungs­ver­fah­ren ist ein mögli­ches Ver­fah­ren, es ist da­her nicht zu bemängeln, dass die­ses gewählt wor­den ist. Die Vor­nah­me ei­ner je­wei­li­gen in­di­vi­du­el­len Ren­ten­aus­kunft dient da­bei we­nig prak­ti­schen Erwägun­gen.

Mit der Um­stel­lung vom Sys­tem ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung auf ein leis­tungs­ori­en­tier­tes Punk­te­mo­dell ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en auch ih­ren Ge­stal­tungs­spiel­raum nicht über­schrit­ten und nicht ge­gen die Grundsätze der Verhält­nismäßig­keit und des Ver­trau­ens­schut­zes ver­s­toßen.

 

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In­wie­weit die Be­rech­nung der Start­gut­schrift zu ei­nem Ein­griff in er­dien­te Be­sitzstände der Ar­beit­neh­mer zu ih­ren Las­ten führen soll, lässt sich dem Vor­brin­gen des Klägers nicht ent­neh­men.

Mit ei­nem Ab­kop­peln der Zu­satz­ver­sor­gung von in­di­vi­du­el­len Ren­ten wird ein Ver­sor­gungs­sys­tem kal­ku­lier­ba­rer und für den Ar­beit­ge­ber we­ni­ger ri­si­ko­be­haf­tet, weil er Ein­schränkun­gen der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung nicht mehr durch ei­ne erhöhte Zu­satz­ver­sor­gung aus­glei­chen muss (BAG, Ur­teil vom 27.08.1996, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 12).
Zwar sind sol­che Nach­tei­le ei­nem Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem im­ma­nent, sie müssen aber nicht als un­abänder­lich hin­ge­nom­men wer­den, weil sich auch Ge­rech­tig­keits­vor­stel­lun­gen wan­deln können (BAG, Ur­teil vom 09.11.1999, EzA § 1 Be­trAVG Ablösung Nr. 23).
Auch das wirt­schaft­li­che Ziel, das Sys­tem kon­trol­lier­ba­rer und we­ni­ger ri­si­ko­be­haf­tet zu ma­chen, ist grundsätz­lich nicht zu miss­bil­li­gen (BAG, Ur­teil vom 09.11.1999, aaO.).
Dies gilt ins­be­son­de­re un­ter Be­ach­tung der ein­ge­schränk­ten In­halts­kon­trol­le ta­rif­li­cher Re­ge­lun­gen.
In­so­weit ha­ben die Streit­hel­fe­rin und der Be­klag­te ins­be­son­de­re dar­auf hin­ge­wie­sen, das Sys­tem ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung führe bei Ab­sen­kun­gen in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung im­mer da­zu, dass ei­ne Auf­sto­ckung durch das Sys­tem der Zu­satz­ver­sor­gung er­fol­ge, was wie­der­um da­zu führe, dass erhöhte Auf­wen­dun­gen zu fi­nan­zie­ren sei­en.
Zu­min­dest die­sem an­geführ­ten Grund ist der Kläger nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten, so­dass wei­ter­ge­hen­de Ausführun­gen von­sei­ten des Be­klag­ten und der Streit­hel­fe­rin im Rah­men ei­ner ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last nicht zu er­for­dern wa­ren.
Die hier­durch für die Ar­beit­neh­mer ent­ste­hen­den Nach­tei­le sind nicht so ge­wich­tig, dass es trif­ti­ge oder zwin­gen­de Gründe für die Sys­tem­um­stel­lung bedürf­te.

3.3.2 Auch wenn man die Sat­zungsände­rung ei­ner wei­ter­ge­hen­den Kon­trol­le nach den §§ 317, 319 BGB un­ter­wer­fen woll­te, ergäbe sich kein an­de­res Er­geb­nis.

 

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In die­sem Fall wäre die Vor­nah­me ei­ner Leis­tungs­be­stim­mung durch die Streit­hel­fe­rin als Drit­te im Sin­ne des § 317 BGB nur dann nicht ver­bind­lich, wenn sie of­fen­bar un­bil­lig wäre.
Ei­ne sol­che of­fen­ba­re Un­bil­lig­keit liegt dann vor, wenn die Re­ge­lung in gro­ber Wei­se ge­gen Treu und Glau­ben verstößt und sich dies auch bei un­be­fan­ge­ner Prüfung so­fort auf­drängt (BAG, Ur­teil vom 17.06.2003, EzA § 611 BGB 2002 kirch­li­che Ar­beit­neh­mer Nr. 2).

Legt we­der ein Ver­s­toß ge­gen ge­setz­li­che Be­stim­mun­gen oder ge­gen grund­ge­setz­lich geschütz­te Rech­te vor und genügt die Sat­zungsände­rung den An­for­de­run­gen an die Grundsätze des Ver­trau­ens­schut­zes und der Verhält­nismäßig­keit, lässt sich auch kei­ne of­fen­ba­re Un­bil­lig­keit er­ken­nen.

II.
Auch ei­ne Scha­dens­er­satz­ver­pflich­tung des Be­klag­ten ist nicht ge­ge­ben.

Ei­ne Be­gründung hier­zu enthält die Kla­ge nicht.
Den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts ist der Kläger im Übri­gen hier­zu nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

 

- 30 - 

C.

Die Kos­ten des er­folg­los ge­blie­be­nen Rechts­mit­tels hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tra­gen.

We­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung war die Re­vi­si­on nach § 72 Abs. 2 ArbGG zu­zu­las­sen.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der kla­gen­den Par­tei Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.

Für die be­klag­te Par­tei ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt,

Hu­go-Preuß-Platz 1,

99084 Er­furt,

Fax-Nr.: (03 61) 26 36 - 2 00 0

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

* Ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Schmidt 

Hil­pert 

Ta­sch­ner
/Spo.

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