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Kein Verzicht auf Lohnansprüche, um einen Betriebsübergang zu ermöglichen
02.04.2009. Bei einem Betriebsübergang haftet der Erwerber als neuer Arbeitgeber gemäß § 613a Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) neben dem Betriebsveräußerer, d.h. neben dem alten Arbeitgeber, für rückständige Lohnansprüche aus der Zeit vor dem Betriebsübergang.
Das kann potentielle Erwerber abschrecken, weshalb manchmal Druck auf Arbeitnehmer ausgeübt wird, um sie zu einem Verzicht zu bewegen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass der Verzicht eines Arbeitnehmers auf rückständige Sonderzahlungen eine unzulässige Umgehung von § 613a BGB darstellt, wenn mit dem Verzicht der Betriebsübergang und damit der Erhalt des Arbeitsplatzes ermöglicht werden soll: BAG, Urteil vom 19.03.2009, 8 AZR 722/07.
- Wo liegt die Grenze zwischen einer erlaubten Absenkung der Vertragsbedingungen und einer unzulässigen Umgehung des Änderungsschutzes bei Betriebsübergängen?
- Der Streitfall: Erzieherin erkauft sich mit dem Verzicht auf rückständige Sonderzahlungen die Bereitschaft eines Betriebserwerbers zur Fortführung des Betriebs
- BAG: Kein Erkaufen eines Betriebsübergangs durch Lohnverzicht
Wo liegt die Grenze zwischen einer erlaubten Absenkung der Vertragsbedingungen und einer unzulässigen Umgehung des Änderungsschutzes bei Betriebsübergängen?
Wird ein Betrieb veräußert und geht daher auf einen neuen Inhaber über, so kommt es kraft Gesetzes zu einem Wechsel in der Person des Arbeitgebers: § 613a Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ordnet für Fälle eines Betriebsübergangs an, dass der neue Betriebsinhaber in alle Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Der Wechsel des Arbeitgebers lässt das Arbeitsverhältnis im übrigen unberührt, d.h. es geht so, wie es ist, d.h. mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Inhaber über.
Diese gesetzliche Rechtsfolge ist aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes zwingend, d.h. sie kann durch Vertrag der Beteiligten nicht zulasten des Arbeitnehmers geändert bzw. abbedungen werden. Der vom Gesetz bezweckte Schutz gerät allerdings manchmal in Konflikt mit der wirtschaftlichen „Machbarkeit“, wie sie sich aus der Perspektive der beteiligten Arbeitgeber, d.h. des Veräußerers und des Erwerbers, darstellt.
Da der Erwerber gemeinsam mit dem Betriebsveräußerer auch für rückständige Lohnansprüche haftet, wird nicht selten Druck auf die Arbeitnehmer ausgeübt, um sie zum Verzicht auf arbeitsvertragliche Ansprüche im „Tausch“ gegen den Erhalt des Arbeitsplatzes zu bewegen.
Rechtlich stellt sich in solchen Fällen die Frage, wo die Grenze zwischen einer erlaubten Veränderung des Arbeitsvertrags und/oder einem Verzicht auf einzelne, bereits entstandene Zahlungsansprüche einerseits und einer unzulässigen Umgehung der gesetzlich zwingenden Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB andererseits liegt.
Über einen solchen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19.03.2009 (8 AZR 722/07) zu entscheiden. Informationen zu dem Urteil liegen derzeit nur in Gestalt einer Pressemitteilung des BAG vor.
Der Streitfall: Erzieherin erkauft sich mit dem Verzicht auf rückständige Sonderzahlungen die Bereitschaft eines Betriebserwerbers zur Fortführung des Betriebs
Die klagende Arbeitnehmerin arbeitete seit 1998 für den Beklagten als Erzieherin in einer Kindertagesstätte. Der Beklagte erfüllte die vertraglichen Ansprüche der Klägerin auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld 2003 nur noch teilweise und 2004 überhaupt nicht mehr. Im Frühjahr 2005 informierte der Beklagte die Klägerin und die anderen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Arbeitnehmer darüber, dass dieser Bereich zum April 2005 von einem anderen Träger übernommen werde und die Arbeitsverhältnisse daher gemäß § 613a BGB auf diesen übergehen sollten.
Die Übernahme werde aber nur erfolgen, wenn die Mitarbeiter auf alle offenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche verzichteten. Andernfalls drohe die Insolvenz des Beklagten und damit der Verlust des Arbeitsplatzes. Daraufhin verzichtete die Klägerin schriftlich mit einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag gegenüber dem Beklagten auf rückständiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Der Verzicht sollte unwirksam sein, wenn der Beschäftigungsbereich nicht bis zum Jahresende 2005 auf einen bestimmten anderen Träger der Sozialarbeit übergegangen sein sollte. Der Betriebsübergang fand wie vorgesehen zum April 2005 statt.
Mit der Klage verlangt die Erzieherin von dem Beklagten rückständiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von etwa 1.700,00 EUR brutto, auf das sie mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag verzichtet hatte. Diesen Verzicht hat sie für unwirksam gehalten. Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht und auch in der Berufungsinstanz vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht (LAG) Erfolg (Sächsisches LAG, Urteil vom 27.03.2007, 7 Sa 308/06).
BAG: Kein Erkaufen eines Betriebsübergangs durch Lohnverzicht
Das Bundesarbeitsgericht hat ebenso wie die vorherigen Instanzen entschieden, dass der zwischen den Parteien geschlossene Erlassvertrag nichtig ist und der Klägerin daher das eingeklagte Urlaubs- und Weihnachtsgeld zuseht. Zur Begründung heißt es:
Der Erlassvertrag verstoße gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB. Bei einem Betriebsübergang schreibe § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zwingend vor, dass der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintrete. Diese zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer zwingende gesetzliche Vorschrift dürfe nicht weder abbedungen noch umgangen werden.
Aus der im vorliegenden Fall vereinbarten Bedingung des Erlassvertrages ergebe sich, dass der bevorstehende Betriebsübergang Anlass und entscheidender Grund dafür war, den Erlassvertrag überhaupt abzuschließen. Damit sei er, so das BAG, er eine unzulässige Umgehung des zwingenden Gesetzesrechtes.
Fazit: Die Entscheidung ist weniger mit Blick auf den hier entschiedenen Fall interessant, da dieser recht eindeutig ist und daher auch in allen drei Instanzen in derselben Weise, nämlich zugunsten der Arbeitnehmerin entschieden wurde. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die allgemeine Frage, wann eine Umgehung von § 613a BGB vorliegt.
Diese Frage stellt sich insbesondere bei der vertraglichen Überleitung von Arbeitsverhältnissen aus einem insolventen Unternehmen in eine Beschäftigungs- bzw. Qualifizierungsgesellschaft und später von dieser zu einem Betriebserwerber. In diesen Fällen wird das Arbeitsverhältnis mit dem insolventen Arbeitgeber "freiwillig" aufgelöst und später - nach der Zwischenzeit bei der Beschäftigungsgesellschaft - ein neues Arbeitsverhältnis zu schlechteren Bedingungen mit dem Betriebserwerber eingegangen.
In diesen Fällen hat das Bundesarbeitsgericht die Frage einer verbotenen Umgehung von § 613a BGB eher "großzügig" bzw. im Sinne des Betriebserwerbers beurteilt. Möglicherweise wird das BAG künftig auch hier "genauer hinsehen" bzw. gründlicher prüfen, ob eine unzulässige Umgehung von § 613a BGB vorliegt oder nicht. Diesbezüglich wird man die derzeit noch nicht vorliegenden Urteilsgründe abwarten müssen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2009, 8 AZR 722/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 15. September 2016
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