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BFH, Ur­teil vom 18.10.2007, VI R 59/06

   
Schlagworte: Dienstwagen
   
Gericht: Bundesfinanzhof
Aktenzeichen: VI R 59/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 18.10.2007
   
Leitsätze:

Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten eines dem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagens sind auch dann als Werbungskosten bei den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn der Nutzungsvorteil nach der 1 %-Regelung besteuert wird.

Vorinstanzen: Finanzgericht Köln, Urteil vom 26.10.2005, 10 K 8005/00
   

Bun­des­fi­nanz­hof, Ur­teil vom 18.10.2007 VI R 59/06

 

Gründe

I.

I. Strei­tig ist bei der An­wen­dung der sog. 1 %-Re­ge­lung die ein­kom­men­steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von Zu­zah­lun­gen für An­schaf­fungs­kos­ten, die ein Ar­beit­neh­mer für ein ihm vom Ar­beit­ge­ber zur pri­va­ten Nut­zung über­las­se­nes Fahr­zeug ge­leis­tet hat. Wei­ter strei­ten die Be­tei­lig­ten um die Berück­sich­ti­gung von Auf­wen­dun­gen im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Ehe­gat­ten-Ar­beits­verhält­nis.

Der Kläger und Re­vi­si­onskläger (Kläger) war in den Streit­jah­ren (1995 bis 1997) bei ei­nem Phar­ma­un­ter­neh­men mit er­folgs­abhängi­gen Bezügen nicht­selbständig beschäftigt. 1995 er­hielt er von sei­nem Ar­beit­ge­ber ein Lea­sing­fahr­zeug der Mar­ke Por­sche. Auf die An­schaf­fungs­kos­ten des Fahr­zeugs leis­te­te der Kläger an sei­nen Ar­beit­ge­ber ei­ne Zu­zah­lung in Höhe von 75 193 DM ein­sch­ließlich Um­satz­steu­er. Der Ar­beit­ge­ber un­ter­warf mit dem Ar­beit­lohn auch den geld­wer­ten Vor­teil für die Über­las­sung des Fir­men­wa­gens un­ter An­wen­dung der sog. 1 %-Re­ge­lung der Be­steue­rung.

Der Kläger und sei­ne mit ihm zur Ein­kom­men­steu­er zu­sam­men ver­an­lag­te Ehe­frau, die Kläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin
(Kläge­rin), hat­ten mit pri­vat­schrift­li­chem Ver­trag ver­ein­bart, dass die Kläge­rin für ei­nen Mo­nats­lohn von 350 DM acht St­un­den in der Wo­che für den Kläger tätig sein sol­le. Die Tätig­keit um­fass­te "Schreib­ar­bei­ten, Kun­den­fahr­ten, Mus­ter­fahr­ten". Der Te­le­fon­dienst der Kläge­rin be­gann mor­gens um 7.00 Uhr, die tägli­che Ar­beits­zeit war mon­tags bis frei­tags von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und be­stand in ei­ner Art Be­reit­schafts­dienst im We­sent­li­chen dar­in, auf­grund der Außen­diensttätig­keit des Klägers das Te­le­fon- und Fax­gerät zu über­wa­chen, den An­ruf­be­ant­wor­ter ab­zuhören und Kun­den zurück­zu­ru­fen so­wie Aus­lie­fe­rungs­fahr­ten zu Ärz­ten, Kran­kenhäusern und Apo­the­ken durch­zuführen.

Mit den Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jah­re mach­te der Kläger Ab­set­zun­gen für Ab­nut­zung (AfA) für die auf die An­schaf­fungs­kos­ten des PKW ge­leis­te­te Zu­zah­lung in Höhe von je­weils 25 064 DM gel­tend; dies ent­sprach ei­ner Nut­zungs­dau­er von drei Jah­ren. Wei­ter mach­te er die Auf­wen­dun­gen aus dem

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Ehe­gat­ten-Ar­beits­verhält­nis so­wie an die Kläge­rin ge­leis­te­te Fahrt­kos­ten­er­stat­tun­gen gel­tend.

Der Be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te (das Fi­nanz­amt --FA--) berück­sich­tig­te in den strei­ti­gen Ein­kom­men­steu­er­be­schei­den die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen nicht.

Mit der Kla­ge mach­ten die Kläger ei­nen nied­ri­ge­ren Pri­vat­an­teil in Be­zug auf die Fahr­zeug­nut­zung un­ter Vor­la­ge von als Fahr­tenbücher be­zeich­ne­ten Auf­zeich­nun­gen gel­tend und ver­folg­ten auch im Übri­gen ihr Be­geh­ren wei­ter.

Das Fi­nanz­ge­richt (FG) wies die Kla­ge aus den in Ent­schei­dun­gen der Fi­nanz­ge­rich­te 2007, 753 veröffent­lich­ten Gründen ab.

Die Kläger ver­fol­gen mit der Re­vi­si­on ihr Kla­ge­be­geh­ren wei­ter. Die Zu­zah­lung zu den An­schaf­fungs­kos­ten sei auf die Jah­re 1995 bis 1997 zu ver­tei­len. Das Ehe­gat­ten-Ar­beits­verhält­nis sei ein­kom­men­steu­er­recht­lich an­zu­er­ken­nen und die im Zu­sam­men­hang da­mit an­ge­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen als Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen.

Das FA be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

II.

II. Die Re­vi­si­on der Kläger ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung der Vor­ent­schei­dung und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Fi­nanz­ge­richts­ord­nung --FGO--).

Die vom Kläger zu den An­schaf­fungs­kos­ten ge­leis­te­ten Zu­zah­lun­gen sind dem Grun­de nach berück­sich­ti­gungsfähig. Hier­zu sind eben­so wie zum Ehe­gat­ten-Ar­beits­verhält­nis in­des­sen noch wei­te­re Fest­stel­lun­gen zu tref­fen.

1. Wie zwi­schen den Be­tei­lig­ten un­strei­tig ist, führt die un­ent­gelt­li­che oder ver­bil­lig­te Über­las­sung ei­nes Dienst­wa­gens durch den Ar­beit­ge­ber an den Ar­beit­neh­mer für des­sen Pri­vat­nut­zung zu Einkünf­ten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes (EStG).

a) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in der für die Streit­jah­re 1996 und 1997 an­wend­ba­ren Fas­sung gilt für die pri­va­te Nut­zung ei­nes be­trieb­li­chen Kraft­fahr­zeugs zu pri­va­ten Fahr­ten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ge­trof­fe­ne Re­ge­lung ent­spre­chend. Sie führt die in Ab­schn. 31 Abs. 7 der Lohn­steu­er-Richt­li­ni­en 1993 ent­hal­te­ne 1 %-Me­tho­de, die für das Streit­jahr 1995 noch zur An­wen­dung kommt, als ge­setz­li­che Re­ge­lung fort (vgl. Ur­teil des Bun­des­fi­nanz­hofs --BFH-- vom 6. No­vem­ber 2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BSt­Bl II 2002, 370). Der Wert die­ser Nut­zung ist da­nach für je­den Ka­len­der­mo­nat mit 1 v.H. des inländi­schen Lis­ten­prei­ses im Zeit­punkt der Erst­zu­las­sung zuzüglich der Kos­ten für

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Son­der­aus­stat­tun­gen ein­sch­ließlich der Um­satz­steu­er an­zu­set­zen und erhöht sich noch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für je­den Ka­len­der­mo­nat um 0,03 v.H. des vor­ge­nann­ten Lis­ten­prei­ses für je­den Ki­lo­me­ter der Ent­fer­nung zwi­schen Woh­nung und Ar­beitsstätte, wenn das Fahr­zeug für sol­che Fahr­ten ge­nutzt wer­den kann. Die sog. 1 %-Re­ge­lung ist grundsätz­lich zwin­gend, so­fern nicht nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG der Wert der Nut­zung nach der Fahr­ten­buch­me­tho­de er­mit­telt wird (vgl. BFH-Ur­teil vom 7. No­vem­ber 2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BSt­Bl II 2007, 269, m.w.N.).

b) Ent­ste­hen ei­nem Steu­er­pflich­ti­gen für ein frem­des Wirt­schafts­gut, das er zur Einkünf­te­er­zie­lung nutzt, An­schaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten, kann er die­sen Auf­wand nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG wie An­schaf­fungs­kos­ten ei­nes Nut­zungs­rechts be­han­deln und AfA für das Nut­zungs­recht "wie ein ma­te­ri­el­les Wirt­schafts­gut"
(BFH-Be­schlüsse vom 23. Au­gust 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BSt­Bl II 1999, 778, und vom 30. Ja­nu­ar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BSt­Bl II 1995, 281) vor­neh­men. Die AfA ist auf der Grund­la­ge der vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­dau­er des Nut­zungs­rechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu schätzen (vgl. BFH-Be­schluss vom 29. März 2005 IX B 174/03, BFHE 212, 561, BSt­Bl II 2006, 368, m.w.N.). Ein der­ar­ti­ger Fall liegt auch bei Zu­zah­lun­gen zu den An­schaf­fungs­kos­ten ei­nes Dienst­wa­gens vor, weil der Steu­er­pflich­ti­ge sei­nen Auf­wand zur Er­zie­lung von als Ar­beits­lohn zu be­wer­ten­den geld­wer­ten Vor­tei­len und ge­ge­be­nen­falls zu be­ruf­lich ver­an­lass­ten Rei­sen tätigt.

c) Der Zu­sam­men­hang mit den Er­werbs­auf­wen­dun­gen entfällt nicht des­halb, weil das Fahr­zeug zu pri­va­ten Fahr­ten oder zu Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Ar­beitsstätte ge­nutzt wird, bei de­nen ein Wer­bungs­kos­ten­ab­zug nach § 12 Nr. 1 EStG aus­ge­schlos­sen bzw. nur in den Gren­zen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zulässig ist. Denn die Zu­zah­lun­gen die­nen aus­sch­ließlich der Er­zie­lung von als Ar­beits­lohn zu er­fas­sen­den geld­wer­ten Vor­tei­len. Es trägt auch nicht der Ein­wand, die Auf­wen­dun­gen sei­en min­des­tens des­we­gen auch pri­vat ver­an­lasst, weil sie für ein we­sent­lich kom­for­ta­ble­res Au­to ge­leis­tet wor­den sei­en. Denn die­se Mit­ver­an­las­sung wird be­reits da­durch berück­sich­tigt, dass in An­wen­dung der 1 %-Re­ge­lung der pri­va­te Nut­zungs­vor­teil auf Grund­la­ge des vol­len, al­so nicht um die Zu­zah­lung gekürz­ten Lis­ten­prei­ses nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als Ein­nah­me dem Kläger zu­ge­rech­net wird.

d) Dem auf die Nut­zungs­jah­re zu ver­tei­len­den Ab­zug der Zu­zah­lun­gen zu den An­schaf­fungs­kos­ten steht nicht ent­ge­gen, dass der Nut­zungs­vor­teil nach der 1 %-Re­ge­lung pau­schal er­mit­telt wor­den ist. Die ge­setz­li­che Re­ge­lung ver­folgt ne­ben dem Ver­ein­fa­chungs­zweck das Ziel, in­di­vi­du­el­le Fahr­zeug­kos­ten und ih­re Zu­ord­nung zu den ein­zel­nen Nut­zungs­ar­ten nur dann zu berück­sich­ti­gen, wenn die durch das Fahr­zeug ins­ge­samt ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen durch Be­le­ge und das Verhält­nis der Nut­zungs­ar­ten un­ter­ein­an­der durch ein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch nach­ge­wie­sen wer­den. Die­ser Ge­set­zes­zweck wird nicht

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be­ein­träch­tigt, wenn die Ver­wen­dung der hier zu be­ur­tei­len­den Auf­wen­dun­gen für das kon­kre­te Kraft­fahr­zeug fest­steht und ei­ne in­di­vi­du­el­le Zu­rech­nung zu den ein­zel­nen Nut­zungs­ar­ten sich erübrigt, weil die Auf­wen­dun­gen ins­ge­samt zu berück­sich­ti­gen sind. Der­ar­ti­ge Auf­wen­dun­gen sind wirt­schaft­lich pau­scha­len Nut­zungs­ent­gel­ten ähn­lich, die für die ge­sam­te Nut­zung des Kraft­fahr­zeugs vom Ar­beit­neh­mer an den Ar­beit­ge­ber ent­rich­tet wer­den (Se­nats­ur­teil in BFHE 215, 252, BSt­Bl II 2007, 269).

e) Da­nach sind die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Zu­zah­lun­gen zu den An­schaf­fungs­kos­ten dem Grun­de nach zu berück­sich­ti­gen. Das FG wird noch Fest­stel­lun­gen zu tref­fen ha­ben, für wel­chen Nut­zungs­zeit­raum die Zu­zah­lun­gen er­folgt sind.

2. Die Ent­schei­dung des FG, die Auf­wen­dun­gen des Klägers für das Ehe­gat­ten-Ar­beits­verhält­nis ein­sch­ließlich der Auf­wen­dun­gen für die Fahr­ten der Kläge­rin nicht zu berück­sich­ti­gen, hält auf Grund­la­ge der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des FG ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prüfung nicht stand. Die Sa­che ist al­ler­dings auch in die­sem Streit­punkt nicht ent­schei­dungs­reif. Das FG wird im zwei­ten Rechts­gang Ge­le­gen­heit ha­ben, die zur Ent­schei­dung er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen nach­zu­ho­len.

a) Lohn­zah­lun­gen an ei­nen bei ei­nem Steu­er­pflich­ti­gen mit­ar­bei­ten­den An­gehöri­gen sind als Wer­bungs­kos­ten oder Be­triebs­aus­ga­ben nach § 9 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 4 EStG ab­zieh­bar, wenn die­ser auf­grund ei­nes Ar­beits­ver­trags beschäftigt wird, die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung er­bringt und der Steu­er­pflich­ti­ge sei­ner­seits al­le Ar­beit­ge­ber­pflich­ten, ins­be­son­de­re die der Lohn­zah­lung, erfüllt und der Ver­trag so­wohl nach sei­nem In­halt als auch nach sei­ner tatsächli­chen Durchführung dem ent­spricht, was zwi­schen Frem­den üblich ist. Bei die­sem Ver­gleich ist je­doch zu be­ach­ten, dass ge­ringfügi­ge Ab­wei­chun­gen ein­zel­ner Sach­ver­halts­merk­ma­le vom Übli­chen so­wohl bezüglich des Ver­trags­in­halts als auch bezüglich der Ver­trags­durchführung für sich al­lein nicht stets zur steu­er­li­chen Nicht­an­er­ken­nung des Ar­beits­verhält­nis­ses führen müssen (vgl. Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. No­vem­ber 1995 2 BvR 802/90, BSt­Bl II 1996, 34; BFH-Ur­tei­le vom 21. Ja­nu­ar 1999 IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919; vom 17. Sep­tem­ber 1997 IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164; vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BSt­Bl II 1997, 196). Denn ge­ra­de bei ge­ringfügi­ger Beschäfti­gung An­gehöri­ger sind Un­klar­hei­ten bei der Wo­chen­ar­beits­zeit für die steu­er­li­che An­er­ken­nung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht schädlich, wenn die Ar­beits­zeit von den be­trieb­li­chen oder be­ruf­li­chen Er­for­der­nis­sen des Steu­er­pflich­ti­gen abhängt und des­halb letzt­lich un­be­stimmt und nur in Schätz­wer­ten an­zu­ge­ben ist. In ei­nem sol­chen Fall ist die Un­klar­heit auf die Ei­gen­art des Ar­beits­verhält­nis­ses zurück­zuführen und nicht auf ei­ne unübli­che Ge­stal­tung (vgl. Ur­teil in BFH/NV 1999, 919, m.w.N.).

b) Die Vor­ent­schei­dung be­ruht auf ei­ner an­de­ren Rechts­auf­fas­sung.

aa) Zu Un­recht hat das FG die unübli­che Ge­stal­tung des zwi­schen dem Kläger und der Kläge­rin ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trags da­mit

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be­gründet, dass die im Ver­trag als "Schreib­ar­bei­ten, Kun­den­fahr­ten, Mus­ter­fahr­ten" be­schrie­be­ne Tätig­keit von den tatsächlich durch­geführ­ten Ar­bei­ten des­halb er­heb­lich ab­wei­che, weil die Kläge­rin auch das Te­le­fon- und Fax­gerät über­wacht ha­be. Es ist aber we­der un­gewöhn­lich noch weicht sol­ches von dem zwi­schen frem­den Drit­ten Ver­ein­bar­ten ab, wenn ei­ne mit "Schreib­ar­bei­ten" be­schrie­be­ne und da­nach auch Bürotätig­kei­ten um­fas­sen­de Ar­beits­leis­tung die Über­wa­chung von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen mit um­fasst, die in ei­nem Büro re­gelmäßig vor­han­den sind, auch wenn die­se Tätig­keit im Ar­beits­ver­trag nicht im Ein­zel­nen schrift­lich fi­xiert ist (vgl. Ur­teil in BFH/NV 1999, 919, un­ter 1. b der Gründe).

bb) Die Be­gründung, das Ver­trags­verhält­nis ent­spre­che nicht dem zwi­schen Frem­den Übli­chen, weil we­der fes­te Ar­beits­zei­ten fest­ge­legt noch der zeit­li­che Um­fang der Ar­beits­leis­tung auf St­un­den­zet­teln do­ku­men­tiert wor­den sei­en, ent­spricht eben­falls nicht den vor­ste­hen­den Rechts­maßstäben. Denn die Kläger ha­ben hin­rei­chend deut­lich ge­macht, dass die Ar­beits­zeit von den be­ruf­li­chen Er­for­der­nis­sen des im Außen­dienst täti­gen Klägers abhänge, der in den Zei­ten sei­ner Ab­we­sen­heit ei­ne Mit­hil­fe benöti­ge, und der Um­fang der Mit­hil­fe bei den Aus­lie­fe­rungs­fahr­ten durch die Auf­zeich­nun­gen be­legt sei, so dass ent­spre­chend den vor­ste­hen­den Rechts­grundsätzen die Un­klar­heit auf die Ei­gen­art des Ar­beits­verhält­nis­ses und nicht auf ei­ne unübli­che Ge­stal­tung zurück­zuführen ist.

cc) Wenn schließlich die Unüblich­keit und Un­an­ge­mes­sen­heit der Ge­stal­tung zu­letzt da­mit be­gründet wird, dass die Über­wa­chung von Te­le­fon und Fax­geräten, das Abhören des An­ruf­be­ant­wor­ters oder das Zurück­ru­fen von Kun­den übli­cher­wei­se von ei­ner Se­kretärin durch­geführ­te Tätig­kei­ten sei­en, die die­se Ar­bei­ten nicht in der Woh­nung er­le­di­ge, wird dies den Be­son­der­hei­ten des Streit­falls nicht ge­recht. Denn der Kläger hat durch sei­ne kon­kre­te Außen­diensttätig­keit, die häufi­ge Ab­we­sen­hei­ten be­inhal­tet, eben an dem Ort die Mit­hil­fe nötig, an dem sich die für sei­ne be­ruf­li­che Tätig­keit er­for­der­li­chen Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tun­gen be­fin­den, das ist sei­ne Woh­nung.

c) Man­gels Spruch­rei­fe geht die Sa­che an das FG zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung zurück. Das FG erhält hier­durch Ge­le­gen­heit zu prüfen, ob die Kläge­rin tatsächlich die Büro- und Fahrtätig­kei­ten aus­geführt hat­te und ob die ihr ge­zahl­te Vergütung in an­ge­mes­se­nem Verhält­nis zu der ge­leis­te­ten Ar­beit stand. Soll­te es an der tatsächli­chen Durchführung des ver­ein­bar­ten Ver­trags­in­halts feh­len, so wird das FG wei­ter zu prüfen ha­ben, ob die­ser Ab­wei­chung nach dem Ge­samt­bild der Verhält­nis­se ein sol­ches Ge­wicht zu­kommt, dass es ge­recht­fer­tigt ist, das Ar­beits­verhält­nis nicht an­zu­er­ken­nen und die im Zu­sam­men­hang da­mit gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen nicht als Wer­bungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen.

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