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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 27.08.2008, 10 Sa 174/08

   
Schlagworte: Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbot
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 10 Sa 174/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.08.2008
   
Leitsätze: Will eine Arbeitnehmerin der Deutschen Post AG eine Nebenbeschäftigung als Zeitungszustellerin bei einem Zeitungsvertrieb aufnehmen, zu dessen Geschäftsbereich auch die Zustellung von Postsendungen gehört, ist der Arbeitgeber berechtigt, der Arbeitnehmerin diese Nebentätigkeit zu untersagen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Rosenheim, Urteil vom 15.01.2008, 5 Ca 1336/07
   

10 Sa 174/08

5 Ca 1336/07
(ArbG Ro­sen­heim) 

Verkündet am: 27.08.2008

He­ger, Reg.Ober­se­kretär

Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

 


Lan­des­ar­beits­ge­richt München


Im Na­men des Vol­kes


UR­TEIL

In dem Rechts­streit

 

- Kläge­rin und Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


ge­gen

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

hat die 10. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13. Au­gust 2008 durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Lan­des­ar­beits­ge­richts Mo­el­ler und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Gau­glitz und Schönau­er

für Recht er­kannt:

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1. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Ro­sen­heim vom 15.01.2008 (Az.: 5 Ca 1336/07) wird auf Kos­ten der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen.


2. Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin zu­ge­las­sen.


Tat­be­stand:


Die Par­tei­en strei­ten über ei­nen An­spruch der Kläge­rin auf Zu­stim­mung der Be­klag­ten zur Ausübung ei­ner Ne­bentätig­keit.


Die Kläge­rin ist seit 1985 bei der Be­klag­ten als Post­zu­stel­le­rin beschäftigt. Sie ist in der Nie­der­las­sung „Brief“ R. der Be­klag­ten im Be­reich de­ren Ab­tei­lung „Sta­ti­onäre Be­ar­bei­tung“ im Brief­zen­trum St. mit ei­ner Wo­chen­ar­beits­zeit von 15 St­un­den ein­ge­setzt und er­zielt da­bei ein Brut­to­mo­nats­ge­halt in Höhe von ca. € 1.200,--.


Auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en fin­den der Man­tel­ta­rif­ver­trag für die Ar­beit­neh­mer der Deut­schen Post AG (im Fol­gen­den: MTV-DP AG), der Ent­gelt­ta­rif­ver­trag für die Ar­beit­neh­mer der Deut­schen Post AG (im Fol­gen­den: ETV-DP AG) so­wie die übri­gen für die Ar­beit­neh­mer der Deut­schen Post AG gel­ten­den Ta­rif­verträge in ih­rer je­weils gülti­gen Fas­sung An­wen­dung.


Mit Schrei­ben vom No­vem­ber 2006 (Bl. 32 d. A.) for­der­te die Be­klag­te die Kläge­rin auf, ei­ne Erklärung über die An­zei­ge von Ne­bentätig­kei­ten ab­zu­ge­ben. In ei­nem von der Be­klag­ten bei­gefügten For­mu­lar teil­te die Kläge­rin dar­auf­hin am 30.11.2006 mit, dass sie ei­ner Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin mit ei­ner Wo­chen­ar­beits­zeit von et­wa sechs St­un­den und ei­nem Brut­to­mo­nats­lohn von ca. € 350,-- für den Zei­tungs­ver­trieb F. nach­ge­he (Bl. 34 d. A.). Die Auf­ga­be der Kläge­rin be­steht da­bei dar­in, ver­schie­de­ne Pres­se­er-

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zeug­nis­se, wie z. B. Süddeut­sche Zei­tung, Münch­ner Mer­kur, Fi­nan­ci­al Ti­mes usw. den Abon­nen­ten frühmor­gens zu­zu­stel­len.


Die ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. gehört zur Or­ga­ni­sa­ti­on des Zei­tungs­ver­lags O. (Me­di­en­grup­pe Münch­ner Mer­kur, TZ). Der Zei­tungs­ver­lag O. ist sei­ner­seits am M. Brief­dienst „Ecof­lash“ be­tei­ligt. Die ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. selbst ist ne­ben dem Be­reich der Zei­tungs­zu­stel­lung auch im Be­reich der Brief­dienst­leis­tung tätig und stellt da­bei Brief- und Post­sen­dun­gen zu.


Mit Schrei­ben vom 22.02.2007 un­ter­sag­te die Be­klag­te der Kläge­rin die Ausübung der Ne­bentätig­keit, was sie nach ei­nem Schrift­wech­sel der Par­tei­en mit Schrei­ben vom 19.09.2007 (Bl. 8 - 9 d. A.) noch­mals endgültig bestätig­te.


Die Kläge­rin hat vor­ge­tra­gen, die Be­klag­te sei nicht be­rech­tigt, der Kläge­rin die von ihr be­reits seit 1989 aus­geübte Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin zu un­ter­sa­gen. Durch die auf ei­ne Zei­tungs­zu­stel­lung be­schränk­te Tätig­keit der Kläge­rin würden In­ter­es­sen der Be­klag­ten nicht be­ein­träch­tigt. Die ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F., für die die Kläge­rin ih­re Ne­bentätig­keit er­brin­ge, be­trei­be kei­ne Kon­kur­renz zur Be­klag­ten.


Die Kläge­rin hat be­an­tragt:


Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, der Kläge­rin die Zu­stim­mung für die Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. je­weils ei­ne St­un­de täglich bis 6.00 Uhr von je­weils mon­tags bis sonn­abends zu er­tei­len.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt,


die Kla­ge ab­zu­wei­sen.


Sie hat vor­ge­tra­gen, die Kläge­rin sei nicht be­rech­tigt, die Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin aus­zuüben. Denn die­se stel­le ei­ne Wett­be­werbs­hand­lung zur Be­klag­ten dar. Dies fol­ge schon dar­aus, dass der Zei­tungs­ver­trieb O. mit dem Brief­dienst­leis­ter „Ecof­lash“ ein Joint Ven­ture zur Ex­pan­si­on des Brief­geschäfts im Großraum M. bil­de, wie sich

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aus ei­nem Bei­trag des IHK-Ma­ga­zins für April 2007 er­ge­be. Un­abhängig da­von fol­ge dies auch dar­aus, dass die ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. selbst als Brief­dienst­leis­ter am Markt tätig ist und selbst Brief- und Post­sen­dun­gen zu­stel­le. Sch­ließlich kom­me hin­zu, dass auch die Be­klag­te ne­ben Post­sen­dun­gen Zei­tun­gen und Pres­se­er­zeug­nis­se zu­stel­le.


Das Ar­beits­ge­richt hat durch Ur­teil vom 15.01.2008 die Kla­ge ab­ge­wie­sen, weil die Kläge­rin in un­mit­tel­ba­rem Wett­be­werb zur Be­klag­ten die Ne­bentätig­keit ausübe und der Ne­bentätig­keit da­mit die ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lung des Man­tel­ta­rif­ver­tra­ges ent­ge­gen­ste­he. We­gen des wei­te­ren erst­in­stanz­li­chen Sach­vor­trags der Par­tei­en so­wie den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts wird auf Tat­be­stand und Ent­schei­dungs­gründe des Erst­ur­teils Be­zug ge­nom­men.


Ge­gen das der Kläge­rin am 30.01.2008 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die­se mit ei­nem am 26.02.2008 bei dem Lan­des­ar­beits­ge­richt München ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­le­gen las­sen und ihr Rechts­mit­tel mit ei­nem am 30.04.2008 in­ner­halb verlänger­ter Be-ru­fungs­be­gründungs­frist ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.


Die Kläge­rin trägt vor, die Zei­tungs­zu­stel­lung in der Ausübung ih­rer Ne­bentätig­keit und die­je­ni­ge durch die Be­klag­te würden sich er­heb­lich un­ter­schei­den. Denn während bei der Zei­tungs­zu­stel­lung re­gelmäßig orts­ansässi­ge Ta­ges­zei­tun­gen di­rekt an den Kun­den ver­bracht würden, ge­he es bei der Be­klag­ten mehr um über­re­gio­na­le Pres­se­er­zeug­nis­se, die nicht von dem Ver­lag di­rekt den Kun­den zu­ge­stellt würden. Im Be­reich der Brief­zu­stel­lung sei die Kläge­rin bei der Ne­bentätig­keit nicht tätig. Die­se ste­cke bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. noch in den Anfängen. Dass die Kläge­rin al­lein ih­re Ar­beits­kraft bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. er­brin­ge, könne die be­trieb­li­chen In­ter­es­sen der Be­klag­ten nicht be­ein­träch­ti­gen. Ein Ein­bruch in den Kun­den­kreis lie­ge kei­nes­falls vor.


Die Kläge­rin be­an­tragt,

das En­dur­teil vom 15.01.2008 (Az. 5 Ca 1336/07) wird ab­geändert und die Be­klag­te ver­ur­teilt, der Kläge­rin die Zu­stim­mung für die Ne­bentätig­keit als Zei-

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tungs­zu­stel­le­rin bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. je­weils ei­ne St­un­de täglich bis 6.00 Uhr von je­weils mon­tags bis sonn­abends zu er­tei­len.


Die Be­klag­te be­an­tragt,


die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.


Sie trägt vor, sie ha­be durch­aus ein In­ter­es­se, der Kläge­rin die Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin zu un­ter­sa­gen, da sie für ei­nen un­mit­tel­ba­ren Wett­be­wer­ber der Be­klag­ten tätig sei. Dies fol­ge schon dar­aus, dass der Ar­beit­ge­ber für die Ne­bentätig­keit der Kläge­rin auch ge­ra­de im Be­reich Brief­dienst­leis­tung tätig sei und Brie­fe und Post­sen­dun­gen selbst zu­stel­le. Hin­zu kom­me, dass auch die Be­klag­te teil­wei­se so­gar die glei­chen Pres­se­er­zeug­nis­se zu­stel­le, wenn z. B. glei­che wie die von der Kläge­rin zu­ge­stell­ten Pres­se­er­zeug­nis­se an Kun­den über­mit­telt wer­den sol­len, in de­ren Ge­biet kein ei­ge­ner Zu­stell­dienst ein­ge­rich­tet ist. Ob die Kläge­rin im Übri­gen bei dem Wett­be­wer­ber kon­kret ei­ne Tätig­keit im Post­zu­stell­dienst er­brin­ge, sei un­er­heb­lich.


We­gen des wei­te­ren Sach­vor­trags im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf die Schriftsätze der Kläge­rin vom 30.04.2008 (Bl. 89 - 94 d. A.), der Be­klag­ten vom 19.06.2008 (Bl. 116 - 122 d. A.) so­wie die Sit­zungs­nie­der­schrift vom 13.08.2008 (Bl. 140 - 141 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

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Ent­schei­dungs­gründe:


I.


Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Kläge­rin ist in der rech­ten Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und da­her zulässig.


II.

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ist un­be­gründet.


Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­gründung die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Un­ter­sa­gung der Ausübung der Ne­bentätig­keit der Kläge­rin als Zei­tungs­zu­stel­le­rin durch die Be­klag­te ist gem. § 11 Abs. 2 MTV-DP AG nicht zu be­an­stan­den, so­dass der Kläge­rin kein An­spruch auf Zu­stim­mung zur Ausübung der Ne­bentätig­keit zu­steht.


1. Die Kla­ge ist zulässig.


a) Mit ih­rem An­trag be­gehrt die Kläge­rin die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zu­stim­mung zu ei­ner Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin und da­mit auf Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­erklärung gem. § 894 ZPO (vgl. BAG vom 07.04.1982 - AP Nr. 7 zu § 44 BAT). Da die Be­klag­te der Kläge­rin die Ausübung der Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin un­ter­sagt hat, kann die Kläge­rin die­se nur wahr­neh­men, wenn die Be­klag­te die­se Ent­schei­dung re­vi­diert und der Kläge­rin ge­genüber ei­ne dem­ent­spre­chen­de Erklärung ab­gibt.


b) Mit der An­ga­be der Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. von mon­tag bis sonn­abends je­weils ei­ne St­un­de täglich vor 6.00 Uhr

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mor­gens ist der An­trag auch hin­rei­chend be­stimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Denn ein Kla­ge­an­trag ist grundsätz­lich dann hin­rei­chend be­stimmt, wenn er den er­ho­be­nen An­spruch kon­kret be­zeich­net, da­durch den Rah­men der ge­richt­li­chen Ent­schei­dungs­be­fug­nis (§ 308 ZPO) ab­steckt, In­halt und Um­fang der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft der be­gehr­ten Ent­schei­dung (§ 322 ZPO) er­ken­nen lässt, das Ri­si­ko ei­nes Un­ter­lie­gens der Kläge­rin nicht durch ver­meid­ba­re Un­ge­nau­ig­keit auf die Be­klag­te abwälzt und schließlich ei­ne Zwangs­voll­stre­ckung aus dem Ur­teil oh­ne ei­ne Fort­set­zung des Streits im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren er­war­ten lässt (vgl. BGH NJW 2003, 668). Wel­che An­for­de­run­gen an die Kon­kre­ti­sie­rung des Streit­ge­gen­stan­des in ei­nem Kla­ge­an­trag zu stel­len sind, hängt da­bei auch von den Be­son­der­hei­ten des an­zu­wen­den­den ma­te­ri­el­len Rechts und den Umständen des Ein­zel­falls ab (vgl. BGH - a. a. O.). Dem genügt der An­trag der Kläge­rin. Durch die Be­schrei­bung der Ne­bentätig­keit im Ein­zel­nen ist der Be­klag­ten oh­ne wei­te­res er­kenn­bar, wo­zu sie nach dem Kla­ge­an­trag ver­pflich­tet sein soll. Darüber hin­aus­ge­hen­de An­ga­ben sind nicht er­for­der­lich (vgl. BAG vom 09.12.2003 - AP Nr. 1 zu § 33 Be­trVG 1972).


2. Die Kla­ge ist un­be­gründet.


Die Be­klag­te hat der Kläge­rin die Ausübung ei­ner Ne­ben­beschäfti­gung als Zei­tungs­zu­stel­le­rin zu Recht un­ter­sagt.


a) Nach dem übe­rein­stim­men­den Sach­vor­trag der Par­tei­en fin­den - of­fen­bar schon auf­grund bei­der­sei­ti­ger Ta­rif­ge­bun­den­heit (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG) - die für die Ar­beit­neh­mer der Deut­schen Post AG gel­ten­den Ta­rif­verträge in der je­weils gel­ten­den Fas­sung An­wen­dung. Da­zu zählt auch der MTV-DP AG, der in § 11 u. a. Fol­gen­des be­stimmt:


(1) Will der Ar­beit­neh­mer ei­ner Ne­bentätig­keit nach­ge­hen, hat er die­se recht­zei­tig vor der Auf­nah­me dem Ar­beit­ge­ber un­ter An­ga­be der Art, des zeit­li­chen Um­fangs und des Ar­beit­ge­bers an­zu­zei­gen.


(2) Der Ar­beit­ge­ber kann die Ne­bentätig­keit un­ter­sa­gen, wenn in­fol­ge übermäßiger Be­an­spru­chung des Ar­beit­neh­mers durch die Ne­bentätig­keit die ge-

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schul­de­te ver­trag­li­che Ar­beits­leis­tung be­ein­träch­tigt wer­den kann oder Gründe des un­mit­tel­ba­ren Wett­be­werbs da­ge­gen spre­chen.


(3) ...


b) Da­nach hat die Be­klag­te gem. § 11 Abs. 2 MTV-DP AG die Ne­bentätig­keit der Kläge­rin zu Recht un­ter­sagt. Denn die­se stellt ei­ne Wett­be­werbstätig­keit im Verhält­nis zur Be­klag­ten dar, so­dass Gründe des un­mit­tel­ba­ren Wett­be­werbs ge­gen die Ne­bentätig­keit spre­chen.


aa) Ei­ne ta­rif­ver­trag­li­che Ein­schränkung von Ne­bentätig­kei­ten der Ar­beit­neh­mer ist wirk­sam.


(1) Der­ar­ti­ge ta­rif­li­che Re­ge­lun­gen sind nicht zu be­an­stan­den. Den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en fehlt dafür nicht die er­for­der­li­che Recht­set­zungs­macht. Viel­mehr be­tref­fen ta­rif­li­che Re­ge­lun­gen über Ne­bentätig­kei­ten Ar­beits­be­din­gun­gen i. S. v. Art. 9 Abs. 3 GG. Sie können des­halb grundsätz­lich Ge­gen­stand von Ta­rif­nor­men sein (vgl. BAG vom 18.01.1996 - AP Nr. 25 zu § 242 BGB „Aus­kunfts­pflicht“). Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en über­schrei­ten da­mit auch nicht den ih­nen in Art. 9 Abs. 3 GG eröff­ne­ten Ge­stal­tungs­spiel­raum, wenn die ta­rif­li­che Re­ge­lung da­zu die­nen soll, die Be­ein­träch­ti­gung dienst­li­cher In­ter­es­sen zu ver­hin­dern (vgl. BAG vom 24.06.1999 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB „Ne­bentätig­keit“). Dem ent­spricht die Re­ge­lung in § 11 MTV-DP AG, in­dem sie ei­ne Un­ter­sa­gung der Ausübung ei­ner Ne­bentätig­keit nur für die Fälle der Be­ein­träch­ti­gung der Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers oder des Wett­be­werbs vor­sieht.


(2) Ist die Un­ter­sa­gung ei­ner Ne­bentätig­keit Be­stand­teil ei­ner ta­rif­li­chen Re­ge­lung, schei­det ei­ne In­halts­kon­trol­le die­ser Re­ge­lung gem. §§ 305 ff. BGB aus (vgl. Gaul/Kha­ni­an MDR 2006, 68). Denn gem. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB fin­den die­se ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen auf Ta­rif­verträge kei­ne An­wen­dung.


bb) Die Un­ter­sa­gung der Ne­bentätig­keit der Kläge­rin durch die Be­klag­te ist gem. § 11 Abs. 2 MTV-DP AG ge­recht­fer­tigt.

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(1) Schon nach § 60 Abs. 1 HGB darf ein Hand­lungs­ge­hil­fe oh­ne Ein­wil­li­gung sei­nes Prin­zi­pals we­der ein Hand­lungs­ge­wer­be be­trei­ben noch in dem Hand­lungs­zweig des Prin­zi­pals für ei­ge­ne oder frem­de Rech­nung Geschäfte ma­chen. Aus der je­dem Ar­beit­neh­mer ob­lie­gen­den Treue­pflicht folgt, dass ein der­art all­ge­mei­nes Wett­be­werbs­ver­bot auch für Ar­beit­neh­mer gilt, die kei­ne Hand­lungs­ge­hil­fen sind. Während des recht­li­chen Be­stan­des des Ar­beits­verhält­nis­ses ist je­dem Ar­beit­neh­mer je­de Kon­kur­renztätig­keit zum Nach­teil des Ar­beit­ge­bers un­ter­sagt, auch wenn der Ein­zel­ar­beits­ver­trag kei­ne ent­spre­chen­de Re­ge­lung enthält. Je­de Ne­ben­beschäfti­gung ist un­zulässig, wenn sie in Kon­kur­renz zur haupt­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­keit steht und da­mit Wett­be­werbs­in­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ent­ge­gen­steht. Die­ser ent­spricht all­ge­mei­ner Mei­nung und Recht­spre­chung in Schrift­tum (vgl. BAG vom 26.01.1995 - EzA Nr. 155 zu § 626 BGB n. F.; LAG Ba­den-Würt­tem­berg LAG-Re­port 2004, 336; Braun AuR 2004, 47; Hunold NZA-RR 2002, 505; We­ber/Ka­plik AuA 2000, 536).


(2) Da­ge­gen verstößt die Ausübung ei­ner Ne­bentätig­keit der Kläge­rin bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F..


(a) Da­bei kommt es nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht dar­auf an, ob die ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. und die Be­klag­te schon des­halb Kon­kur­ren­ten sind, weil zur Geschäftstätig­keit bei­der Un­ter­neh­men auch die Zu­stel­lung von Pres­se­er­zeug­nis­sen gehört und die Kläge­rin ei­ne Tätig­keit ge­ra­de in die­sem Be­reich durch ih­re Ne­ben­beschäfti­gung ausübt. Viel­mehr liegt ei­ne un­zulässi­ge Wett­be­werbs­hand­lung der Kläge­rin bei Ausübung der Ne­bentätig­keit als Zei­tungs­zu­stel­le­rin be­reits dar­in, dass sie ih­re Tätig­keit für die ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. bringt, ob­wohl die­se un­strei­tig im Be­reich der Post­zu­stel­lung mit der Be­klag­ten kon­kur­riert.


(b) Nach § 60 Abs. 1, 2. Alt. HGB ist dem Ar­beit­neh­mer je­de Tätig­keit im Geschäfts­be­reich sei­nes Ar­beit­ge­bers un­ter­sagt. Es genügt, wenn es im Han­dels­zweig oder der Bran­che des Ar­beit­ge­bers zu ei­ner Wett­be­werbs­la­ge zwi­schen die­sen und dem Ar­beit­ge­ber kommt, für den der Ar­beit­neh­mer die Ne­bentätig­keit ausübt (vgl. BAG vom 16.08.1990 - NJW 1991, 519). Je­des Geschäfte­ma­chen im Han­dels­zweig des Ar­beit­ge­bers ist un­ter­sagt (vgl. EBJ/Boecken HGB, 2. Aufl., § 60 Rn. 24). Da­her ist dem Ar­beit­neh­mer je­de Tätig­keit für ei­nen an­de­ren als sei­nen Ar­beit­ge­ber un­ter­sagt, wenn die­ser

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sich im Geschäfts­be­reich des Ar­beit­ge­bers auf dem Markt betätigt. Es spielt we­der ei­ne Rol­le, in wel­cher Art und Wei­se und in wel­cher Rechts­form die­se Tätig­keit er­folgt (vgl. Müller FA 2000, 152) noch kommt es dar­auf an, mit wel­cher In­ten­sität und wel­chem Er­folg die­se Tätig­keit aus­geübt wird (vgl. EBJ/Boecken a. a. O. Rn. 25). § 60 Abs. 1, 2. Alt. HGB schützt den Ar­beit­ge­ber schon vor ei­ner bloßen Gefähr­dung sei­ner Geschäfts­in­ter­es­sen durch den Ar­beit­neh­mer. Die­se wird durch je­de wirt­schaft­lich un­terstützen­de Betäti­gung des Ar­beit­neh­mers bei dem Kon­kur­ren­ten be­ein­träch­tigt (vgl. Münch­Komm-HGB/v. Ho­y­nin­gen-Hue­ne, 2. Aufl., § 60 Rn. 42).


(c) Ist da­her die Tätig­keit der Kläge­rin als Zei­tungs­zu­stel­le­rin bei der ZVO Zei­tungs­ver­triebs GmbH F. schon gem. § 60 HGB nicht er­laubt, weil es sich bei die­ser um ei­nen Wett­be­wer­ber zur Be­klag­ten im Be­reich der Post­zu­stel­lung han­delt, kann es nicht zu be­an­stan­den sein, wenn die Be­klag­te der Kläge­rin ei­ne der­ar­ti­ge Tätig­keit gem. § 11 Abs. 2 MTV-DP AG un­ter­sagt.


III.

Die Be­ru­fung der Kläge­rin war da­her mit der Kos­ten­fol­ge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurück­zu­wei­sen.


Die Kam­mer hat für die Kläge­rin die Re­vi­si­on gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­ge­las­sen.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung:


Ge­gen die­ses Ur­teil kann die Kläge­rin Re­vi­si­on ein­le­gen.


Für die Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.

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Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.


Die Re­vi­si­on muss beim

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ein­ge­legt und be­gründet wer­den.


Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.


Es genügt auch die Un­ter­zeich­nung durch ei­nen Be­vollmäch­tig­ten der Ge­werk­schaf­ten und von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände
- für ih­re Mit­glie­der
- oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der


oder


von ju­ris­ti­schen Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich in wirt­schaft­li­chem Ei­gen­tum ei­ner der im vor­ge­nann­ten Ab­satz be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen,
- wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt
- und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In je­dem Fall muss der Be­vollmäch­tig­te die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

- 12 -

Zur Möglich­keit der Re­vi­si­ons­ein­le­gung mit­tels elek­tro­ni­schen Do­ku­ments wird auf die Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hin­ge­wie­sen. Ein­zel­hei­ten hier­zu un­ter http://www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de/.


Mo­el­ler 

Gau­glitz

Schönau­er

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