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LAG Schles­wig-Hol­stein, Be­schluss vom 02.02.2011, 5 Ta 17/11

   
Schlagworte: Lohn und Gehalt, Prozesskostenhilfe
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 5 Ta 17/11
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 02.02.2011
   
Leitsätze: 1. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Sinne von § 121 Abs. 2 ZPO dann nicht erforderlich, wenn der Kläger abgerechnete oder einfach zu berechnende Vergütungsansprüche klagweise geltend macht. 2. Etwas anderes gilt indessen dann, wenn die Parameter von noch nicht abgerechneten Zahlungsansprüchen zwischen den Parteien streitig sind, beispielsweise die Höhe des Tariflohnes oder die Anzahl der geleisteten Überstunden.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Neumünster, Beschluss vom 12.01.2011, 4 Ca 1430 b/10
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Ak­ten­zei­chen: 5 Ta 17/11 4 Ca 1430 b/10 ArbG Ne­umüns­ter

 

Be­schluss

In dem Be­schwer­de­ver­fah­ren

be­tref­fend Pro­zess­kos­ten­hil­fe

in der Rechts­sa­che

pp.

hat die 5. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein am 02.02.2011 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt ... als Vor­sit­zen­de

be­schlos­sen:

Auf die so­for­ti­ge Be­schwer­de des Klägers wird der zurück­wei­sen­de Pro­zess­hil­fe­kos­ten­be­schluss des Ar­beits­ge­richts Ne­umüns­ter vom 12.01.2011 ab­geändert und dem Kläger für sei­ne erst­in­stanz­li­chen Anträge aus der Klag­schrift vom 25.11.2010 Pro­zess­kos­ten­hil­fe be­wil­ligt und Rechts­an­walt Dr. S. bei­ge­ord­net.

Ei­ne Ra­ten­zah­lung fin­det der­zeit nicht statt.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung:

Ge­gen die­sen Be­schluss ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben.

Gründe

I.

 

- 2 -

Der Kläger hat im Haupt­sa­che­ver­fah­ren fol­gen­de Anträge ge­stellt:

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len an den Kläger Lohn für Sep­tem­ber 2010 in Höhe von 1.401,84 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.10.2010 zu zah­len,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger Lohn für Ok­to­ber in Höhe von 838,39 € nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.11.2010 zu zah­len und zu­gleich be­tragt, ihm Pro­zess­kos­ten­hil­fe un­ter Bei­ord­nung sei­nes Pro­zess­ver­tre­ters zu be­wil­li­gen. Mit der La­dungs­verfügung hat das Ar­beits­ge­richt dar­auf hin­ge­wie­sen, dass bei ein­fach zu be­rech­nen­den Zah­lungs­ansprüchen – wie vor­lie­gend – we­der die Be­wil­li­gung von Pro­zess­kos­ten­hil­fe noch ei­ne Rechts­an­walts­bei­ord­nung in Be­tracht kom­me. Der Kläger hat so­dann dar­auf hin­ge­wie­sen, dass be­reits außer­ge­richt­lich die Höhe des zu­grun­de zu le­gen­den St­un­den­loh­nes bzw. Ta­rif­loh­nes (Ge­sel­len- oder Hel­fer­lohn) strei­tig ge­we­sen sei.

Das Haupt­sa­che­ver­fah­ren wur­de durch ei­nen Pro­zess­ver­gleich vom 10.01.2011 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO be­en­det. Hier­in ver­pflich­te­te sich die Be­klag­te an den Kläger für Sep­tem­ber € 1.366,40 brut­to und für Ok­to­ber € 667,88 brut­to zu zah­len.

Mit Be­schluss vom 12.01.2011 wies das Ar­beits­ge­richt den Pro­zess­kos­ten­hil­fe­an­trag des Klägers zurück.

Ge­gen die­sen ihm am 19.01.2011 zu­ge­stell­ten Be­schluss hat der Kläger am 27.01.2011 beim Ar­beits­ge­richt so­for­ti­ge Be­schwer­de ein­ge­legt. Das Ar­beits­ge­richt hat mit Be­schluss vom 28.01.2011 der so­for­ti­gen Be­schwer­de nicht ab­ge­hol­fen und die­se zur Ent­schei­dung dem Lan­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­legt.

 

II.

 

- 3 -

Die so­for­ti­ge Be­schwer­de ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO an sich statt­haft, frist­ge­recht ein­ge­leg­te und auch im Übri­gen zulässig.

Auch in der Sa­che selbst hat die so­for­ti­ge Be­schwer­de Er­folg.

1. Aus­weis­lich der zum PKH-Heft ge­reich­ten und vollständig aus­gefüll­ten Erklärung über die persönli­chen und wirt­schaft­li­chen Verhält­nis­se nebst ent­spre­chen­den Be­le­gen ist der Kläger nicht in der La­ge, die Kos­ten des erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­rens auch nur ra­ten­wei­se zu tra­gen.

2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts war dem Kläger un­ter Zu­grun­de­le­gung des Vor­trags in der Klag­schrift für die Lohn­kla­ge Pro­zess­kos­ten­hil­fe zu be­wil­li­gen. Im Rah­men der Pro­zess­kos­ten­hil­fe­be­wil­li­gung nach § 114 ZPO kommt es nicht auf die Er­for­der­lich­keit, son­dern auf die Er­folgs­aus­sich­ten der Kla­ge an. Gemäß § 114 Satz 1 ZPO ist der bedürf­ti­gen Par­tei Pro­zess­kos­ten­hil­fe zu be­wil­li­gen, wenn die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung oder Rechts­ver­tei­di­gung hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg bie­tet und nicht mut­wil­lig er­scheint. Die­se Vor­aus­set­zun­gen la­gen hier vor. Die Be­klag­te hat­te nach dem Vor­trag den Lohn für Sep­tem­ber und Ok­to­ber 2010 En­de No­vem­ber 2010 noch nicht ge­zahlt. Die Kla­ge war auch nicht mut­wil­lig. Der mit der La­dungs­verfügung vom 30.11.2010 er­teil­te Hin­weis und die dort zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein be­tref­fen nicht die Fra­ge der Be­wil­li­gung von Pro­zess­kos­ten­hil­fe gemäß § 114 ZPO, son­dern der Rechts­an­walts­bei­ord­nung nach § 121 Abs. 2 ZPO.

3. Es la­gen auch die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Bei­ord­nung nach § 121 Abs. 2 ZPO vor. Nach die­ser Vor­schrift wird der Par­tei ein be­rei­ter Rechts­an­walt ih­rer Wahl bei­ge­ord­net, wenn die Ver­tre­tung durch ei­nen Rechts­an­walt er­for­der­lich er­scheint oder der Geg­ner durch ei­nen Rechts­an­walt ver­tre­ten ist. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen hier vor.

Zwar hat das Ar­beits­ge­richt Recht, dass nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Be­schwer­de­ge­richts die Bei­ord­nung ei­nes An­walts nicht im Sin­ne von § 121 Abs. 2 ZPO er­for­der­lich ist, wenn ein Kläger ab­ge­rech­ne­te oder ein­fach zu be­rech­nen­de

 

- 4 -

Vergütungs­ansprüche gel­tend macht. Es ist ei­nem Kläger in die­sen Fällen grundsätz­lich zu­zu­mu­ten, die Rechts­an­trags­stel­le des Ar­beits­ge­richts in An­spruch zu neh­men und den Güte­ter­min ab­zu­war­ten, wenn der An­spruch von der Ar­beit­ge­ber­sei­te nicht be­reits außer­ge­richt­lich be­strit­ten wur­de (LAG Schles­wig-Hol­stein Be­schluss v. 16.02.2006, Az. 1 Ta 248/05, zit. nach Ju­ris; Be­schl. v. 30.11.2005, Az. 1 Ta 192/05, zit. nach Ju­ris; Be­schl. v. 13.03.2009, Az. 5 Ta 22/09, zit. N. Ju­ris; so auch LAG Hamm vom 23.01.2006, Az. 18 Ta 909/05, zit. nach Ju­ris).

Et­was an­de­res gilt in­des­sen dann, wenn die Pa­ra­me­ter von noch nicht ab­ge­rech­ne­ten Zah­lungs­ansprüchen zwi­schen den Par­tei­en strei­tig sind. Dies ist bei­spiels­wei­se dann der Fall, wenn die Höhe des Ta­rif­loh­nes und da­mit letzt­lich die Ein­grup­pie­rung des Klägers strei­tig ist oder die Par­tei­en über die An­zahl der ge­leis­te­ten Über­stun­den strei­ten. Dann ist zwar für den Kläger die rei­ne Re­chen­ope­ra­ti­on ein­fach und auch oh­ne an­walt­li­chen Bei­stand durch­zuführen (An­zahl der ge­leis­te­ten St­un­den x St­un­den­lohn = Zah­lungs­an­spruch), in­des­sen ist die Dar­le­gung und der Nach­weis der zu­grun­de zu le­gen­den Fak­to­ren die­ser Mul­ti­pli­ka­ti­on nicht mehr als ein­fach an­zu­se­hen, wenn die­se strei­tig sind.

Der Kläger hat be­reits mit Schrift­satz vom 07.12.2010 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass zwi­schen den Par­tei­en der maßgeb­li­che Ta­rif­lohn strei­tig ist. Nach dem Ar­beits­ver­trag be­stimmt sich die Vergütung nach den von der iGZ e.V. und dem DGB ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträgen. Zwar weist der Ar­beits­ver­trag ei­ne Ein­grup­pie­rung in EntgGr. 3 und ei­nen dem­ent­spre­chen­den ta­rif­li­chen St­un­den­lohn von € 9,25 brut­to aus, in­des­sen han­delt es sich hier­bei nur um ei­nen de­kla­ra­to­ri­schen Ver­weis. Der Kläger hat vor­ge­tra­gen, dass die Be­klag­te außer­ge­richt­lich die Ein­grup­pie­rung nach VergGr. 3 be­strit­ten hat und nur den Hel­fer­lohn be­zah­len woll­te. Nicht an­ders ist der In­halt des Schrift­sat­zes vom 07.12.2010 zu ver­ste­hen. Vor die­sem Hin­ter­grund kann die vor­lie­gen­de Lohn­kla­ge nicht als ein­fach ge­la­ger­ter Fall be­zeich­net wer­den.

Für den Sach­vor­trag des Klägers spricht letzt­lich auch der ab­ge­schlos­se­ne Ver­gleich. Die Be­klag­te hat hier­in ge­ra­de nicht die vom Kläger er­rech­ne­ten Lohn­ansprüche an­er­kannt, son­dern sich nur zu ei­ner et­was ge­rin­ge­ren Lohn­zah­lung be­reit erklärt.

 

- 5 -

Ei­ner Kos­ten­ent­schei­dung über die ge­richt­li­chen Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens be­durf­te es nicht (Zöller/Phil­ip­pi, ZPO 28. Aufl., Rn. 39). Außer­ge­richt­li­che Kos­ten sind nicht zu er­stat­ten, § 127 Abs. 4 ZPO.

 

gez. ...

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