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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/122

Be­triebs­ver­samm­lung: Ar­beit­ge­ber muss Miet­mö­bel zah­len

An­mie­tung von Steh­ti­schen für Be­triebs­ver­samm­lung kann er­for­der­lich sein: Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 23.03.2010, 3 TaBV 48/09
Geschäftsführer hinter Schreibtisch mit Bauarbeitern Über­nah­me al­ler Kos­ten für die Be­triebs­ver­samm­lung
25.06.2010. Ar­beit­ge­ber müs­sen die Kos­ten tra­gen, die dem Be­triebs­rat bei der Be­triebs­rat­s­tä­tig­keit be­ste­hen, wenn die Kos­ten er­for­der­lich sind.

Hat der Be­triebs­rat ein be­stimm­tes Durch­füh­rungs­kon­zept bei ei­ner Be­triebs­ver­samm­lung ge­plant, dass zu­sätz­li­che Kos­ten ver­ur­sacht, kön­nen auch die­se Kos­ten noch er­for­der­lich sein. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Rhein­land-Pfalz ent­schie­den: LAG Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 23.03.2010, 3 TaBV 48/09

Kos­ten­tra­gung für Be­triebs­ratstätig­keit durch den Ar­beit­ge­ber

Ar­beit­ge­be­rer müssen die durch die Be­triebs­ratstätig­keit ent­ste­hen­den Kos­ten tra­gen (§ 40 Abs. 1 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz - Be­trVG). Wel­che Kos­ten dies um­fasst ist im­mer wie­der Streit­punkt zwi­schen Ar­beit­ge­bern und Be­triebsräten. Die Recht­spre­chung ist da­bei in ei­ni­gen ty­pi­schen Kon­stel­la­tio­nen mitt­ler­wei­le so de­tail­liert, dass in die­sen Fällen re­la­tiv si­cher vor­ab fest­steht, was der Ar­beit­ge­ber zah­len muss. Das gilt et­wa bei Schu­lungs­kos­ten, Kos­ten für Büro­mit­tel (Com­pu­ter, Te­le­fon, In­ter­net) und für die Kos­ten für die In­an­spruch­nah­me ei­nes Rechts­an­walts. Im­mer wie­der gibt es je­doch auch un­ty­pi­sche Kon­stel­la­tio­nen, bei de­nen noch nicht si­cher vor­her­ge­sagt wer­den kann, ob der Ar­beit­ge­ber die Kos­ten tra­gen muss.

Im Grund­satz gilt: Der Ar­beit­ge­ber trägt nur die Kos­ten, die dem Be­triebs­rat im Rah­men sei­ner ge­setz­lich um­ris­se­nen Be­triebs­ratstätig­keit ent­ste­hen, al­so nicht für Auf­ga­ben außer­halb sei­ner ei­gent­li­chen Be­fug­nis­se. Außer­dem müssen die Kos­ten für die Auf­ga­ben­wahr­neh­mung not­wen­dig sein. Die Be­ur­tei­lung, was not­we­nig ist, darf der Be­triebs­rat sel­ber abschätzen, d.h. Ar­beit­ge­ber und Ge­rich­te dürfen hier nicht mit­re­den. Der Be­triebs­rat muss sich auch nicht schon im vor­hin­ein mit dem Ar­beit­ge­ber über die Kos­ten ab­stim­men. Ge­prüft wird je­doch, ob der Be­triebs­rat sei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum über­schrit­ten hat. Er muss nämlich sein In­ter­es­se an ei­ner ef­fi­zi­en­ten Be­triebs­ratstätig­keit ge­gen das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Wirt­schaft­lich­keit der Aus­ga­ben abwägen.

Die­se An­for­de­run­gen sind zu­grun­de zu le­gen, um zu be­ur­tei­len, wel­che Kos­ten der Be­triebs­rat bei der Pla­nung und Durchführung von Be­triebs­ver­samm­lun­gen als not­wen­dig er­ach­ten darf. Un­pro­ble­ma­tisch ist da­bei, dass Be­triebs­ver­samm­lun­gen zu den ge­setz­li­chen Auf­ga­ben des Be­triebs­rats gehören (§§ 42 ff. Be­trVG). Grundsätz­lich muss der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat hierfür des­we­gen Räume zur Verfügung stel­len und die mit der Ver­samm­lung ver­bun­de­nen Kos­ten tra­gen. Pro­ble­ma­tisch ist al­ler­dings, wel­che Kos­ten bei der Durchführung ei­ner Be­triebs­ver­samm­lung not­wen­dig sind.

Die­se Fra­ge stellt sich et­wa, wenn der Be­triebs­rat für die Be­triebs­ver­samm­lung ei­ne spe­zi­el­le Aus­stat­tung be­schafft. Hier­zu äußert sich das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Rhein­land-Pfalz (Be­schluss vom 23.03.2010, 3 TaBV 48/09).

Der Fall des Lan­des­ar­beits­ge­richts Rhein­land-Pfalz: Be­triebs­rat mie­tet Steh­ti­sche für Be­triebs­ver­samm­lung und for­dert Kos­tenüber­nah­me vom Ar­beit­ge­ber

Der Be­triebs­rat woll­te, dass der Ar­beit­ge­ber für Kos­ten in Höhe von 232,05 EUR auf­kom­men soll­te. Im Rah­men ei­ner Be­triebs­ver­samm­lung hat­te der Be­triebs­rat nämlich von ei­nem Par­ty- und Zelt­ser­vice acht Steh­ti­sche zu die­sem Preis an­ge­mie­tet. Der Be­triebs­rat hat­te nämlich ein spe­zi­el­les Ge­stal­tungs­kon­zept für die Be­triebs­ver­samm­lung ge­plant. Da­bei soll­te es Grup­pen der Be­leg­schaft möglich sein, sich zwang­los an Steh­ti­schen zu­sam­men­zu­fin­den, um ins Gespräch zu kom­men und Pro­blem ar­ti­ku­lie­ren zu können.

Der Ar­beit­ge­ber wei­ger­te sich, die Kos­ten zu über­neh­men. Im Be­trieb sei­en schließlich aus­rei­chend „nor­ma­le“ Ti­sche vor­han­den ge­we­sen, die der Be­triebs­rat hätte nut­zen können. Not­falls hätten die Ar­beit­neh­mer No­ti­zen auch auf dem Bo­den sit­zend vor­neh­men können. Des­halb sei die An­mie­tung von Steh­ti­schen nicht zwin­gend er­for­der­lich ge­we­sen.

Der Be­triebs­rat ver­wies auf sein Ge­stal­tungs­kon­zept, dass die Steh­ti­sche er­for­der­lich ma­che. Die Kos­ten von 232,05 EUR sei­en außer­dem kaum ins Ge­wicht ge­fal­len.

Ei­ne Ei­ni­gung schei­ter­te. Der Be­triebs­rat ver­such­te des­we­gen, den Ar­beit­ge­ber ge­richt­lich zur Kos­tenüber­nah­me zu ver­pflich­ten. Da­mit hat­te er vor dem Ar­beits­ge­richt Kai­sers­lau­tern Er­folg (Be­schluss vom 11.11.2009, 1 BV 49/09). Dar­auf­hin leg­te der Ar­beit­ge­ber Be­schwer­de zum LAG ein.

Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz: Kos­ten für An­mie­tung von Steh­ti­schen (noch) er­for­der­lich. Ar­beit­ge­ber muss Kos­ten über­neh­men

Auch vor dem LAG ge­wann der Be­triebs­rat. Die An­mie­tung der Steh­ti­sche war nach Auf­fas­sung des LAG ge­ra­de noch vom Be­ur­tei­lungs­spiel­raum des Be­triebs­rats um­fasst, auch wenn die­ser von dem Be­triebs­rat „bis zur äußers­ten Gren­ze aus­geschöpft“ wor­den war.

Das Ar­gu­ment des Be­triebs­rats, die Kos­ten sei­en kaum ins Ge­wicht ge­fal­len, ließ das LAG da­ge­gen nicht gel­ten.

Ent­schei­dend war je­doch, dass der Be­triebs­rat ein be­stimm­tes Ge­stal­tungs­kon­zept ge­plant hat­te, dass Steh­ti­sche be­inhal­te­te. Zu den ge­setz­li­chen Auf­ga­ben gehört nämlich nicht nur die Durchführung von Be­triebs­ver­samm­lun­gen son­dern auch das Recht, hierfür nach ei­nem be­stimm­ten Kon­zept zu ver­fah­ren. Da Ziel ei­ner Be­triebs­ver­samm­lung der In­for­ma­ti­ons­aus­tausch und die Kom­mu­ni­ka­ti­on in­ner­halb der Be­leg­schaft ist, durf­te der Be­triebs­rat auch ein Kon­zept ent­wi­ckeln, dass da­zu die­nen soll­te, dass Pro­ble­me in­ner­halb der Be­leg­schaft klar an­ge­spro­chen wer­den. Steh­ti­sche sind nach An­sicht des LAG ge­eig­net, die­ses Kon­zept zu ver­wirk­li­chen. Der Be­triebs­rat muss sich vor al­lem nicht dar­auf ver­wei­sen las­sen, No­ti­zen am Bo­den zu ma­chen, so das LAG

Fa­zit: Ei­ne der Kern­auf­ga­be des Be­triebs­rats ist die Durchführung von Be­triebs­ver­samm­lun­gen. Da­zu gehört auch die Pla­nung, wie die Be­triebs­ver­samm­lung ab­lau­fen soll. Ne­ben der in­halt­li­chen Ge­stal­tung ist dies der äußere Rah­men, in dem die Be­triebs­ver­samm­lung ab­lau­fen soll, al­so wie Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­se ab­lau­fen sol­len und wie si­cher­ge­stellt wird, dass die Pro­ble­me der Be­leg­schaft ef­fek­tiv zur Spra­che kom­men.

Nach die­sem Kon­zept darf der Be­triebs­rat dann auch die Räum­lich­kei­ten und die Aus­stat­tung auswählen. Lässt sich das mit im Be­trieb vor­han­de­nen Mit­teln nicht ver­wirk­li­chen, muss der Ar­beit­ge­ber die Mehr­kos­ten über­neh­men.

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Letzte Überarbeitung: 13. Oktober 2016

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