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LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 08.05.2008, 1 Sa 318/07

   
Schlagworte: Arbeitsverhältnis
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 1 Sa 318/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 08.05.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Elmshorn, 4 Ca 355 e/07
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Ak­ten­zei­chen: 1 Sa 318/07 4 Ca 355 e/07 ArbG Elms­horn (Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

 

Verkündet am 08.05.2008

Gez. ...
als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Ur­teil

Im Na­men des Vol­kes

In dem Rechts­streit

pp.

hat die 1. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 08.05.2008 durch den Präsi­den­ten des Lan­des­ar­beits­ge­richts ... als Vor­sit­zen­den und d. eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin ... als Bei­sit­ze­rin und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer

für Recht er­kannt:

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Elms­horn vom 23.05.2007 – 4 Ca 355 e/07 – wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin zu­ge­las­sen.

 

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann die Kläge­rin durch Ein­rei­chung ei­ner Re­vi­si­ons­schrift bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt in 99084 Er­furt, Hu­go-Preuß-Platz 1, Te­le­fax: (0361) 26 36 - 20 00 Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss

bin­nen ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen sein.

Der Re­vi­si­onskläger muss die Re­vi­si­on be­gründen. Die Re­vi­si­ons­be­gründung ist, so­fern sie nicht be­reits in der Re­vi­si­ons­schrift ent­hal­ten ist, in ei­nem Schrift­satz bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­zu­rei­chen. Die Frist für die Re­vi­si­ons­be­gründung beträgt

zwei Mo­na­te.

Die Fris­ten für die Ein­le­gung und die Be­gründung der Re­vi­si­on be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss das Ur­teil be­zeich­nen, ge­gen das die Re­vi­si­on ge­rich­tet wird, und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­de.

Der Re­vi­si­ons­schrift soll ei­ne Aus­fer­ti­gung oder be­glau­big­te Ab­schrift des an­ge­foch­te­nen Ur­teils bei­gefügt wer­den.

Die Re­vi­si­on und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments genügt, wenn es für die Be­ar­bei­tung durch das Ge­richt ge­eig­net ist. Schriftsätze können da­zu über ei­ne ge­si­cher­te Ver­bin­dung in den elek­tro­ni­schen Ge­richts­brief­kas­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts ein­ge­legt wer­den. Die er­for­der­li­che Zu­gangs- und Über­tra­gungs­soft­ware kann li­zenz­kos­ten­frei über die In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts (www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de) her­un­ter ge­la­den wer­den. Das Do­ku­ment ist mit ei­ner qua­li­fi­zier­ten Si­gna­tur nach dem Si­gna­tur­ge­setz zu ver­se­hen. Nähe­re In-

 

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for­ma­tio­nen fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts (s.o.) so­wie un­ter www.egvp.de.
(Rechts­mit­tel­schrif­ten, Rechts­mit­tel­be­gründungs­schrif­ten und wech­sel­sei­ti­ge Schriftsätze im Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt sind in sie­ben­fa­cher - für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ei­ne wei­te­re - Aus­fer­ti­gung ein­zu­rei­chen.)

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um die Fest­stel­lung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses.

Die 1952 ge­bo­re­ne Kläge­rin war bei der Be­klag­ten seit dem 01.09.1971 zu­letzt im Be­reich Ope­ra­ting/Druck­nach­be­rei­tung bei der Be­klag­ten in der Be­triebsstätte E. beschäftigt und er­hielt ei­ne durch­schnitt­li­che Brut­to­mo­nats­vergütung von 2.008,15 €.

Mit Schrei­ben vom 10.05.2005 teil­te die Be­klag­te der Kläge­rin mit, dass ihr Ar­beits­verhält­nis mit Wir­kung zum 01.04.2005 auf die R. R. M. S. GmbH (im Fol­gen­den: R. GmbH) über­ge­gan­gen sei; we­gen des In­halts des Schrei­bens wird auf die Abl. Bl. 9/10 d.A. Be­zug ge­nom­men.

Im Rah­men ei­nes Kündi­gungs­rechts­streits mit der Fir­ma R. GmbH schloss die Kläge­rin vor dem Ar­beits­ge­richt H. am 23.12.2005 nach übe­rein­stim­men­der zu Pro­to­koll ge­ge­be­ner Erklärung, „dass das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin im April 2005 von der S.-H.-AG auf die Be­klag­te über­g­an­gen ist“ ei­nen Be­en­di­gungs­ver­gleich zum 31.12.2006 un­ter Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung (Abl. Bl. 24/25 d.A).

Durch Schrei­ben vom 09.02.2007 wi­der­sprach die Kläge­rin durch ih­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten dem Be­triebsüber­gang in 2005 und for­der­te die Be­klag­te auf, zu erklären, dass die Kläge­rin nach wie vor zu der Be­klag­ten im un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis ste­he.

Die Kläge­rin ist der Auf­fas­sung, sie sei auch nach dem Ver­gleich noch be­rech­tigt, den Wi­der­spruch gemäß § 613 a Abs. 6 BGB aus­zuüben, da sie zum Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs nicht hin­rei­chend im Sin­ne von § 613 a Abs. 5 be­lehrt wor­den sei.

 

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Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen fort­be­steht.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kläge­rin sei we­gen des Dop­pel­cha­rak­ters des Ver­gleichs als pro­zes­sua­le und ma­te­ri­ell­recht­li­che Erklärung nicht mehr be­rech­tigt, ein et­wai­ges Wi­der­rufs­recht aus­zuüben. Da die Kläge­rin zum Zeit­punkt des Ver­gleichs­schlus­ses den Be­triebsüber­gang und die Be­leh­rung be­reits seit lan­gem ge­kannt ha­be und vor die­sem Hin­ter­grund der Ver­gleich ab­ge­schlos­sen wor­den sei, sei die­ses Recht ver­braucht, je­den­falls ver­wirkt.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und dies wie folgt be­gründet:

Der Kläge­rin ha­be im Fe­bru­ar 2007ein Recht zur Ausübung des Wi­der­spruchs be­tref­fend den Be­triebsüber­gang von der Be­klag­ten auf die R. GmbH nicht mehr zu­ge­stan­den. Zu die­sem Zeit­punkt sei das auf die R. GmbH über­ge­gan­ge­ne Ar­beits­verhält­nis be­reits wirk­sam be­en­det ge­we­sen. Das Ge­stal­tungs­recht des Wi­der­spruchs setz­te aber not­wen­dig den Be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses vor­aus, wie sich auch aus der Aus­le­gung von § 613 a Abs. 6 BGB er­ge­be. Der Wi­der­spruch sei da­mit ins Lee­re ge­gan­gen.

Ge­gen die­ses, ihr am 16.07.2007 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Kläge­rin am 01.08.2007 durch Te­le­ko­pie und am 03.08.2007 durch Ori­gi­nal­schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die Be­ru­fung zu­gleich be­gründet.

Die Kläge­rin rügt die Ver­let­zung ma­te­ri­el­len Rechts. Un­rich­tig sei die Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, dass die Aus­le­gung von § 613 a Abs. 6 BGB er­ge­be, dass Vor­aus­set­zung für den Wi­der­spruch der Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses sei. Al­lein ent­schei­dend sei, ob die Un­ter­rich­tung ord­nungs­gemäß er­folgt sei. Hier genüge das

 

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In­for­ma­ti­ons­schrei­ben un­strei­tig nicht den ge­setz­li­chen Er­for­der­nis­sen. Auch aus dem Sinn und Zweck des Wi­der­spruchs­rechts er­gibt sich das nicht. Der Wi­der­spruch wir­ke zurück, vor­lie­gend mit­hin auf den 01.04.2005.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

un­ter Abände­rung des am 23.05.2007 verkünde­ten und am 16.07.2007 zu­ge­stell­ten Ur­teil des Ar­beits­ge­richt Elms­horn, Az.: 4 Ca 355 e/07, fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen fort­be­steht.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt die Ent­schei­dungs­gründe des Ar­beits­ge­richts. Die Auf­fas­sung der Kläge­rin sei un­rich­tig und öff­ne dem Miss­brauch Tür und Tor. Außer­dem grei­fe das Rechts­in­sti­tut der Ver­wir­kung ein.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat im Ter­min am 20.12.2007 ei­nen Auf­la­gen­be­schluss er­las­sen, we­gen des­sen In­halt auf Bl. 119/120 d. A. Be­zug ge­nom­men wird. Die Be­klag­te hat dar­auf­hin durch Schrift­satz vom 09.01.2008 ergänzend vor­ge­tra­gen:

Das Pro­to­koll des Ver­fah­rens der Kläge­rin vor dem Ar­beits­ge­richt H. 5 Ca 519/05 – sei ihm, dem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten erst am 14.02.2007, mit­hin 2 Ta­ge nach Ausübung des Wi­der­spruchs­rechts der Kläge­rin, zu­ge­gan­gen. Sie, die Be­klag­te und ihr Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter hätten je­doch weit vor­her die In­for­ma­ti­on über den von der Kläge­rin ab­ge­schlos­se­nen Ver­gleich er­langt. Das sei ge­nau am 06.01.2006 anläss­lich der Güte­ter­mi­ne in der der ins­ge­samt acht Düssel­dor­fer Ver­fah­ren vor der Kam­mer 12 des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf er­folgt. Die Güte­ter­mi­ne, die Kla­gen ehe­ma­li­ger Mit­ar­bei­ter des S.-Stand­or­tes L. bei D. be­trof­fen hätten, hätten am Ter­m­ins­tag um 12:50 Uhr, um 13:00 Uhr und 13:10 Uhr an­ge­stan­den. We­gen der Wich­tig­keit der An­ge­le­gen­heit sei­en der Kon­zern­per­so­nal­lei­ter A. B. mit dem ih­rem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten, dem Zeu­gen P. nach D. an­ge­reist. Sie hätten sich dort mit Herrn

 

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Rechts­an­walt H. K. ge­trof­fen, der die D. Ver­fah­ren be­treut ha­be. Un­mit­tel­bar vor dem Ter­min in D. ha­be Rechts­an­walt K. Herrn B., die eben­falls an­we­sen­de, für den Stand­ort L. zuständi­ge Per­so­nal­lei­te­rin Frau M. und ihn und ih­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten, den Zeu­gen P. von der un­mit­tel­bar vor den Weih­nachts­ta­gen 2005 er­reich­ten „E.-Topf-Lösung“ ein­sch­ließlich der be­reits vor dem Ar­beits­ge­richt H. pro­to­kol­lier­ten Ver­glei­che un­ter­rich­tet (der der hie­si­gen Kläge­rin da­tie­re wie zwei an­de­re vom 23.12.2005). Rechts­an­walt K. ha­be das „E.-Topf- Mo­dell“ erläutert. In H. sei­en 10.000,00 EUR pro Mit­ar­bei­ter in den Topf ge­ge­ben wor­den. Die Mit­ar­bei­ter selbst hätten die­se Ge­samt­sum­me un­ter sich nach Be­triebs­zu­gehörig­keit ver­teilt. In die Ver­gleichs­pro­to­kol­le sei­en schon die der­ge­stalt ver­teil­ten Ver­gleichs­sum­men ein­ge­flos­sen. Rechts­an­walt K. ha­be dann der R. GmbH das glei­che Ver­gleichs­an­ge­bot wie in H. vor­ge­schla­gen.

Die Kläge­rin hat die­ses Vor­brin­gen der Be­klag­ten mit Nicht­wis­sen be­strit­ten. Sie meint, dass die glo­ba­le In­for­ma­ti­on nicht für ei­ne Kennt­nis des in­di­vi­du­el­len Ver­gleichs­in­halts aus­rei­chend sei. Ent­schei­dend sei ein­zig und al­lein, dass die jet­zi­ge Be­klag­te dem Ver­gleich vor dem Ar­beits­ge­richt Heil­bronn am 23.12.2005 nicht bei­ge­tre­ten sei und der Ver­gleich so­mit kei­ne Dritt­wir­kung ana­log auf § 328 Abs. 1 BGB ent­fal­ten könne.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat im Be­ru­fungs­ter­min am 08.05.2008 Be­weis darüber er­ho­ben, ob die Zeu­gen S. M., A. B. und Rechts­an­walt P. be­reits am 06.01.2006 durch Rechts­an­walt K. Kennt­nis von der „E.-Lösung“ mit den 10 Mit­ar­bei­tern, die kein Wi­der­spruch ge­gen den Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses er­ho­ben und sich mit R. ge­ei­nigt hätten, er­langt ha­ben, durch Ver­neh­mung der Zeu­gin M.

We­gen des Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me wird auf Bl. 148/149 d. A. Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung ist zulässig; sie ist dem Wert nach statt­haft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64

 

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Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).In der Sa­che ist sie nicht ge­recht­fer­tigt.

I. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist gemäß §§ 46 Abs.2 ArbGG, 256 Abs.1 ZPO zulässig. Das er­for­der­li­che Rechts­schutz­in­ter­es­se des Klägers liegt vor.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Fest­stel­lung des Be­ste­hens oder Nicht­be­ste­hens ei­nes Rechts­verhält­nis­ses Kla­ge er­ho­ben wer­den, wenn der Kläger ein recht­li­ches In­ter­es­se dar­an hat, dass das Rechts­verhält­nis durch rich­ter­li­che Ent­schei­dung als­bald fest­ge­stellt wer­de. Der Kläger verfügt über das zur Er­he­bung der Fest­stel­lungs­kla­ge not­wen­di­ge Fest­stel­lungs­in­ter­es­se, denn die Be­klag­te stellt den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses und die sich dar­aus er­ge­ben­den Ver­pflich­tun­gen in Ab­re­de.

II. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge im Er­geb­nis zu Recht ab­ge­wie­sen. Die Kla­ge ist nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me un­be­gründet.

1. Die Kla­ge ist nicht be­reits des­we­gen un­be­gründet, weil die Kläge­rin mit dem Be­triebs­er­wer­ber, der R. GmbH, ei­nen Be­en­di­gungs­ver­gleich ge­schlos­sen hat.

a) Das Be­ru­fungs­ge­richt folgt nicht der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, dass die Aus­le­gung von § 613 a Abs. 6 BGB er­ge­be, dass Vor­aus­set­zung für die Ausübung des Wi­der­spruchs­rechts ein auch beim Be­triebsüber­neh­mer noch be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis ist. Die­se An­nah­me steht im Wi­der­spruch da­zu, dass der be­rech­tig­te Wi­der­spruch auf den Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs zurück­wirkt, mit­hin der Ar­beit­neh­mer so zu stel­len ist, als ha­be der Be­triebsüber­gang nicht statt­ge­fun­den (BAG, 13.07.2007 – 8 AZR 382/05 – mit Nachw.). Ei­ne Be­en­di­gungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Ar­beit­neh­mer und dem Be­triebs­er­wer­ber schließt schon aus die­sem Grund das Wi­der­spruchs­recht nicht aus.

b) Der am 23.12.2005 ge­schlos­se­ne Ver­gleich zwi­schen der Kläge­rin und der R. GmbH wirkt auch nicht zu­guns­ten der Be­klag­ten. Ein Ver­gleich zwi­schen dem Ar­beit­neh­mer und dem Be­triebsüber­neh­mer hat grundsätz­lich nur Wir­kun­gen im Verhält­nis zwi­schen die­sen bei­den Par­tei­en, es sei denn, es er­gibt sich aus dem Ver-

 

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gleich, dass ei­ne Er­stre­ckung auch zu Guns­ten des bis­he­ri­gen Be­triebs­in­ha­bers ge­wollt ist. Aus dem In­halt des Ver­glei­ches vom 23.12.2005 er­ge­ben sich dafür kei­ne An­halts­punk­te. Auch die Tat­sa­che, dass die Par­tei­en im Pro­to­koll vom 23.12.2005 aus­drück­lich übe­rein­stim­mend erklärt ha­ben, dass das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin im April 2005 von der S. H. AG auf die Be­klag­te (das ist die R. GmbH) über­ge­gan­gen ist, wirkt nur zwi­schen den Par­tei­en des Ver­glei­ches. Die Erklärung lässt nicht er­ken­nen, dass die auch recht­li­che Wir­kun­gen zu­guns­ten der Be­klag­ten ha­ben soll­te.

2. Die Kläge­rin hat den Wi­der­spruch auch form- und frist­ge­recht erklärt.

a) Der Wi­der­spruch ist von der Kläge­rin durch das Schrei­ben ih­res Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 09.02.2007 auch un­ter Wah­rung der nach § 613a Abs. 6 BGB er­for­der­li­chen Schrift­form erklärt wor­den. Die Er­tei­lung ei­ner Voll­macht auch zur Erklärung ei­nes Wi­der­spruchs gemäß § 613a Abs. 6 BGB ist von der Be­klag­ten zu kei­nem Zeit­punkt be­strit­ten wor­den.

b) Die Wi­der­spruchs­frist gemäß § 613a Abs. 6 BGB war zu die­sem Zeit­punkt noch nicht an­ge­lau­fen. An die ein­mo­na­ti­ge Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB war die Kläge­rin man­gels ord­nungs­gemäßer Un­ter­rich­tung durch die Be­klag­te oder die R. GmbH nicht ge­bun­den (vgl. BAG 24.05.2005 - 8 AZR 398/04 - AP BGB § 613a Nr. 284 und 13. Ju­li 2006 - 8 AZR 305/05 -). Dass ihr Schrei­ben vom 10.05.2005 den An­for­de­run­gen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 1 - 4 BGB ent­spricht, macht nicht ein­mal die Be­klag­te gel­tend. Die In­for­ma­ti­on be­schränkt sich im We­sent­li­chen mit ei­ner Wie­der­ga­be der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten.

3. Die Kla­ge ist je­doch un­be­gründet, weil die Kläge­rin ihr Recht, dem Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses zu wi­der­spre­chen, ver­wirkt hat.

a) Das Wi­der­spruchs­recht gemäß § 613a Abs. 6 BGB kann ver­wir­ken (BAG 15.02.2007 - 8 AZR 431/06 -). Die Ver­wir­kung ist ein Son­der­fall der un­zulässi­gen Rechts­ausübung. Mit der Ver­wir­kung wird die il­loy­al ver­späte­te Gel­tend­ma­chung von Rech­ten aus­ge­schlos­sen. Sie dient dem Ver­trau­ens­schutz und ver­folgt nicht den Zweck, den Schuld­ner stets dann von sei­ner Ver­pflich­tung zu be­frei­en, wenn des­sen

 

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Gläubi­ger länge­re Zeit sei­ne Rech­te nicht gel­tend ge­macht hat. Der Be­rech­tig­te muss viel­mehr un­ter Umständen untätig ge­blie­ben sein, die den Ein­druck er­weck­ten, dass er sein Recht nicht mehr gel­tend ma­chen wol­le, so dass der Ver­pflich­te­te sich dar­auf ein­stel­len durf­te, nicht mehr in An­spruch ge­nom­men zu wer­den (BAG 28. Mai 2002 - 9 AZR 145/01 - EzA BGB § 242 Ver­wir­kung Nr. 2) . Hier­bei muss das Er­for­der­nis des Ver­trau­ens­schut­zes auf Sei­ten des Ver­pflich­te­ten das In­ter­es­se des Be­rech­tig­ten der­art über­wie­gen, dass ihm die Erfüllung des An­spruchs nicht mehr zu­zu­mu­ten ist.

b) Das er­for­der­li­che Zeit­mo­ment liegt vor. Die Kläge­rin hat ih­ren Wi­der­spruch erst über 22 Mo­na­te nach dem Be­triebsüber­gang und über 13 Mo­na­te nach Ab­schluss des Be­en­di­gungs­ver­glei­ches beim Ar­beits­ge­richt H. erklärt. Dass die­se lan­gen Fris­ten dar­auf be­ru­hen, dass sie von dem Wi­der­spruchs­recht kei­ne Kennt­nis hat­te, hat die Kläge­rin nicht vor­ge­tra­gen.

c) Auch das er­for­der­li­che Um­stands­mo­ment liegt vor. Die­ses liegt dar­in, dass die Be­klag­te nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me be­reits am 06.01.2006 Kennt­nis von den vor dem Ar­beits­ge­richt H. ab­ge­schlos­se­nen Be­en­di­gungs­ver­glei­chen der E. Ar­beit­neh­mer, so auch der Kläge­rin, er­hal­ten hat. Die Zeu­gin M. hat glaub­haft be­kun­det, dass Rechts­an­walt K. als Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter der R. GmbH von den ab­ge­schlos­se­nen Ver­glei­chen und de­ren In­halt un­ter­rich­tet hat. Die Be­klag­te durf­te auf­grund des­sen dar­auf ver­trau­en, dass die Kläge­rin ih­re Rech­te, wenn über­haupt, als­bald nach Ab­schluss des Ver­glei­ches gel­tend ma­chen würde und muss­te nicht mehr da­mit rech­nen, dass die Kläge­rin noch über 13 Mo­na­te war­te­te, ehe sie von ih­rem Wi­der­spruchs­recht Ge­brauch mach­te.

4. Da das Wi­der­spruchs­recht der Kläge­rin be­reits ver­wirkt ist, kann of­fen blei­ben, ob die Kläge­rin durch ihr Ver­hal­ten nicht auch auf die Gel­tend­ma­chung des Wi­der­spruchs­rechts in ana­lo­ger An­wen­dung von § 144 BGB ver­zich­tet hat (vgl. hier­zu Ur¬tei­le des LAG Düssel­dorf vom 30.05.2007, 7 Sa 153/07 und 7 Sa 158/07 -).

Die Kos­ten­ent­schei­dung er­gibt sich aus § 97 ZPO.

 

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Die Re­vi­si­on ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­ge­las­sen wor­den.

 

gez. ... gez. ... gez. ...

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