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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 02.02.2012, 11 Sa 569/11

   
Schlagworte: Ausschlussfrist
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 11 Sa 569/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 02.02.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Kaiserslautern, Auswärtige Kammern Pirmasens, Urteil vom 18.08.2011, 5 Ca 356/11
   

Ak­ten­zei­chen:
11 Sa 569/11
5 Ca 356/11
ArbG Kai­sers­lau­tern
- AK Pir­ma­sens -
Ent­schei­dung vom 02.02.2012

Te­nor:
Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kai­sers­lau­tern - Auswärti­ge Kam­mern Pir­ma­sens - vom 18.08.2011, Az. 5 Ca 356/11, wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.
Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:
Die Par­tei­en strei­ten im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren über Zah­lungs­ansprüche des Klägers nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses.

Der Kläger, por­tu­gie­si­scher Staats­an­gehöri­ger mit Wohn­sitz in Por­tu­gal, war vom 24.07.2009 bis 31.03.2011 bei der Be­klag­ten als Kraft­fah­rer im in­ter­na­tio­na­len Trans­port­we­sen zu ei­ner Brut­to­mo­nats­vergütung von 900,-- EUR beschäftigt. Er ist der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig.

Nach­dem die Ver­hand­lun­gen über die Ver­trags­in­hal­te in por­tu­gie­si­scher Spra­che geführt wor­den wa­ren, wur­de dem Kläger ein For­mu­lar­ar­beits­ver­trag in deut­scher Spra­che vor­ge­legt. Er un­ter­zeich­ne­te den Ver­trag vom 24.07.2009, oh­ne zu­vor ei­ne Über­set­zung des Ver­trags in die por­tu­gie­si­sche Spra­che er­be­ten zu ha­ben.

Der For­mu­lar­ar­beits­ver­trag vom 24.07.2009 be­inhal­tet fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

§ 4 Vergütung

Die Vergütung ist je­weils am letz­ten des Mo­nats fällig.

§ 12 Aus­schluss­fris­ten

Al­le bei­der­sei­ti­gen Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis und sol­che, die mit dem Ar­beits­verhält­nis in Ver­bin­dung ste­hen, ver­fal­len, wenn sie nicht in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach der Fällig­keit ge­genüber der an­de­ren Ver­trags­par­tei schrift­lich er­ho­ben wer­den.
Lehnt die Ge­gen­par­tei den An­spruch ab oder erklärt sie sich nicht in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach der Gel­tend­ma­chung des An­spruchs, so verfällt die­ser, wenn er nicht in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach der Ab­leh­nung oder dem Frist­ab­lauf ge­richt­lich gel­tend ge­macht wird.

Im Au­gust 2010 stell­te die Be­klag­te ei­nen wei­te­ren por­tu­gie­si­schen Ar­beit­neh­mer in An­we­sen­heit des Klägers ein. Auf Wunsch des Ar­beit­neh­mers fer­tig­te der Buch­hal­ter der Be­klag­ten mit Hil­fe ei­nes Über­set­zungs­pro­gramms ei­ne Über­set­zung des Ver­trags in die por­tu­gie­si­sche Spra­che. Der Kläger be­sprach die­sen Ver­trag so­dann mit dem Ar­beit­neh­mer.

Mit Schrei­ben vom 13.04.2011 mach­te der Kläger außer­ge­richt­lich ge­genüber der Be­klag­ten Ansprüche auf Ar­beits­vergütung für den Zeit­raum von De­zem­ber 2010 bis März 2011 und Rei­se­kos­ten­pau­scha­le für 14 Rei­sen in Höhe von 2.980,-- EUR in den Mo­na­ten April bis De­zem­ber 2010 und Ja­nu­ar bis März 2011 gel­tend.

Am 12.05.2011 hat der Kläger Zah­lungs­kla­ge er­ho­ben.
Er be­gehr­te zu­letzt erst­in­stanz­lich die Zah­lung der Ar­beits­vergütung für den Mo­nat De­zem­ber 2010 in Höhe von 900,-- EUR brut­to so­wie die Zah­lung von Fahrt­kos­ten­pau­scha­len in ei­ner Ge­samthöhe von 3.870,-- EUR net­to aus dem Zeit­raum März 2010 bis Sep­tem­ber 2010.

Der Kläger hat vor­ge­tra­gen, dass er sei­ne Ansprüche erst­mals mit Schrei­ben vom 28.02.2011 ge­genüber der Be­klag­ten gel­tend ge­macht ha­be. Der Be­klag­ten sei es ver­wehrt, sich auf die ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­schluss­fris­ten zu be­ru­fen. Zur wirk­sa­men Ein­be­zie­hung von all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen in den Ver­trag sei es er­for­der­lich, dass die an­de­re Ver­trags­par­tei vom In­halt der Klau­seln in zu­mut­ba­rer Wei­se Kennt­nis neh­men könne. Dies sei hier nicht der Fall ge­we­sen, da al­len Be­tei­lig­ten be­kannt ge­we­sen sei, dass er der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig sei. Er ha­be die frag­li­che Klau­sel nicht ver­stan­den und sie nicht zur Kennt­nis neh­men können.

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt:
Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 900,-- EUR brut­to für den Mo­nat De­zem­ber 2010 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 31.03.2011 zu zah­len.
Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 3.870,-- EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz ab 31.03.2011 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,
die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge un­ter Hin­weis auf die wirk­sam ver­ein­bar­te 1. Stu­fe der Aus­schluss­frist in § 12 des Ar­beits­ver­trags ab­ge­wie­sen. Der Kläger könne sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass er der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig sei und den In­halt des Ar­beits­ver­trags, ins­be­son­de­re von § 12, bei sei­ner Un­ter­zeich­nung nicht ver­stan­den ha­be. Es fal­le in sei­nen Ri­si­ko­be­reich, dass er sich den Ver­trag vor der Un­ter­zeich­nung nicht ha­be über­set­zen las­sen.

Das Ur­teil wur­de dem Kläger am 09.09.2011 zu­ge­stellt. Er hat am Mon­tag, den 10.10.2011 hier­ge­gen Be­ru­fung ein­ge­legt und die Be­ru­fung mit Schrift­satz vom 09.11.2011, ein­ge­gan­gen am sel­ben Tag per Te­le­fax, be­gründet.

Mit dem ge­nann­ten Schrift­satz, auf den ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 107 ff. d.A.), macht der Kläger zur Be­gründung sei­ner Be­ru­fung im We­sent­li­chen gel­tend:
Das Ar­beits­ge­richt ha­be versäumt zu prüfen, ob die AGB der Be­klag­ten wirk­sam in den Ver­trag ein­be­zo­gen wor­den sei­en. Für die wirk­sa­me Ein­be­zie­hung sei es er­for­der­lich, dass die an­de­re Ver­trags­par­tei vom In­halt der Klau­seln in zu­mut­ba­rer Wei­se Kennt­nis neh­men kann. Hier hätte für den Kläger ein verständ­li­cher Hin­weis auf die AGB in der Ver­hand­lungs­spra­che por­tu­gie­sisch er­fol­gen müssen, da er der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig sei. Die 1. Stu­fe der Aus­schluss­frist sei durch ihn ge­wahrt wor­den durch mo­nat­li­che Vor­la­ge der von ihm schrift­lich ab­ge­fass­ten Rei­se­kos­ten­ab­rech­nun­gen, vgl. An­la­ge K 7 bis K 12, Bl. 49 ff d.A..

Der Kläger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kai­sers­lau­tern – Auswärti­ge Kam­mern Pir­ma­sens - vom 18.08.2011, Az:. 5 Ca 356/11 - ab­zuändern und
die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 900,-- EUR brut­to für den Mo­nat De­zem­ber 2010 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 31.03.2011 zu zah­len,
die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 3.870,-- EUR net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz ab 31.03.2011 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ist der Auf­fas­sung, sie sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, dem Kläger ein Ver­trags­ex­em­plar in sei­ner Mut­ter­spra­che aus­zuhändi­gen.
Ergänzend wird auf den In­halt der zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die zu den Sit­zungs­nie­der­schrif­ten ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:
Die nach § 64 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Ins­be­son­de­re wur­de die Be­ru­fungs­ein­le­gungs­frist ge­wahrt. Die Frist lief nach Zu­stel­lung des Ur­teils am 09.09.2011 bis zum 09.10.2011. Da der 09.10.2011 je­doch ein Sonn­tag war, en­de­te die Frist gemäß § 222 Abs. 2 ZPO mit dem Ab­lauf des nächs­ten Werk­ta­ges, al­so dem 10.10.2011.
Die Be­ru­fung ist so­mit zulässig.

II. In der Sa­che hat die Be­ru­fung je­doch kei­nen Er­folg.
Das Ar­beits­ge­richt hat die Zah­lungs­kla­ge zu recht ab­ge­wie­sen. Et­wai­ge Zah­lungs­ansprüche des Klägers sind auf­grund der im Ar­beits­ver­trag un­ter
§ 12 wirk­sam ver­ein­bar­ten 1. Stu­fe der Aus­schluss­frist ver­fal­len.

1. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers ist hier nicht zu prüfen, ob die Re­ge­lung zur Aus­schluss­frist gemäß § 305 BGB wirk­sam in den Ver­trag ein­be­zo­gen wor­den ist.

a) § 305 BGB re­gelt die Ein­be­zie­hung all­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen in den Ver­trag. Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB wer­den all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen nur dann Be­stand­teil ei­nes Ver­trags, wenn der Ver­wen­der bei Ver­trags­schluss die an­de­re Ver­trags­par­tei er­kenn­bar auf die­se hin­weist und der an­de­ren Ver­trags­par­tei die Möglich­keit ver­schafft, in zu­mut­ba­rer Wei­se von ih­rem In­halt Kennt­nis zu neh­men. Die­se Re­ge­lung kommt je­doch nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB bei Ar­beits­verträgen nicht zur An­wen­dung. Der Ge­setz­ge­ber hat kein Bedürf­nis für ei­ne Ein­be­zie­hungs­kon­trol­le ge­se­hen auf­grund der be­reits be­ste­hen­den Ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­ge­bers aus § 2 NachwG, die we­sent­li­chen Ver­trags­be­stim­mun­gen schrift­lich aus­zuhändi­gen (BT-Ds. 14/6857, S. 54). We­gen die­ser kla­ren ge­setz­ge­be­ri­schen Ent­schei­dung schei­det auch ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 305 Abs. 2 BGB aus. Die Ein­be­zie­hung von AGB in den Ar­beits­ver­trag rich­tet sich da­her al­lein nach §§ 145 ff BGB (Er­fur­ter Kom­men­tar-Preis, 11. Aufl., BGB §§ 305-310 Rn. 28; LAG Nie­der­sach­sen 18.03.2005 – 10 Sa 1990/04 – zi­tiert nach ju­ris, Rn. 32). Es genügt je­de, auch still­schwei­gen­de Wil­lensübe­r­ein­kunft.

2. Durch sei­ne Un­ter­schrift un­ter das Ver­trags­for­mu­lar hat der Kläger das An­ge­bot der Be­klag­ten zum Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges un­ter den in die­sem For­mu­lar ge­re­gel­ten Be­din­gun­gen ein­sch­ließlich der Aus­schluss­frist vor­be­halt­los an­ge­nom­men. Die Aus­schluss­fris­ten­re­ge­lung ist da­her Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den.
Auch wenn der Kläger der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig ist und die Ver­trags­be­din­gun­gen ein­sch­ließlich der Aus­schluss­frist zum da­ma­li­gen Zeit­punkt nicht ver­stan­den hat, war die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet, dem Kläger vor sei­ner Un­ter­zeich­nung ei­ne por­tu­gie­si­sche Über­set­zung des Ver­tra­ges zu­kom­men zu las­sen.

a) Es be­steht kei­ne all­ge­mei­ne Pflicht des Ar­beit­ge­bers, den Ar­beits­ver­trag un­auf­ge­for­dert in die Mut­ter­spra­che des Ar­beit­neh­mers zu über­set­zen (Hes­si­sches LAG, 11.09.1986 – 9 Sa 421/86 – zi­tiert nach ju­ris). Ei­ne ge­ne­rel­le Über­set­zungs­pflicht für Schriftstücke, die von fremd­sprach­li­chen Ar­beit­neh­mern un­ter­zeich­net wer­den sol­len, ist dem gel­ten­den Recht nicht zu ent­neh­men (Hes­si­sches LAG, 01.04.2003 – 13 Sa 1240/02 – zi­tiert nach ju­ris, Rn. 47).
Dies gilt ins­be­son­de­re, wenn sich die Ver­trags­par­tei­en auf die deut­sche Spra­che als Ver­hand­lungs- und Ver­trags­spra­che ei­ni­gen (LAG Nie­der­sach­sen a.a.O. Rn. 34; BGH 10.03.1983 - VII ZR 302/82 – BGHZ 87, 112). Lässt sich der ausländi­sche Part­ner hier­auf ein, so ak­zep­tiert er da­mit den ge­sam­ten deutsch­spra­chi­gen Ver­trags­in­halt ein­sch­ließlich der zu­grun­de­lie­gen­den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen. Es ist ihm zu­zu­mu­ten, sich vor Ab­schluss des Ver­trags selbst die er­for­der­li­che Über­set­zung zu be­schaf­fen. An­de­ren­falls muss er den nicht zur Kennt­nis ge­nom­me­nen Text der Geschäfts­be­din­gun­gen ge­gen sich gel­ten las­sen.

b) Die Be­son­der­heit des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens be­steht dar­in, dass die Par­tei­en die Ver­trags­ver­hand­lun­gen in der por­tu­gie­si­schen Spra­che geführt ha­ben. In­so­fern war dem Ar­beit­ge­ber von vorn­her­ein er­kenn­bar, dass der Kläger der deut­schen Spra­che nicht bzw. nicht hin­rei­chend mäch­tig ist. Aus die­ser Kennt­nis des Ar­beit­ge­bers lässt sich je­doch nach Auf­fas­sung der er­ken­nen­den Kam­mer kei­ne be­son­de­re Fürsor­ge­pflicht des Ar­beit­ge­bers ab­lei­ten, den schrift­li­chen Ar­beits­ver­trag in der Ver­hand­lungs­spra­che vor­le­gen zu müssen.

aa) Bei der An­bah­nung ei­nes Ver­tra­ges hat ei­ne Par­tei dem an­de­ren Teil nur die­je­ni­gen ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Umstände mit­zu­tei­len, über die die­ser ei­ne Aufklärung nach dem Grund­satz von Treu und Glau­ben im Rechts­ver­kehr (§ 242 BGB) red­li­cher­wei­se er­war­ten darf. Da­nach be­steht kei­ne re­gelmäßige Pflicht ei­ner Par­tei, von sich aus - un­ge­fragt - ei­nen an­de­ren vor oder bei Ver­trags­schluss über das da­mit ver­bun­de­ne Ri­si­ko zu un­ter­rich­ten. Je­der­mann darf grundsätz­lich da­von aus­ge­hen, dass sich sein künf­ti­ger Ver­trags­part­ner selbst über die Umstände, die für sei­ne Ver­trags­ent­schei­dung maßgeb­lich sind, so­wie über Art und Um­fang sei­ner Ver­trags­pflich­ten im ei­ge­nen In­ter­es­se Klar­heit ver­schafft hat. Es ist im all­ge­mei­nen nicht recht­li­che Auf­ga­be des Ver­trags­geg­ners, ge­genüber dem an­de­ren Teil die Nach­tei­le und Ge­fah­ren zu ver­deut­li­chen, die mit den Pflich­ten aus dem be­ab­sich­tig­ten Ver­trag ver­bun­den sind, und die­se bei ei­nem ge­gen­sei­ti­gen Ver­trag ge­gen die Vor­tei­le ab­zuwägen. Nur aus­nahms­wei­se kann ei­ne Aufklärungs- und Warn­pflicht nach Treu und Glau­ben dann be­ste­hen, wenn we­gen be­son­de­rer Umstände des Ein­zel­fal­les da­von aus­zu­ge­hen ist, dass der künf­ti­ge Ver­trags­part­ner nicht hin­rei­chend un­ter­rich­tet ist und die Verhält­nis­se nicht durch­schaut (BGH 15.04.1997 – IX ZR 112/96 – zi­tiert nach ju­ris, Rn. 25).

bb) Hier hat­te die Vor­la­ge ei­nes schrift­li­chen Ver­trags für den Kläger ei­ne Warn­funk­ti­on. Er konn­te er­ken­nen, dass von ihm ei­ne rechts­er­heb­li­che Erklärung ver­langt wird. Ge­ra­de weil die Ver­trags­ver­hand­lun­gen in por­tu­gie­sisch geführt wur­den, konn­te er sich in sei­ner Mut­ter­spra­che ver­hand­lungs­si­cher aus­drücken und sei­ne Vor­stel­lun­gen und Wünsche verständ­lich for­mu­lie­ren. In­so­fern ist es un­an­ge­bracht, den des Deut­schen gar nicht mäch­ti­gen Ar­beit­neh­mer bes­ser zu stel­len als ei­nen Ar­beit­neh­mer, der sich oh­ne hin­rei­chen­de Kennt­nis­se der deut­schen Spra­che auf ei­ne Ver­hand­lung in deutsch ein­ge­las­sen hat. Der Kläger hat­te hier oh­ne Wei­te­res die Möglich­keit, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die bis­he­ri­gen Ver­hand­lun­gen in por­tu­gie­sisch geführt wor­den sind, weil er der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig ist. Er hätte den Ver­trag mit­neh­men können, um ihn sich von ei­ner Per­son sei­nes Ver­trau­ens über­set­zen zu las­sen, oder er hätte gleich den Ar­beit­ge­ber um ein über­setz­tes Ex­em­plar des Ver­trags bit­ten können. Von die­sen bei­den Möglich­kei­ten mach­te der Kläger kei­nen Ge­brauch. Hierfür hat er die Ver­ant­wor­tung zu tra­gen. Das Un­ter­zeich­nen des Ver­trags in Un­kennt­nis sei­nes In­halts fällt in den Ri­si­ko­be­reich des Klägers. Er muss sich so be­han­deln las­sen wie ei­ne Per­son, die ei­nen Ver­trag un­ge­le­sen un­ter­schreibt. Der Ver­trag ist wirk­sam.

3. Die Aus­schluss­frist in § 12 des Ar­beits­ver­trags stellt kei­ne über­ra­schen­de Klau­sel im Sin­ne des § 305 c BGB dar.

a) Nach § 305 c BGB wer­den Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen, die nach den Umständen so un­gewöhn­lich sind, dass der Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders nicht mit ih­nen zu rech­nen braucht, nicht zum Ver­trags­be­stand­teil.

b) Die Ver­ein­ba­rung ei­ner Aus­schluss­frist in ei­nem Ar­beits­ver­trag ist im Ar­beits­le­ben weit ver­brei­tet. Des­halb hat je­der Ar­beit­neh­mer grundsätz­lich da­mit zu rech­nen, dass ein vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­fer­tig­tes Re­gel­werk, wel­ches Be­stand­teil sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses wer­den soll, ei­ne sol­che Ver­fall­klau­sel be­inhal­tet (BAG, 13.12.2000 - 10 AZR 168/00 - AP Nr. 2 zu
§ 241 BGB).

4. Die ers­te Stu­fe der ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­fall­klau­sel hält auch ei­ner In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Sie be­nach­tei­ligt den Kläger nicht un­an­ge­mes­sen ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (28.09.2005 - 5 AZR 52/05 - BA­GE 116, 66) ist ei­ne Frist für die schrift­li­che Gel­tend­ma­chung von we­ni­ger als drei Mo­na­ten im Rah­men ei­ner ein­zel­ver­trag­li­chen Aus­schluss­frist un­an­ge­mes­sen kurz. Die­se Gren­ze wird in § 12 Ab­satz 1 des Ar­beits­ver­tra­ges ge­wahrt.

5. Die Ver­fall­klau­sel in § 12 Ab­satz 2 des Ar­beits­ver­tra­ges ist hin­ge­gen rechts-un­wirk­sam.

a) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts können zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­klau­seln in For­mu­lar­ar­beits­verträgen ver­ein­bart wer­den. Die Min­dest­frist für die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung der Ansprüche beträgt aber gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB drei Mo­na­te (BAG 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - BA­GE 115, 19).

b) Nach § 12 Abs. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges verfällt der An­spruch be­reits, wenn er nicht in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach Ab­leh­nung oder nach Ab­lauf der Erklärungs­frist von 1 Mo­nat nach der Gel­tend­ma­chung ge­richt­lich gel­tend ge­macht wird. Ei­ne sol­che Kla­ge­frist ist mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des ge­setz­li­chen Verjährungs­rechts nicht ver­ein­bar und be­nach­tei­ligt den Kläger ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen. Die Un­wirk­sam­keit der zwei­ten Stu­fe der Aus­schluss­klau­sel führt nach § 306 Abs. 1 und 2 BGB zu ih­rem er­satz­lo­sen Weg­fall bei Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­ver­tra­ges im Übri­gen.

c) Da­mit wird nicht die ge­sam­te Ver­fall­klau­sel in § 12 des Ar­beits­ver­tra­ges un­wirk­sam. Die­se ist teil­bar.

aa) Die Teil­bar­keit der Klau­sel ist mit­tels ei­ner Strei­chung des un­wirk­sa­men Teils mit ei­nem “blau­en Stift” zu er­mit­teln (blue-pen­cil-test; BAG 21.04.2005 - 8 AZR 425/04 - AP BGB § 307 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 3). Ist die ver­blei­ben­de Re­ge­lung wei­ter­hin verständ­lich, bleibt sie be­ste­hen. Maßgeb­lich ist, ob sie meh­re­re sach­li­che Re­ge­lun­gen enthält (BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 - BA­GE 118, 36) und der un­zulässi­ge Teil sprach­lich ein­deu­tig ab­trenn­bar ist. Ge­gen­stand der In­halts­kon­trol­le sind dann für sich je­weils ver­schie­de­ne, nur for­mal ver­bun­de­ne AGB-Be­stim­mun­gen.

bb) Die ers­te und die zwei­te Stu­fe der Aus­schluss­klau­sel in § 12 des Ar­beits­ver­tra­ges sind in­halt­lich ge­trennt. Dies kommt sprach­lich dar­in zum Aus­druck, dass bei­de Stu­fen in ge­trenn­ten Absätzen ge­re­gelt sind. Die bei­den Absätze ent­hal­ten je­weils ei­genständi­ge sach­li­che Re­ge­lun­gen. Abs. 2 kann ge­stri­chen wer­den, oh­ne dass Abs. 1 hier­von in sei­nem Re­ge­lungs­ge­halt berührt wird. § 12 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges bleibt bei ei­ner Strei­chung des nach­fol­gen­den Ab­sat­zes äußer­lich und in­halt­lich un­verändert und behält sei­ne Selbständig­keit und sei­nen spe­zi­fi­schen Zweck. Ein­stu­fi­ge Aus­schluss­fris­ten sind in der Pra­xis des Ar­beits­le­bens auch weit ver­brei­tet und kom­men häufig in For­mu­lar­ar­beits­verträgen vor.

6. Der Kläger hat die im Pro­zess gel­tend ge­mach­ten Ansprüche auf die Ar­beits­vergütung für den Mo­nat De­zem­ber 2010 so­wie Rei­se­kos­ten­pau­scha­len für den Zeit­raum von März bis Sep­tem­ber 2010 erst­mals mit Schrei­ben sei­ner Anwältin vom 13.04.2011 gel­tend ge­macht.

a) So­weit der Kläger die Auf­fas­sung ver­tritt, durch die mo­nat­lich von ihm ein­ge­reich­ten Be­le­ge über die durch­geführ­ten Fahr­ten ha­be er die Aus­schluss­frist des § 12 Abs. 1 des Ar­beits­ver­trags ge­wahrt, kann ihm nicht ge­folgt wer­den. Bei den An­la­gen K 7 bis K 12, Bl. 49 ff d.A., han­delt es sich nicht um Spe­sen­ab­rech­nun­gen, mit de­nen die Zah­lung ei­nes be­stimm­ten Be­trags vom Ar­beit­ge­ber ver­langt wird, son­dern le­dig­lich um Auf­stel­lun­gen über die durch­geführ­ten Fahr­ten und Fahr­zei­ten. Hier­mit hat er den Ar­beit­ge­ber nicht zur Erfüllung des An­spruchs auf­ge­for­dert.

b) Im Hin­blick auf das vom Kläger vor­ge­leg­te For­de­rungs­schrei­ben vom 28.02.2011, Bl. 44 d.A., ist be­reits frag­lich, ob die­ses tatsächlich für die Be­klag­te be­stimmt war. Denn es trägt am un­te­ren Rand die Be­zeich­nung ei­ner an­de­ren Fir­ma. Je­den­falls hat der Kläger den Zu­gang die­ses Schrei­bens bei der Be­klag­ten nicht un­ter Be­weis stel­len können.

7. Zum Zeit­punkt der außer­ge­richt­li­chen Gel­tend­ma­chung mit Schrei­ben vom 13.04.2011 wa­ren sämt­li­che streit­ge­genständ­li­chen For­de­run­gen be­reits ver­fal­len.
Bei der gel­tend ge­mach­ten Vergütung für den Mo­nat De­zem­ber 2010 han­delt es sich um die jüngs­te For­de­rung des Klägers. Die­se Vergütung war nach § 4 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags am letz­ten des Mo­nats fällig ge­wor­den, al­so am 31.12.2010. Da­her hätte die For­de­rung spätes­tens zum 31.03.2011 schrift­lich ge­genüber der Be­klag­ten er­ho­ben wer­den müssen.

III. Nach al­le­dem ist die Be­ru­fung des Klägers mit der Kos­ten­fol­ge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurück­zu­wei­sen.
Die Re­vi­si­on war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) zu­zu­las­sen. Auf die an­lie­gen­de Rechts­mit­tel­be­leh­rung wird hin­ge­wie­sen.

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