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BAG, Be­schluss vom 28.03.2006, 1 ABR 58/04

   
Schlagworte: Tariffähigkeit, Gewerkschaft
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 ABR 58/04
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 28.03.2006
   
Leitsätze:

1. Eine Arbeitnehmervereinigung ist für den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereich entweder insgesamt oder überhaupt nicht tariffähig. Es gibt keine partielle Tariffähigkeit.

2. Um tariffähig zu sein, muss eine Arbeitnehmervereinigung über eine Durchsetzungskraft verfügen, die erwarten lässt, dass sie als Tarifpartner vom sozialen Gegenspieler wahr- und ernstgenommen wird.

3. Sofern eine Arbeitnehmervereinigung bereits in nennenswertem Umfang Tarifverträge geschlossen hat, belegt dies regelmäßig ihre Durchsetzungskraft. Das gilt sowohl für den Abschluss originärer Tarifverträge als auch für den Abschluss von Anschlusstarifverträgen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Stuttgart, Beschluss vom 12.09.2003, 15 BV 250/96
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 1.10.2004, 4 TaBV 1/04
   

Im Na­men des Vol­kes!

BESCHLUSS

In dem Be­schluss­ver­fah­ren

mit den Be­tei­lig­ten

1.

An­trag­stel­le­rin und Rechts­be­schwer­deführe­rin,

2.

Be­schwer­deführe­rin,

3.

Be­schwer­deführer,

4. - 6

7. ...

8. - 17.

 

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hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der Anhörung vom 28. März 2006 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft und Lin­sen­mai­er so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Rath und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Spoo be­schlos­sen:

Die Rechts­be­schwer­de der Be­tei­lig­ten zu 1) ge­gen den Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg vom 1. Ok­to­ber 2004 - 4 TaBV 1/04 - wird zurück­ge­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Gründe

A. Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Ta­riffähig­keit der „Christ­li­chen Ge­werk­schaft Me­tall“.

An­trag­stel­le­rin ist die zu 1) be­tei­lig­te In­dus­trie­ge­werk­schaft Me­tall (IG Me­tall). Sie be­an­sprucht nach ih­rer Sat­zung bun­des­weit die Ta­rif­zuständig­keit ins­be­son­de­re für die Be­trie­be der Me­tall­in­dus­trie, der Me­tall­ge­win­nung, der Ei­sen und Stahl er­zeu­gen­den In­dus­trie, des Me­tall­hand­werks, der Elek­tro­in­dus­trie und an­ver­wand­ter Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men. Im Ja­nu­ar 2002 hat­te sie 2.685.942 Mit­glie­der, von de­nen 1.769.776 in ei­nem Ar­beits­verhält­nis stan­den.

Die zu 2) be­tei­lig­te Christ­li­che Ge­werk­schaft Me­tall (CGM) wur­de nach ih­ren An­ga­ben im Jahr 1899, laut An­ga­ben der IG Me­tall im Jahr 1959 als Christ­li­cher Me­tall­ar­bei­ter­ver­band Deutsch­lands (CMV) ge­gründet. Im Ok­to­ber 1991 gab sich der Ver­band sei­nen jet­zi­gen Na­men. Nach § 1 Nr. 3 ih­rer am 16. Ok­to­ber 1999 in Kraft ge­tre­te­nen Sat­zung ist die CGM ei­ne „un­abhängi­ge Ge­werk­schaft“. Ihr sat­zungsmäßi­ger Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich er­streckt sich auf das Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und um­fasst die Be­rei­che der me­tall­er­zeu­gen­den und -ver­ar­bei­ten­den In­dus­trie, des Me­tall­hand­werks, der Elek­tro­in­dus­trie und der sons­ti­gen Me­tall­be­trie­be. Mit­glie­der können die in die­sem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer wer­den. Die CGM glie­dert sich in Lan­des-, Be­zirks-, Orts- und/oder Kreis­verbände so­wie Be­triebs­grup­pen. Zu ih­ren Auf­ga­ben und Zie­len gehören nach § 2 der Sat­zung ua. die „Her­beiführung ei­ner ge­rech­ten Ent­gelt­re­ge­lung und ei­ner Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung“, die „Re­ge­lung der sons­ti­gen Ar­beits­be­din­gun­gen durch Ta­rif­verträge“ und die „Un­terstützun-

 

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gen bei ge­werk­schaft­lich an­er­kann­ten Streiks, bei Aus­sper­rung und Maßre­ge­lung“. Sie ist Mit­glied des zu 8) be­tei­lig­ten Christ­li­chen Ge­werk­schafts­bun­des Deutsch­lands (CGB).

Im Jahr 2001 wa­ren im Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der CGM knapp 5,5 Mio. Ar­beit­neh­mer beschäftigt. Da­von ent­fie­len auf den Fahr­zeug­bau ca. 960.000, auf die Elek­tro­in­dus­trie ca. 708.000, auf den Ma­schi­nen­bau ca. 903.000 und auf die Me­tall­er­zeu­gung und -be­ar­bei­tung ca. 993.000 Ar­beit­neh­mer. Im Me­tall- und Elek­tro­hand­werk wa­ren 1995 - in­so­weit sind Fest­stel­lun­gen für 2001 nicht ge­trof­fen - bun­des­weit et­wa 1,9 Mio. Ar­beit­neh­mer tätig. Die CGM hat­te laut Ei­des­statt­li­cher Ver­si­che­rung ih­rer Lan­des­se­kretäre vom 23. Ju­li 2003 am 31. De­zem­ber 2001 bun­des­weit 97.389 Mit­glie­der, von de­nen 88.044 ak­tiv im Er­werbs­le­ben stan­den. Die IG Me­tall hält „al­len­falls“ ei­nen Mit­glie­der­be­stand in der Größen­ord­nung von 50.000 für zu­tref­fend.

Die CGM beschäftigt 43 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, dar­un­ter 14 haupt­amt­li­che Ge­werk­schafts­se­kretäre. Sie ar­bei­ten in der Haupt­ver­wal­tung in Stutt­gart so­wie in Se­kre­ta­ria­ten in Sulz­bach/Murr, Fried­richs­ha­fen, Duis­burg, Bonn, Schwein­furt, Re­gens­burg, Augs­burg, Rüssels­heim, Saarbrücken, Han­no­ver, Wolfs­burg, Ge­ra, Chem­nitz, Mag­de­burg und Ber­lin. Da­ne­ben sind für die CGM ins­ge­samt 498 Ge­werk­schafts­mit­glie­der eh­ren­amt­lich tätig.

Die CGM nimmt für sich in An­spruch, ei­ne „kon­sens­ori­en­tier­te Ta­rif­po­li­tik“ zu ver­tre­ten. Gleich­wohl be­jaht sie nach ih­rer Sat­zung auch den Streik als Kampf­mit­tel zur Er­rei­chung der ge­stell­ten Zie­le. Sie hat noch kei­ne Streiks or­ga­ni­siert. 1984 wur­den meh­re­re Tau­send ih­rer Mit­glie­der durch ei­ne Aus­sper­rung in den Ar­beits­kampf ein­be­zo­gen und er­hiel­ten von ihr über 10 Mio. DM Un­terstützung.

Im Be­reich der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie schloss die CGM in der Ver­gan­gen­heit vor al­lem in den al­ten Bun­desländern mit Ar­beit­ge­ber­verbänden oder ein­zel­nen Ar­beit­ge­bern ca. 3.000 An­schluss­ta­rif­verträge.

Im Be­reich des Hand­werks ver­ein­bar­te sie seit En­de der 80er/An­fang der 90er Jah­re mit den Fach­verbänden, die im zu 11) be­tei­lig­ten Bun­des­ver­band Me­tall Ver­ei­ni­gung Deut­scher Me­tall­hand­wer­ke (BVM) or­ga­ni­siert sind, so­wie mit den zu 12) bis 17) be­tei­lig­ten Lan­des­in­nungs­verbänden ins­ge­samt 550 ei­genständi­ge Ta­rif­verträge in rund 30 Ta­rif­be­rei­chen. Da­bei han­del­te es sich um Man­tel­ta­rif­verträge, um Lohn- und Ge­halts­ta­rif­verträge so­wie um Ta­rif­verträge zu an­de­ren Re­ge­lungs­ge­genständen. Die CGM hat 31 no­ta­ri­el­le Ur­kun­den vor­ge­legt, nach de­nen durch Per­so­nal­aus­weis und Mit­glieds­aus­weis aus­ge­wie­se­ne, in den Ur­kun­den aber na­ment­lich nicht ge­nann­te Mit-

 

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glie­der als Ar­beit­neh­mer in be­stimm­ten aus­drück­lich be­zeich­ne­ten Hand­werks­be­trie­ben in ei­nem Ar­beits­verhält­nis ste­hen. Im Be­reich des Elek­tro­hand­werks hat die CGM in den neu­en Bun­desländern die IG Me­tall als Ta­rif­part­ner weit­ge­hend ver­drängt. Auch in an­de­ren Be­rei­chen des Hand­werks ist der Or­ga­ni­sa­ti­ons­grad der IG Me­tall re­la­tiv ge­ring. Er lag 1998 zwi­schen 2,4 % (Kälte­an­la­gen­bau­er, Büro­in­for­ma­ti­ons­elek­tro­ni­ker) und 10,2 % (Ka­ros­se­rie-/Fahr­zeug­bau­er, Kfz-Me­cha­ni­ker).

Mit dem Ver­band OST­ME­TALL ver­ein­bar­te die CGM im Jahr 1998 für die Bun­desländer Sach­sen, Sach­sen-An­halt und Thürin­gen das Ta­rif­werk „Phönix“. Zu OST­ME­TALL gehören der zu 3) be­tei­lig­te Ver­band der Säch­si­schen Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie e.V. (VS­ME), der Ver­band der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Sach­sen-An­halt e.V. und der Ver­band der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie in Thürin­gen e.V. Die­se drei Verbände sind Mit­glie­der des zu 10) be­tei­lig­ten Ge­samt­ver­ban­des der me­tall­in­dus­tri­el­len Ar­beit­ge­ber­verbände (Ge­samt­me­tall). Mit dem VS­ME schloss die CGM seit 1996 wei­te­re Ta­rif­verträge.

Die CGM ver­ein­bar­te außer­dem rund 40 Fir­men­ta­rif­verträge, dar­un­ter ein Ta­rif­werk mit der JEN­OP­TIK-Grup­pe vom 6. März 1999. Der Ab­schluss er­folg­te, nach­dem sich die aus dem Ar­beit­ge­ber­ver­band aus­ge­tre­te­ne JEN­OP­TIK-Grup­pe und die IG Me­tall An­fang 1999 nicht auf ei­nen Haus­ta­rif hat­ten ei­ni­gen können. Ein sol­cher kam schließlich am 17. No­vem­ber 1999 doch zu­stan­de. In der Fol­ge­zeit wur­de er in ei­nem mit der CGM ge­schlos­se­nen An­schluss­ta­rif­ver­trag über­nom­men.

Die Ta­riffähig­keit der CGM ist seit lan­gem um­strit­ten. Mit Be­schluss vom 4. Fe­bru­ar 1972 (- 6 BV 3/71 - EzA GG Art. 9 Nr. 9) stell­te das Ar­beits­ge­richt Stutt­gart auf An­trag des da­ma­li­gen CMV fest, dass die­ser ei­ne Ge­werk­schaft im ar­beits­recht­li­chen Sin­ne sei. Der Be­schluss wur­de rechts­kräftig.

Mit dem am 27. No­vem­ber 1996 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen An­trag hat die IG Me­tall die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die CGM kei­ne ta­riffähi­ge Ge­werk­schaft sei. Die CGM be­sit­ze nicht die hier­zu er­for­der­li­che Durch­set­zungs­kraft. Die­se er­ge­be sich we­der aus dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­grad noch aus den von der CGM ge­sch­los­se­nen Verträgen. Es sei nicht dar­ge­tan, in­wie­weit die ab­ge­schlos­se­nen Verträge über­haupt auf Ar­beits­verhält­nis­se An­wen­dung fänden.

Die IG Me­tall hat be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass die CGM kei­ne Ge­werk­schaft im ar­beits­recht­li­chen Sin­ne ist.

 

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Die CGM, der Be­tei­lig­te zu 4) und die Be­tei­lig­ten zu 9) bis 17) ha­ben be­an­tragt, den An­trag ab­zu­wei­sen. Sie ha­ben die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die CGM sei ta­riffä­hig. Ih­re Durch­set­zungs­kraft zei­ge sich ins­be­son­de­re dar­in, dass sie im Be­reich des Hand­werks zahl­rei­che ori­ginäre Ta­rif­verträge und im Be­reich der In­dus­trie ei­ne Viel­zahl von An­er­ken­nungs­ta­rif­verträgen ab­ge­schlos­sen ha­be. Ei­ne Min­dest­zahl von Mit­glie­dern im Gel­tungs­be­reich ei­nes Ta­rif­ver­trags sei für die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung nicht er­for­der­lich. Die IG Me­tall miss­brau­che das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren, um die CGM als miss­lie­bi­ge Kon­kur­renz aus­zu­schal­ten.

Die Be­tei­lig­ten ha­ben zunächst darüber ge­strit­ten, ob dem An­trag der IG Me­tall die Rechts­kraft des Be­schlus­ses des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart vom 4. Fe­bru­ar 1972 ent­ge­gen­ste­he. Der Se­nat hat dies mit Be­schluss vom 6. Ju­ni 2000 (- 1 ABR 21/99 - BA­GE 95, 47) ver­neint. Die hier­ge­gen ein­ge­leg­te Ver­fas­sungs­be­schwer­de wur­de vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men (23. Fe­bru­ar 2001 - 1 BvR 4/01 - AP GG Art. 20 Nr. 32). Nach Fortführung des Ver­fah­rens hat das Ar­beits­ge­richt dem An­trag der IG Me­tall ent­spro­chen. Auf die Be­schwer­den der CGM so­wie der Be­tei­lig­ten zu 3) und zu 9) bis 17) hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt den ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss ab­geändert und den An­trag ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­be­schwer­de be­gehrt die IG Me­tall die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Be­schlus­ses. Die CGM und die Be­tei­lig­ten zu 3) so­wie zu 8) bis 17) be­an­tra­gen die Zurück­wei­sung der Rechts­be­schwer­de. Die Be­tei­lig­ten zu 4) bis 6) ha­ben kei­nen An­trag ge­stellt.

B. Die Rechts­be­schwer­de ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den An­trag der IG Me­tall zu Recht ab­ge­wie­sen. Die CGM ist ei­ne ta­riffähi­ge Ge­werk­schaft.

I. Über die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­gehörten Be­tei­lig­ten hin­aus sind am Ver­fah­ren kei­ne wei­te­ren Per­so­nen, Ver­ei­ni­gun­gen oder Stel­len be­tei­ligt.

1. Die Be­tei­li­gung an ei­nem Ver­fah­ren zur Ent­schei­dung über die Ta­riffähig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung von Ar­beit­neh­mern ist - wie auch sonst in Be­schluss­ver­fah­ren - noch im Rechts­be­schwer­de­ver­fah­ren von Amts we­gen zu prüfen. Per­so­nen und Stel­len, die bis da­hin zu Un­recht nicht gehört wur­den, sind auch oh­ne Rüge zum Ver­fah­ren hin­zu­zu­zie­hen (vgl. BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B I 3 a der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B I 1 der Gründe). Da­ge­gen ist im Rechts­be­schwer­de­ver­fah­ren grundsätz­lich nicht von Amts

 

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we­gen zu prüfen, ob sämt­li­che in den Vor­in­stan­zen be­tei­lig­ten Per­so­nen, Ver­ei­ni­gun­gen und Stel­len zu Recht an­gehört wur­den (vgl. BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO, zu B I 1 der Gründe mwN).

2. Wer in ei­nem Ver­fah­ren nach § 97 Abs. 1, § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG be­tei­ligt ist, er­gibt sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG ent­spre­chen­de An­wen­dung fin­det. Maßgeb­lich ist die un­mit­tel­ba­re Be­trof­fen­heit in der Rechts­stel­lung als Ar­beit­neh­mer- oder Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gung. Da­her ist stets die Ver­ei­ni­gung be­tei­ligt, über de­ren Ta­riffähig­keit ge­strit­ten wird. Be­tei­ligt sind fer­ner die Ar­beit­neh­mer- und Ar­beit­ge­ber­sei­te, so­weit die Ent­schei­dung sie berühren kann. Da­bei ist grundsätz­lich die Be­tei­li­gung der je­wei­li­gen Spit­zen­verbände aus­rei­chend (BAG 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B I 3 a der Gründe; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B I 3 b, c der Gründe mwN; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B I 1 der Gründe). Dies gilt auch dann, wenn Ar­beit­ge­ber­verbände, die Mit­glied ei­ner Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on sind, ei­ne Ta­rif­ge­mein­schaft ge­bil­det ha­ben, die ih­rer­seits nicht Mit­glied der Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on ist. Die In­ter­es­sen der in der Ta­rif­ge­mein­schaft zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Ar­beit­ge­ber­verbände können in­so­weit durch die be­tei­lig­te Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on wahr­ge­nom­men wer­den. Ei­ner ge­son­der­ten Be­tei­li­gung der Ta­rif­ge­mein­schaft be­darf es - un­ge­ach­tet ih­rer Rechts­na­tur - nicht. So­weit dem Be­schluss des Se­nats vom 6. Ju­ni 2000 (- 1 ABR 10/99 - aaO, zu B I 3 c aa der Gründe) ei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung zu ent­neh­men sein soll­te, hält der Se­nat dar­an nicht fest. Er­streckt sich die Zuständig­keit der Ver­ei­ni­gung, de­ren Ta­riffähig­keit um­strit­ten ist, auf das Ge­biet meh­re­rer Bun­desländer, ist in dem Ver­fah­ren auch die obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des be­tei­ligt (vgl. 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - aaO; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - aaO, zu B I 3 d der Gründe).

3. Hier­nach ist nicht er­sicht­lich, dass im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren die Anhörung ei­ner Ver­ei­ni­gung oder Stel­le un­ter­blie­ben wäre, die durch die zu tref­fen­de Ent­sch­ei­dung in ih­rer Rechts­stel­lung als Ar­beit­neh­mer- oder Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gung un­mit­tel­bar be­trof­fen ist. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­tei­lig­ten zu 3), 9), 10), 12) bis 17) ist OST­ME­TALL nicht be­tei­ligt. Da­bei kommt es nicht dar­auf an, ob OST­ME­TALL Mit­glied von Ge­samt­me­tall oder der BDA ist. Die Mit­glie­der von OST­ME­TALL - der VS­ME, der Ver­band der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Sach­sen-An­halt e.V. und der Ver­band der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie in Thürin­gen e.V. - sind zu­gleich Mit­glie­der von Ge­samt

 

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me­tall. Da­her genügt es, dass die­ser Ver­band als der zuständi­ge Spit­zen­ver­band am Ver­fah­ren be­tei­ligt ist. Ei­ner Prüfung, ob sämt­li­che bis­lang Be­tei­lig­ten zu Recht an­ge­hört wur­den, be­darf es nicht. Rügen ge­gen die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­me­ne Be­tei­li­gung sind von kei­ner Sei­te er­ho­ben wor­den.

II. Zu Recht ha­ben die Vor­in­stan­zen den An­trag für zulässig er­ach­tet.

1. Der An­trag ist hin­rei­chend be­stimmt im Sin­ne des im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren an­wend­ba­ren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er be­darf al­ler­dings der Aus­le­gung.

a) Ge­gen­stand des Ver­fah­rens ist die Ent­schei­dung über die Ta­riffähig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung iSv. § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG. Es soll geklärt wer­den, ob die CGM Ta­rif­ver­trags­par­tei iSv. § 2 Abs. 1 TVG sein kann. Da­ge­gen geht es nicht dar­um, ob sie ei­ne Ge­werk­schaft im Sin­ne sämt­li­cher ar­beits­recht­li­cher Be­stim­mun­gen - et­wa iSv. § 2 Be­trVG - ist. Es kommt da­her im Streit­fall nicht dar­auf an, ob der Ge­werk­schafts­be­griff für das ge­sam­te Ar­beits­recht - ins­be­son­de­re das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz, das Ta­rif­ver­trags­ge­setz und das Ar­beits­ge­richts­ge­setz - ein ein­heit­li­cher ist (so BAG 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - BA­GE 29, 72, zu III 1 der Gründe; aA Kraft/Fran­zen GK-Be­trVG 8. Aufl. § 2 Rn. 33 ff. mwN). Ge­gen die von den Vor­ins­tan­zen vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung des An­trags da­hin­ge­hend, dass mit ihm aus­sch­ließlich ei­ne Ent­schei­dung über die Ta­riffähig­keit der CGM be­gehrt wird, ha­ben die Be­tei­lig­ten auch kei­ne Ein­wen­dun­gen er­ho­ben.

b) Der Be­stimmt­heit des An­trags steht der Streit über die Möglich­keit ei­ner re­la­ti­ven oder par­ti­el­len Ta­riffähig­keit nicht ent­ge­gen (vgl. da­zu un­ter B III 2 der Gründe). Der An­trag ist er­sicht­lich auf die Fest­stel­lung ge­rich­tet, dass der CGM über­haupt kei­ne Ta­riffähig­keit - al­so we­der ge­ne­rell noch par­ti­ell - zu­kom­me.

2. Die IG Me­tall ist gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG an­trags­be­rech­tigt.

a) Hierfür ist er­for­der­lich, dass sich der räum­li­che und sach­li­che Zuständig­keits­be­reich der an­trag­stel­len­den Ver­ei­ni­gung zu­min­dest teil­wei­se mit den Zuständig­keits­be­rei­chen der Ver­ei­ni­gung deckt, de­ren Ta­riffähig­keit be­strit­ten wird (vgl. BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B I 2 der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li-

 

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chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B II 2 der Gründe). Dies ist hier der Fall.

b) Ent­ge­gen der von den Be­tei­lig­ten zu 3), 9), 10) und 12) bis 17) ver­tre­te­nen Auf­fas­sung setzt die An­trags­be­fug­nis ei­ner Ge­werk­schaft in ei­nem Ver­fah­ren nach § 97 Abs. 1 ArbGG kein wei­ter­ge­hen­des ei­ge­nes Recht der Ge­werk­schaft vor­aus. Viel­mehr ver­leiht § 97 Abs. 1 ArbGG - ua. - ei­ner räum­lich und sach­lich zuständi­gen Ver­ei­ni­gung von Ar­beit­neh­mern die pro­zes­sua­le Be­fug­nis, die Ta­riffähig­keit ei­ner an­de­ren, ganz oder teil­wei­se den­sel­ben Zuständig­keits­be­reich be­an­spru­chen­den Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ge­richt­lich klären zu las­sen. Da­her kommt es für die An­trags­be­fug­nis der an­trag­stel­len­den Ge­werk­schaft auch nicht dar­auf an, ob sie we­gen des bis­lang vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­tre­te­nen Grund­sat­zes der Ta­rif­ein­heit be­sor­gen muss, es könne der von ihr ge­schlos­se­ne Ta­rif­ver­trag durch ei­ne Ver­ein­ba­rung der kon­kur­rie­ren­den Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ver­drängt wer­den.

c) So­weit ei­ne an­trag­stel­len­de Ver­ei­ni­gung die Ta­riffähig­keit ei­ner an­de­ren Ver­ei­ni­gung be­strei­tet, muss sie selbst ta­riffähig sein (vgl. BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B I 2 der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B II 2 der Gründe). Auch dies ist vor­lie­gend der Fall.

aa) Die ge­ne­rel­le Ta­riffähig­keit der IG Me­tall wird von kei­nem der Be­tei­lig­ten in Ab­re­de ge­stellt. Sie lässt sich bei ei­ner der welt­weit mit­glie­derstärks­ten Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gun­gen auch schwer­lich ernst­haft be­strei­ten.

bb) Die Be­tei­lig­ten zu 3), 9), 10) so­wie 12) bis 17) ha­ben ein­ge­wandt, die Ta­riffä­hig­keit der IG Me­tall könne je­den­falls be­zo­gen auf den Be­reich der Me­tall-, Sa­nitär-und Elek­tro­hand­wer­ke nicht oh­ne wei­te­res an­ge­nom­men wer­den, da die CGM in die­sen Ta­rif­be­rei­chen die IG Me­tall als Ta­rif­ver­trags­par­tei na­he­zu ver­drängt ha­be. Die­ser Ein­wand ist nicht ge­eig­net, die An­trags­be­fug­nis der IG Me­tall in Fra­ge zu stel­len. Das Feh­len der Durch­set­zungs­kraft ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung in ei­nem Teil­be­reich des be­an­spruch­ten Zuständig­keits­be­reichs lässt de­ren Ta­riffähig­keit nicht ins­ge­samt ent­fal­len (Nähe­res un­ter B III 2 der Gründe). Die IG Me­tall ist da­her im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren auch dann un­ein­ge­schränkt an­trags­be­fugt, wenn sie im Be­reich der Me­tall-, Sa­nitär- und Elek­tro­hand­wer­ke kei­ne Durch­set­zungs­kraft - mehr - be­sit­zen soll­te.

 

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3. Die IG Me­tall hat an der be­gehr­ten Fest­stel­lung das nach § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che recht­li­che In­ter­es­se. Die­ses folgt schon dar­aus, dass die rechts­kräfti­ge Ent­schei­dung über die Ta­riffähig­keit Wir­kung für und ge­gen al­le hat (BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B I 1 der Gründe).

4. Der Zulässig­keit des An­trags steht nicht die Be­haup­tung der CGM und der Be­tei­lig­ten zu 3), 9), 10) so­wie 12) bis 17) ent­ge­gen, die IG Me­tall miss­brau­che das Ver­fah­ren, um ei­nen miss­lie­bi­gen Kon­kur­ren­ten los­zu­wer­den. Zu­verlässi­ge An­halts­punk­te für die An­nah­me, der IG Me­tall ge­he es nicht um die be­gehr­te Fest­stel­lung des Feh­lens der Ta­riffähig­keit der CGM, son­dern aus­sch­ließlich dar­um, die­se in ih­rer Betä­ti­gungs­frei­heit zu be­hin­dern, lie­gen nicht vor. Der Um­stand, dass die IG Me­tall sich mit der CGM bei der Wer­bung um Mit­glie­der in Kon­kur­renz be­fin­det, genügt hierfür nicht.

III. Der An­trag ist, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat, un­be­gründet. Die CGM ist ta­riffähig. Sie erfüllt sämt­li­che hier­zu er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen.

1. Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats muss ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung be­stimm­te Min­dest­vor­aus­set­zun­gen erfüllen, um ta­riffähig zu sein. Der Se­nat hat die­se Vor­aus­set­zun­gen zu­letzt im Be­schluss vom 14. De­zem­ber 2004 (- 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 2, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 1 der Gründe) be­schrie­ben. Da­nach muss ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung sich als sat­zungs­gemäße Auf­ga­be die Wahr­neh­mung der In­ter­es­sen ih­rer Mit­glie­der in de­ren Ei­gen­schaft als Ar­beit­neh­mer ge­setzt ha­ben und wil­lens sein, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Sie muss frei ge­bil­det, geg­ner­frei, un­abhängig und auf über­be­trieb­li­cher Grund­la­ge or­ga­ni­siert sein und das gel­ten­de Ta­rif­recht als ver­bind­lich an­er­ken­nen. Wei­ter­hin ist Vor­aus­set­zung, dass die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ih­re Auf­ga­be als Ta­rif­part­ne­rin sinn­voll erfüllen kann. Da­zu gehört ein­mal die Durch­set­zungs­kraft ge­genüber dem so­zia­len Ge­gen­spie­ler, zum an­de­ren ei­ne ge­wis­se Leis­tungsfähig­keit der Or­ga­ni­sa­ti­on (vgl. 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO; 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B II 2, 3 der Grün­de; 16. Ja­nu­ar 1990 - 1 ABR 10/89 - BA­GE 64, 16, zu B II 1, 2 der Gründe; 16. Ja­nu­ar 1990 - 1 ABR 93/88 - AP TVG § 2 Nr. 38 = EzA TVG § 2 Nr. 19, zu B II 1 der Gründe; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36 = AP TVG § 2 Nr. 55 = EzA TVG § 2 Nr. 24, zu B II 1 der Gründe). An die­sen Grundsätzen hält der Se­nat fest.

 

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a) Der Be­griff der Ta­riffähig­keit ist ge­setz­lich nicht de­fi­niert. Sie wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 ArbGG als Ei­gen­schaft vor­aus­ge­setzt. Es han­delt sich um die recht­li­che Fähig­keit, durch Ver­ein­ba­rung mit dem so­zia­len Ge­gen­spie­ler Ar­beits­be­din­gun­gen ta­rif­ver­trag­lich mit der Wir­kung zu re­geln, dass sie für die ta­rif­ge­bun­de­nen Per­so­nen un­mit­tel­bar und un­ab­ding­bar wie Rechts­nor­men gel­ten (BVerfG 19. Ok­to­ber 1966 - 1 BvL 24/65 - BVerfGE 20, 312 = AP TVG § 2 Nr. 24, zu C I 1 der Gründe; BAG 16. No­vem­ber 1982 - 1 ABR 22/78 - AP TVG § 2 Nr. 32 = EzA GG Art. 9 Nr. 36, zu B II der Gründe). Ih­re Ver­sa­gung führt nicht zur Geschäfts­unfähig­keit der be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung. So­fern sie Rechtsfähig­keit be­sitzt, kann sie mit ei­nem Ar­beit­ge­ber oder mit ei­nem Ar­beit­ge­ber­ver­band schuld­recht­li­che Ver­ein­ba­run­gen, sog. Ko­ali­ti­ons­ver­ein­ba­run­gen schließen (vgl. MünchArbR/Lö-wisch/Rieb­le § 280 Rn. 10 ff., § 246 Rn. 131; ErfK/Schaub/Fran­zen 6. Aufl. § 2 TVG Rn. 4). Der­ar­ti­gen Ver­ein­ba­run­gen kom­men aber nicht die nor­ma­ti­ven Wir­kun­gen ei­nes Ta­rif­ver­trags zu. Sie bedürfen viel­mehr der ver­trag­li­chen Um­set­zung in das In­di­vi­dual­ar­beits­verhält­nis.

b)Auch die An­for­de­run­gen, die an die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung zu stel­len sind, sind ge­setz­lich nicht be­schrie­ben. § 2 Abs. 1 TVG be­stimmt den Be­griff der ta­riffähi­gen Ge­werk­schaft nicht, son­dern setzt ihn vor­aus. Die Re­ge­lung in A III 2 des Staats­ver­trags über die Schaf­fung ei­ner Währungs-, Wirt­schafts- und So­zi­al­uni­on zwi­schen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und der Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Re­pu­blik vom 18. Mai 1990 und dem Ge­mein­sa­men Pro­to­koll über Leitsätze, die na­hezu wort­gleich den von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten An­for­de­run­gen ent­spricht, stellt eben­falls kei­ne ge­setz­li­che Nor­mie­rung der an die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung zu stel­len­den Vor­aus­set­zun­gen dar. Sie hat zwar durch das Zu­stim­mungs­ge­setz des Bun­des­tags vom 25. Ju­ni 1990 (BGBl. II S. 518) Auf­nah­me in den Wil­len des Ge­setz­ge­bers ge­fun­den (BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 21/99 - BA­GE 95, 47, zu B II 4 c der Gründe). Ma­te­ri­el­les Ge­setz ist sie da­durch aber nicht ge­wor­den (BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 21/99 - aaO mwN; Ri­char­di NZA 2004, 1025, 1028; vgl. auch Wie­de­mann/Oet­ker TVG 6. Aufl. § 2 Rn. 7; Löwisch/Rieb­le TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 7). So­lan­ge der Ge­setz­ge­ber auf die aus­drück­li­che Nor­mie­rung der Vor­aus­set­zun­gen der Ta­riffähig­keit ver­zich­tet hat, bleibt es Auf­ga­be der Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen, im Rah­men der an sie her­an­ge­tra­ge­nen Strei­tig­keit den un­be­stimm­ten Rechts­be­griff durch Aus­le­gung im Lich­te des Art. 9 Abs. 3 GG aus­zufüllen (vgl. BVerfG 20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 2 der Gründe). Da­bei ist die im Zu­stim­mungs­ge­setz vom 25. Ju­ni 1990 zum Aus­druck

 

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kom­men­de, von den Ge­setz­ge­bungs­or­ga­nen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ge­tra­ge­ne Wil­lens­be­kun­dung zu be­ach­ten (BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 21/99 - aaO).

c) Die richter­recht­li­chen An­for­de­run­gen an die Ta­riffähig­keit sind im In­ter­es­se ei­ner funk­tio­nie­ren­den Ta­rif­au­to­no­mie ge­bo­ten. Sie sind - ent­ge­gen dem im Auf­trag der CGM er­stat­te­ten Rechts­gut­ach­ten von Hens­s­ler (So­zia­le Mäch­tig­keit und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Leis­tungsfähig­keit als Vor­aus­set­zun­gen der Ta­riffähig­keit der Ge­werk­schaf­ten - Das Bei­spiel der Christ­li­chen Ge­werk­schaft Me­tall) - ver­fas­sungs­gemäß. Auch ge­mein­schafts- oder völker­recht­lich sind sie nicht zu be­an­stan­den.

aa) Dies gilt ins­be­son­de­re für das Er­for­der­nis der so­zia­len Mäch­tig­keit.

(1) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats muss ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung Durch­set­zungs­kraft be­sit­zen, um si­cher­zu­stel­len, dass der so­zia­le Ge­gen­spie­ler Ver­hand­lungs­an­ge­bo­te nicht über­ge­hen kann. Ein an­ge­mes­se­ner, so­zi­al be­frie­den­der In­ter­es­sen­aus­gleich kann nur zu­stan­de kom­men, wenn die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung zu­min­dest so viel Druck ausüben kann, dass sich die Ar­beit­ge­ber­sei­te ver­an­lasst sieht, sich auf Ver­hand­lun­gen über ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung von Ar­beits­be­din­gun­gen ein­zu­las­sen. Die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung muss von ih­rem so­zia­len Ge­gen­spie­ler ernst ge­nom­men wer­den, so dass die Ar­beits­be­din­gun­gen nicht ein­sei­tig von der Ar­beit­ge­ber­sei­te fest­ge­legt, son­dern tatsächlich aus­ge­han­delt wer­den. Ob ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ei­ne sol­che Durch­set­zungsfähig­keit be­sitzt, muss auf Grund al­ler Umstände im Ein­zel­fall fest­ge­stellt wer­den (vgl. zu­letzt 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Ver­öffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e der Gründe; fer­ner 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B II 3 a der Gründe; 16. Ja­nu­ar 1990 - 1 ABR 10/89 - BA­GE 64, 16, zu B II 2 der Gründe; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B II 1 der Gründe). Al­ler­dings dürfen an die Ta­riffähig­keit kei­ne An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den, die er­heb­lich auf die Bil­dung und Betäti­gung ei­ner Ko­ali­ti­on zurück­wir­ken, die­se un­verhält­nismäßig ein­schränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG ge­si­cher­ten frei­en Ko­ali­ti­ons­bil­dung und -betäti­gung führen. Durch­set­zungsfähig­keit ge­genüber dem so­zia­len Ge­gen­spie­ler zur Teil­nah­me an ei­ner sinn­vol­len Ord­nung des Ar­beits­le­bens kann da­her nicht be­deu­ten, dass die Ar­beit­neh­mer-Ko­ali­ti­on die Chan­ce des vollständi­gen Sie­ges ha­ben muss. Es muss nur er­war­tet wer­den können, dass sie vom Geg­ner über­haupt ernst ge­nom­men wird und des­halb die Re­ge­lung der Ar­beits­be­din­gun­gen nicht ei­nem Dik­tat der ei­nen Sei­te ent­springt

 

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(BVerfG 20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 2 der Gründe; BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e der Gründe mwN).

(2) Die­se Recht­spre­chung ist ver­fas­sungs­gemäß. Das richter­recht­li­che Er­for­der­nis der so­zia­len Mäch­tig­keit greift zwar in die Betäti­gungs­frei­heit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ein. Der Ein­griff ist je­doch im In­ter­es­se ei­ner funk­ti­onsfähi­gen Ta­rif­au­to­no­mie ge­recht­fer­tigt.

(a) Art. 9 Abs. 3 GG gewähr­leis­tet für je­der­mann und für al­le Be­ru­fe das Recht, zur Wah­rung und Förde­rung der Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen Ko­ali­tio­nen zu bil­den. Das Grund­recht schützt den Ein­zel­nen, ei­ne der­ar­ti­ge Ver­ei­ni­gung zu gründen, ihr bei­zu­tre­ten oder fern zu blei­ben. Außer­dem schützt es die Ko­ali­tio­nen in ih­rem Be­stand und ih­rer or­ga­ni­sa­to­ri­schen Aus­ge­stal­tung so­wie sol­chen Betäti­gun­gen, die dar­auf ge­rich­tet sind, die Ar­beits­be­din­gun­gen zu wah­ren und fördern (vgl. BVerfG 14. No­vem­ber 1995 - 1 BvR 601/92 - BVerfGE 93, 352 = AP GG Art. 9 Nr. 80 = EzA GG Art. 9 Nr. 60, zu B I 1 der Gründe). Zur geschütz­ten Betäti­gung gehört der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen, durch wel­che die Ko­ali­tio­nen Lohn- und sons­ti­ge ma­te­ri­el­le Ar­beits­be­din­gun­gen in ei­ge­ner Ver­ant­wor­tung und im We­sent­li­chen oh­ne staat­li­che Ein­fluss­nah­me in ei­nem Be­reich re­geln, in dem der Staat sei­ne Re­ge­lungs­zuständig­keit weit zurück­ge­nom­men hat (BVerfG 20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 1 der Gründe). Die Wah­rung und Förde­rung der Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen ist ef­fek­tiv nur möglich im Zu­sam­men­wir­ken mit dem so­zia­len Ge­gen­spie­ler. Dem­ent­spre­chend ist die Ver­ein­ba­rung von Ta­rif­verträgen der wich­tigs­te Teil ko­ali­ti­onsmäßiger Betäti­gung (Die­te­rich RdA 2002, 1, 8)

(b) Der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewähr­leis­te­te Schutz der Betäti­gungs­frei­heit setzt nicht erst dann ein, wenn die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ta­riffähig ist (BAG 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - BA­GE 29, 72, zu III 2 der Gründe mwN). Ver­ei­ni­gun­gen ge­nie­ßen viel­mehr den Schutz des Art. 9 GG schon in ei­nem Sta­di­um, in dem sie die er­for­der­li­che Durch­set­zungs­kraft erst an­stre­ben (BAG 17. Fe­bru­ar 1998 - 1 AZR 364/97 - BA­GE 88, 38, zu II 1 b aa der Gründe mwN). Da­her ist der Schutz der Betäti­gungs­frei­heit be­reits zu be­ach­ten, wenn es um die Be­stim­mung der An­for­de­run­gen geht, die an die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung zu stel­len sind. Dies ent­spricht der

 

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Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, nach der es die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewähr­leis­te­te Ko­ali­ti­ons­frei­heit nicht zulässt, die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung - je­den­falls für die Be­ru­fe des pri­va­ten Haus­halts - von de­ren Kampf­be­reit­schaft abhängig zu ma­chen (6. Mai 1964 - 1 BvR 79/62 - BVerfGE 18, 18 = AP TVG § 2 Nr. 15, zu B IV der Gründe).

(c) Wird ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung die Ta­riffähig­keit ver­sagt, so wird sie in ih­rer ko­ali­ti­ons­spe­zi­fi­schen Betäti­gung er­heb­lich be­ein­träch­tigt. Ihr wird die recht­li­che Be­fug­nis ab­ge­spro­chen, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Außer­dem wird ihr ei­ne ef­fek­ti­ve Mit­glie­der­wer­bung, die eben­falls zur Betäti­gungs­frei­heit gehört (vgl. BVerfG 14. No­vem­ber 1995 - 1 BvR 601/92 - BVerfGE 93, 352 = AP GG Art. 9 Nr. 80 = EzA GG Art. 9 Nr. 60, zu B I 2 der Gründe), je­den­falls fak­tisch er­heb­lich er­schwert, weil sie nicht mit be­reits ge­schlos­se­nen oder demnächst zu schließen­den Ta­rif­verträgen, son­dern al­len­falls mit der Chan­ce wer­ben kann, sie wer­de mögli­cher­wei­se in Zu­kunft ta­riffähig wer­den.

(d) Die Ein­schränkung der Betäti­gungs­frei­heit, die da­mit ver­bun­den ist, dass zur An­er­ken­nung der Ta­riffähig­keit ei­ne ge­wis­se Mäch­tig­keit oder Durch­set­zungs­kraft ver­langt wird, be­darf da­her ver­fas­sungs­recht­lich ei­ner Recht­fer­ti­gung. Da­bei kommt es letzt­lich nicht dar­auf an, ob die Möglich­keit, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen, zum „Kern­be­reich“ der Ko­ali­ti­ons­frei­heit gehört (vgl. zur Klar­stel­lung der sog. Kern­be­reichs­for­mel BVerfG 14. No­vem­ber 1995 - 1 BvR 601/92 - BVerfGE 93, 352 = AP GG Art. 9 Nr. 80 = EzA GG Art. 9 Nr. 60). Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ver­bie­tet es das Grund­recht der Ko­ali­ti­ons­frei­heit, die Ta­riffähig­keit von Umständen abhängig zu ma­chen, die nicht von der Sa­che selbst, al­so von der im all­ge­mei­nen In­te­res­se lie­gen­den Auf­ga­be der Ord­nung und Be­frie­dung des Ar­beits­le­bens ge­for­dert sind (20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 1 der Gründe). Zur Recht­fer­ti­gung ei­ner Be­schränkung der Betäti­gungs­frei­heit grundsätz­lich ge­eig­net ist ins­be­son­de­re die im All­ge­mein­in­ter­es­se lie­gen­de Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie.

(aa) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ver­pflich­tet Art. 9 Abs. 3 GG den Staat da­zu, ein Ta­rif­ver­trags­sys­tem über­haupt erst be­reit zu stel­len; al­ler­dings ist es nicht Sinn der in Art. 9 Abs. 3 GG gewähr­leis­te­ten Ko­ali­ti­ons­frei­heit, dass der Ge­setz­ge­ber schlecht­hin je­de Ko­ali­ti­on zum Ab­schluss von Ta­rif­verträgen zulässt (18. No­vem­ber 1954 - 1 BvR 629/52 - BVerfGE 4, 96 = AP GG Art. 9 Nr. 1, zu

 

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C 2 b aa, bb der Gründe). Viel­mehr steht Ta­rif­au­to­no­mie von Ver­fas­sungs we­gen nur sol­chen Ko­ali­tio­nen zu, die in der La­ge sind, den von der staat­li­chen Rechts­ord­nung frei ge­las­se­nen Raum des Ar­beits­le­bens durch Ta­rif­verträge sinn­voll zu ge­stal­ten. Das setzt Ge­schlos­sen­heit der Or­ga­ni­sa­ti­on und Durch­set­zungs­kraft ge­genüber dem so­zi­alen Ge­gen­spie­ler vor­aus (24. Fe­bru­ar 1999 - 1 BvR 123/93 - BVerfGE 100, 214 = AP Be­trVG 1972 § 20 Nr. 18 = EzA GG Art. 9 Nr. 64, zu B II 2 b bb der Gründe). Die An­for­de­run­gen recht­fer­ti­gen sich aus der Funk­ti­on der Ta­rif­au­to­no­mie. Die­se ist dar­auf an­ge­legt, die struk­tu­rel­le Un­ter­le­gen­heit der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer beim Ab­schluss von Ta­rif­verträgen durch kol­lek­ti­ves Han­deln aus­zu­glei­chen und da­mit ein annähernd gleich­ge­wich­ti­ges Aus­han­deln der Löhne und Ar­beits­be­din­gun­gen zu ermögli­chen (26. Ju­ni 1991 - 1 BvR 779/85 - BVerfGE 84, 212, 229 = AP GG Art. 9 Ar­beits­kampf Nr. 117 = EzA GG Art. 9 Ar­beits­kampf Nr. 97, zu C I 3 b aa der Gründe; Die­te­rich RdA 2002, 1, 9).

(bb) Die mit­tels der Ta­rif­au­to­no­mie her­zu­stel­len­de sinn­vol­le Ord­nung des Ar­beits­le­bens ist zu­gleich Grund­la­ge der Pra­xis des Ge­setz­ge­bers, in vie­len Be­rei­chen den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en Re­ge­lungs­be­fug­nis­se zu­zu­wei­sen, die er aus Gründen des Ar­beit­neh­mer­schut­zes den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ver­sagt (vgl. Ri­char­di in FS Wißmann S. 159, 164). So ent­hal­ten zwin­gen­de Ar­beit­neh­mer­schutz­ge­set­ze häufig Ta­riföff­nungs­klau­seln, die es den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ge­stat­ten, von der ge­setz­li­chen Re­ge­lung auch zu Las­ten der Ar­beit­neh­mer ab­zu­wei­chen. Ent­spre­chen­de Klau­seln fin­den sich et­wa in § 622 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGB, in § 8 Abs. 4 Satz 3 und 4, § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 13 Abs. 4 Satz 1 und 2, § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 Tz­B­fG, in § 13 Abs. 1 BUrlG so­wie in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und 3 AÜG. Da­bei wird auch für Ar­beits­verhält­nis­se mit nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mern die Möglich­keit eröff­net, die für die Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re ge­setz­li­che Re­ge­lung ar­beits­ver­trag­lich durch ei­ne ungüns­ti­ge­re ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lung zu er­set­zen. Ei­ne für die Ar­beit­neh­mer ungüns­ti­ge ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lung kann sich da­her auch zum Nach­teil nicht ta­rif­ge­bun­de­ner Ar­beit­neh­mer aus­wir­ken. Auch die für Ar­beits­verträge gel­ten­de In­halts­kon­trol­le nach §§ 307 bis 309 BGB tritt gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB zurück, wenn der ein­schlägi­ge Ta­rif­ver­trag über­nom­men wird (vgl. Ri­char­di in FS Wißmann S. 159, 164; ders. in NZA 2002, 1057; Rieb­le in FS Wie­de­mann S. 519, 527; Däubler NZA 2001, 1329, 1334). Er­heb­li­che Ver­ant­wor­tung für den Schutz der Ar­beit­neh­mer wird den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en fer­ner durch §§ 7, 12 Arb­ZG über­tra­gen. Nicht zu­letzt sus­pen­diert § 87 Abs. 1 Ein­gangs­halbs. Be­trVG Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats, so­weit für die an­sons­ten mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge An­ge­le­gen­heit ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung be­steht.

 

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(cc) Die­se ge­setz­li­che Kon­zep­ti­on be­ruht auf der An­nah­me, dass Ta­rif­verträge ein größeres „Rich­tig­keits­ver­trau­en“ ge­nießen als der Ar­beits­ver­trag des Ein­zel­nen. Sie bie­ten nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ei­ne ma­te­ri­el­le Rich­tig­keits­gewähr (10. Ju­ni 1980 - 1 AZR 168/79 - BA­GE 33, 185 <in­so­weit nicht ver­öffent­licht> = AP GG Art. 9 Ar­beits­kampf Nr. 65, zu A I 1 c der Gründe; 18. Ja­nu­ar 2001 - 2 AZR 619/99 - EzA BGB nF § 622 Nr. 62, zu II 3 b der Gründe; 24. Fe­bru­ar 2004 - 3 AZR 10/02 -, zu B II 4 a der Gründe mwN; 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - BA­GE 110, 79, zu I 2 b der Gründe). Auf Grund des Ver­hand­lungs­gleich­ge­wichts der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die ver­ein­bar­ten ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen den In­ter­es­sen bei­der Sei­ten ge­recht wer­den und kei­ner Sei­te ein un­zu­mut­ba­res Über­ge­wicht ver­mit­teln (BAG 10. Ju­ni 1980 - 1 AZR 168/79 - aaO; 3. Ok­to­ber 1969 - 3 AZR 400/68 - BA­GE 22, 144, zu IV 3 der Gründe). Die­se An­nah­me der Rich­tig­keits­gewähr von Ta­rif­verträgen ver­langt grundsätz­lich da­nach, die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung von ei­ner ge­wis­sen Durch­set­zungs­kraft und Mäch­tig­keit ab­hängig zu ma­chen. Zwar ist es den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen nicht ver­wehrt zu ü­ber­prüfen, ob Ta­rif­verträge mit zwin­gen­dem Ge­set­zes­recht oder ge­set­zes­ver­tre­ten­dem Richter­recht (vgl. zu ei­ner ta­rif­ver­trag­li­chen Al­ters­gren­ze von 55 Jah­ren für das Ka­bi­nen­per­so­nal BAG 31. Ju­li 2002 - 7 AZR 140/01 - BA­GE 102, 65), mit ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­ten Frei­heits- und Gleich­heits­rech­ten (vgl. da­zu BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BA­GE 111, 8, zu B II 3 a, b der Gründe) so­wie mit ele­men­ta­ren Ge­rech­tig­keits­an­for­de­run­gen (vgl. da­zu BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - BA­GE 110, 79, zu I 2 a bb der Gründe) ver­ein­bar sind. Die ge­richt­li­chen Kon­trollmöglich­kei­ten be­tref­fen aber le­dig­lich die äußers­ten Gren­zen zulässi­ger ta­rif­li­cher Re­ge­lun­gen. Sie sind nicht auf ei­ne Prüfung an­ge­legt, ob die­se ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich der In­ter­es­sen von Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern dar­stel­len.

(3) Das Er­for­der­nis der Mäch­tig­keit verstößt auch nicht ge­gen ge­mein­schafts­recht­li­che oder völker­recht­li­che Vor­ga­ben. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­tei­lig­ten zu 3), 9), 10) und 12) bis 17) be­stand kei­ne Ver­an­las­sung, den EuGH nach Art. 234 EG um ei­ne Vor­ab­ent­schei­dung zu er­su­chen. Es stellt sich im vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang kei­ne ent­schei­dungs­er­heb­li­che ge­mein­schafts­recht­li­che Fra­ge, die dem EuGH zulässi­ger­wei­se vor­ge­legt wer­den könn­te. Ins­be­son­de­re ist nicht zu er­ken­nen, in­wie­fern es auf ei­ne Aus­le­gung des EG-Ver­trags oder von EG-Richt­li­ni­en an­kom­men soll­te.

(a) Die Erwägung der Be­tei­lig­ten zu 3), 9), 10), 12) bis 17), durch das Er­for­der­nis der Mäch­tig­keit sei der Dienst­leis­tungs­ver­kehr iSv. Art. 49 EG in­so­fern tan­giert, als

 

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Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gun­gen aus an­de­ren Mit­glied­staa­ten die Tätig­keit in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land er­schwert wer­de, er­scheint zu fern lie­gend, als dass sie ge­eig­net wäre, ei­ne An­fra­ge beim EuGH zu recht­fer­ti­gen. Die Ge­werk­schaf­ten er­brin­gen ge­genüber ih­ren Mit­glie­dern - je­den­falls in der Haupt­sa­che - kei­ne Dienst­leis­tun­gen iSv. Art. 50 EG (vgl. da­zu auch BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 141/04 - AP GG Art. 9 Nr. 124 = EzA GG Art. 9 Nr. 84, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu I 2 a bb (2) der Gründe). Dies gilt ins­be­son­de­re für den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen. Ih­re Leis­tun­gen er­fol­gen im Übri­gen auch nicht in Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht (vgl. zu die­sem Er­for­der­nis Tied­je/Tro­berg in von der Gro­eben/Schwar­ze Art. 50 EG Rn. 7).

(b) Außer­dem dürf­te die Ta­riffähig­keit nach Art. 137 Abs. 5 EG oh­ne­hin von der Re­ge­lungs­be­fug­nis der Ge­mein­schaft aus­ge­nom­men sein. Es han­delt sich um ei­ne Fra­ge des „Ko­ali­ti­ons­rechts“ (vgl. Kreb­ber in Cal­liess/Ruf­fert EUV/EGV 2. Aufl. Art. 137 Rn. 9 mwN). Die Her­aus­nah­me geht zurück auf die un­ter­schied­li­chen Vor­stel­lun­gen von der Funk­ti­on der Ta­rif­verträge und ih­rer recht­li­chen Wir­kung in den ein­zel­nen Mit­glied­staa­ten (vgl. Wißmann RdA 1999, 152, 157; Birk RdA 1995, 71, 72 f.). Es ist in­so­weit „auch kein un­ge­schrie­be­ner Grund­satz des Ge­mein­schafts­rechts aus­zu­ma­chen“ (Wißmann aaO). In den meis­ten Rechts­ord­nun­gen der EG-Mit­glie­der gel­ten nicht et­wa al­le Ko­ali­tio­nen un­ter­schieds­los als ta­riffähig (vgl. Birk aaO S. 74).

(c) Das Er­for­der­nis der Mäch­tig­keit verstößt auch nicht ge­gen die - vom Se­nat zu be­ach­ten­de (vgl. 10. De­zem­ber 2002 - 1 AZR 96/02 - BA­GE 104, 155, zu B I 2 a der Gründe) - Eu­ropäische So­zi­al­char­ta (ESC). Die­se enthält kei­ne Re­ge­lun­gen über die An­for­de­run­gen, die an die Ta­riffähig­keit ei­ner Ge­werk­schaft zu stel­len sind. Glei­ches gilt für Art. 11 Abs. 1 EM­RK.

bb) Auch das richter­recht­lich ent­wi­ckel­te Er­for­der­nis der or­ga­ni­sa­to­ri­schen Leis­tungsfähig­keit ei­ner ta­riffähi­gen Ge­werk­schaft ist im In­ter­es­se ei­ner funk­tio­nie­ren­den Ta­rif­au­to­no­mie ge­bo­ten und ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

(1) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats muss ei­ne Ge­werk­schaft von ih­rem or­ga­ni­sa­to­ri­schen Auf­bau her in der La­ge sein, die ihr ge­stell­ten Auf­ga­ben zu erfüllen. Der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen er­for­dert Vor­be­rei­tun­gen. Hierfür sind die wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen und sons­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen zu be­ob­ach­ten und zu pro­gnos­ti­zie­ren, um dar­aus die Ta­rif­for­de­run­gen zu ent­wi­ckeln. Auch muss die tatsächli­che Durchführung ei­nes Ta­rif­ver­trags über­wacht und ab­ge­si­chert wer­den. Das

 

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Ver­hand­lungs­er­geb­nis, das re­gelmäßig Kom­pro­miss­cha­rak­ter hat, muss ver­band­sin­tern ver­mit­telt und durch­ge­setzt wer­den (14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e der Gründe; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B II 2 b bb der Gründe). An den er­for­der­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­auf­bau können da­bei kei­ne star­ren Min­dest­an­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Maßgeb­lich sind auch in­so­weit die Umstände des Ein­zel­falls. Ent­schei­dend ist, ob die Or­ga­ni­sa­ti­on ih­re Auf­ga­ben in dem selbst be­stimm­ten Zuständig­keits­be­reich erfüllen kann. Er­streckt sich die­ser auf das ge­sam­te Bun­des­ge­biet und auf Ar­beit­neh­mer in ei­ner Viel­zahl von Be­ru­fen und Spar­ten, wird re­gelmäßig ei­ne er­heb­li­che or­ga­ni­sa­to­ri­sche Aus­stat­tung auch in der Fläche er­for­der­lich sein (vgl. BAG 16. Ja­nu­ar 1990 - 1 ABR 10/89 - BA­GE 64, 16, zu B IV 3 der Gründe). Be­schränkt ei­ne Ge­werk­schaft ih­re Zuständig­keit da­ge­gen auf ei­ne Be­rufs­grup­pe und räum­lich we­ni­ge Schwer­punk­te, kann auch ein re­la­tiv klei­ner, zen­tra­li­sier­ter Ap­pa­rat aus­rei­chen, um Ta­rif­ver­hand­lun­gen ef­fek­tiv zu führen, die Durchführung von Ta­rif­verträgen zu über­wa­chen und ab­zu­si­chern so­wie die Mit­glie­der zu be­treu­en (BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO, zu B III 2 e der Gründe).

(2) Der mit dem Er­for­der­nis der or­ga­ni­sa­to­ri­schen Leis­tungsfähig­keit ver­bun­de­ne Ein­griff in die Betäti­gungs­frei­heit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ist im In­ter­es­se ei­ner funk­ti­onsfähi­gen Ta­rif­au­to­no­mie ge­recht­fer­tigt. Die­se ist oh­ne ei­ne leis­tungsfähi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on der ta­rif­sch­ließen­den Par­tei­en nicht gewähr­leis­tet. Al­ler­dings dürfen auch in­so­weit die An­for­de­run­gen an die er­for­der­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on nicht über­spannt wer­den. Art. 9 Abs. 3 GG überlässt ei­ner Ko­ali­ti­on grundsätz­lich die Wahl der Mit­tel, die sie bei ih­rer ko­ali­ti­ons­spe­zi­fi­schen Betäti­gung für ge­eig­net und er­for­der­lich hält (BAG 28. Feb­ru­ar 2006 - 1 AZR 460/04 - zur Veröffent­li­chung vor­ge­se­hen <zVv.>, zu B II 1 c dd (4) der Gründe mwN). Dem­ent­spre­chend un­terfällt die Art und Wei­se der in­ner­ge­werk-schaft­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on grundsätz­lich der Betäti­gungs­frei­heit der Ko­ali­ti­on. Meist wird ei­ne leis­tungsfähi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on ei­nen haupt­amt­li­chen Mit­ar­bei­te­rap­pa­rat er­for­dern. Un­ab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung ist die Beschäfti­gung haupt­amt­li­cher Mit­ar­bei­ter aber nicht. Es ist nicht von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen, ei­ne leis­tungsfähi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on auf der Grund­la­ge eh­ren­amt­li­cher Mit­ar­beit auf­zu­bau­en (BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Ver­öffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e der Gründe).

cc) Ei­ne de­mo­kra­ti­sche Bin­nen­struk­tur hat die Recht­spre­chung - ent­ge­gen der von der IG Me­tall im Rechts­be­schwer­de­ver­fah­ren wohl ver­tre­te­nen Auf­fas­sung - als

 

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We­sens­merk­mal ei­ner ta­riffähi­gen Ge­werk­schaft bis­lang nicht aus­drück­lich ver­langt (vgl. zu­letzt BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO). Auch A III 2 des Staats­ver­trags vom 18. Mai 1990 nennt die­ses Merk­mal nicht. Glei­ches gilt - im Un­ter­schied zu Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG - für Art. 9 Abs. 3 GG. Zwar mag die Not­wen­dig­keit ei­ner mit­glied­schaft­li­chen Le­gi­ti­ma­ti­on der durch den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen wahr­ge­nom­me­nen Rechts­set­zungs­be­fug­nis ge­wis­se Min­dest­an­for­de­run­gen an die de­mo­kra­ti­sche Ver­fas­sung ei­ner Ge­werk­schaft stel­len. So­fern die Sta­tu­ten ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung aber grundsätz­lich die Gleich­heit der Mit­glie­der und de­ren Teil­nah­me am in­ner­ver­band­li­chen Wil­lens­bil­dungs­pro­zess vor­se­hen, be­steht kein Grund, die Ta­riffä­hig­keit der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung we­gen et­wai­ger De­fi­zi­te in der de­mo­kra­ti­schen Bin­nen­struk­tur in Fra­ge zu stel­len.

2. Die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung für den be­an­spruch­ten Zu­ständig­keits­be­reich ist ein­heit­lich und un­teil­bar. Hierfür genügt es, dass die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung Durch­set­zungs­kraft und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Leis­tungsfähig­keit in ei­nem zu­min­dest nicht un­er­heb­li­chen Teil des be­an­spruch­ten Zuständig­keits­be­reichs be­sitzt. Ei­ne par­ti­el­le, auf be­stimm­te Re­gio­nen, Be­rufs­krei­se oder Bran­chen be­schränk­te Ta­riffähig­keit gibt es nicht.

a) Das Kon­zept ei­ner un­teil­ba­ren, an ei­ne si­gni­fi­kan­te Re­präsen­tanz an­knüpfen­ den Ta­riffähig­keit ent­spricht dem All­ge­mein­in­ter­es­se an ei­ner funk­ti­onsfähi­gen Ta­rif­au­to­no­mie und ist ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich. Die Mäch­tig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung in ei­nem zu­min­dest nicht un­be­deu­ten­den Teil des von ihr be­an­spruch­ten Zuständig­keits­be­reichs lässt im Nor­mal­fall er­war­ten, dass sich die Ar­beit­neh­mer­ko­ali­ti­on auch in den Be­rei­chen, in de­nen es ihr an Durch­set­zungs­kraft fehlt, beim Ab­schluss von Ta­rif­verträgen nicht den For­de­run­gen der Ar­beit­ge­ber­sei­te un­ter­wirft. Da­bei lässt sich nicht ge­ne­ra­li­sie­rend an­ge­ben, wel­che re­la­ti­ve Größe der Teil­be­reich im Verhält­nis zum Ge­samt­be­reich ge­nau ha­ben muss, um die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ins­ge­samt als ta­riffähig an­se­hen zu können. Un­ter Berück­sich­ti­gung des Um­stands, dass die Ver­sa­gung der Ta­riffähig­keit ei­nen er­heb­li­chen Ein­griff in die Ko­ali­ti­ons­frei­heit dar­stellt, ist al­ler­dings ei­ne grund­rechts­freund­li­che, eher großzügi­ge Be­trach­tung ge­bo­ten.

b) Dem­ge­genüber ver­wirk­licht das Kon­zept ei­ner par­ti­el­len Ta­riffähig­keit/Ta­rif­unfähig­keit (vgl. insb. Rieb­le in FS Wie­de­mann S. 519, 526 ff.; fer­ner auch Löwisch/Rieb­le § 2 Rn. 37 f.; Dütz DB 1996, 2385, 2389, 2390; Bay­reu­ther BB 2005,

 

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2633, 2637 f.) zwar am kon­se­quen­tes­ten das Prin­zip, Ta­riffähig­keit dort, aber auch nur dort an­zu­er­ken­nen, wo sie mit ent­spre­chen­der Mäch­tig­keit der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ver­bun­den ist. Es be­geg­net aber aus Gründen der Rechts­si­cher­heit durch­grei­fen­den Be­den­ken (vgl. Do­er­lich Die Ta­riffähig­keit der Ge­werk­schaft S. 243 bis 323; Oet­ker in Schle­ef/Oet­ker Ta­rif­po­li­tik im Wan­del - Ei­ne ta­rif­po­li­ti­sche und ta­rif­recht­li­che Stu­die am Bei­spiel des Ta­rif­kon­flikts bei der JEN­OP­TIK AG; Wie­de­mann/Oet­ker § 2 Rn. 314; HWK-Her­genröder Art. 9 GG Rn. 52, 58; Kis­sel Ar­beits­kampf­recht § 9 Rn. 34; Ben­ecke SAE 1998, 60, 65 f.). Wäre die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung je­weils nach Re­gi­on, Be­rufs­zweig oder Bran­che un­ter­schied­lich zu be­ur­tei­len, entstün­de ei­ne die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie ernst­haft gefähr­den­de Un­si­cher­heit. Es würde sich bei je­dem Ta­rif­ver­trag die Fra­ge stel­len, ob die ihn ab­sch­ließen­de Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung im je­wei­li­gen räum­li­chen oder fach­li­chen Be­reich Durch­set­zungs­kraft und da­mit (par­ti­el­le) Ta­riffähig­keit be­sitzt. Schwer zu be­stim­men wären zu­dem die räum­li­chen Gren­zen, in­ner­halb de­rer Ta­riffähig­keit be­steht oder nicht be­steht. Bei ei­ner Flächen­ge­werk­schaft käme zwar mögli­cher­wei­se ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung nach Lan­des­verbänden in Be­tracht. Es könn­te dann aber über die Ta­riffähig­keit hin­sicht­lich je­der po­li­ti­schen Länder­ein­heit ge­strit­ten wer­den. Ent­spre­chen­de Dif­fe­ren­zie­run­gen wären kon­se­quen­ter­wei­se auch auf die be­reits „eta­blier­ten“ Ge­werk­schaf­ten zu er­st­re­cken. Mit der sich dar­aus er­ge­ben­den Rechts­un­si­cher­heit wären für das Funk­tio­nie­ren der Ta­rif­au­to­no­mie weit größere Ge­fah­ren ver­bun­den als mit der An­er­ken­nung der ge­ne­rel­len Ta­riffähig­keit ei­ner in be­stimm­ten Re­gio­nen oder Bran­chen (noch) nicht mäch­ti­gen Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung.

c) Eben­falls nicht tragfähig wäre es, die Ta­riffähig­keit ins­ge­samt zu ver­sa­gen, wenn die Durch­set­zungs­kraft oder or­ga­ni­sa­to­ri­sche Leis­tungsfähig­keit in ir­gend­ei­nem Teil­be­reich fehlt. Zwar ist die Or­ga­ni­sa­ti­onsstärke grundsätz­lich im Verhält­nis zu dem von der Ar­beit­neh­mer­ko­ali­ti­on selbst gewähl­ten räum­li­chen und fach­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich zu be­wer­ten; in die­sem muss sie sich ge­genüber der Ar­beit­ge­ber­sei­te durch­set­zen können (BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e aa der Gründe). Auch liegt es in der Ent­schei­dungs­macht und der Ver­ant­wor­tung ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, in ih­rer Sat­zung die Ta­rif­zuständig­keit nicht für Be­rei­che zu be­an­spru­chen, in de­nen sie nicht durch­set­zungsfähig ist. Gleich­wohl wäre ei­ne der­ar­ti­ge An­for­de­rung an die Ta­riffähig­keit mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht ver­ein­bar. Sie würde nicht nur da­zu führen, dass ei­ne an­er­kann­te Ge­werk­schaft ih­re Ta­riffähig­keit ins­ge­samt ver­lie­ren könn­te, wenn sie in ei­nem Teil­be­reich kei­ne

 

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Durch­set­zungs­kraft mehr be­sitzt. Viel­mehr würde die­se Kon­se­quenz auch ein­tre­ten, wenn ei­ne ta­riffähi­ge Ge­werk­schaft ih­ren bis­he­ri­gen Zuständig­keits­be­reich durch Sat­zungsände­rung auf Be­rei­che er­streckt, in de­nen sie - noch - nicht übe­r­all über die er­for­der­li­che Durch­set­zungs­kraft verfügt (vgl. hier­zu BAG 27. Sep­tem­ber 2005 - 1 ABR 41/04 - EzA TVG § 2 Ta­rif­zuständig­keit Nr. 9 = NZA 2006, 273). Dies wi­derspräche dem durch Art. 9 Abs. 3 GG gewähr­leis­te­ten Recht, den Zuständig­keits­be­reich ei­gen­ver­ant­wort­lich fest­zu­le­gen (vgl. BAG 14. De­zem­ber 1999 - 1 ABR 74/98 - BA­GE 93, 380, zu B III 2 a der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO, zu B III 2 e der Gründe; 27. Sep­tem­ber 2005 - 1 ABR 41/04 - aaO, zu B II 1 a aa der Gründe).

d) Um­ge­kehrt kann die Durch­set­zungs­kraft in ir­gend­ei­nem Teil­be­reich nicht stets die Ta­riffähig­keit für den Ge­samt­be­reich be­gründen. Auch da­mit wären ganz er­heb­li­che Ge­fah­ren für das Funk­tio­nie­ren der Ta­rif­au­to­no­mie ver­bun­den. Von ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, die nur in ei­nem klei­nen, un­be­deu­ten­den Teil ei­nes räum­lich und fach­lich sehr wei­ten Zuständig­keits­be­reichs durch­set­zungsfähig ist, kann nicht er­war­tet wer­den, dass sie flächen­de­ckend in der La­ge ist, ta­rif­li­che Re­ge­lun­gen aus­zu­han­deln, die den In­ter­es­sen bei­der Sei­ten ge­recht wer­den.

3. Für die ge­richt­li­che Prüfung der Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ist we­sent­lich, ob die­se be­reits ak­tiv am Ta­rif­ge­sche­hen teil­ge­nom­men hat. Hat ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung schon in nen­nens­wer­tem Um­fang Ta­rif­verträge ge­schlos­sen, be­legt dies re­gelmäßig ih­re Durch­set­zungs­kraft und Leis­tungsfähig­keit. Das gilt so­wohl für den Ab­schluss von ori­ginären Ta­rif­verträgen als auch für den Ab­schluss von Aner­ken­nungs­ta­rif­verträgen. Die In­dizwir­kung entfällt nur aus­nahms­wei­se, wenn es sich um Schein- oder Gefällig­keits­ta­rif­verträge oder um Ta­rif­verträge han­delt, die auf ei­nem ein­sei­ti­gen Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te be­ru­hen. Hierfür be­darf es be­son­de­rer An­halts­punk­te. Hat die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung da­ge­gen noch nicht ak­tiv am Ta­rif­ge­sche­hen teil­ge­nom­men, be­darf es der Dar­le­gung von Tat­sa­chen, die den Schluss recht­fer­ti­gen, die Ar­beit­ge­ber­sei­te wer­de die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung vor­aus­sicht­lich nicht igno­rie­ren können.

a) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats (vgl. ins­be­son­de­re zu­letzt 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e der Gründe mwN) kann sich die Durch­set­zungs­kraft ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung dar­in zei­gen, dass sie schon ak­tiv in den Pro­zess der ta­rif­li­chen Re­ge­lung von Ar­beits-

 

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be­din­gun­gen ein­ge­grif­fen hat (25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B II 3 d der Gründe; 16. Ja­nu­ar 1990 - 1 ABR 10/89 - BA­GE 64, 16, zu B II 2 der Gründe; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B II 1, 2 b aa der Gründe). Da­bei können auch An­schluss­ta­rif­verträge ein An­zei­chen für Durch­set­zungs­kraft sein. Die­ses In­diz ist aber dann nicht aus­rei­chend, wenn es sich bei den Ta­rif­verträgen um Schein- oder Gefällig­keits­ta­rif­verträge han­delt oder wenn sie auf ei­nem Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te be­ru­hen (vgl. 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B I 4 der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO). Die Durch­set­zungs­kraft ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung kann zu­dem an­hand ih­rer Mit­glie­der­zahl be­ur­teilt wer­den (vgl. 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - aaO, zu B II 2 b aa der Gründe). Die Or­ga­ni­sa­ti­ons­stärke ist da­bei im Verhält­nis zu dem von der Ar­beit­neh­mer­ko­ali­ti­on selbst gewähl­ten räum­li­chen und fach­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich zu be­wer­ten. In die­sem muss sie sich ge­genüber der Ar­beit­ge­ber­sei­te durch­set­zen können (vgl. BVerfG 20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 3 a der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - aaO). Bei ei­ner nur klei­nen Zahl von Mit­glie­dern kann sich die Möglich­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, emp­find­li­chen Druck auf den so­zia­len Ge­gen­spie­ler aus­zuüben, auch dar­aus er­ge­ben, dass es sich bei den or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­neh­mern um Spe­zia­lis­ten in Schlüssel­stel­lun­gen han­delt, die von der Ar­beit­ge­ber­sei­te im Fal­le ei­nes Ar­beits­kampfs kurz­fris­tig über­haupt nicht oder nur schwer er­setzt wer­den können (vgl. da­zu 9. Ju­li 1968 - 1 ABR 2/67 - BA­GE 21, 98, zu 2 der Gründe; 14. März 1978 - 1 ABR 2/76 - AP TVG § 2 Nr. 30, zu IV 2 der Gründe; 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - aaO, zu B II 2 b aa (1) der Gründe; vgl. auch BVerfG 20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - aaO, zu B I 3 b der Gründe).

b) An die­ser Recht­spre­chung hält der Se­nat fest. Dem­ent­spre­chend sind grund­sätz­lich zwei Aus­gangs­si­tua­tio­nen zu un­ter­schei­den.

aa) Ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, die mit dem so­zia­len Ge­gen­spie­ler noch kei­ner­lei Ver­ein­ba­run­gen - sei­en es Ta­rif­verträge, sei­en es sons­ti­ge Ko­ali­ti­ons­ver­ein­ba­run­gen - ge­schlos­sen hat, kann für sich nicht in An­spruch neh­men, ak­tiv in den Pro­zess der ta­rif­li­chen Re­ge­lung von Ar­beits­be­din­gun­gen ein­ge­grif­fen zu ha­ben. Da­bei han­delt es sich in der Re­gel um noch jun­ge Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gun­gen, die sich den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen erst zum Ziel ge­setzt ha­ben. Hier fehlt zunächst jeg­li­cher Be­leg dafür, dass die Ver­ei­ni­gung von der Ar­beit­ge­ber­sei­te über­haupt wahr- und ernst­ge­nom­men wird. Die Durch­set­zungs­kraft und Mäch­tig­keit lässt sich in die­sem Fall

 

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nur pro­gnos­tisch be­ur­tei­len. Da­zu hat die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, die Ta­riffähig­keit be­an­sprucht, Tat­sa­chen dar­zu­le­gen und im Streit­fall zu be­wei­sen, die den Schluss recht­fer­ti­gen, die Ar­beit­ge­ber­sei­te wer­de sie vor­aus­sicht­lich nicht igno­rie­ren und sich (Ta­rif-)Ver­hand­lun­gen auf Dau­er nicht ent­zie­hen können. Als hier­zu ge­eig­ne­te Tat­sa­chen kom­men ins­be­son­de­re die Or­ga­ni­sa­ti­onsstärke so­wie ggf. die Fähig­keit in Be­tracht, durch Ar­beit­neh­mer in Schlüssel­po­si­tio­nen Druck aus­zuüben.

bb) Die­ses Re­gel-Aus­nah­me-Verhält­nis kehrt sich um, wenn ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te im be­an­spruch­ten Zuständig­keits­be­reich oder in er­heb­li­chen Teil­be­rei­chen be­reits in nen­nens­wer­tem Um­fang Ta­rif­verträge ge­sch­los­sen hat. Zwar be­legt dies al­lein noch nicht zwin­gend ei­ne Ver­hand­lungsstärke, die aus­rei­chend wäre, ei­nen Ta­rif­ver­trag auch ge­gen den Wil­len der Ge­gen­sei­te - not­falls durch An­dro­hung oder Durchführung ei­nes Ar­beits­kamp­fes - durch­zu­set­zen. Do­ku­men­tiert ist aber, dass die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung vom so­zia­len Ge­gen­spie­ler wahr­ge­nom­men und zu­min­dest für so ge­wich­tig er­ach­tet wird, dass es „die Mühe lohnt“, mit ihr Ver­ein­ba­run­gen über Ar­beits­be­din­gun­gen ab­zu­sch­ließen. Im Übri­gen be­deu­tet Durch­set­zungs­kraft ge­genüber dem so­zia­len Ge­gen­spie­ler nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts nicht, „dass die Ar­beit­neh­mer-Ko­ali­ti­on die Chan­ce des vollständi­gen Sie­ges ha­ben muss“; es muss nur er­war­tet wer­den können, dass die Re­ge­lung der Ar­beits­be­din­gun­gen nicht ei­nem Dik­tat der an­de­ren Sei­te ent­springt (20. Ok­to­ber 1981 - 1 BvR 404/78 - BVerfGE 58, 233 = AP TVG § 2 Nr. 31 = EzA TVG § 2 Nr. 13, zu B I 2 der Gründe). In die­sen Fällen kann ty­pi­sie­ren­der­wei­se da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, die be­reits Ta­rif­verträge ge­schlos­sen hat, die hier­zu er­for­der­li­che Durch­set­zungs­kraft be­sitzt.

(1) Das gilt zum ei­nen für ori­ginär aus­ge­han­del­te, ei­genständi­ge Ta­rif­verträge.

Sie zei­gen, dass die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung in der La­ge ist, als Ko­ali­ti­on mit Ar­beit­ge­bern Ver­ein­ba­run­gen zur Re­ge­lung der Ar­beits­be­din­gun­gen zu schließen. Zu­gleich be­le­gen sie, dass die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung von der Ar­beit­ge­ber­sei­te wahr- und ernst­ge­nom­men wird. Ei­ne Aus­nah­me kommt nur in Be­tracht, wenn es sich um „Schein- oder Gefällig­keits­ta­rif­verträge“ oder um Ver­ein­ba­run­gen han­delt, „die auf ei­nem Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te“ be­ru­hen.

(a) Der Be­griff des „Schein­ta­rif­ver­trags“ meint nicht ein Schein­geschäft iSv. § 117 Abs. 1 BGB. Ein sol­ches setzt vor­aus, dass die Wil­lens­erklärun­gen nur zum Schein ab­ge­ge­ben wer­den. Dies wird auch bei Ver­ein­ba­run­gen, wel­che die Ar­beit­ge­ber­sei­te

 

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mit klei­ne­ren Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gun­gen schließt, meist nicht der Fall sein. Ge­meint sind die - sel­te­nen - Fälle, in de­nen es sich le­dig­lich der äußeren Form, nicht aber dem In­halt nach um Ta­rif­verträge han­delt.

Dem­ge­genüber er­fasst der Be­griff des „Gefällig­keits­ta­rif­ver­trags“ zum ei­nen Ver­ein­ba­run­gen, die von der Ar­beit­ge­ber­sei­te nur ge­schlos­sen wer­den, um der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ei­nen Ge­fal­len zu er­wei­sen, et­wa um ihr das Eti­kett ei­ner „Ge­werk­schaft“ zu ver­lei­hen (vgl. BAG 10. Sep­tem­ber 1985 - 1 ABR 32/03 - BA­GE 49, 322, zu B IV 3 der Gründe). Hierfür be­darf es be­son­de­rer An­halts­punk­te. Im Nor­mal­fall kann nicht an­ge­nom­men wer­den, die Ar­beit­ge­ber­sei­te schließe Ta­rif­verträge nur, um ei­ne ihr ge­neh­me Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ta­riffähig zu ma­chen. Ein der­ar­ti­ger Ver­dacht un­ter­stellt ei­ne lang­fris­tig ge­plan­te Stra­te­gie der Ar­beit­ge­ber­sei­te, die dar­auf an­ge­legt ist, ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung durch den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen mit­tel­bar zu stärken. Hier­von kann für den Re­gel­fall nicht aus­ge­gan­gen wer­den.

Zum an­de­ren können un­ter „Gefällig­keits­ta­rif­verträgen“ auch sol­che Ver­ein­ba­run­gen ver­stan­den wer­den, bei de­nen die Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung der Ar­beit­ge­ber­sei­te „gefällig“ ist. Von ei­nem Gefällig­keits­ta­rif­ver­trag in die­sem Sinn wird frei­lich nur in Fällen ei­nes kol­lu­si­ven Zu­sam­men­wir­kens der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te aus­ge­gan­gen wer­den können. Auch für ei­ne sol­che An­nah­me be­darf es des Vor­lie­gens be­son­de­rer An­halts­punk­te. Um sol­che kann es sich han­deln, wenn et­wa in ei­nem Ta­rif­ver­trag un­ter Aus­nut­zung ei­ner ge­setz­li­chen Ta­riföff­nungs­klau­sel ge­setz­li­che Min­dest­be­din­gun­gen oh­ne Kom­pen­sa­ti­on un­ter­schrit­ten wer­den oder ein be­son­ders kras­ses Miss­verhält­nis zwi­schen den ver­ein­bar­ten Leis­tun­gen vor­liegt. An­sons­ten ist es nicht Auf­ga­be der Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen, durch die Qua­li­fi­zie­rung ei­ner Ver­ein­ba­rung als „Gefällig­keits­ta­rif­ver­trag“ Ta­rif­zen­sur zu üben.

Das gilt auch für die An­nah­me, ein Ta­rif­ver­trag be­ru­he auf dem Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te. Hier­von wird eben­falls nur in Aus­nah­me­si­tua­tio­nen aus­ge­gan­gen wer­den können. Ei­ne sol­che liegt nicht schon dann vor, wenn ein von ei­ner „klei­nen“ Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ab­ge­schlos­se­ner Ta­rif­ver­trag für die Ar­beit­neh­mer ungüns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen enthält als der von ei­ner „mäch­ti­gen“ Ge­werk­schaft ge­schlos­se­ne (vgl. BAG 6. Ju­ni 2000 - 1 ABR 10/99 - BA­GE 95, 36, zu B II 2 b aa der Gründe). Wenn ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung et­wa zum Zwe­cke der Beschäfti­gungs­si­che­rung „Kon­zes­sio­nen“ bei den Ar­beits­be­din­gun­gen für an­ge­mes­sen hält, recht­fer­tigt dies nicht die An­nah­me, der Ta­rif­ver­trag be­ru­he auf ei­nem Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te. Da­bei ver­kennt der Se­nat nicht die Ge­fahr, dass sich ein­zel­ne Ar­beit­ge­ber ei­ne „schwäche­re“ Ge­werk-

 

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schaft zum Ab­schluss ei­nes - ge­genüber dem Flächen­ta­rif­ver­trag - spe­zi­el­le­ren Haus­ta­rif­ver­trags „aus­su­chen“, um mit­tels der in Fällen der Ta­rifp­lu­ra­lität vom Bun­de­sar­beits­ge­richt bis­lang ver­tre­te­nen - ver­fas­sungs­recht­lich um­strit­te­nen - Leh­re von der Ta­rif­ein­heit (vgl. 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - BA­GE 67, 330, zu B II 3 der Gründe; 4. De­zem­ber 2002 - 10 AZR 113/02 - AP TVG § 4 Ta­rif­kon­kur­renz Nr. 28 = EzA TVG § 4 Ta­rif­kon­kur­renz Nr. 17, zu II 1 d aa der Gründe mwN; vgl. zum Prin­zip der Ta­rif­ein­heit in Fällen der Ta­rif­kon­kur­renz zu­letzt 23. März 2005 - 4 AZR 203/04 - AP TVG § 4 Ta­rif­kon­kur­renz Nr. 29 = EzA TVG § 4 Ta­rif­kon­kur­renz Nr. 18, zu I 1 a der Gründe; vgl. zur Kri­tik dar­an et­wa Hes­si­sches LAG 2. Mai 2003 - 9 Sa­Ga 636/03 - NZA 2003, 679; ErfK/Die­te­rich Art. 9 GG Rn. 82; Däubler/Zwan­zi­ger TVG § 4 Rn. 943 ff. je­weils mwN) ei­nen ih­nen un­be­que­men Flächen­ta­rif­ver­trag zu ver­drängen. Die­se Pro­ble­ma­tik kann je­doch ver­fas­sungs­kon­form nicht durch erhöhte An­for­de­run­gen an die Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung gelöst wer­den; hier­auf ha­ben die be­tei­lig­ten Ar­beit­ge­ber­verbände zu­tref­fend hin­ge­wie­sen.

(b) Das Vor­lie­gen ei­nes Schein- oder ei­nes Gefällig­keits­ta­rif­ver­trags oder ei­nes auf dem ein­sei­ti­gen Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te be­ru­hen­den Ta­rif­ver­trags ent­kräftet des­sen in­di­zi­el­le Wir­kung. Es hat aber nicht zur Fol­ge, dass da­mit auch die in­di­zi­el­le Wir­kung al­ler übri­gen von der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge ent­fie­le. Erst ei­ne Viel­zahl sol­cher Ta­rif­verträge kann die in­di­zi­el­le Wir­kung der Ge­samt­heit der von der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge in Fra­ge stel­len.

(2) In­di­zi­el­le Wir­kung für das Vor­lie­gen der so­zia­len Mäch­tig­keit ent­fal­ten auch die von ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung in nen­nens­wer­tem Um­fang ge­schlos­se­nen sog. An­er­ken­nungs- oder An­schluss­ta­rif­verträge, mit de­nen die­se für die von ihr ver­tre­te­nen Ar­beit­neh­mer die von ei­ner an­de­ren Ge­werk­schaft mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te ver­ein­bar­ten Ta­rif­verträge über­nimmt. Sol­che Ta­rif­verträge sind ein zu­verlässi­ges An­zei­chen dafür, dass die Ver­ei­ni­gung von den Ar­beit­ge­bern ernst­ge­nom­men wird und Durch­set­zungs­kraft be­sitzt (vgl. BAG 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B II 4 der Gründe; 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e der Gründe). An der im Be­schluss vom 14. März 1978 (- 1 ABR 2/76 - AP TVG § 2 Nr. 30, zu IV 5 der Gründe) geäußer­ten Einschätzung, An­schluss­ta­rif­ver­träge würden „in al­ler Re­gel ... dem Ver­hand­lungsüber­ge­wicht der ei­nen Sei­te (ent­sprin­gen), die ih­ren Geg­ner über­haupt nicht als so­zia­len Ge­gen­spie­ler ernst nimmt“,

 

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hält der Se­nat nicht fest. Zum ei­nen ist es eher ein Zei­chen von Stärke als von Schwä­che der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung, wenn es ihr ge­lingt, durch den Ab­schluss von An­schluss­ta­rif­verträgen die nor­ma­ti­ve Gel­tung ta­rif­li­cher Re­ge­lun­gen auch auf bis­lang nicht er­fass­te Ar­beits­verhält­nis­se zu er­stre­cken. Zum an­de­ren ist es nicht sach­ge­recht, von Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gun­gen zum Be­leg ih­rer Ta­riffähig­keit den Ab­schluss ori­ginä­rer Ta­rif­verträge zu ver­lan­gen. Ins­be­son­de­re dann, wenn ei­ne „große“ Ge­werk­schaft in ih­rem Zuständig­keits­be­reich be­reits ein­schlägi­ge Ta­rif­verträge ge­schlos­sen hat, wird es ei­ner „klei­ne­ren“, kon­kur­rie­ren­den Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung kaum je­mals ge­lin­gen, ei­nen für die Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­ren Ta­rif­ver­trag durch­zu­set­zen. Auch er­scheint es in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on an­ge­sichts des vom Bun­des­ar­beits­ge­richt bis­lang ver­tre­te­nen Prin­zips der Ta­rif­ein­heit und des prak­ti­schen Bedürf­nis­ses an ein­heit­li­chen ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen in­ner­halb ei­nes Be­triebs we­nig sinn­voll, durch ei­nen ori­ginären Ta­rif­ver­trag ab­wei­chen­de Ar­beits­be­din­gun­gen zu ver­ein­ba­ren. Der klei­ne­ren Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung bleibt - will sie nicht ei­nen Ta­rif­ver­trag mit schlech­te­ren Ar­beits­be­din­gun­gen schließen - kaum ei­ne an­de­re Möglich­keit als der Ab­schluss von An­schluss­ta­rif­verträgen.

In Fällen, in de­nen ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung ei­ne nen­nens­wer­te Zahl von An­schluss­ta­rif­verträgen ge­schlos­sen hat, be­darf es re­gelmäßig kei­ner nähe­ren Fest­stel­lun­gen da­zu, auf Grund wel­cher Umstände es zum Ab­schluss die­ser Ta­rif­ver­träge ge­kom­men ist und wel­cher Zweck mit ih­nen ver­folgt wird (so aber noch BAG 25. No­vem­ber 1986 - 1 ABR 22/85 - BA­GE 53, 347, zu B II 4 der Gründe). Gründe der Rechts­si­cher­heit, der Prak­ti­ka­bi­lität und ei­nes ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes spre­chen da­ge­gen, die Be­ur­tei­lung der Ta­riffähig­keit ei­ner Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung von den Umständen des Zu­stan­de­kom­mens der von ihr ge­schlos­se­nen An­schluss­ta­rif­verträge abhängig zu ma­chen. Je­den­falls für die am Ta­rif­ab­schluss nicht un­mit­tel­bar be­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mer und - bei Ver­bands­ta­rif­verträgen - Ar­beit­ge­ber entstünde da­durch ei­ne er­heb­li­che Rechts­un­si­cher­heit über die Wirk­sam­keit der für sie gel­ten­den Ta­rif­verträge, ken­nen sie doch re­gelmäßig die nähe­ren Umstände des Zu­stan­de­kom­mens nicht. Au­ßer­dem würde den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen mit der - von Amts we­gen vor­zu­neh­men­den - Aufklärung der Umstände des Zu­stan­de­kom­mens der An­schluss­ta­rif­verträge ei­ne kaum lösba­re Auf­ga­be über­tra­gen. Müss­ten im Streit­fall die Umstände des Zu­stan­de­kom­mens der et­wa 3.000 von der CGM ge­schlos­se­nen An­er­ken­nungs­ta­rif­ver­träge im Ein­zel­nen fest­ge­stellt und gewürdigt wer­den, würde das be­reits über neun Jah­re dau­ern­de Ver­fah­ren vor­aus­sicht­lich um Jah­re verlängert. Dies wäre mit dem Ge­bot der Gewährung ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes un­ver­ein­bar.

 

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(3) Ei­ne nen­nens­wer­te An­zahl be­reits ge­schlos­se­ner Ta­rif­verträge in­di­ziert re­gelmäßig auch die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Fähig­keit zu de­ren Vor­be­rei­tung und Ab­schluss. Dies gilt zwar nicht un­ein­ge­schränkt für die Fähig­keit, die tatsächli­che Durchführung ei­nes Ta­rif­ver­trags zu über­wa­chen und ab­zu­si­chern. Hierfür ent­fal­tet der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen al­len­falls be­grenzt in­di­zi­el­le Wir­kung. Soll die Betäti­gungs­frei­heit nicht in un­zulässi­ger Wei­se be­schränkt wer­den, dürfen aber auch in­so­weit kei­ne zu ho­hen An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Sonst lie­fen selbst „eta­blier­te“ Ge­werk­schaf­ten Ge­fahr, ih­re Ta­riffähig­keit zu ver­lie­ren. Die­se entfällt da­her nicht schon dann, wenn ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung per­so­nell nicht in der La­ge ist, die tatsächli­che Einhal­tung der von ihr ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge je­der­zeit und übe­r­all vor Ort ef­fek­tiv zu über­wa­chen. Viel­mehr genügt es, wenn die­se Möglich­keit im Be­darfs­fall gewähr­leis­tet ist. Die Ta­rif­au­to­no­mie darf nicht ge­ra­de da­durch gefähr­det wer­den, dass an das letzt­lich nur ihr selbst die­nen­de Merk­mal der Ta­riffähig­keit übermäßige An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Auch gilt es zu be­ach­ten, dass an­ge­sichts der im­mer bes­ser wer­den­den Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­onsmöglich­kei­ten der An­we­sen­heit ge­werk­schaft­li­cher haupt­amt­li­cher Ver­tre­ter vor Ort nicht mehr die­sel­be Be­deu­tung zu­kommt wie früher.

c) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der IG Me­tall muss ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung bei ei­nem Streit über ih­re Ta­riffähig­keit nicht den Nach­weis führen, dass sie in dem Ta­rif­be­reich über ei­ne be­stimm­te Min­dest­mit­glie­der­zahl verfügt, auf wel­che die ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge nach § 4 Abs. 1 TVG un­mit­tel­bar An­wen­dung fin­den. Das „Ver­tre­ten­sein“ in Be­trie­ben, die dem räum­li­chen und fach­li­chen Gel­tungs­be­reich ei­nes Ta­rif­ver­trags un­ter­fal­len, ist kei­ne not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für die Ta­riffähig­keit. Aus dem Um­stand ge­rin­ger oder feh­len­der Re­präsen­tanz kann auch nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den, ein gleich­wohl ge­schlos­se­ner Ta­rif­ver­trag die­ne an­de­ren Zwe­cken als der Re­ge­lung von Ar­beits­be­din­gun­gen und der Wahr­neh­mung der In­ter­es­sen der Ar­beit­neh­mer. Im Übri­gen kann sich ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung aus dem Ab­schluss von Ta­rif­verträgen ei­nen Wer­be­ef­fekt und den Bei­tritt neu­er Mit­glie­der ver­spre­chen. Et­was an­de­res könn­te dann gel­ten, wenn ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung gar nicht die Ab­sicht ver­folgt, in dem be­tref­fen­den Be­reich Ar­beit­neh­mer zu or­ga­ni­sie­ren. In ei­nem sol­chen Fall spräche vie­les dafür, dass mit dem Ta­rif­ver­trag ein an­de­rer Zweck ver­folgt wird als der­je­ni­ge, die Ar­beits­be­din­gun­gen der Mit­glie­der zu re­geln. Im Re­gel­fall ist aber die An­nah­me be­rech­tigt, dass ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung den mit dem Ab­schluss ei­nes Ta­rif­ver­trags für sie ver­bun­de­nen fi­nan­zi­el­len und per­so­nel­len Auf­wand nur be­treibt, wenn sie in dem Ta­rif­be­reich be­reits Mit­glie­der hat oder sich sol­che durch den Ta­rif­ab­schluss zu­min­dest ver­spricht. Ein an­de­res Ver­hal­ten wäre völlig un­wirt-

 

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schaft­lich, den ei­ge­nen Mit­glie­dern ge­genüber nicht ver­tret­bar und al­len­falls durch ein kol­lu­si­ves Zu­sam­men­wir­ken mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te zu erklären.

4. Hier­nach ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt mit über­wie­gend zu­tref­fen­der Be­grün­dung zu Recht zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass die CGM ta­riffähig ist.

a) Die CGM hat sich in § 2 ih­rer Sat­zung ua. die Auf­ga­be ge­stellt, die In­ter­es­sen ih­rer Mit­glie­der in de­ren Ei­gen­schaft als Ar­beit­neh­mer wahr­zu­neh­men, und ist wil­lens, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Sie ist frei ge­bil­det und er­kennt das gel­ten­de Ta­rif­recht an. Sie ist über­be­trieb­lich or­ga­ni­siert, geg­ner­frei und be­sitzt die er­for­der­li­che Geg­ner­un­abhängig­keit. Al­le die­se Vor­aus­set­zun­gen wer­den von kei­nem der Be­tei­lig­ten in Zwei­fel ge­zo­gen.

b) Wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt im Er­geb­nis zu Recht er­kannt hat, verfügt die CGM über die zur An­er­ken­nung ih­rer Ta­riffähig­keit er­for­der­li­che so­zia­le Mäch­tig­keit.

aa) Ob hierfür be­reits ih­re Or­ga­ni­sa­ti­onsstärke aus­rei­chend ist, er­scheint al­ler­dings frag­lich. Da die Or­ga­ni­sa­ti­onsstärke „im Verhält­nis zu dem von der Ar­beit­neh­mer­ko­ali­ti­on selbst gewähl­ten räum­li­chen und fach­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich zu be­wer­ten ist“ (BAG 14. De­zem­ber 2004 - 1 ABR 51/03 - AP TVG § 2 Ta­riffähig­keit Nr. 1 = EzA TVG § 2 Nr. 27, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen, zu B III 2 e aa der Gründe), be­ste­hen nicht un­er­heb­li­che Be­den­ken, ob selbst die von der CGM be­haup­te­te Zahl von bun­des­weit 88.044 in ei­nem Ar­beits­verhält­nis ste­hen­den Mit­glie­dern - nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts kann oh­ne­hin nur von et­wa 50.000 Mit­glie­dern aus­ge­gan­gen wer­den - al­lein genügen würde, um die Pro­gno­se zu recht­fer­ti­gen, die CGM wer­de von der Ar­beit­ge­ber­sei­te als Ta­rif­part­ner ernst­ge­nom­men wer­den. Im­mer­hin liegt da­mit bei ei­nem Zuständig­keits­be­reich von knapp 5,5 Mio. Ar­beit­neh­mern der Or­ga­ni­sa­ti­ons­grad bei le­dig­lich et­wa 1,6 %. Nach­dem die CGM ih­re Mit­glie­der­zah­len trotz ent­spre­chen­der Auf­for­de­rung durch das Ar­beits­ge­richt nicht wei­ter auf­ge­schlüsselt hat, ist auch nicht fest­stell­bar, dass es be­stimm­te räum­li­che oder fach­li­che Be­rei­che gibt, in de­nen der Or­ga­ni­sa­ti­ons­grad si­gni­fi­kant höher und da­her ei­ne Durch­set­zungs­kraft vor­han­den wäre, die es recht­fer­ti­gen würde, die Ta­riffähig­keit ins­ge­samt zu be­ja­hen. Sch­ließlich ist auch nicht er­kenn­bar, dass die CGM in be­stimm­ten Schlüssel­po­si­tio­nen so stark ver­tre­ten wäre, dass da­von aus­ge­gan­gen wer­den könn­te, die Ar­beit­ge­ber­sei­te wer­de sich im Hin­blick auf die­ses Druck­po­ten­ti­al ernst­haf­ten Ver­hand­lun­gen über die Re­ge­lung von Ar­beits­be­din­gun­gen nicht ent­zie­hen können. Die Fra­ge, ob al­lein der Or­ga­ni­sa­ti­ons­grad der CGM aus­rei-

 

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chend ist, um ih­re Durch­set­zungs­kraft zu be­ja­hen, kann je­doch da­hin­ste­hen. Da­her kommt es auch nicht dar­auf an, ob die hier­zu vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­stell­ten Erwägun­gen im Ein­zel­nen tragfähig sind.

bb) Das Aus­maß, in dem sich die CGM in der Ver­gan­gen­heit in das ta­rif­li­che Ge­sche­hen ak­tiv ein­ge­mischt hat, be­legt, dass sie in wei­ten Be­rei­chen von der Ar­beit­ge­ber­sei­te wahr- und ernst­ge­nom­men wird.

(1) Hierfür sind schon die weit­ge­hend für den Be­reich der In­dus­trie ab­ge­sch­los­se­nen An­schluss­ta­rif­verträgen hin­rei­chen­der Be­leg.

(a) Ent­ge­gen der Be­ur­tei­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts können die von der CGM ver­ein­bar­ten An­schluss­ta­rif­verträge als ge­wich­ti­ges In­diz für ih­re Ta­riffähig­keit ge­wer­tet wer­den. Da­bei ist nicht ent­schei­dend, in­wie­weit sich die CGM mit ei­ge­nen ta­rif­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen hat durch­set­zen können. Viel­mehr macht der Ab­schluss von et­wa 3.000 An­schluss­ta­rif­verträgen hin­rei­chend deut­lich, dass sich die CGM als Ta­rif­ver­trags­par­tei eta­bliert hat und von der Ar­beit­ge­ber­sei­te an­er­kannt wird. „Ori­gi­na­lität“ im Sin­ne der Durch­set­zung ei­ge­ner ta­rif­po­li­ti­scher Vor­stel­lun­gen ist kei­ne not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für Ta­riffähig­keit. Es mag für die IG Me­tall miss­lich sein, wenn die CGM von ih­ren Ta­rif­ver­hand­lun­gen und Ta­rif­ab­schlüssen pro­fi­tiert. Dies ändert aber nichts dar­an, dass die CGM ein aus­rei­chen­des Ge­wicht be­sitzt, um die Ar­beit­ge­ber­sei­te zu ver­an­las­sen, mit ihr An­schluss­ta­rif­verträge zu schließen und so die un­mit­tel­ba­re Ta­rif­bin­dung auf die bei ihr or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­neh­mer zu er­stre­cken. Wäre die CGM ei­ne völlig un­be­acht­li­che Grup­pie­rung, bestünde hier­zu für die Ar­beit­ge­ber­sei­te kei­ne Ver­an­las­sung.

(b) Die Umstände des Zu­stan­de­kom­mens der ca. 3.000 An­er­ken­nungs­ta­rif­verträ­ge wa­ren nicht wei­ter auf­zuklären. An­halts­punk­te für die An­nah­me, es ha­be sich bei die­sen Ver­ein­ba­run­gen in ei­nem nen­nens­wer­ten Um­fang um Schein- oder Gefällig­keits­ta­rif­verträge ge­han­delt, sind nicht er­kenn­bar. Eben­so we­nig ist er­sicht­lich, dass die An­schluss­ta­rif­verträge auf ei­nem Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te be­ruh­ten. Auch die IG Me­tall be­haup­tet dies nicht.

(c) Die von der CGM im We­sent­li­chen im Be­reich der In­dus­trie ge­schlos­se­nen An­er­ken­nungs­ta­rif­verträge er­fas­sen ei­nen so re­le­van­ten Teil des be­an­spruch­ten Zu­ständig­keits­be­reichs, dass da­mit die so­zia­le Mäch­tig­keit der CGM ins­ge­samt be­jaht wer­den kann.

 

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(2) Die von der CGM ver­ein­bar­ten 550 ori­ginären Ta­rif­verträge be­le­gen eben­falls die Durch­set­zungs­kraft der CGM. Sie zei­gen, dass die CGM je­den­falls im Be­reich des Hand­werks in der La­ge ist, auch ei­genständi­ge Re­ge­lun­gen mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te zu ver­ein­ba­ren. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt.

(a) Zu Un­recht rügt die IG Me­tall, das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­be nicht hin­rei­chend berück­sich­tigt, dass die Initia­ti­ve zum Ab­schluss der Ta­rif­verträge - ins­be­son­de­re bei JEN­OP­TIK, aber auch in den ein­zel­nen Hand­werks­be­rei­chen - von der Ar­beit­ge­ber­sei­te aus­ge­gan­gen sei. Auch wenn dies der Fall ge­we­sen sein soll­te, ent­wer­tet das die In­dizwir­kung der Ta­rif­verträge nicht. Sie sind des­halb nicht un­ge­eig­net zu be­le­gen, dass die CGM be­reits ak­tiv am Ta­rif­ge­sche­hen teil­ge­nom­men hat. Im Übri­gen zei­gen die von der CGM für zahl­rei­che Ta­rif­verträge im Ein­zel­nen ge­schil­der­ten Ver­hand­lun­gen, dass die Initia­ti­ve teil­wei­se durch­aus von ihr aus­ge­gan­gen ist.

(b) Recht­lich un­er­heb­lich ist die Auf­fas­sung der IG Me­tall, die CGM sei bei den von ihr ori­ginär ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträgen als „Lückenbüßer“ auf­ge­tre­ten. Die­ser Be­griff ist zur Be­ur­tei­lung der Ta­riffähig­keit un­taug­lich. Der Um­stand, dass die CGM Ta­rif­verträge in Be­rei­chen ge­schlos­sen hat, in de­nen der IG Me­tall Ta­rif­ab­schlüsse bis­lang nicht ge­lun­gen sind - dies be­trifft vor al­lem den Be­reich des Hand­werks in den neu­en Bun­desländern -, steht der in­di­zi­el­len Wir­kung die­ser Ta­rif­verträge nicht ent­ge­gen.

(c) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der IG Me­tall be­durf­te es kei­nes ge­son­der­ten Nach­wei­ses, dass die von der CGM ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge tatsächlich das Ar­beits­le­ben be­ein­flus­sen. Die von der CGM ver­ein­bar­ten Ta­rif­verträge die­nen nach ih­rem In­halt dem Zweck, die (Min­dest-)Ar­beits­be­din­gun­gen der ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mer nor­ma­tiv zu re­geln. Sie sind darüber hin­aus ge­eig­net, ein­zel­ver­trag­lich für nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­neh­mer in Be­zug ge­nom­men zu wer­den. Auch wäre un­ver­ständ­lich, wel­chen Sinn für die Ar­beit­ge­ber­sei­te der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen ha­ben soll­te, die das Ar­beits­le­ben tatsächlich nicht be­ein­flus­sen. Im Übri­gen hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­geführt, die CGM ha­be durch die vor­ge­leg­ten Ur­kun­den je­den­falls hin­rei­chend be­wie­sen, dass sie in den­je­ni­gen Hand­werks­be­rei­chen, in de­nen sie Ta­rif­verträge ge­schlos­sen hat, über Mit­glie­der verfügt, die in ta­rif­ge­bun­de­nen Un­ter­neh­men tätig sind.

(d) An­halts­punk­te für die An­nah­me, es ha­be sich bei den von der CGM ori­ginär ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträgen in nen­nens­wer­tem Um­fang um Schein- oder Gefällig-

 

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keits­ta­rif­verträge ge­han­delt, lie­gen nicht vor. So ist we­der er­sicht­lich, dass mit den Ta­rif­verträgen an­de­re Zie­le ver­folgt wor­den wären als die Re­ge­lung der Ar­beits­be­din­gun­gen in dem be­tref­fen­den Be­reich, noch ist er­kenn­bar, dass sich die CGM - in kol­lu­si-vem Zu­sam­men­wir­ken - den Er­war­tun­gen der Ar­beit­ge­ber­sei­te gefügig ge­zeigt oder sich de­ren Dik­tat un­ter­wor­fen hätte. Es gibt ins­be­son­de­re kei­ne An­halts­punk­te für die An­nah­me, in die­sen Ta­rif­verträgen sei­en Ar­beits­be­din­gun­gen ver­ein­bart wor­den, die un­ter den ge­setz­li­chen Min­dest­be­din­gun­gen lägen und die nun von der Ar­beit­ge­ber­sei­te auf Grund von Ta­riföff­nungs­klau­seln da­zu be­nutzt würden, auch auf nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­neh­mer ungüns­ti­ge­re als die ge­setz­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen an­zu­wen­den. Eben­so we­nig ist er­kenn­bar, dass sich die CGM in nen­nens­wer­tem Um­fang da­zu her­ge­ge­ben hätte, in ei­nem Be­reich, in dem ein mit der IG Me­tall ge­schlos­se­ner Flächen­ta­rif­ver­trag gilt, ungüns­ti­ge­re spe­zi­el­le­re Ta­rif­verträge mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te ab­zu­sch­ließen, um die güns­ti­ge­ren Ta­rif­verträge der IG Me­tall zu ver­drängen. Selbst wenn dies in Ein­z­elfällen vor­ge­kom­men sein soll­te, würde dies nicht den Schluss recht­fer­ti­gen, es han­de­le sich ins­ge­samt bei den von der CGM ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträgen um Gefällig­keits­ta­rif­verträge.

(e) Im Übri­gen be­le­gen die von der CGM im Ein­zel­nen dar­ge­stell­ten Ta­rif­ver­hand­lun­gen, dass die Ta­rif­verträge nicht ei­nem ein­sei­ti­gen Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te ent­spran­gen. Bei­spiel­haft ver­an­schau­licht hat die CGM dies ua. durch die für meh­re­re Jah­re er­folg­te Dar­stel­lung der Ta­rif­ver­hand­lun­gen mit dem Fach­ver­band Sa­nitär-, Hei­zungs- und Kli­ma­tech­nik Bay­ern.

(f) Auch bei den Ta­rif­wer­ken, de­nen die Be­tei­lig­ten im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren be­son­de­re Auf­merk­sam­keit ge­wid­met ha­ben, ist nicht er­sicht­lich, dass es sich um Schein- oder Gefällig­keits­ta­rif­verträge han­deln würde oder dass sie aus­sch­ließlich auf ei­nem Dik­tat der Ar­beit­ge­ber­sei­te be­ru­hen würden. Dies gilt ins­be­son­de­re für das Ta­rif­werk „Phönix“ und das Ta­rif­werk mit der JEN­OP­TIK-Grup­pe vom 6. März 1999. Bei Letz­te­rem zeigt das be­reits der Um­stand, dass die IG Me­tall am 17. No­vem­ber 1999 ein weit­ge­hend ähn­li­ches Ta­rif­werk mit der JEN­OP­TIK ab­ge­schlos­sen hat.

c) Rechts­be­schwer­de­recht­lich nicht zu be­an­stan­den ist die Be­ur­tei­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die CGM verfüge über ei­nen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Auf­bau, der sie be­fähi­ge, die Auf­ga­ben ei­ner Ge­werk­schaft für ih­ren Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich wahr­zu­neh­men.

 

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aa) Die rund 3.000 An­schluss­ta­rif­verträge so­wie die ca. 550 ori­ginären Ta­rif­ver­träge, wel­che die CGM in der Ver­gan­gen­heit ge­schlos­sen hat, be­le­gen hin­rei­chend, dass sie or­ga­ni­sa­to­risch zur Vor­be­rei­tung und zum Ab­schluss von Ta­rif­verträgen in der La­ge ist.

bb) Die vor­han­de­ne per­so­nel­le, sächli­che und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Aus­stat­tung der CGM er­scheint als noch aus­rei­chend, um die tatsächli­che Durchführung der ge­sch­los­se­nen Ta­rif­verträge zu über­wa­chen und si­cher­zu­stel­len. Zwar stel­len die auf die Haupt­ver­wal­tung so­wie 15 Se­kre­ta­ria­te ver­teil­ten 43 haupt­amt­li­chen Mit­ar­bei­ter ein­schließlich der 14 Ge­werk­schafts­se­kretäre be­zo­gen auf den großen, bun­des­wei­ten Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der CGM ei­nen recht klei­nen haupt­amt­li­chen Ap­pa­rat dar. Hin­zu kom­men aber 498 eh­ren­amt­li­che Mit­ar­bei­ter. Auch hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Recht berück­sich­tigt, dass auf Grund der mo­der­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel ei­ne Prä­senz der Ge­werk­schafts­mit­ar­bei­ter vor Ort nicht mehr in dem­sel­ben Maße er­for­der­lich ist wie früher.

d) Un­be­gründet ist die Rüge der IG Me­tall, das Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­be we­sent­li­che Umstände, die ge­gen ei­ne de­mo­kra­ti­sche Wil­lens­bil­dung bei der CGM sp­re­chen, nicht berück­sich­tigt. Die IG Me­tall be­gründet dies da­mit, dass die CGM nach ih­ren ei­ge­nen An­ga­ben nicht fest­stel­len könne, zu wel­chem Ta­rif­be­reich ein Mit­glied je­weils gehöre. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat ei­ne der­ar­ti­ge Tat­sa­chen­fest­stel­lung nicht ge­trof­fen. Letzt­lich kann die Fra­ge da­hin­ste­hen. Selbst wenn die CGM tatsächlich außer­stan­de sein soll­te, ih­re Mit­glie­der aus­nahms­los den ein­zel­nen Ta­rif­be­rei­chen zu­zu­ord­nen, wäre die­ser or­ga­ni­sa­to­ri­sche Man­gel nicht so schwer­wie­gend, dass er die An­nah­me recht­fer­ti­gen würde, es feh­le der CGM an den Min­dest­vor­aus­set­zun­gen ei­ner de­mo­kra­ti­schen Bin­nen­struk­tur. Die Sta­tu­ten der CGM ent­spre­chen viel­mehr durch­weg de­mo­kra­ti­schen Grundsätzen.

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