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Ärztliche Untersuchung und Datenschutz
28.12.2009. Die Bluttests, die Daimler offenbar bei Einstellungen vornehmen ließ, lösten allgemein Empörung aus.
Unser Artikel befasst sich mit der datenschutzrechtlichen (Un-)zulässigkeit.
- Welche Daten muss ein Bewerber preisgeben?
- Bluttests bei der Einstellung: Was ist bei Daimler geschehen?
- Rechtlich unzulässiges Vorgehen
Welche Daten muss ein Bewerber preisgeben?
In letzter Zeit mehren sich die Meldungen zu datenschutzrechtlichen Verstößen im Arbeitsverhältnis. Letztlich geht es dabei immer wieder um die Frage, wie weit Arbeitgeber bei der Sammlung und Speicherung von Informationen über Beschäftigte bzw. Bewerber gehen dürfen.
Ein spezielles Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer, das diese Fragen regeln würde, gibt es nach wie vor nicht (wir berichteten zuletzt über den Stand der Dinge in: Arbeitsrecht aktuell: 09/137 „Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften, vom 10.07.2009“). Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) wiederum enthält nur sehr allgemeine Aussagen, denen man im Einzelfall schwer entnehmen kann, ob ein Datenschutzverstoß vorliegt oder nicht.
Vom Grundsatz her bestimmt § 28 Abs. 1 BDSG, dass Daten erhoben werden können, wenn dies erforderlich und verhältnismäßig ist. Je tiefgreifender der Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen, desto strenger sind dabei die Anforderungen an die Zulässigkeit der Datensammelei. Dies schreibt auch der für Beschäftigungsverhältnisse kürzlich neu geschaffene § 32 BDSG vor.
Geht es um besonders sensible Daten, etwa den Gesundheitszustand einer Person, ist eine Datenerhebung durch Private ohne Zustimmung des Betroffenen so gut wie unmöglich (§ 28 Abs. 6 BDSG). In diesen Fällen hat sich der Betroffene daher, wenn alles mit rechten Dingen zugehen soll, zur Informationspreisgabe bereit erklärt, was die weitere Frage aufwirft, unter welchen Umständen eine solche Zustimmung wirksam ist. Dafür wiederum kommt es neben der Freiwilligkeit der Einwilligung wiederum auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung an.
Unabhängig von speziellen datenschutzrechtlichen Vorgaben hat die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung seit langem Grundsätze dazu entwickelt, welche Auskünfte ein Stellenbewerber zu erteilen hat. So sind z.B. Fragen nach einer möglicherweise bestehenden Schwangerschaft wegen der darin liegenden Diskriminierung von weiblichen Bewerbern generell unzulässig. Fragen nach Krankheiten dürfen nur ausnahmsweise gestellt werden, nämlich dann, wenn sie sich auf Erkrankungen beziehen, die dem Arbeitnehmer die vertragsgemäße Tätigkeit auf Dauer oder immer wieder unmöglich machen würden.
Stellt der Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren eine unzulässige Frage, hat der Bewerber, dem mit einer „Aussageverweigerung“ aufgrund der dann zu befürchtenden Absage nicht geholfen wäre, das Recht, die unzulässige Frage falsch zu beantworten („Recht zur Lüge“).
Kürzlich wurde bekannt, dass der Automobilhersteller Daimler von Bewerbern die Zustimmung zu Bluttests verlangte, die eine ärztliche Überprüfung des Gesundheitszustandes ermöglichen sollten. Diese Bluttests stießen in der Öffentlichkeit überwiegend auf Ablehnung.
Bluttests bei der Einstellung: Was ist bei Daimler geschehen?
Aufgrund einer Berichterstattung des NDR kam zutage, dass Daimler von Bewerbern „freiwillige Blutproben“ bei der Einstellung verlangt (Presseportal.de: NDR-Info exklusiv vom 28.10.2009: "Daimler verlangt Blutproben von Bewerbern - Experten sehen rechtswidriges Handeln“).
Eine Sprecherin von Daimler bestätigte diese Tests. Es handele sich um die seit mehr als 30 Jahren üblichen Einstellungsuntersuchungen. Dementsprechend würden die Bluttests nicht schon zu Beginn des Bewerbungsverfahrens vorgenommen (obgleich teilweise vor einer endgültigen Einstellungszusage). Die bei dem vom werksärztlichen Dienst erhobenen Befunde und Diagnosen würden aber, so die Unternehmenssprecherin, nicht an den Arbeitgeber weitergegeben. Dieser erfahre von ärztlicher Seite nur, ob ein Bewerber gesundheitlich geeignet sei oder nicht (Zeit online vom 28.10.2009, „Daimler wegen Bluttests im Visier der Datenschützer“).
Zur Rechtfertigung beruft sich das Unternehmen auf seine gegenüber den Arbeitnehmern bestehende Fürsorgepflicht. Man müsse daher z.B. Bescheid wissen, wenn ein Arbeitnehmer Diabetes habe, um auf geregelte Arbeitszeiten zu achten (merkur-online.de vom 28.10.2009: „Daimler: Bluttest für den neuen Job“ ).
Rechtlich unzulässiges Vorgehen
Die bei Daimler praktizierten Bluttests sind aus mehreren Gründen rechtlich problematisch.
Erstens geht es um sensible Daten, so dass die freiwillige Zustimmung der Betroffenen zwingend erforderlich ist. Falls dem Bewerber eine solche Zustimmung schon im Bewerbungsverfahren abverlangt würde (was Daimler jedoch bestreitet), wäre die Freiwilligkeit der Zustimmung wegen des faktischen Drucks, im Bewerbungsverfahren „alle Kröten zu schlucken“, nicht gegeben.
Zweitens wäre auch eine globale Zustimmung zu „einem Bluttest“ rechtlich unwirksam, da sie keine Einschränkung auf bestimmte Krankheiten enthielte. Aber auch die Zustimmung unter dem Vorbehalt, dass nur bestimmte tätigkeitsrelevante Krankheiten überprüft werden sollen, führt zu dem Problem, dass eine Blutprobe dem Arbeitgeber die Möglichkeit gibt, viele weitere Informationen zu erlangen, etwa die über eine Schwangerschaft, über die Veranlagung zu be-stimmten Krankheiten und somit über gesundheitliche Beeinträchtigungen, deren Preisgabe nicht zugestimmt wurde. So gesehen ist ein Bluttest immer viel tiefgreifender als eine Frage des Arbeitgebers nach bestimmten Krankheiten, da der Arbeitnehmer hier Herr über die Preisgabe der Information ist. Daher sollte sich der Arbeitgeber bei Krankheiten, die dem Arbeitnehmer mutmaßlich bekannt sind, wie die meisten chronischen Krankheiten, darauf beschränken, den Bewerber danach schlicht zu befragen, da eine Frage im Vergleich zu einem Bluttest ein milderes Mittel wäre.
Schließlich scheint das Unternehmen seine Berechtigung zur Ermittlung von Krankheiten, unter denen Stellenbewerber oder neu eingestellte Arbeitnehmer möglicherweise leiden, zu weit zu interpretieren. Angesichts des sensiblen Charakters von Gesundheitsdaten muss die Beeinträchtigung des Arbeitsvollzugs durch eine mögliche Krankheit sehr erheblich sein. Die mit Krankheiten immer verbundenen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit reichen nicht. Deshalb ist die Zulässigkeit der Erhebung von Krankheitsdaten auf wenige Ausnahmefälle begrenzt: So kann ein Krankenhaus ermitteln, ob ein angehender Chirurg oder Anästhesist an Hepatitis erkrankt ist. Die mit einer Diabetes verbundenen Einschränkungen reichen dagegen nicht aus, um den Gesundheitszustand von Stellenbewerbern oder neu eingestellten Arbeitnehmern zu erforschen. Hier gilt wie bei anderen „normalen“ Krankheiten, dass es dem Arbeitnehmer freisteht, nach seiner Einstellung auf die Erkrankung hinzuweisen, damit der Arbeitgeber hierauf Rücksicht nehmen kann.
Da einem Bewerber mit der rechtlichen Unzulässigkeit von Bluttests wenig geholfen ist, da er sich bei ernsthaftem Interesse an der Stelle einem solchen Test kaum entziehen wird, besteht Anlass für den Betriebsrat, von seinem Mitbestimmungsrecht nach § 95 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Gebrauch zu machen. Danach bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei der Einstellung der Zustimmung des Betriebsrats. In Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten hat der Betriebsrat sogar ein Initiativrecht und kann demnach auch von sich aus die Aufstellung von Einstellungsrichtlinien verlangen, die dann natürlich Gesundheitstests auf das erforderliche Minimum reduzieren sollten.
Nähere Informationen finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2019
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