HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 07/88

Min­dest­lohn in der Post­bran­che

Post AG und ver.di ha­ben nach­ge­bes­sert: Neu­er Min­dest­lohn-Ta­rif­ver­trag für die Post­bran­che vom 29.11.2007 gilt für "al­le Be­trie­be und selb­stän­di­gen Be­triebs­ab­tei­lun­gen, die über­wie­gend ge­werbs- oder ge­schäfts­mä­ßig Brief­sen­dun­gen für Drit­te be­för­dern“
Postschalter Der Min­dest­lohn für die Post­bran­che hat sei­ne ju­ris­ti­schen Tü­cken

03.12.2007. Am 20.09.2007 gab die Bun­des­re­gie­rung erst­mals ih­ren Ent­wurf ei­ner Er­wei­te­rung des Ar­beit­neh­mer-Ent­sen­de­ge­set­zes (AEntG) be­kannt, mit dem die sog. „Brief­dienst­leis­tun­gen“ als wei­te­re Bran­che in das AEntG auf­ge­nom­men wer­den soll­te (wir be­rich­te­ten dar­über in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 07/61 Auf­nah­me der Brief­dienst­leis­tungs­bran­che in das Ar­beit­neh­mer-Ent­sen­de­ge­setz (AEntG) ge­plant).

Da der durch das AEntG be­wirk­te Ar­beit­neh­mer­schutz ge­mäß § 1 Abs.1 Satz 1 AEntG (heu­te: § 3 AEntG) in ei­ner Bin­dung aus­län­di­scher Ar­beit­ge­ber an deut­sche, für all­ge­mein­ver­bind­lich er­klär­te Lohn­ta­rif­ver­trä­ge be­steht, braucht die Po­li­tik ei­nen sol­chen, d.h. all­ge­mein­ver­bind­li­chen Ta­rif­ver­trag.

Hier hat­te die Bun­des­re­gie­rung zu­nächst den am 04.09.2007 von dem Ar­beit­ge­ber­ver­band Post­diens­te e.V. (bzw. der da­hin­ter ste­hen­den Deut­schen Post AG) und der ver.di ver­ein­bar­ten "Ta­rif­ver­trag zur Re­ge­lung der Min­dest­löh­ne in der Bran­che Post­diens­te (TV Min­dest­lohn)" ins Au­ge ge­fasst. Er sieht ei­nen St­un­den­lohn von 9,80 EUR (West) bzw. 9,00 EUR (Ost) für Brief­zu­stel­ler vor.

Er wur­de al­ler­dings bis­lang nicht für all­ge­mein­ver­bind­lich er­klärt, da in­ner­halb der Bun­des­re­gie­rung hef­tig dar­über ge­strit­ten wur­de, ob er über­haupt die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung er­füllt.

Ei­ne der not­wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung be­steht näm­lich ge­mäß § 5 Abs.1 Ta­rif­ver­trags­ge­setz (TVG) dar­in, dass die ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­ge­ber min­des­tens 50 Pro­zent der un­ter den Gel­tungs­be­reich des Ta­rif­ver­trags fal­len­den Ar­beit­neh­mer be­schäf­ti­gen.

Das Quo­rum war hier aber zwei­fel­haft, da der TV Min­dest­lohn nach sei­nem § 1 für al­le Be­trie­be Gel­tung be­an­sprucht, die ge­werbs- oder ge­schäfts­mä­ßig Brief­sen­dun­gen für Drit­te be­för­dern, „un­ab­hän­gig vom An­teil die­ser Tä­tig­keit an der Ge­samt­tä­tig­keit des Be­triebs“ (§ 1 Abs.1 Satz 1 TV Min­dest­lohn). Au­ßer­dem gilt der TV Min­dest­lohn für al­le Ar­beit­neh­mer, die (ir­gend­wel­che) „Tä­tig­kei­ten in der ge­werbs- oder ge­schäfts­mä­ßi­gen Be­för­de­rung von Brief­sen­dun­gen für Drit­te aus­üben“ (§ 1 Abs.2 Satz 1 TV Min­dest­lohn) so­wie - mit et­was hö­he­rem Min­dest­lohn - für die ei­gent­li­chen Brief­zu­stel­ler.

Im Er­geb­nis wa­ren da­mit nicht nur die ei­gent­li­chen Brief­un­ter­neh­men und die Brief­trä­ger, son­dern ei­ne Viel­zahl an­de­rer Be­trie­be und Ar­beit­neh­mer vom TV Min­dest­lohn er­fasst.

Dar­auf­hin ar­gu­men­tier­ten die Post­kon­kur­ren­ten und Po­li­ti­ker der CDU, dass die Post nicht das 50-Pro­zent-Quo­rum er­fül­le. Der TV Min­dest­lohn er­fas­se näm­lich so vie­le Be­trie­be und Ar­beit­neh­mer (ins­be­son­de­re auch Aus­hilfs­kräf­te), dass der An­teil der bei der Post be­schäf­tig­ten Ar­beit­neh­mer ins­ge­samt we­ni­ger als 50 Pro­zent be­tra­ge.

Nun­mehr ha­ben Post AG und ver.di nach­ge­bes­sert und ei­nen wei­te­ren, vom An­wen­dungs­be­reich her en­ger ge­fass­ten Ta­rif­ver­trag ver­ein­bart: Der nach­ge­bes­ser­te Min­dest­lohn-Ta­rif­ver­trag vom 29.11.2007 sieht zwar die­sel­ben Min­dest­löh­ne für Aus­hilfs­kräf­te und Brief­trä­ger wie der An­fang Sep­tem­ber ver­ein­bar­te TV Min­dest­lohn vor, doch hat man jetzt vor­sichts­hal­ber klar­ge­stellt, dass der be­trieb­li­che Gel­tungs­be­reich für die „Bran­che Brief­dienst­leis­tun­gen“ gilt (§ 1 Abs.2 Satz 1 des Ta­rif­ver­trags vom 29.11.2007). Dies sind „al­le Be­trie­be und selb­stän­di­gen Be­triebs­ab­tei­lun­gen, die über­wie­gend ge­werbs- oder ge­schäfts­mä­ßig Brief­sen­dun­gen für Drit­te be­för­dern“ (§ 1 Abs.2 Satz 2 des Ta­rif­ver­trags vom 29.11.2007).

Auf die­ser nach­ge­bes­ser­ten ta­rif­li­chen Grund­la­ge ver­laut­bar­te nun­mehr von sei­ten der SPD wie von sei­ten der CDU uni­so­no, nun ha­be man end­lich ei­nen für die All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung ge­eig­ne­ten Min­dest­lohn-Ta­rif­ver­trag, so dass der All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung und der be­reits En­de Sep­tem­ber ge­plan­ten Er­wei­te­rung des AEntG nichts mehr im We­ge ste­he.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Bewertung:

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de