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BAG, Be­schluss vom 09.12.2008, 1 ABR 79/07

   
Schlagworte: Eingruppierung, Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten, Schriftform
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 ABR 79/07
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 09.12.2008
   
Leitsätze: Für die Erfüllung des Schriftlichkeitsgebots des § 99 Abs.3 Satz 1 BetrVG genügt die Einhaltung der Textform des § 126b BGB.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Trier, 27. November 2006, Az: 4 BV 9/06, Beschluss Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 2. Kammer, 12. Juli 2007, Az: 2 TaBV 74/06, Beschluss
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

1 ABR 79/07
2 TaBV 74/06
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Rhein­land-Pfalz


Im Na­men des Vol­kes!


Verkündet am
9. De­zem­ber 2008

BESCHLUSS

Klapp, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In dem Be­schluss­ver­fah­ren

mit den Be­tei­lig­ten

1.

An­trag­stel­ler und Rechts­be­schwer­deführer,

2.

Wi­der­an­trag­stel­le­rin und Be­schwer­deführe­rin,

hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der Anhörung vom 9. De­zem­ber 2008 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft und Lin­sen­mai­er so­wie die eh­ren-amt­li­chen Rich­ter Dr. Fe­der­lin und Kunz für Recht er­kannt:
 


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1. Auf die Rechts­be­schwer­de des Be­triebs­rats wird der Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts Rhein­land-Pfalz vom 12. Ju­li 2007 - 2 TaBV 74/06 - auf­ge­ho­ben.


2. Die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Trier vom 27. No­vem­ber 2006 - 4 BV 9/06 - wird hin­sicht­lich des mit ihr ver­folg­ten Haupt-Wi­der­an­trags zurück­ge­wie­sen.

3. Die Sa­che wird zur neu­en Anhörung und Ent­schei­dung über den mit der Be­schwer­de ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts ver­folg­ten Hilfs-Wi­der­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Gründe

A. Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Um­grup­pie­rung ei­ner Ar­beit­neh­me­rin


Die Ar­beit­ge­be­rin be­treibt bun­des­weit Wa­renhäuser. Der be­tei­lig­te Be­triebs­rat ist die für ih­re Fi­lia­le T gewähl­te Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung. Die Ar­beit­ge­be­rin ist Mit­glied des Ver­bands der Mit­tel- und Großbe­trie­be des Ein­zel­han­dels Rhein­land-Pfalz. Sie wen­det auf die Ar­beits­verhält­nis­se al­ler Mit­ar­bei­ter im Be­trieb die Ta­rif­wer­ke des Ein­zel- und Ver­sand­han­dels Rhein­land-Pfalz an.


Nach § 9 des Man­tel­ta­rif­ver­trags vom 18. Ju­li 2003 er­folgt die Ein­grup­pie­rung der Ar­beit­neh­mer ent­spre­chend ih­rer zeit­lich über­wie­gen­den tatsächli­chen Tätig­keit. Gem. §§ 2, 3 des Ge­halts­ta­rif­ver­trags vom 18. Ju­li 2003 sind An­ge­stell­te in ei­ne von fünf mögli­chen Ge­halts­grup­pen ein­grup­piert. Da­nach sind Kas­sie­rer „mit ein­fa­chen Tätig­kei­ten“ in Ge­halts­grup­pe II, Kas­sie­rer „mit höhe­ren An­for­de­run­gen“ in Ge­halts­grup­pe III und Kas­sie­rer in der Funk­ti­on der „Kas­sen­auf­sicht“ oder „mit zusätz­li­cher Ver­ant­wor­tung“ in Ge­halts­grup­pe IV ein­grup­piert.


Im Ju­ni 2005 un­ter­rich­te­te der Fi­li­al­geschäfts­lei­ter den Be­triebs­rat über ei­ne ge­plan­te Um­or­ga­ni­sa­ti­on im Kas­sen­be­reich. In ei­nem der Ober­ge­schos­se
 


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soll­te ei­ne sog. Ser­vice-Kas­se ein­ge­rich­tet wer­den. In die­sem Zu­sam­men­hang er­such­te die Ar­beit­ge­be­rin den Be­triebs­rat mit Schrei­ben vom 21. Ju­ni 2005 um Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der als Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin vor­ge­se­he­nen Mit­ar­bei­te­rin W in Ge­halts­grup­pe III „zzgl. Funk­ti­ons­zu­la­ge für Um­stel­lungs­verhält­nis­se“. Aus bau­li­chen Gründen wur­de der ent­spre­chen­de Or­ga­ni­sa­ti­ons­plan an­sch­ließend wie­der ver­wor­fen. Statt­des­sen wur­de im Au­gust 2005 in ei­nem der Ober­ge­schos­se ei­ne sog. er­wei­ter­te Be­reichs­kas­se ein­ge­rich­tet. Die Mit­ar­bei­te­rin W wur­de „ers­te Kraft“ des Be­reichs. Der Be­triebs­rat stimm­te ih­rer Ver­set­zung in den Be­reich der neu­en Kas­se zu.


Am 23. No­vem­ber 2005 be­an­trag­te die Ar­beit­ge­be­rin die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung von Frau W in die Ge­halts­grup­pe III. Mit Schrei­ben vom 29. No­vem­ber 2005 lehn­te der Be­triebs­rat das mit ausführ­li­cher Be­gründung ab. Er hielt die Ein­rei­hung in ei­ne höhe­re als die Ge­halts­grup­pe III für zu-tref­fend. Das Schrei­ben en­det mit der ma­schi­nen­schrift­li­chen Wie­der­ga­be des Na­mens des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den un­ter Nen­nung sei­ner Amts­funk­ti­on. Es ist hand­schrift­lich nicht un­ter­zeich­net. Das Schrei­ben wur­de dem Fi­li­al­geschäfts­lei­ter am 29. No­vem­ber 2005 vom Vor­sit­zen­den des Be­triebs­rats persönlich über­ge­ben.

Mit Schrei­ben vom 17. Ja­nu­ar 2006 leg­te die Ar­beit­ge­be­rin dem Be­triebs­rat dar, aus wel­chen Gründen ih­rer Mei­nung nach Frau W in Ge­halts-grup­pe III ein­grup­piert sei. Das Schrei­ben en­det mit dem Vor­schlag, über die Ein­grup­pie­rung nach der noch für den Ja­nu­ar 2006 vor­ge­se­he­nen Be­triebs­rats­wahl bis zum 18. Fe­bru­ar 2006 er­neut zu ent­schei­den.

Im März 2006 hat der Be­triebs­rat das vor­lie­gen­de Be­schluss­ver­fah­ren anhängig ge­macht, mit dem er der Ar­beit­ge­be­rin die Ein­grup­pie­rung von Frau W in Ge­halts­grup­pe III un­ter­sa­gen las­sen woll­te. In Form von Wi­der­anträgen hat die Ar­beit­ge­be­rin dem­ge­genüber be­an­tragt


fest­zu­stel­len, dass die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Frau C W in die Ge­halts­grup­pe G III des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­trags Rhein­land-Pfalz vom 1. Mai 2005 als er­teilt gilt;


hilfs­wei­se,

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die Zu­stim­mung zur Ein­grup­pie­rung der Frau C W in die Ge­halts­grup­pe III des Ein­zel­han­dels­ta­rif­ver­trags Rhein­land-Pfalz vom 1. Mai 2005 zu er­set­zen.


Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Ein­grup­pie­rung von Frau W in Ge­halts­grup­pe III gel­te als er­teilt. Die Mit­tei­lung sei­nes Wi­der­spruchs genüge nicht dem Schrift­lich­keits­er­for­der­nis des § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG. Im Übri­gen sei Frau W zu­tref­fend in Ge­halts­grup­pe III ein­grup­piert.


Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt, die Wi­der­anträge ab­zu­wei­sen. 


Das Ar­beits­ge­richt hat die Anträge des Be­triebs­rats und den erst­in­stanz­lich als ein­zi­gen ge­stell­ten Hilfs-Wi­der­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin ab­ge­wie­sen. Auf die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts teil­wei­se ab­geändert und schon dem Haupt-Wi­der­an­trag statt­ge­ge­ben. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­be­schwer­de be­gehrt der Be­triebs­rat, die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts un­ter Ab­wei­sung des Haupt-Wi­der­an­trags wie­der­her­zu­stel­len.


B. Die Rechts­be­schwer­de ist be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat dem Haupt-Wi­der­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin zu Un­recht statt­ge­ge­ben. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Ein­grup­pie­rung von Frau W gilt nicht als er­teilt. Der Be­triebs­rat hat sei­ne Zu­stim­mung form- und frist­ge­recht ver­wei­gert. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hätte des­halb den Hilfs-Wi­der­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin be­schei­den müssen. Dies führt zur Auf­he­bung sei­ner Ent­schei­dung und Zurück­ver­wei­sung. Der Se­nat kann über die Trif­tig­keit der Ver­wei­ge­rungs-gründe des Be­triebs­rats nicht selbst ent­schei­den. Es fehlt an der aus­rei­chen­den Fest­stel­lung der tatsächli­chen Umstände, die für die zu­tref­fen­de Ein­rei­hung von Frau W in die ta­rif­li­che Vergütungs­ord­nung maßgeb­lich sind.

I. Ge­gen­stand der Rechts­be­schwer­de sind le­dig­lich die Wi­der­anträge der 12 Ar­beit­ge­be­rin. Die Sach­anträge des Be­triebs­rats hat das Ar­beits­ge­richt rechts­kräftig ab­ge­wie­sen.

II. Der Haupt-Wi­der­an­trag ist zulässig.

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1. Der An­trag be­darf der Aus­le­gung. 


Er ist sei­nem Wort­laut nach dar­auf ge­rich­tet fest­zu­stel­len, dass die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Ein­grup­pie­rung von Frau W als er­teilt gilt. Bei dem frag­li­chen Vor­gang han­delt es sich da­ge­gen um ei­ne Um­grup­pie­rung. Ein­grup­pie­rung ist die erst­ma­li­ge Ein­rei­hung in ei­ne im Be­trieb gel­ten­de Vergütungs­ord­nung, Um­grup­pie­rung die Ände­rung der be­ste­hen­den Ein­rei­hung (BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - zu B I der Gründe mwN, BA­GE 118, 141). An­lass für ei­ne an­de­re Ein­rei­hung kann die Ände­rung des bis­he­ri­gen Ar­beits­be­reichs sein. Das ist hier der Fall. Die Ein­rei­hung von Frau W trifft nach Auf­fas­sung der Ar­beit­ge­be­rin auf­grund von Ände­run­gen im Auf­ga­ben­be­reich nicht mehr zu. Die be­gehr­te Fest­stel­lung be­trifft des­halb ei­ne Um­grup­pie­rung.

2. Der An­trag erfüllt die Vor­aus­set­zun­gen des § 256 Abs. 1 ZPO. 


a) Er ist auf die Fest­stel­lung ei­nes be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen, ge­setz­li­chen Rechts­verhält­nis­ses ge­rich­tet. Die Ar­beit­ge­be­rin will fest­ge­stellt wis­sen, dass sie im Verhält­nis zum Be­triebs­rat be­rech­tigt ist, die Mit­ar­bei­te­rin W in Ge­halts­grup­pe III des ein­schlägi­gen Ge­halts­ta­rif­ver­trags um­zu­grup­pie­ren und nach de­ren Maßga­be zu vergüten. Dies ist zulässi­ger Ge­gen­stand ei­nes Fest­stel­lungs­be­geh­rens.


b) Die Ar­beit­ge­be­rin be­sitzt das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Der Be­triebs­rat berühmt sich wei­ter­hin ei­nes An­spruchs auf „Un­ter­las­sung der Ein­grup­pie­rung“ von Frau W in Ge­halts­grup­pe III, hilfs­wei­se Durchführung des Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­rens. Die Ar­beit­ge­be­rin hat ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se dar­an, das Nicht­be­ste­hen die­ser Rechts­po­si­tio­nen ge­richt­lich fest­stel­len zu las­sen.


III. Der Haupt-Wi­der­an­trag ist un­be­gründet. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur ge­plan­ten Um­grup­pie­rung von Frau W gilt nicht als er­teilt. Der Ein­tritt die­ser Fik­ti­on setzt vor­aus, dass der Be­triebs­rat dem Ar­beit­ge­ber die Ver­wei­ge­rung sei­ner Zu­stim­mung zu ei­ner ge­plan­ten per­so­nel­len Maßnah­me iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG nicht bin­nen ei­ner Wo­che nach Un­ter­rich­tung un­ter An­ga­be von Gründen schrift­lich mit­ge­teilt hat. Das ist hier nicht der Fall.
 


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1. Der An­trag ist nicht des­halb be­gründet, weil die Ar­beit­ge­be­rin mit dem Schrei­ben vom 17. Ja­nu­ar 2006 ei­ne selbständi­ge, die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG auslösen­de Bit­te um Zu­stim­mung zur Um­grup­pie­rung von Frau W an den Be­triebs­rat ge­rich­tet und die­ser nicht frist­ge­recht wi­der­spro­chen hätte. Mit dem Schrei­ben vom 17. Ja­nu­ar 2006 war ein ei­genständi­ges Zu­stim­mungs­er­su­chen nicht ver­bun­den. Nach­dem sie das Wi­der­spruchs­schrei­ben vom 29. No­vem­ber 2005 er­hal­ten hat­te, erläuter­te die Ar­beit­ge­be­rin dar­in le­dig­lich er­neut ih­re Rechts­auf­fas­sung und schlug dem Be­triebs­rat ei­ne wei­te­re Be­fas­sung mit dem The­ma vor.


2. Das für ei­nen Ein­tritt der Zu­stim­mungs­fik­ti­on maßgeb­li­che Er­su­chen der Ar­beit­ge­be­rin stammt vom 23. No­vem­ber 2005.

a) Die Rechts­fol­ge des § 99 Abs. 3 Satz 2 Be­trVG kann nur ein­tre­ten, wenn die Wo­chen­frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG, in­ner­halb de­rer der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung erklären muss, in Gang ge­setzt wur­de. Das setzt vor­aus, dass der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat aus­rei­chend gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG un­ter­rich­tet hat (BAG 28. Ju­ni 2005 - 1 ABR 26/04 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BA­GE 115, 173). Bei Um­grup­pie­run­gen auf­grund von Ver­set­zun­gen gehört da­zu die An­ga­be der bis­he­ri­gen und der vor­ge­se­he­nen Vergütungs­grup­pe und die Erläute­rung der Gründe, wes­halb der Ar­beit­neh­mer an­ders als bis­her ein­ge­reiht ist (für die Um­grup­pie­rung in den AT-Be­reich BAG 31. Ok­to­ber 1995 - 1 ABR 5/95 - zu B I 2 a, b der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 99 Ein­grup­pie­rung Nr. 5 = EzA Be­trVG 1972 § 99 Nr. 131).

b) Ei­ne sol­che Un­ter­rich­tung fand nicht schon am 21. Ju­ni 2005 statt. Zwar hat die Ar­beit­ge­be­rin den Be­triebs­rat mit Schrei­ben von die­sem Ta­ge über ei­ne be­ab­sich­tig­te Um­grup­pie­rung von Frau W in Ge­halts­grup­pe III un­ter­rich­tet und um Zu­stim­mung er­sucht. Sie hat aber die dem zu­grun­de lie­gen­de Ab­sicht, Frau W mit den Auf­ga­ben ei­ner Fi­lial­or­ga­ni­sa­to­rin im Be­reich „Ser­vice-Kas­se“ zu be­trau­en, kurz da­nach wie­der auf­ge­ge­ben. An ih­rem Er­su­chen vom 21. Ju­ni 2005 hat sie er­kenn­bar nicht fest­ge­hal­ten.
 


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c) Die Ar­beit­ge­be­rin hat den Be­triebs­rat über die be­ab­sich­tig­te Um­grup­pie­rung von Frau W im Hin­blick auf de­ren Tätig­keit in der statt­des­sen ein­ge­rich­te­ten „Be­reichs­kas­se“ erst am 23. No­vem­ber 2005 - münd­lich - un­ter­rich­tet. Die Be­tei­lig­ten ha­ben zum In­halt die­ser Un­ter­rich­tung nicht vor­ge­tra­gen, das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat Fest­stel­lun­gen da­zu nicht ge­trof­fen. Gleich­wohl ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ar­beit­ge­be­rin den Be­triebs­rat in aus­rei­chen­der Wei­se in­for­miert hat. Der Be­triebs­rat hat we­der außer­ge­richt­lich noch im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren vor­ge­bracht, zu ei­ner sach­ge­rech­ten Ent­schei­dung man­gels ent­spre­chen­der Un­ter­rich­tung nicht in der La­ge zu sein. Das Wi­der­spruchs­schrei­ben vom 29. No­vem­ber 2005 zeigt zu­dem, dass er von den ein­zel­nen Auf­ga­ben von Frau W ei­ne ge­naue Vor­stel­lung hat­te.


3. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zum Er­su­chen vom 23. No­vem­ber 2005 gilt nicht als er­teilt. Sein Schrei­ben vom 29. No­vem­ber 2005 hat die Wi­der­spruchs­frist form­wirk­sam ge­wahrt; in­halt­lich ist die An­ga­be der Ver­wei­ge­rungs­gründe aus­rei­chend.

a) Das Schrei­ben genügt al­ler­dings nicht den An­for­de­run­gen des § 126 Abs. 1 BGB. Da­nach muss ei­ne Ur­kun­de, wenn durch Ge­setz schrift­li­che Form vor­ge­schrie­ben ist, vom Aus­stel­ler ei­genhändig durch Na­mens­un­ter­schrift un­ter­zeich­net wer­den. Dar­an fehlt es.


b) Der Form­wirk­sam­keit der Mit­tei­lung vom 29. No­vem­ber 2005 steht dies gleich­wohl nicht ent­ge­gen. Zur Erfüllung des Schrift­lich­keits­er­for­der­nis­ses nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG genügt die Ein­hal­tung der Text­form des § 126b BGB. §§ 126 ff. BGB gel­ten un­mit­tel­bar nur für Rechts­geschäfte. Die Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung und ih­re Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ist kein Rechts­geschäft, son­dern rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lung. Auf ei­ne sol­che sind §§ 126 ff. BGB al­len­falls ana­log an­wend­bar. Das setzt je­weils die glei­che In­ter­es­sen­la­ge wie bei Rechts­geschäften vor­aus. Die­se ist bei der Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG nur im Hin­blick auf § 126b BGB ge­ge­ben.
 


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aa) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist das in § 126 BGB vor­ge­se­he­ne For­mer­for­der­nis trotz des of­fe­nen Wort­lauts der Vor­schrift auf Rechts­geschäfte be­schränkt. Auf rechts­geschäftsähn­li­che Erklärun­gen ist die Be­stim­mung nicht un­mit­tel­bar an­zu­wen­den. Dies folgt aus dem sys­te­ma­ti­schen Zu­sam­men­hang von § 126 BGB mit der schon ih­rem Wort­laut nach nur für Rechts­geschäfte gel­ten­den Vor­schrift des § 125 BGB und der Stel­lung bei­der Be­stim­mun­gen im Ge­set­zes­ab­schnitt über „Rechts­geschäfte“ und dort im Ti­tel „Wil­lens­erklärung“ (11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b aa der Gründe mwN, BA­GE 101, 298; 11. Ok­to­ber 2000 - 5 AZR 313/99 - , zu II 2 b aa der Gründe, BA­GE 96, 28; ähn­lich BGH 17. April 1967 - II ZR 228/64 - zu III 2 a der Gründe, BGHZ 47, 352; Pa­landt/Hein­richs/El­len­ber­ger BGB 67. Aufl. § 126 Rn. 1; Ul­ri­ci NJW 2003, 2053; Gra­gert/Wie­he NZA 2001, 311). Dar­an hat die Ergänzung von § 126 BGB um § 126a und § 126b BGB durch das Ge­setz zur An­pas­sung der Form­vor­schrif­ten des Pri­vat­rechts und an­de­rer Vor­schrif­ten an den mo­der­nen Rechts­geschäfts­ver­kehr vom 13. Ju­li 2001 (BGBl. I S. 1542) nichts geändert. Auch die neu ein­gefügten §§ 126a, 126b BGB sind viel­mehr we­gen des fort­be­ste­hen­den Sach­zu­sam­men­hangs mit den Be­stim­mun­gen über Wil­lens­erklärun­gen und Rechts­geschäfte un­mit­tel­bar nur auf Wil­lens­erklärun­gen an­wend­bar. Für rechts­geschäftsähn­li­che Erklärun­gen gel­ten sie al­len­falls ent­spre­chend. Der Ge­setz­ge­ber hat de­ren ge­ne­rel­le Gleich­be­hand­lung mit Wil­lens­erklärun­gen wei­ter­hin nicht an­ge­ord­net. Die nur ana­lo­ge An­wend­bar­keit von §§ 126 ff. BGB auf rechts­geschäftsähn­li­che Erklärun­gen ent­spricht da­mit nach wie vor der Sys­te­ma­tik des Ge­set­zes.

Zwar sieht das BGB an ver­schie­de­nen Stel­len auch für bloße Mit­tei­lun­gen oder In­for­ma­tio­nen - et­wa in § 613a Abs. 5 BGB - und für das Zeug­nis - in § 630 BGB - Text­form bzw. Schrift­lich­keit vor. Da­bei knüpft es er­sicht­lich an §§ 126 ff. BGB an, ob­wohl es sich bei Mit­tei­lun­gen und Erklärun­gen so­wie beim Zeug­nis nicht um Wil­lens­erklärun­gen han­delt (Oet­ker Anm. AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 118, Bl. 873; Röger NJW 2004, 1764). Das be­sagt je­doch nicht, dass da­mit außer der Schrift­lich­keit als sol­cher die un­mit­tel­ba­re An­wen­dung der §§ 126 ff. BGB vor­ge­se­hen wäre. Dem Ge­setz­ge­ber ist es un­be­nom­men, im Ein­zel­fall für rechts­geschäftsähn­li­che Erklärun­gen auf Vor­schrif­ten über
 


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Wil­lens­erklärun­gen Be­zug zu neh­men. Das be­deu­tet nicht, dass er dies ge­ne­rell ge­tan hätte. Die Be­gren­zung auf Rechts­geschäfte führt auch nicht da­zu, dass § 126b BGB kei­nen Be­reich un­mit­tel­ba­rer An­wen­dung besäße. Die Text­form ist ge­setz­lich nicht für rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lun­gen re­ser­viert. Die Erklärun­gen nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 556a Abs. 2 BGB, § 557b Abs. 3 BGB, § 558a Abs. 1 BGB, § 559b Abs. 1 BGB und § 560 Abs. 1, Abs. 4 BGB, für die sie vor­ge­se­hen ist, stel­len Wil­lens­erklärun­gen dar. So­weit ei­ni­ge Be­stim­mun­gen für rechts­geschäftsähn­li­che Erklärun­gen die elek­tro­ni­sche Form aus­drück­lich aus­sch­ließen - et­wa § 630 Satz 3 BGB -, liegt dar­in le­dig­lich ein be­son­ders ge­wich­ti­ger An­halts­punkt dafür, dass die ge­for­der­te Schrift­lich­keit in die­sen Fällen nach ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung der Form­vor­schrift des § 126 Abs. 1 BGB ver­lan­gen dürf­te.


bb) Die Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ist kei­ne Wil­lens­erklärung, son­dern rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lung.


(1) Wil­lens­erklärun­gen sind auf die Vor­nah­me ei­nes Rechts­geschäfts ge­rich­tet und des­sen not­wen­di­ger Be­stand­teil. Ihr Zweck ist es, ei­ne ge­ra­de und aus­sch­ließlich durch den Wil­len des Erklären­den her­vor­ge­ru­fe­ne Rechts­wir­kung zu er­zeu­gen. Sie führen ei­ne Rechts­fol­ge her­bei, weil und mit dem In­halt wie die­se ge­wollt ist. Sie zie­len dem­ent­spre­chend auf die Be­gründung, in­halt­li­che Ände­rung oder Be­en­di­gung von Rechts­verhält­nis­sen (BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b bb der Gründe, BA­GE 101, 298; 11. Ok­to­ber 2000 - 5 AZR 313/99 - zu II 2 b bb der Gründe mwN, BA­GE 96, 28; BGH 17. Ok­to­ber 2000 - X ZR 97/99 - zu II 1 b aa der Gründe mwN, BGHZ 145, 343; Pa­landt/Hein­richs/El­len­ber­ger Einf. v. § 116 Rn. 1). Dem­ge­genüber sind rechts­geschäftsähn­li­che Erklärun­gen auf ei­nen tatsächli­chen Er­folg ge­rich­te­te Erklärun­gen, de­ren Rechts­fol­gen nicht ein­tre­ten, weil sie fi­nal als sol­che ge­wollt sind, son­dern weil das Ge­setz dies un­abhängig vom Wil­len des Erklären­den an­ord­net. Der Ein­tritt der Rechts­fol­ge ist bei ih­nen le­dig­lich das äußere Er­geb­nis der Erklärun­gen und setzt nicht ei­nen eben dar­auf ge­rich­te­ten fi­na­len Wil­len vor­aus (BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - aaO; 11. Ok­to­ber 2000 - 5 AZR
 


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313/99 - aaO; BGH 17. Ok­to­ber 2000 - X ZR 97/99 - aaO; Pa­landt/Hein-richs/El­len­ber­ger Überbl. v. § 104 Rn. 6).

(2) Da­nach ist die Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ei­ne rechts­geschäftsähn­li­che Erklärung.

(a) Das ist sie nicht schon des­halb, weil es nicht auf den Be­schluss des Be­triebs­rats, son­dern auf die bloße Mit­tei­lung von die­sem ankäme (so aber Oet­ker Anm. AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 118, Bl. 872). Bei Be­ur­tei­lung der Fra­ge, wel­chen Rechtscha­rak­ter die dem Ar­beit­ge­ber nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG über­mit­tel­te Erklärung hat, sind Be­schluss und Mit­tei­lung nicht zu tren­nen. Die Be­schluss­fas­sung ei­nes mehrköpfi­gen Or­gans er­setzt die sub­jek­ti­ve Wil­lens­bil­dung ei­ner natürli­chen Per­son. Die Mit­tei­lung des Be­schluss­in­halts ist des­halb kei­ne Wis­sens­erklärung über ei­ne Tat­sa­che, son­dern Wil­lens­kund­ga­be des Or­gans durch den da­zu Be­ru­fe­nen.


(b) Maßgeb­lich ist statt­des­sen, was Be­schluss und Mit­tei­lung be­wir­ken sol­len. Dies ist ein bloß tatsäch­li­cher Er­folg. Der Ar­beit­ge­ber soll da­zu ge­bracht wer­den, von der Maßnah­me, so wie ge­plant, Ab­stand zu neh­men. Ein ver­trag­li­ches Rechts­verhält­nis zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat wird da­ge­gen we­der be­gründet noch in­halt­lich verändert oder be­en­det. Die Erklärung er­zeugt kei­ne aus­sch­ließlich auf dem fi­na­len Wil­len des Be­triebs­rats be­ru­hen­den Rechts­wir­kun­gen zwi­schen den Be­triebs­par­tei­en oder ei­ner von ih­nen und ei­nem Drit­ten. Der recht­li­che Er­folg - das be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Ver­bot ei­ner be­reits endgülti­gen Durchführung der be­tref­fen­den Maßnah­me - tritt al­lein von Ge­set­zes we­gen und un­abhängig da­von ein, ob der Wil­le des Be­triebs­rats tatsächlich dar­auf ge­rich­tet war.


cc) Ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung von § 126 Abs. 1 BGB auf die Erklärung des Be­triebs­rats nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ist nicht ge­bo­ten.


(1) Ana­lo­ge Ge­set­zes­an­wen­dung setzt vor­aus, dass der ge­setz­li­che un­ge­re­gel­te Fall nach Maßga­be des all­ge­mei­nen Gleich­heits­sat­zes und zur Ver­mei­dung von Wer­tungs­wi­dersprüchen nach der glei­chen Rechts­fol­ge ver­langt,

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wie die ge­setz­lich ge­re­gel­ten Fälle (BAG 29. Sep­tem­ber 2004 - 1 ABR 39/03 - zu B III 2 b der Gründe, BA­GE 112, 100). Bei ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung der für Rechts­geschäfte gel­ten­den Vor­schrif­ten auf rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lun­gen ist des­halb der spe­zi­fi­schen Ei­gen­art der in Fra­ge ste­hen­den Hand­lung und der je­wei­li­gen In­ter­es­sen­la­ge Rech­nung zu tra­gen (BGH 17. Ok­to­ber 2000 - X ZR 97/99 - zu II 1 b cc der Gründe mwN, BGHZ 145, 343). Rechts-geschäftsähn­li­che Erklärun­gen ste­hen Wil­lens­erklärun­gen da­bei re­gelmäßig so na­he, dass vie­le Be­stim­mun­gen über Wil­lens­erklärun­gen - et­wa be­tref­fend den Zu­gang oder die Stell­ver­tre­tung - grundsätz­lich ent­spre­chend an­zu­wen­den sind (BGH 17. Ok­to­ber 2000 - X ZR 97/99 - aaO mwN). Gleich­wohl ist stets die je­wei­li­ge In­ter­es­sen­la­ge zu berück­sich­ti­gen, die ge­gen ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung spre­chen kann. Dies gilt ins­be­son­de­re für Form­vor­schrif­ten.


(2) Da­nach ist ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung von § 126 BGB auf die Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG nicht ge­bo­ten. Norm­zweck und In­ter­es­sen­la­ge ver­lan­gen nicht nach ei­ner ei­genhändi­gen Un­ter­zeich­nung der schrift­li­chen Erklärung durch Na­mens­un­ter­schrift des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den.


(a) Das Schrift­lich­keits­er­for­der­nis des § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG soll gewähr­leis­ten, dass der Ar­beit­ge­ber auf si­che­re Wei­se Kennt­nis von den Gründen erhält, die den Be­triebs­rat zur Ver­wei­ge­rung sei­ner Zu­stim­mung be­wo­gen ha­ben. Der Ar­beit­ge­ber soll sich auf die­ser Grund­la­ge Klar­heit über die Er­folgs­aus­sicht des Er­set­zungs­ver­fah­rens nach § 99 Abs. 4 Be­trVG ver­schaf­fen können (BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b dd der Gründe, BA­GE 101, 298; Oet­ker Anm. AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 118, Bl. 874; Röger NJW 2004, 1764, 1767). Die­sem In­for­ma­ti­ons- und Klar­stel­lungs­zweck genügt ein dem Ar­beit­ge­ber zu­ge­gan­ge­nes Ver­wei­ge­rungs­schrei­ben auch oh­ne ei­genhändi­ge Na­mens­un­ter­schrift des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den.


(b) Dem­ge­genüber dient die von § 126 Abs. 1 BGB ver­lang­te ei­genhändi­ge Un­ter­zeich­nung mit Na­mens­un­ter­schrift wei­ter­ge­hen­den Zwe­cken. Sie soll vor Übe­rei­lung bei der Ab­ga­be der Erklärung schützen (Warn­funk­ti­on), den Aus­stel­ler der Ur­kun­de er­kenn­bar ma­chen (Iden­titäts­funk­ti­on), si­cher­stel­len, dass
 


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die Erklärung von die­sem stammt (Echt­heits­funk­ti­on) und ga­ran­tie­ren, dass die Erklärung in­halt­lich ab­ge­schlos­sen ist (Vollständig­keits­funk­ti­on) (Pa­landt/Hein­richs/El­len­ber­ger § 125 Rn. 2 ff.; vgl. auch den Re­fe­ren­ten­ent­wurf des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz vom 5. Ju­ni 2000 zum Ge­setz zur An­pas­sung der Form­vor­schrif­ten des Pri­vat­rechts und an­de­rer Vor­schrif­ten an den mo­der­nen Rechts­geschäfts­ver­kehr S. 30 f.). Die­se wei­ter­ge­hen­den Zwe­cke sind im Rah­men von § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ent­we­der oh­ne Be­deu­tung oder können, so­weit es auf sie an­kommt, oh­ne ei­genhändi­ge Un­ter­schrift er­reicht wer­den.


(aa) Die Iden­titäts- und die Vollständig­keits­funk­ti­on sind zwar auch für ei­ne schrift­li­che Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG un­ver­zicht­bar. Sie ver­lan­gen aber nicht not­wen­dig nach ei­ner Ori­gi­nal­un­ter­schrift. So wer­den bei­de Funk­tio­nen schon von ei­ner bloß bild­li­chen Wie­der­ga­be der Ori­gi­nal­un­ter­schrift mit­tels Te­le­ko­pie hin­rei­chend erfüllt (BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b dd der Gründe, BA­GE 101, 298). Sie ver­lan­gen darüber hin­aus nicht ein­mal nach der bild­li­chen Wie­der­ga­be ei­ner Un­ter­schrift. Per­son und Iden­tität des Erklären­den ste­hen fest, wenn des­sen Na­me an­ge­ge­ben wird; da­zu be­darf es nicht der (Wie­der­ga­be ei­ner) ei­genhändi­gen Un­ter­schrift. Auch Vollständig­keit und in­halt­li­cher Ab­schluss der Erklärung las­sen sich oh­ne ei­genhändi­ge Un­ter­schrift un­miss­verständ­lich kennt­lich ma­chen. Es genügt die An­brin­gung ei­ner Grußfor­mel, der ma­schi­nen­schrift­li­chen Na­mens­wie­der­ga­be oder Ähn­li­ches.

(bb) Die Echt­heit ei­ner Erklärung wird durch ei­ne ori­gi­na­le Na­mens­un­ter­schrift am si­chers­ten gewähr­leis­tet. Die Echt­heits­ga­ran­tie ist aber bei der Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG nicht un­ver­zicht­bar. Mit ei­ner von Un­be­fug­ten ab­ge­ge­be­nen Erklärung sind kei­ne Fol­gen ver­bun­den, die um ih­rer Ver­mei­dung wil­len zwin­gend nach ei­ner ei­genhändi­gen Un­ter­schrift des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den ver­lang­ten. Die un­rich­ti­ge Erklärung, der Be­triebs­rat ha­be der be­tref­fen­den Maßnah­me sei­ne Zu­stim­mung ver­wei­gert, ist recht­lich unschädlich. Sie ver­mag an dem tatsächlich ge­fass­ten und recht­lich al­lein maßgeb­li­chen Be­schluss des Be­triebs­rats, der per­so­nel­len Maßnah­me zu­zu­stim­men oder sich ei­ner Stel­lung­nah­me zu ent­hal­ten, nichts zu ändern.

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Dem­ent­spre­chend kann ei­ne fal­sche Erklärung vom Be­triebs­rat je­der­zeit rich­tig­ge­stellt wer­den. Bei mögli­chen Zwei­feln an der Echt­heit der Mit­tei­lung genügt ei­ne Er­kun­di­gung beim Be­triebs­rat. Selbst ein gutgläubi­ger Ar­beit­ge­ber wird von der ge­plan­ten Maßnah­me auf­grund ei­ner (fal­schen) Mit­tei­lung nicht endgültig Ab­stand neh­men, oh­ne mit dem Be­triebs­rat auch nur ein­mal Rück­spra­che ge­nom­men zu ha­ben. Es kommt hin­zu, dass Fälle, in de­nen ein Un­be­fug­ter ein In­ter­es­se an der Fälschung ei­ner Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ha­ben könn­te, schwer vor­stell­bar sind; der recht­lich maßgeb­li­che Be­schluss als sol­cher kann nicht gefälscht wer­den. An­ge­sichts die­ser Umstände kann das oh­ne ei­ne Ori­gi­nal­un­ter­schrift ge­ringfügig höhe­re Fälschungs­ri­si­ko ei­ner Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG ver­nachlässigt wer­den (BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b dd der Gründe, BA­GE 101, 298).


dd) Aus­rei­chend aber ge­bo­ten ist statt­des­sen die ent­spre­chen­de An­wen­dung von § 126b BGB.

(1) Nach die­ser Be­stim­mung muss, wenn Text­form vor­ge­schrie­ben ist, die Erklärung in ei­ner Ur­kun­de oder auf an­de­re zur dau­er­haf­ten Wie­der­ga­be in Schrift­zei­chen ge­eig­ne­te Wei­se ab­ge­ge­ben, die Per­son des Erklären­den ge­nannt und der Ab­schluss der Erklärung durch Nach­bil­dung der Na­mens­un­ter­schrift oder an­ders er­kenn­bar ge­macht wer­den. Auf die­se Wei­se stellt § 126b BGB auch oh­ne das Er­for­der­nis ei­genhändi­ger Un­ter­zeich­nung si­cher, dass die Iden­titäts- und Vollständig­keits­funk­tio­nen ei­ner schrift­li­chen Erklärung ne­ben der oh­ne­hin ge­ge­be­nen Do­ku­men­ta­ti­ons­funk­ti­on ge­wahrt sind.


(2) Gemäß der Be­gründung zum Ge­setz zur An­pas­sung der Form­vor­schrif­ten des Pri­vat­rechts und an­de­rer Vor­schrif­ten an den mo­der­nen Rechts­geschäfts­ver­kehr im Re­fe­ren­ten­ent­wurf vom 5. Ju­ni 2000 soll­te die Text­form die stren­ge Schrift­form ins­be­son­de­re in den Be­rei­chen ablösen, in de­nen es sich um Erklärun­gen oh­ne er­heb­li­che Be­weis­wir­kung so­wie mit nicht er­heb­li­chen oder leicht wie­der rückgängig zu ma­chen­den Rechts­fol­gen han­delt und es kei­nes dem schrift­li­chen Form­ge­bot im­ma­nen­ten Schut­zes des Erklären­den mit­tels der Warn­funk­ti­on be­darf. In die­sen Fällen geht es hauptsächlich um
 


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In­for­ma­ti­ons- und Do­ku­men­ta­ti­ons­an­for­de­run­gen, die zwar durch münd­li­che Erklärung nicht an­ge­mes­sen erfüllt wer­den können, bei de­nen aber ei­ne aus-rei­chen­de Si­cher­heit auch dann ge­ge­ben ist, wenn le­dig­lich die Ko­pie ei­ner Erklärung et­wa per Te­le­fax, ein nicht un­ter­schrie­be­nes Pa­pier­do­ku­ment herkömmlich pos­ta­lisch oder die Erklärung über­haupt nur mit­tels te­le-kom­mu­ni­ka­ti­ver Ein­rich­tun­gen über­mit­telt wird. Dies gilt vor al­lem für die Form­tat­bestände, bei de­nen kei­ner der Be­tei­lig­ten und auch kein Drit­ter ein ernst­haf­tes In­ter­es­se an ei­ner Fälschung der Erklärung ha­ben kann (Re­fe­ren­ten­ent­wurf All­ge­mei­ner Teil II S. 22, Ein­zel­erläute­run­gen zu Art. 1 Nr. 3 S. 34, 36).


(3) Auf die ob­jek­ti­ve Sach- und In­ter­es­sen­la­ge bei der Mit­tei­lung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG tref­fen die vor­ste­hen­den Erwägun­gen oh­ne Ein­schränkung zu. Auf Sei­ten des Ar­beit­ge­bers be­steht hin­sicht­lich der Ver­wei­ge­rungs­gründe des Be­triebs­rats ein Bedürf­nis nach In­for­ma­ti­on und Do­ku­men­ta­ti­on. Die­ses ver­langt zwar nach ei­ner schrift­li­chen Äußerung, ver­langt aber man­gels ernst­haf­ten Fälschungs­ri­si­kos und we­gen der leicht be­heb-ba­ren Fol­gen ei­ner fal­schen Mit­tei­lung nicht nach ei­ner ur­kund­li­chen Erklärung mit Ori­gi­nal­un­ter­schrift. Die ana­lo­ge An­wen­dung von § 126b BGB auf das Schrift­lich­keits­er­for­der­nis in § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG wird die­ser Si­tua­ti­on ge­recht.


c) Das Schrei­ben des Be­triebs­rats vom 29. No­vem­ber 2005 erfüllt die An­for­de­run­gen des § 126b BGB. Es stellt durch die Text­verkörpe­rung auf Pa­pier ei­ne Ur­kun­de dar. Die Per­son des Erklären­den ist mit der na­ment­li­chen An­ga­be des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den ge­nannt. Grußfor­mel und er­neu­te ma­schi­nen­schrift­li­che Na­mens- und Funk­ti­ons­an­ga­be des Vor­sit­zen­den am En­de des Tex­tes ma­chen den Ab­schluss der Erklärung zwei­fels­frei kennt­lich. Im Übri­gen stand die Iden­tität des Erklären­den im Streit­fall auch auf­grund der Überg­a­be des Schrei­bens durch den Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den in Per­son ein­deu­tig fest.

d) Das Schrei­ben genügt den in­halt­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung iSd. § 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG. Es enthält in aus­rei­chen­der Wei­se die An­ga­be von Gründen.
 


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aa) Der Be­triebs­rat genügt der ge­setz­li­chen Be­gründungs­pflicht, wenn es als möglich er­scheint, dass mit sei­ner schrift­lich ge­ge­be­nen Be­gründung ei­ner der in § 99 Abs. 2 Be­trVG auf­geführ­ten Ver­wei­ge­rungs­gründe gel­tend ge­macht wird. Ei­ne Be­gründung, die of­fen­sicht­lich auf kei­nen der ge­setz­li­chen Ver­wei­ge­rungs­gründe Be­zug nimmt, ist da­ge­gen un­be­acht­lich (BAG 6. Au­gust 2002 - 1 ABR 49/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BA­GE 102, 135). Die Be­gründung des Be­triebs­rats braucht nicht schlüssig zu sein, kon­kre­te Tat­sa­chen und Gründe müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 Be­trVG gestütz­te Ver­wei­ge­rung an­ge­ge­ben wer­den (BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 2 a der Gründe mwN, BA­GE 101, 298).

bb) Die­sen An­for­de­run­gen wird das Ver­wei­ge­rungs­schrei­ben vom 29. No­vem­ber 2005 ge­recht. Es führt de­tail­liert Gründe für die Ein­rei­hung von Frau W in ei­ne an­de­re als die von der Ar­beit­ge­be­rin be­ab­sich­tig­te Vergütungs­grup­pe an. Die­ses Vor­brin­gen lässt sich dem mögli­chen Ver­wei­ge­rungs­grund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG un­schwer zu­ord­nen.

IV. Über den Hilfs­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin ver­mag der Se­nat nicht ab­sch­ließend zu ent­schei­den.

1. Der An­trag ist dem Se­nat zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len. Ist in der Vor­in­stanz schon dem Haupt­an­trag des An­trag­stel­lers statt­ge­ge­ben wor­den, ge­langt mit der (Rechts-)Be­schwer­de ei­nes Be­tei­lig­ten auch der nicht be­schie­de­ne Hilfs­an­trag au­to­ma­tisch und oh­ne vor­sorg­li­ches An­schluss­rechts­mit­tel des An­trag­stel­lers in die Rechts­mit­tel­in­stanz; dies gilt je­den­falls bei ei­nem en­gen sach­li­chen und recht­li­chen Zu­sam­men­hang der Anträge (BAG 11. De­zem­ber 2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 31, AP Be­trVG 1972 § 99 Ver­set­zung Nr. 45 = EzA Be­trVG 2001 § 95 Nr. 7; 10. Ok­to­ber 2002 - 2 AZR 598/01 - zu A I der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 122). Hier ist ein sol­cher Zu­sam­men­hang ge­ge­ben.


2. Der Se­nat kann nicht selbst ent­schei­den, ob der An­trag auf Er­set­zung der Zu­stim­mung zur be­ab­sich­tig­ten Um­grup­pie­rung von Frau W in Ge­halts-

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grup­pe III be­gründet ist. Der Be­triebs­rat hat an­ge­sichts ih­rer Tätig­keit und Ver­ant­wor­tung die An­for­de­run­gen ei­ner höhe­ren Vergütungs­grup­pe für erfüllt ge­hal­ten. Für ei­ne Be­ur­tei­lung durch den Se­nat fehlt es an aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zu den kon­kre­ten Ar­beits­auf­ga­ben. Die­ses wird nun­mehr ent­spre­chen­de Fest­stel­lun­gen ggf. nach wei­te­rem Vor­trag der Be­tei­lig­ten zu tref­fen und so­dann über die rich­ti­ge Ein­rei­hung von Frau W zu be­fin­den ha­ben. Da­von hängt der Er­folg des Hilfs­an­trags ab.

Schmidt 

Lin­sen­mai­er 

Kreft

Fe­der­lin 

Olaf Kunz

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