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ArbG Frank­furt am Main, Ur­teil vom 27.03.2012, 10 Ca 3468/11

   
Schlagworte: Streik, Schadensersatz
   
Gericht: Arbeitsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 10 Ca 3468/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.03.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

 

Verkündet am:

27. März 2012

Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

10 Ca 3468/11

Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main

Ak­ten­zei­chen: 10 Ca 3468/11  

 

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

 

In dem Rechts­streit

1. 

2. 

3. 

4. 

- Kläge­rin­nen -

Pro­zess­be­vollmäch­tigt. zu 1, 2, 3, 4:

ge­gen

- Be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tigt.:

hat das Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main, Kam­mer 10, auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 6. März 2012
durch die Rich­te­rin am Ar­beits­ge­richt als Vor­sit­zen­de
und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin
und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin
für Recht er­kannt:

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Rechts­streits ha­ben die Kläge­rin­nen zu tra­gen. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird auf € 39.093,20 fest­ge­setzt. Die Be­ru­fung wird zu­ge­las­sen.

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Ansprüche auf Er­satz von Schäden von Flug­un­ter­neh­men im Zu­sam­men­hang mit ei­nem eintägi­gen Un­terstützungs­streik von Flug­lot­sen auf dem Stutt­gar­ter Flug­ha­fen zu­guns­ten der dor­ti­gen im Streik be­find­li­chen Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le (bis zum 1. April 2009 Ab­tei­lung „Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le“) am 6. April 2009.

Die Kläge­rin­nen sind Luft­ver­kehrs­un­ter­neh­men, die Pas­sa­gie­re auch vom und zum Stutt­gar­ter Flug­ha­fen befördern. Sie ha­ben ih­ren Sitz in X (Kläge­rin­nen zu 1. und 4.), Y (Kläge­rin zu 2.) oder Z (Kläge­rin zu 3.).
Die Be­klag­te ist ei­ne am 9. Ju­li 2003 ge­gründe­te Ge­werk­schaft mit Sitz in Frank­furt am Main. Sie gab auf ih­rer In­ter­net­sei­te am 24. April 2009 (Aus­zug als An­la­ge K 4 zur Kla­ge­schrift, Bl. 122 d.A.) an, cir­ca 3.200 Beschäftig­te, un­ter an­de­rem in den Towern der Flughäfen, zu ver­tre­ten. Im Kam­mer­ter­min hat sie erklärt, sie ha­be im ope­ra­ti­ven Be­reich der von ihr or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­neh­mer ei­nen Or­ga­ni­sa­ti­ons­grad von cir­ca 80-90%.

Die Be­klag­te hat­te am Flug­ha­fen München ei­nen auf die Vor­feld­kon­trol­le be­schränk­ten, sons­ti­ge Ar­beits­be­rei­che aus­sch­ließen­den Ta­rif­ver­trag ge­schlos­sen. Für den Flug­ha­fen Frank­furt hat­te sie ei­nen Ta­rif­kon­flikt be­zo­gen auf die dor­ti­ge Ab­tei­lung Vor­feld­kon­trol­le/ Ver­kehrs­zen­tra­le geführt, in der es zwi­schen dem Be­reich der Ver­kehrs­zen­tra­le und der Vor­feld­funk­ti­on per­so­nel­le Tren­nun­gen gab. Nach­dem das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt mit Ur­teil vom 11. Ja­nu­ar 2007 (9 Sa­Ga 2098/06) ein Ur­teil bestätigt hat­te, wo­nach Ar­beits­kampf­maßnah­men mit dem da­ma­li­gen For­de­rungs­ka­ta­log man­gels Zuständig­keit für die Vor­feld­kon­trol­le ein­sch­ließlich der Ver­kehrs­zen­tra­le zu un­ter­las­sen wa­ren, änder­te die Be­klag­te ih­re Sat­zung. Sie schloss da­nach be­zo­gen auf den Frank­fur­ter Flug­ha­fen im Sep­tem­ber 2007 ei­nen Ta­rif­ver­trag mit dem Na­men „Lan­des­be­zirk­li­cher Ta­rif­ver­trag, Son­der­re­ge­lung Apron Con­trol für die Fra­port AG“. Gemäß § 3 Ab­satz 1 er­hiel­ten al­le vom Gel­tungs­be­reich er­fass­ten Beschäftig­ten ei­ne mo­nat­li­che Zu­la­ge von Eu­ro 200,00 brut­to, gemäß Ab­satz 5 ei­ne Ein­mal­zah­lung; gemäß § 7 gab es ei­nen

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An­spruch auf ei­nen Ge­sund­heits-Check; für Beschäftig­te in der Funk­ti­on „Apron Con­trol“ wa­ren zusätz­li­che Re­ge­lun­gen ent­hal­ten. In „§ 1 Gel­tungs­be­reich, Zuständig­keit“ hieß es:

„(1) Die vor­lie­gen­de Ver­ein­ba­rung gilt für al­le ope­ra­ti­ven Beschäftig­ten der Fra­port AG, die im Be­reich „Zen­tra­le Vor­feld­kon­trol­le und Ver­kehrs­zen­tra­le“ (der­zeit FBA-AF41) ein­ge­setzt wer­den.
(2) Über den in Ab­satz 1 ge­nann­ten Per­so­nen­kreis hin­aus be­an­sprucht die GDF kei­ne Zuständig­keit für an­de­re Beschäftig­te der Fra­port AG und strebt ei­ne sol­che auch im Fal­le ei­ner Sat­zungsände­rung nicht an.“

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Re­ge­lun­gern wird auf die An­la­ge K 5 zur Kla­ge­schrift (Bl. 123 ff d.A.) ver­wie­sen.

Die Sat­zung der Be­klag­ten lau­te­te nach wei­te­ren Ände­run­gen nun­mehr aus­zugs­wei­se wie folgt:

„§ 4 Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich

(1) Der Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der GdF um­fasst al­le Be­trie­be und Un­ter­neh­men, in wel­chen die Über­wa­chung und Len­kung von Luft­fahr­zeu­gen in der Luft oder auf dem Bo­den zur si­che­ren, ge­ord­ne­ten und flüssi­gen Ab­wick­lung des Ver­kehrs er­folgt oder mit die­ser Auf­ga­be in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang ste­hen­de pla­ne­ri­sche, in­for­ma­to­ri­sche, tech­ni­sche und qua­li­fi­zie­ren­de Un­terstützungs­leis­tun­gen er­bracht wer­den. Hier­un­ter fal­len ins­be­son­de­re:

a) die Über­wa­chung und Len­kung der Be­we­gun­gen im Luft­raum und auf den Ab­stell- und Be­we­gungs­flächen von Flugplätzen (ein­sch­ließlich der Vor­feld­kon­trol­le);

b) die Be­reit­stel­lung und der Aus­tausch von In­for­ma­tio­nen zur Pla­nung, Vor­be­rei­tung und Durchführung von Flügen durch Pu­bli­ka­tio­nen und Be­ra­tung vor dem Flug und der Flu­g­in­for­ma­ti­ons­dienst während des Flu­ges;

c) die Ver­kehrs­fluss­re­ge­lung im Luft­raum und auf den Ab­stell- und Be­we­gungs­flächen von Flugplätzen und die Steue­rung der Luft­raum­nut­zung so­wie die Dis­po­si­ti­on von Gate- und Park­po­si­tio­nen;
(...)

(2) Or­ga­ni­siert wer­den al­le Mit­ar­bei­ter in be­auf­trag­ten Flug­si­che­rungs­un­ter­neh­men und –be­trie­ben so­wie Un­ter­neh­men und Be­trie­ben, die vor­ran­gig Leis­tun­gen im Sin­ne des Ab­sat­zes 1 er­brin­gen, al­le mit der Er­brin­gung von Leis­tun­gen im Sin­ne des Ab­sat­zes 1 be­fass­ten Mit­ar­bei­ter in Un­ter­neh­men und Be­trie­ben, in de­nen die­se Leis­tun­gen auch er­bracht wer­den so­wie al­le Mit­glie­der, die zum Zeit­punkt der Ein­tra­gung der GdF Mit­glied des VDF oder FTI wa­ren.“

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Sat­zung wird auf die An­la­ge K 1 zur Kla­ge­schrift (Bl. 87 ff d.A.) ver­wie­sen.

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Die Be­klag­te hat­te mit der Deut­schen Flug­si­che­rung GmbH (im Fol­gen­den: DFS) am 26. Ju­li 2006 ei­ne Not­dienst­ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen. Gemäß de­ren § 3 Ab­satz 2 war ei­ne Ar­beits­kampf­maßnah­me 24 St­un­den vor­her an­zukündi­gen. Gemäß des­sen § 2 b) gal­ten als Not­dien­st­ar­bei­ten zusätz­lich zu be­stimm­ten pri­vi­le­gier­ten Flügen – für Not- und Ka­ta­stro­phen­einsätze, ein­sch­ließlich hu­ma­nitärer Flüge, Re­gie­rungs­flüge und den Flug­be­trieb der Streit­kräfte – die „Ar­bei­ten, die not­wen­dig sind“, „zur si­che­ren Durchführung“ von „25% des planmäßigen Luft­ver­kehrs, der in dem vom Ar­beits­kampf be­trof­fe­nem/n Sek­tor/en/ TWR übli­cher­wei­se pro St­un­de durch­geführt wird“. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Ver­ein­ba­rung nebst Pro­to­koll­no­tiz wird auf die An­la­gen K 12, 13 zur Kla­ge­schrift (Bl. 145 ff, 148 f d.A.) ver­wie­sen.

Hin­ter­grund war, dass die DFS im Zu­sam­men­hang mit ih­rer Gründung mit der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land un­ter an­de­rem ver­ein­bart hat­te, dass sie für den Fall ar­beits­recht­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Ta­rif­part­nern ei­ne Not­dienst­ver­ein­ba­rung ab­sch­ließt, wo­durch ge­re­gelt wer­den soll­te, dass die be­reits ge­nann­ten pri­vi­le­gier­ten Flüge nicht be­hin­dert wer­den (§ 6 der Rah­men­ver­ein­ba­rung, Auszüge als An­la­ge K 11 zur Kla­ge­schrift, Bl. 141 – 144 d.A.). Die DFS über­nahm seit 1993 als al­lei­ni­ge Or­ga­ni­sa­ti­on im ho­heit­li­chen Auf­trag – § 27c Ab­satz 2 Luft­ver­kehrs­ge­setz – die Auf­ga­ben bei der Si­cher­heit, Steue­rung und Über­wa­chung des flie­gen­den und lan­den­den Ver­kehr bis zum En­de der Roll­bahn im Fal­le der An­kunft bzw. ab An­fang der Roll­bahn im Fal­le des Ab­flugs. Zu­vor hat­te ei­ne Bun­des­an­stalt un­ter Ein­satz von Be­am­ten die­se Auf­ga­ben durch­geführt. Die DFS er­ziel­te ih­re Ein­nah­men aus Gebühren für die durch­geführ­ten Starts und Lan­dun­gen. Ih­re Kos­ten und Auf­wen­dun­gen wa­ren über ih­re Ein­nah­men, ins­be­son­de­re die Gebühren, zu de­cken (s.a. § 7 der ge­nann­ten Rah­men­ver­ein­ba­rung). Da­bei konn­te sie Ein­nah­me­ausfälle bei der Be­mes­sung der Gebühren berück­sich­ti­gen und so abwälzen.
Die DFS beschäftig­te ins­ge­samt 4.700 ta­rif­li­che und 600 außer­ta­rif­li­che Mit­ar­bei­ter, zum Teil wei­ter­hin als Be­am­te. 2.600 wa­ren im ope­ra­ti­ven Be­reich tätig, da­von 1.850 als Flug­lot­sen, 280 als Flug­da­ten­be­ar­bei­ter, 70 Flug­be­ra­ter, 50 Platz­ko­or­di­na­to­ren, 350 Flug­si­che­rungs­tech­ni­ker und Sys­tem­tech­ni­ker. Am Flug­ha­fen Stutt­gart beschäftig­te die DFS 22 Flug­lot­sen im Tower;

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wei­te­re 26 Lot­sen wa­ren im so­ge­nann­ten Ap­proach von Lan­gen aus für die Ziel­rich­tung Flug­ha­fen Stutt­gart tätig.

In Stutt­gart wur­de der Flug­ha­fen von der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH be­trie­ben, die Mit­glied im Kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­ver­band war. Für ih­ren Be­trieb gal­ten mit der zuständi­gen Ge­werk­schaft im Deut­schen Ge­werk­schafts­bund ge­schlos­se­ne Ta­rif­verträge. Sie beschäftig­te cir­ca 1.000 Mit­ar­bei­ter dar­un­ter bis zum 31. März 2009 23 Mit­ar­bei­ter in der Ab­tei­lung „Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le (VL 2)“. In der Dienst­an­wei­sung VL Nr. 01/08 wa­ren un­ter an­de­rem die in der Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le be­ste­hen­den Zuständig­kei­ten und Auf­ga­ben, un­ter­teilt nach Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Ein­win­ker be­schrie­ben; we­gen de­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die Sei­ten 2 und 3 der An­wei­sung in der An­la­ge K 2 zur Kla­ge­schrift (Bl. 113 f d.A.) ver­wie­sen. Fer­ner gab es die Ar­beits­an­wei­sung VL 2 Nr. 3/08 über die Auf­ga­ben und Be­set­zung der Ar­beitsplätze der Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le. Dar­in wa­ren fol­gen­de Ar­beitsplätze be­schrie­ben: im Be­reich Vor­feld­kon­trol­le: Apron Con­trol­ler, Apron As­sis­tant so­wie Apron Ko­or­di­na­tor und für die Ver­kehrs­zen­tra­le: Flight Da­ta so­wie Dis­po­nent. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die An­la­ge K 3 zur Kla­ge­schrift (Bl. 117 – 120 d.A.) ver­wie­sen.
In der Ver­kehrs­zen­tra­le wur­den un­ter an­de­rem Flug­planda­ten be­ar­bei­tet so­wie die Ver­ket­tung ei­nes An­kunfts­flugs mit ei­nem Ab­flug (Ro­ta­ti­on); es wur­den Kun­den bei Be­schränkun­gen im Flug­be­trieb in­for­miert, die Park­po­si­tio­nen der Flug­zeu­ge dis­po­niert und Schlepp­vorgänge ein­ge­lei­tet. Zum Ar­beits­be­reich der Ver­kehrs­zen­tra­le gehörte auch die Vor­feld­dis­po­si­ti­on, u.a. die Ent­schei­dung, an wel­cher Po­si­ti­on wel­ches Flug­zeug ab­ge­fer­tigt wird. Die Tätig­kei­ten be­zo­gen sich nicht nur auf Flug­zeu­ge, son­dern auch auf sons­ti­ge Ver­kehrs- und Trans­port­mit­tel/ Fahr­zeu­ge auf dem Flug­ha­fen. Auf­ga­be der Vor­feld­kon­trol­le war die Steue­rung und Über­wa­chung des rol­len­den Ver­kehrs auf dem Vor­feld; sie war zuständig für die Stre­cken, die ab dem En­de der Roll­bahn bis zur Park­sta­tion des Flug­zeugs zurück­zu­le­gen war.
Die in der Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le ein­ge­setz­ten Mit­ar­bei­ter verfügten nicht über ei­ne Aus­bil­dung zum Flug­lot­sen, son­dern durch­lie­fen ei­ne cir­ca 1,5 jähri­ge flug­ha­fen­in­ter­ne Aus­bil­dung, die aus Un­ter­richts­ein­hei-

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ten und aus Trai­ning während der Durchführung be­stand. Sie wur­den – mit ei­ner Aus­nah­me, al­ler­dings le­dig­lich des­we­gen, weil die for­ma­le Qua­li­fi­ka­ti­on noch nicht er­langt war – oh­ne fes­te Auf­ga­ben­zu­ord­nung im ständi­gen Wech­sel in bei­den Be­rei­chen ein­ge­setzt.

Im Frühjahr 2008 for­der­te die Be­klag­te die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH zu Ta­rif­ver­hand­lun­gen zu­min­dest für die Vor­feld­lot­sen auf. Zu­min­dest ei­ner der Mit­ar­bei­ter in der Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le war Mit­glied der Ge­werk­schaft ver.di.
Ab Mit­te 2008 ver­han­del­te die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH mit der DFS über die Über­nah­me der Vor­feld­kon­trol­le durch die­se. Die­se bei­den schlos­sen für die Zeit ab dem 1. Ok­to­ber 2008 ei­ne „Not­fall­ver­ein­ba­rung Vor­feld­kon­trol­le“ mit dem Ge­gen­stand von „Un­terstützungs­leis­tun­gen“ durch die DFS „bei Aus­fall der Vor­feld­kon­trol­le“ (An­la­ge K 14 zur Kla­ge­schrift, Bl. 150 – 154 d.A.).
Am 10. No­vem­ber 2008 schloss die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH mit der Be­klag­ten ei­ne so ge­nann­te Pro­zess­ver­ein­ba­rung. Gemäß de­ren Vor­be­mer­kung gab es ei­ne Auf­for­de­rung der Be­klag­ten zu „Ver­hand­lun­gen über die Ar­beits­be­din­gun­gen“ der bei der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH „beschäftig­ten Apron-Con­trol­ler“. Ge­gen­stand war die Ab­fol­ge der Ver­hand­lun­gen und je nach Ver­hand­lungs­ge­gen­stand zeit­lich ab­ge­stuf­te Frie­dens­pflich­ten; we­gen de­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die An­la­ge K 6 zur Kla­ge­schrift (Bl. 131 f d.A.) ver­wie­sen.
Am 12. Fe­bru­ar 2009 leg­te die Be­klag­te der Flug­ha­fen GmbH ei­nen Ent­wurf für ei­nen Ta­rif­ver­trag „Son­der­re­ge­lung Apron Con­trol zum TVöD“ für die bei ihr „beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le (z.Zt. VL2) vor, wo­nach je nach Dau­er der ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Tätig­keit in der Ab­tei­lung ver­schie­de­ne Mo­nats­ent­gel­te vor­ge­se­hen wa­ren, die durch Zah­lung ei­ner Dif­fe­renz­zu­la­ge in vier Zeit­schrit­ten er­reicht wer­den soll­ten. We­gen des­sen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten wird auf die An­la­ge K 7 zur Kla­ge­schrift (Bl. 133 – 135 d.A.) ver­wie­sen. An die­sem Tag wur­de ver­han­delt.

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Im Fe­bru­ar 2009 schlos­sen die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH und die DFS ei­nen Dienst­leis­tungs­ver­trag über die Durchführung von Vor­feldtätig­kei­ten durch die DFS ab dem 1. April 2009.

Am 25. Fe­bru­ar 2009 (An­la­ge K 8 zur Kla­ge­schrift, Bl. 136 f d.A.) in­for­mier­te die Be­klag­te die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH darüber, dass sie das Schei­tern der Ver­hand­lun­gen für die im Be­reich Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter und die Ein­lei­tung von Ar­beits­kampf­maßnah­men be­schlos­sen ha­be; sie kündig­te an, dass ab dem 1. März 2009 mit Ar­beits­kampf­maßnah­men zu rech­nen sei. Sie stell­te ent­spre­chen­de In­for­ma­tio­nen, auch über Aus­wei­tun­gen des Ar­beits­kamp­fes auf die DFS, wenn die­se „im Rah­men sog. Not­fall­maßnah­men die Auf­ga­ben der Vor­feld­kon­trol­le“ über­neh­men würde, und über die ge­plan­te Über­nah­me der Vor­feld­kon­trol­le auf die DFS am 26. Fe­bru­ar 2009 ins In­ter­net; we­gen der Ein­zel­hei­ten der da­ma­li­gen In­for­ma­ti­on wird auf die An­la­ge K 9 zur Kla­ge­schrift (Bl. 138 d.A.) ver­wie­sen.
Am 2. März 2009 kündig­te die Be­klag­te für den 3. bis 6. März 2009 Ar­beits­kampf­maßnah­men der Ab­tei­lungs­mit­ar­bei­ter in Stutt­gart mit Aus­nah­me ei­nes Not­diens­tes an. Es gab kei­ne wei­te­re Pu­bli­ka­ti­on ei­nes Streik­auf­rufs. Der Auf­ruf er­folg­te durch di­rek­te Kon­takt­auf­nah­me der Be­klag­ten zu den Beschäftig­ten.
Am 6. März 2009 rief die Be­klag­te die Beschäftig­ten der Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le zu ei­nem un­be­fris­te­ten Streik auf. Die dor­ti­gen Mit­ar­bei­ter folg­ten dem Auf­ruf ganz über­wie­gend, aber nicht vollständig. Die Flug­ha­fen GmbH setz­te bis zum 31. März 2009 an­de­re Mit­ar­bei­ter ein; es ar­bei­te­ten ex­ter­ne Vor­feld­lot­sen und Ver­kehrs­zen­tra­len­mit­ar­bei­ter an­de­rer Flughäfen und ein­zel­ne nicht strei­ken­de Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung. Es kam zu kei­nen Ein­schränkun­gen des Flug­be­triebs auf­grund die­ses Streiks.

Die DFS hat­te beim Ar­beits­ge­richt Stutt­gart ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung be­an­tragt; da­mit soll­ten der Be­klag­ten Ur­ab­stim­mung, Streik­auf­ruf und wei­te­re Ar­beits­kampf­maßnah­men be­zo­gen auf die Mit­ar­bei­ter der DFS, die am und für den Flug­ha­fen Stutt­gart tätig wa­ren, un­ter­sagt wer­den, mit de­nen die For­de­run­gen der Mit­ar­bei­ter der dor­ti­gen „Vor­feld­kon­trol­le“ un­terstützt wer­den

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soll­ten. Mit Be­schluss vom 2. März 2009 (12 Ga 4/09, An­la­ge B 1 zur Kla­ge­er­wi­de­rung, Bl. 359 – 370 d.A.) wies das Ar­beits­ge­richt Stutt­gart die Anträge ab.
In ei­ner Erklärung vom 5. März 2009 (An­la­ge K 15 zur Kla­ge­schrift, Bl. d.A.) teil­te die Be­klag­te mit, dass sie von ei­ner Ein­mi­schung der DFS in den Ar­beits­kampf der Vor­feld­lot­sen am Stutt­gar­ter Flug­ha­fen aus­ge­he. Sie kündig­te ei­ne Aus­wei­tung des Ar­beits­kamp­fes an. Am 6. März 2009 führ­te sie mit der DFS ein Gespräch über de­ren Neu­tra­lität und mögli­che Streiks; we­gen der Ein­zel­hei­ten ei­ner Pu­bli­ka­ti­on der Be­klag­ten da­zu wird auf die An­la­ge K 10 zur Kla­ge­schrift (Bl. 140 d.A.) ver­wie­sen. Die Be­klag­te verkünde­te nach wei­te­ren Gesprächen, dass sie bis zum 31. März 2009 kei­ne Un­terstützungs­streiks durchführen wer­de, so­lan­ge die Neu­tra­lität nicht ver­letzt wer­de, dass sie aber in der Auf­tragsüber­nah­me zum 1. April 2009 ei­ne Ver­let­zung der Neu­tra­lität se­he.
Am 18. März 2009 fand vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg die münd­li­che Ver­hand­lung auf die so­for­ti­ge Be­schwer­de der DFS ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­rich­tes Stutt­gart statt. Die Be­klag­te erklärte, dass sie die Über­nah­me de Auf­tra­ges als Ver­let­zung der Neu­tra­litäts­pflicht wer­te, so dass ein Un­terstützungs­streik wahr­schein­lich sei; die­se Streiks soll­ten bis zu 6 St­un­den um­fas­sen. Die DFS änder­te ih­re Anträge da­hin­ge­hend ab, dass die „die bloße Ver­wei­ge­rung der Über­nah­me der Vor­feld­kon­trol­le“ nicht mehr mit er­fasst war. Mit Ur­teil vom 31. März 2009 wies das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg (2 Sa­Ga 1/09) die so­for­ti­ge Be­schwer­de zurück. We­gen der Ein­zel­hei­ten der Ent­schei­dung wird auf die An­la­ge B 2 zur Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 372 – 394 d.A.) ver­wie­sen.
Ab dem 1. April 2009 setz­te die DFS ei­ge­ne Mit­ar­bei­ter als Vor­feld­lot­sen auf dem Stutt­gar­ter Flug­ha­fen ein. Sons­ti­ge Tätig­kei­ten wur­den wei­ter­hin durch den Flug­ha­fen er­bracht, de­ren Mit­ar­bei­ter nun­mehr als Flight Da­ta, Dis­po­nent und in der neu­en Funk­ti­on ei­nes Ko­or­di­na­tors beschäftigt wur­den. Es gab ei­ne neue Ar­beits­an­wei­sung „VL 2 Nr. 06/09“. Dar­in heißt es aus­zugs­wei­se:

„Am 01.04.2009 00.00 Uhr über­nimmt die Platz­kon­trol­le der Deut­schen Flug­si­che­rung GmbH (DFS) die Roll­ver­kehrsführung von Luft­fahr­zeu­gen auf den Vor­fel­dern der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH. Die­ser Um­stand führt bei

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der bis­he­ri­gen Ar­beits­grup­pe VL 2-1 Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le zu fol­gen­den or­ga­ni­sa­to­ri­schen Verände­run­gen:
> Die Ar­beits­grup­pe trägt künf­tig die Be­zeich­nung „VL 2-1 Ver­kehrs-zen­tra­le“ oder ab­gekürzt VZ
> Die Ar­beitsplätze Apron Con­trol­ler und Apron As­sis­tant exis­tie­ren fort­an nicht mehr.
> Neu ge­schaf­fen wird der Ar­beits­platz „Ko­or­di­na­tor“, der in der Kan­zel die fol­gen­den Auf­ga­ben wahr­nimmt:
o Steue­rung und Über­wa­chung des Fahr­zeug­ver­kehrs auf Vor-feld­roll­bah­nen
o Ko­or­di­na­ti­on be­son­de­rer Maßnah­men mit der Deut­schen Flug­si­che­rung
o (...)

Bis auf wei­te­res über­nimmt die FSG Ver­kehrs­zen­tra­le, ent­ge­gen der Fest­le­gung in 1.2.1 des An­hangs B der Be­triebs­ab­spra­che FSG/DFS, auch die Dis­po­si­ti­on der Flug­zeug­schlep­per für Push­back- und Schlepp­vorgänge.
(...) Des­we­gen er­teilt die FSG Ver­kehrs­zen­tra­le wei­ter­hin Frei­ga­ben zum Be­fah­ren von Vor­feld­roll­bah­nen über OT­TO-Funk, ko­or­di­niert dies je­doch mit der DFS Platz­kon­trol­le (Aus­nah­me: ...).

Die Ein­satz­steue­rung der Leit­fahr­zeu­ge er­folgt wei­ter­hin aus­sch­ließlich durch die FSG Ver­kehrs­zen­tra­le. Al­ler­dings kann die DFS Platz­kon­trol­le bei Be­darf den Ein­satz ei­nes Leit­fahr­zeugs an­for­dern. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Leit­fahr­zeug er­folgt je­doch aus­sch­ließlich durch die FSG Ver­kehrs­zen­tra­le.

Durch die geänder­te Auf­ga­ben­struk­tur ist ei­ne ko­ope­ra­ti­ve Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen der FSG Ver­kehrs­zen­tra­le und der DFS Platz­kon­trol­le er­for­der­lich. (...)

FSG und DFS rich­ten in den kom­men­den Wo­chen ein Qua­litäts­mo­ni­to­ring und tur­nusmäßige ge­mein­sa­me Tref­fen auf Ar­beits­ebe­ne ein, die dem Ziel ei­nes si­che­ren und ef­fi­zi­en­ten Roll­ver­kehrs auf dem Flug­ha­fen Stutt­gart die­nen wer­den (...)“

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der An­wei­sung wird auf die An­la­ge K 36 zum Schrift­satz der Kläge­rin­nen vom 31. Ja­nu­ar 2012 (Bl. 600 f d.A.) ver­wie­sen.
Die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH kündig­te neun Mit­ar­bei­tern der Ab­tei­lung und stell­te sie ab dem 1. April 2009 frei. Es soll­ten nur noch 14 Mit­ar­bei­ter in der Ver­kehrs­zen­tra­le mit re­du­zier­ten Auf­ga­ben beschäftigt wer­den.
Am 1. April 2009 be­schloss der Bun­des­vor­stand der Be­klag­ten, dass Un­terstützungs­streiks statt­fin­den soll­ten. Am 2. April 2009 veröffent­lich­te die Be-

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klag­te im In­ter­net, dass sie ei­nen Un­terstützungs­streik zu­guns­ten der Mit­glie­der, die bei der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH in der Ver­kehrs­zen­tra­le beschäftigt sei­en und sich seit An­fang März im Streik befänden, pla­ne. Wei­ter heißt es:

„Hin­ter­grund sind die Ta­rif­ver­hand­lun­gen zwi­schen GdF und FSG, in de­nen Ver­bes­se­run­gen so­wohl bei der Vergütung als auch der Ar­beit­be­din­gun­gen die­ser Mit­ar­bei­ter er­reicht wer­den sol­len. Nach­dem anfäng­lich gu­te Ver­hand­lungs­fort­schrit­te er­zielt wor­den wa­ren, und man sich so­gar be­reits auf ei­nen zeit­li­chen Rah­men­plan zum Ab­schluss ge­ei­nigt hat­te, hat die FSG völlig über­ra­schend be­schlos­sen, den Be­reich Vor­feld­kon­trol­le aus dem Un­ter­neh­men aus­zu­glie­dern (...).“

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Pu­bli­ka­ti­on wird auf die An­la­ge K 16 zur Kla­ge­schrift (Bl. 157 f d.A.) ver­wie­sen.
Die Be­klag­te rief ih­re Mit­glie­der im Tower des Flug­ha­fens Stutt­gart für Mon­tag, den 6. April 2009, von 16:00 bis 22:00 Uhr zum Un­terstützungs­streik für die strei­ken­den Mit­ar­bei­ter des Flug­ha­fens auf. Die Be­klag­te hat­te dies zu­vor mit Mail und Fax vom 5. April 2009 vor 16:00 Uhr ge­genüber der DFS an­gekündigt; we­gen der Ein­zel­hei­ten des Fa­xes wird auf die An­la­ge B 9 zur Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 522 f d.A.) ver­wie­sen. Strei­tig ist, ob die DFS auf die­se Ankündi­gung un­verzüglich durch In­for­ma­ti­on der Ver­kehrs­fluss-Re­ge­lungs­zen­tra­le in Brüssel, die dafür zuständig ist, die Flug­ge­sell­schaf­ten ent­spre­chend zu in­for­mie­ren, re­agier­te. Am 5. April 2009 um 16:56 Uhr er­hielt die Kläge­rin zu 2. ei­ne In­for­ma­ti­on von der DFS über die ge­plan­te Maßnah­me.
Die Be­klag­te wies den ein­ge­rich­te­ten Not­dienst am Flug­ha­fen Stutt­gart an, nur noch 25% des planmäßigen Luft­ver­kehrs ab­zu­wi­ckeln. Die be­trof­fe­ne Schicht wur­de mit ins­ge­samt sechs Lot­sen be­setzt, wo­bei je­weils zwei Lot­sen tätig wa­ren und im St­un­den­rhyth­mus ab­gelöst wur­den. Übli­cher­wei­se wer­den im Tower drei – bei Ver­hin­de­rung auch nur zwei – Lot­sen tätig, die im Ab­stand von 2,5 St­un­den ab­gelöst wer­den. Am 6. April 2009 wi­ckel­ten die Lot­sen im St­un­den­rhyth­mus zehn Flug­be­we­gun­gen ab, um die Min­dest­zahl von 25% zu gewähr­leis­ten. 32 Flüge fie­len aus; fer­ner kam es zu Ver­spätun­gen. Es fie­len je­weils sechs Flüge der Kläge­rin zu 1. von und nach Stutt­gart aus; we­gen der Ein­zel­hei­ten der Flüge wird auf die Auf­stel­lung auf der Sei­te 36 der Kla­ge­schrift (Bl. 36 d.A.) ver­wie­sen. 22 ih­rer Flüge von und nach

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Stutt­gart wa­ren ver­spätet; we­gen der Ein­zel­hei­ten ei­ner Auf­stel­lung der Flüge wird auf die An­la­ge K 38 zum Schrift­satz der Kläge­rin­nen vom 31. Ja­nu­ar 2012 (Bl. 603 d.A.) ver­wie­sen, wo­bei den dor­ti­gen Zeit­an­ga­ben zur Er­mitt­lung der Orts­zeit in Stutt­gart zwei St­un­den hin­zu zu­rech­nen sind. Sie trans­por­tier­te und ver­pfleg­te Pas­sa­gie­re an­der­wei­tig. Bei der Kläge­rin zu 1. wur­den im Ver­gleich zu sons­ti­gen Mon­ta­gen im Mo­nat März 2009 mehr Flüge stor­niert. Ein Flug der Kläge­rin zu 2. von Stutt­gart nach Ber­lin-Te­gel wur­de um 1,5 St­un­den ver­scho­ben. Zwei Flüge der Kläge­rin zu 3. wur­den nach Karls­ru­he um­ge­lei­tet; Pas­sa­gie­re und Crew muss­ten trans­por­tiert und ver­pflegt wer­den. Drei Flüge der Kläge­rin zu 4. fie­len aus; die Pas­sa­gie­re wur­den – im Rah­men von da­zu be­ste­hen­den Übe­r­ein­kom­men – von an­de­ren Flug­ge­sell­schaf­ten, z.B. der Kläge­rin zu 1., befördert bzw. ver­brach­ten ei­ne Nacht in Ma­drid. Bei wei­te­ren Flügen der Kläge­rin zu 4. kam es zu Ver­spätun­gen.
Auf­grund der re­du­zier­ten Ar­beits­leis­tun­gen am 6. April ent­gin­gen der DFS Ein­nah­men in Höhe von geschätz­ten Eu­ro 4.926,00, die sie auf die Flug­ge­sell­schaf­ten um­leg­te.

Am 6. April 2009 um 21:09 Uhr wur­de der Un­terstützungs­streik am Stutt­gar­ter Flug­ha­fen ab­ge­bro­chen. Zu­vor hat­te das Ar­beits­ge­richt Frank­furt mit Be­schluss vom 6. April 2009 auf An­trag von drei Kläge­rin­nen die­ses Ver­fah­rens so­wie ei­nes wei­te­ren Flug­un­ter­neh­mens ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung zur Un­ter­las­sung die­ser Maßnah­me (12 Ga 64/09) er­las­sen. Dar­in führ­te das Ar­beits­ge­richt aus, dass glaub­haft ge­macht wor­den sei, dass der an­ge­streb­te Ta­rif­ver­trag nicht mehr ab­ge­schlos­sen wer­den könne und die ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­ter an­de­re Tätig­kei­ten ausübten. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Be­schlus­ses wird auf die An­la­ge B 3 zur Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 396 – 398 d.A.) ver­wie­sen.
Am 18. April 2009 un­ter­brach die Be­klag­te den Ar­beits­kampf am Stutt­gar­ter Flug­ha­fen.
Mit Ur­teil vom 5. Mai 2009 hob das Ar­beits­ge­richt Frank­furt auf den Wi­der­spruch der Be­klag­ten die Un­ter­sa­gung vom 6. April 2009 auf und wies die Anträge zurück. We­gen der Ein­zel­hei­ten des Ur­teils wird auf die An­la­ge B 4 zur Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 399 – 432 d.A.) ver­wie­sen.

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Der Ar­beits­kampf auf dem Flug­ha­fen wur­de am 24. Mai 2009 fort­ge­setzt. Am 25. Mai 2009 kam es zu ei­nem wei­te­ren Un­terstützungs­streik der Flug­lot­sen in Stutt­gart. Am 29. Mai 2009 oder An­fang Ju­ni 2009 ka­men die Be­klag­te und der Flug­ha­fen Stutt­gart dar­in übe­rein, dass der Ar­beits­kampf be­en­det sei. Ein Ta­rif­ver­trag wur­de nicht ver­ein­bart.
Die ge­gen die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Frank­furt ein­ge­leg­te Be­ru­fung beim Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt (9 Sa­Ga 1003/09) wur­de für er­le­digt erklärt und das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt ent­schied über die Kos­ten; we­gen der Ein­zel­hei­ten des Be­schlus­ses wird auf die An­la­ge B 5 zur Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 433 – 437 d.A.) ver­wie­sen.

Die Kläge­rin­nen sind der An­sicht, sie sei­en Op­fer rechts­wid­ri­ger Ar­beits­kampf­maßnah­men der Be­klag­ten am 6. April und am 25. Mai 2009 ge­wor­den, da die­se ih­re Flug­zeug­flot­ten am Ein­satz in Stutt­gart ge-/be­hin­dert hätten. Sie könn­ten den Er­satz der ih­nen aus den Ar­beits­kampf­maßnah­men ge­genüber der DFS am 6. April 2009 ent­stan­de­nen Schäden ver­lan­gen. Dies er­ge­be sich dar­aus, dass sie in ih­rem gemäß § 823 Ab­satz 1 BGB geschütz­ten Recht auf Ausübung ih­res Ge­wer­be­be­triebs so­wie ih­rem Ei­gen­tums- und Be­sitz­recht ver­letzt sei­en und dass sie un­ter Ver­let­zung ih­rer Grund­rech­te vorsätz­lich und sit­ten­wid­rig geschädigt wor­den sei­en.

Auch Dritt­be­trof­fe­ne könn­ten durch ei­nen Ar­beits­kampf in ih­ren Rech­ten ver­letzt wer­den. Auf je­den Fall wer­de durch ei­nen Streik der Flug­lot­sen, der auf­grund de­ren Funk­ti­on für den Flug­be­trieb und de­ren nicht nur ho­heit­li­chen, son­dern auch son­der­po­li­zei­li­chen Auf­ga­ben schon grundsätz­lich nicht in Be­tracht kom­me, in rechts­wid­ri­ger Wei­se in den Be­trieb der Flug­li­ni­en ein­ge­grif­fen. Die Kläge­rin­nen könn­ten ih­ren Be­trieb oh­ne die Dienst­leis­tun­gen der DFS aus Rechts­gründen nicht ausüben. Nur um die­se un­mit­tel­ba­re Abhängig­keit und die Nicht-Er­setz­bar­keit der Tätig­kei­ten der Flug­lot­sen ge­he es. Es ent­spre­che seit 1977 – wie ge­ra­de auch jüngs­te Ent­schei­dun­gen zeig­ten – der ständi­gen Recht­spre­chung, dass ein sol­cher Streik den Tat­be­stand des un­mit­tel­ba­ren Ein­griffs in den Be­trieb der Flug­un­ter­neh­men ausfülle. Be­reits

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die Ankündi­gung ei­nes Ar­beits­kamp­fes der Flug­lot­sen stel­le auf­grund die­ser zwin­gen­den Zu­sam­menhänge und der Wir­kungs­wei­se ei­ner sol­chen Maßnah­me ei­ne „par­ti­el­le Be­triebs­blo­cka­de“ dar. Es han­de­le sich da­bei nicht nur um ei­ne re­flex­haf­te, mit­tel­ba­re Streik­wir­kung, son­dern um ei­ne ziel­ge­rich­te­te Blo­cka­de, um die Lahm­le­gung des Geschäfts­be­triebs der Kläge­rin­nen, die nicht am Ar­beits­kampf be­tei­ligt sei­en.
Hin­zu kom­me, dass durch den Ar­beits­kampf nicht die be­streik­te DFS, son­dern aus­sch­ließlich Drit­te, ins­be­son­de­re die Kläge­rin­nen, geschädigt würden. We­gen der Voll­kos­ten­de­ckung, der Art der Gebühre­nermitt­lung und der Wei­ter­lei­tung von Gebühren­ausfällen bei der DFS an die Flug­ge­sell­schaf­ten sei ein Scha­den bei der be­streik­ten DFS letzt­lich nicht möglich.
Ih­re Ei­gen­tums­rech­te zu­min­dest an den in Stutt­gart sta­tio­nier­ten Flug­zeu­gen sei­en ver­letzt wor­den. Dem ste­he die vor­he­ri­ge Ankündi­gung der Maßnah­me nicht ent­ge­gen, da ei­ne Rechts­gut­ver­let­zung durch de­ren vor­he­ri­ge Ankündi­gung nicht aus­ge­schlos­sen wer­de. Auch sei es nicht möglich, bin­nen 24 St­un­den al­le er­for­der­li­chen Dis­po­si­tio­nen zu tref­fen.
Die Kläge­rin­nen be­haup­ten, der Be­klag­ten sei es ge­ra­de auf die­se Wir­kung ih­res Ar­beits­kamp­fes

an­ge­kom­men. Sie ha­be un­mit­tel­bar und ge­zielt die Kläge­rin­nen schädi­gen wol­len.
Der Ein­griff sei nicht nur per se, son­dern auch dann, wenn man ihn als Un­terstützungs­streik an­se­he, rechts­wid­rig.
Ein Un­terstützungs­streik der Flug­lot­sen sei grundsätz­lich, aber auch kon­kret in der da­ma­li­gen Si­tua­ti­on, rechts­wid­rig. Die Flug­lot­sen dürf­ten nicht strei­ken, da sie ho­heit­li­che, son­der­po­li­zei­li­che Auf­ga­ben wahrnähmen. Al­len­falls in ei­nem Kern­be­reich könne ein Streik­recht be­ste­hen. Auf je­den Fall dürf­ten sie dies nicht zur Un­terstützung nut­zen bzw. es müsse ein spe­zi­fi­scher Grund vor­lie­gen, an dem es vor­lie­gend feh­le.
Ge­ra­de der Un­terstützungs­streik un­ter­lie­ge ei­nem stren­ge­ren Maßstab der Verhält­nismäßig­keit. Die Be­klag­te hätte sich zu­min­dest dar­auf be­schränken müssen, die an­ge­nom­me­ne Neu­tra­litäts­ver­let­zung zu be­sei­ti­gen. Die Störung des Flug­be­triebs und die da­durch be­wirk­ten Schädi­gun­gen auch sons­ti­ger Drit­ter über­stie­gen bei wei­tem das In­ter­es­se der Be­klag­ten be­zo­gen auf

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den Ta­rif­ab­schluss für zu­letzt 14 Mit­ar­bei­ter. Die Kampf­pa­rität sei ver­letzt, da die DFS nicht re­agie­ren könne.
Auf je­den Fall sei der Schwer­punkt des Streiks ver­la­gert wor­den und da­durch sei der Cha­rak­ter der Un­terstützung ver­lo­ren ge­gan­gen. Zur Be­ur­tei­lung der Schwer­punkt­ver­la­ge­rung sei auf die Wir­kung der Mit­tel ab­zu­stel­len. Der Haupt­ar­beits­kampf ha­be kei­ne Aus­wir­kun­gen ge­zeigt. Erst durch den Un­terstützungs­ar­beits­kampf sei der Flug­ver­kehr am Flug­ha­fen Stutt­gart weit­ge­hend zum Er­lie­gen ge­kom­men. Die Be­klag­te ha­be ih­re über­ra­gen­de Mäch­tig­keit bei der DFS und die Wir­kungs­wei­se ei­nes Streiks von Flug­lot­sen aus­nut­zen wol­len; sie ha­be mit dem Un­terstützungs­streik die ei­gent­li­che Streik­wir­kung er­zie­len wol­len. Ihr sei es nicht auf den Ta­rif­geg­ner und nicht auf den Ar­beit­ge­ber der Un­terstützer an­ge­kom­men, son­dern auf die Kläge­rin­nen.

Zu­min­dest be­zo­gen auf den Un­terstützungs­streik sei ei­ne For­de­rung er­ho­ben wor­den, die ge­gen die Frie­dens­pflicht ver­s­toße, da die Be­klag­te am 2. April 2009 auch „an­de­re Be­din­gun­gen“ in Be­zug ge­nom­men ha­be. Ein So­li­da­ritäts­streik kom­me dann, wenn be­reits ein an­der­wei­ti­ger Ta­rif­ver­trag exis­tie­re, nicht mehr in Be­tracht.

Zu­dem ha­be die Be­klag­te ih­re Ver­pflich­tung zur Durchführung von Not­dien­st­ar­bei­ten ver­letzt. Die von ihr am 6. April während des Streiks ein­ge­setz­ten Lot­sen sei­en in den Bum­mel­streik ge­tre­ten und hätten nicht nur 25% der pro St­un­de an­fal­len­den Flug­be­we­gun­gen ab­wi­ckeln dürfen, son­dern die vol­le Ar­beits­leis­tung er­brin­gen müssen, da sie vom Streik­auf­ruf aus­ge­nom­men sei­en. Dar­auf könn­ten sich auch die Kläge­rin­nen be­ru­fen.

Die Kläge­rin­nen wei­sen dar­auf hin, dass im Verhält­nis zu ih­nen die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Un­terstützungs­streik nicht erfüllt sei­en.

Darüber hin­aus sei der Haupt­ar­beits­kampf rechts­wid­rig, was zur Rechts­wid­rig­keit des dar­auf be­zo­ge­nen Un­terstützungs­streiks führe.

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Der Haupt­ar­beits­kampf sei recht­wid­rig, da die Be­klag­te seit dem 1. April 2009 für Mit­ar­bei­ter der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH nicht mehr ta­rif­zuständig sei. Zu­min­dest der Schwer­punkt der Tätig­keit der Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­le lie­ge nicht auf der Flug­si­che­rung. Die Kläge­rin­nen ma­chen gel­tend, schon die Vor­feld­kon­trol­le gehöre zu Auf­ga­ben gemäß § 45 Luft­V­ZO und sei kei­ne Auf­ga­be der Flug­si­che­rung. Auch be­tref­fe der Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der Be­klag­ten nur den Flug­ver­kehr. Ei­ne Ta­rif­zuständig­keit für aus­sch­ließlich in der Ver­kehrs­zen­tra­le täti­ge Mit­ar­bei­ter las­se sich aus der Sat­zung nicht be­gründen. Die Kläge­rin­nen wei­sen dar­auf hin, dass die­se Fra­ge in ei­nem se­pa­ra­ten Ver­fah­ren zu klären sei.
Sie be­haup­ten, die Be­klag­te be­an­spru­che kei­ne Re­präsen­ta­ti­on der Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­len der Flughäfen. Hier­zu neh­men die Kläge­rin­nen auf die vor­he­ri­gen Ta­rif­ab­schlüsse Be­zug. Der Ta­rif­ver­trag in Frank­furt ent­hal­te le­dig­lich Re­ge­lun­gen, die sich auf die Vor­feld­kon­trol­le und nicht auf die Ver­kehrs­zen­tra­le bezögen. Den Kläge­rin­nen sei nicht be­kannt, dass sich die Re­ge­lun­gen auch auf die Ver­kehrs­zen­tra­le bezögen. Wenn dies so wäre, wären sie teil­nich­tig.
Dies sei zu­min­dest an­fangs in Stutt­gart nicht an­ders ge­we­sen, da sich die Ta­rif­for­de­run­gen dort nur auf die Vor­feld­kon­trol­le be­zo­gen hätten. Dies er­ge­be sich aus der Pro­zess­ver­ein­ba­rung, die sich nur auf die Vor­feld­kon­trol­le be­zie­he, aber auch aus dem Ent­wurf des Ta­rif­ver­tra­ges. Die Kläge­rin­nen neh­men da­zu Be­zug auf die Ver­wen­dung des Be­griffs „Apron-Con­trol­ler“.

Auf­grund der Pro­zess­ver­ein­ba­rung vom 11. No­vem­ber 2008 ha­be Frie­dens­pflicht be­stan­den, ge­gen die die Be­klag­te ver­s­toßen ha­be. Sie ha­be mit ih­ren Maßnah­men aus­weis­lich ih­rer In­ter­ne­terläute­run­gen zu­min­dest zu­letzt nicht nur die Ver­bes­se­rung der Vergütung, son­dern auch die der Ar­beits­be­din­gun­gen der Mit­ar­bei­ter er­rei­chen wol­len.
Die Ta­rif­for­de­rung ha­be nur vor­der­gründig die Vergütung be­trof­fen. Es sei da­von aus­zu­ge­hen, dass da­mit das Out­sour­cing ha­be ver­hin­dert wer­den sol­len.
Das Ziel der Ta­rifp­lu­ra­lität sei nicht statt­haft; die Auf­ga­be des Grund­sat­zes der Ta­rif­ein­heit berühre das Ar­beits­kampf­recht nicht. Der Haupt­ar­beits­kampf

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sei we­gen ei­ner exis­tie­ren­den ta­rif­li­chen Re­ge­lung je­den­falls in der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­ti­on un­verhält­nismäßig.

Die Be­klag­te ha­be schuld­haft ge­han­delt. Ei­ne Art Ent­schul­di­gungs­grund ge­be es nur für die Fra­ge der zulässi­gen Kampf­zie­le, auf die es vor­lie­gend nicht vor­ran­gig an­kom­me. Auch die Ab­wei­sung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung ste­he dem Ver­schul­den nicht ent­ge­gen.
Zum Scha­den be­haup­ten die Kläge­rin­nen, die Flug­ausfälle und Ver­spätun­gen sei­en auf den Ar­beits­kampf zurück­zuführen. Die In­for­ma­ti­on sei recht­zei­tig wei­ter­ge­lei­tet wor­den. Selbst wenn dies an­ders ge­we­sen wäre, he­be dies nicht die Kau­sa­lität auf. Im Übri­gen ma­che auch ei­ne In­for­ma­ti­on 24 St­un­den vor­her Schäden nicht ver­meid­bar. Ei­ne Ver­la­ge­rung von Flug­zeu­gen ma­che aus ope­ra­tio­nel­len Gründen kei­nen Sinn. An­de­re Ur­sa­chen kämen nicht in Be­tracht.

Zum Scha­den sei aus­rei­chend vor­ge­tra­gen, da wei­te­re Dar­le­gun­gen nicht möglich und zu­mut­bar sei­en. Er sei schätz­bar.
Der Kläge­rin zu 1. sei­en Schäden auf­grund von Erlösausfällen we­gen stor­nier­ter Flüge, auch be­reits auf­grund der Ankündi­gung der Ar­beits­kampf­maßnah­me, Zu­satz­kos­ten wie Über­nach­tung und Ver­pfle­gung von Fluggästen, Trans­port­kos­ten von und nach Stutt­gart in Höhe von ins­ge­samt Eu­ro 12.050,13 – ursprüng­lich hat sie Eu­ro 12.510,13 be­gehrt – ent­stan­den. Die Kläge­rin zu 1. lässt sich die er­spar­ten Auf­wen­dun­gen, die sich aus nicht ent­rich­te­tem Flug­ha­fen­ent­gelt, nicht ent­rich­te­ten Flug­si­che­rungs­gebühren, nicht ver­brauch­tem Treib­stoff und Bord­ver­pfle­gung er­ge­ben, in Ab­zug brin­gen. We­gen der Ein­zel­hei­ten ih­rer Scha­dens­be­rech­nung wird auf die Sei­ten 30 bis 36 der Kla­ge­schrift (Bl. 30 – 36 d.A.), auf die Sei­ten 5 bis 8 ih­res Schrift­sat­zes vom 31. Ja­nu­ar 2012 (Bl. 573 – 576 d.A.) und auf die Sei­ten 1, 2/3 und 6 f ih­res Schrift­sat­zes vom 27. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 660, 661/662, 665 f d.A.), je­weils samt An­la­gen, ver­wie­sen.
Die Kläge­rin zu 2. macht ei­nen Teil­be­trag in Höhe von Eu­ro 88,00 des von ihr an­ge­nom­me­nen Scha­dens gel­tend, der aus Ho­tel­kos­ten für ei­nen na-

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ment­lich be­nann­ten Flug­gast, der auf­grund der Ver­spätung des Flu­ges AB 6538 von Stutt­gart nach Ber­lin um 1,5 St­un­den ei­nen An­schluss­flug ver­pass­te, be­ste­he. Hier­zu nimmt sie auf ei­ne Ho­tel­rech­nung Be­zug, die sie be­gli­chen ha­be.
Die Kläge­rin zu 3. macht Schäden in Höhe von Eu­ro 11.993,00 gel­tend, die sich aus zwei Flug­um­lei­tun­gen nach Karls­ru­he und dem Trans­port der Fluggäste nach Stutt­gart so­wie de­ren Ver­pfle­gung und dem Trans­port der Crew er­ge­ben. We­gen der Ein­zel­hei­ten ih­rer Scha­dens­be­rech­nung wird auf die Sei­te 37 der Kla­ge­schrift (Bl. 37 d.A.), auf die Sei­te 8 f ih­res Schrift­sat­zes vom 31. Ja­nu­ar 2012 (Bl. 576 f d.A.) und auf die Sei­ten 1 und 3 ih­res Schrift­sat­zes vom 27. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 660, 662 d.A.), je­weils samt An­la­gen, ver­wie­sen.
Die Kläge­rin zu 4. macht Schäden in Höhe von Eu­ro 8.446,54 gel­tend, die sich aus Kos­ten für die Ver­pfle­gung bei Ver­spätung, Über­nach­tung und Er­satz­beförde­rung von Fluggästen ergäben. We­gen der Ein­zel­hei­ten ih­rer Scha­dens­be­rech­nung wird auf die Sei­ten 38 bis 40 der Kla­ge­schrift (Bl. 38 – 40 d.A.), auf die Sei­te 9 ih­res Schrift­sat­zes vom 31. Ja­nu­ar 2012 (Bl. 577 d.A.) und auf die Sei­ten 1 und 3 ih­res Schrift­sat­zes vom 27. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 660, 662 d.A.), je­weils samt An­la­gen, ver­wie­sen.

Der Fest­stel­lungs­an­trag recht­fer­ti­ge sich aus dem Ge­sichts­punkt der Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­ge.

Die Kläge­rin­nen be­an­tra­gen,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin zu 1) Eu­ro 12.050,13, an die Kläge­rin zu 2) Eu­ro 88,00, an die Kläge­rin zu 3) Eu­ro 11.993,00 und an die Kläge­rin zu 4) Eu­ro 8.446,54 je­weils zuzüglich Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 14. Ju­ni 2011 zu zah­len,
fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te ge­genüber den Kläge­rin­nen ver­pflich­tet war, die ge­gen die DFS Deut­sche Flug­si­che­rung GmbH am 6. April 2009 durch­geführ­ten Ar­beits­kampf­maßnah­men mit dem Ziel ei­ner Durch­set­zung von Vergütungs­for­de­rung, die die Be­klag­te für die Ar­beit­neh­mer der Ab­tei­lung Vor­feld­kon­trol­le/ Ver­kehrs­zen­tra­le ge­gen die

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Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH er­ho­ben hat, zu un­ter­las­sen, so­weit sie zu Störun­gen des Flug­be­triebs der Kläge­rin­nen führ­ten.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie ist der An­sicht, die Kläge­rin­nen als Dritt­be­trof­fe­ne könn­ten kei­ne Ansprüche gemäß § 823 Ab­satz 1 BGB i.V.m. dem Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb gel­tend ma­chen. Auch an­de­re An­spruchs­grund­la­gen kämen nicht in Be­tracht.
Bei dem streit­ge­genständ­li­chen Un­terstützungs­ar­beits­kampf am 6. April 2009 ha­be es sich nicht um ei­nen un­mit­tel­ba­ren Ein­griff auf den Be­trieb von Flug­un­ter­neh­men, noch we­ni­ger auf den­je­ni­gen der Kläge­rin­nen, ge­han­delt, son­dern um die fak­ti­schen Aus­wir­kun­gen ei­nes Streiks, die hin­zu­neh­men sei­en. Die Un­mit­tel­bar­keit sei aus der ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung ei­ner Maßnah­me ab­zu­lei­ten, die am 6. April le­dig­lich auf die DFS und den Flug­ha­fen ge­rich­tet ge­we­sen sei. Die Nutz­bar­keit des Flug­ha­fens be­tref­fe nicht un­mit­tel­bar die Be­trie­be der Kläge­rin­nen, son­dern die Fra­ge des Ge­mein­ge­brauchs. Et­was an­de­res sei auch nicht aus den Be­son­der­hei­ten des Flug­be­triebs oder der Stel­lung der Flug­lot­sen ab­zu­lei­ten und ent­spre­che auch nicht der ständi­gen Recht­spre­chung; viel­mehr sei dann, wenn man aus der Ein­bin­dung und Be­deu­tung der Ar­beit der Flug­lot­sen im­mer ei­nen Ein­griff in Rech­te be­trof­fe­ner Drit­ter ab­lei­te, der Weg zur Po­pu­lar­k­la­ge eröff­net und das Streik­recht be­sei­tigt.
Al­lein aus dem Voll­kos­ten­prin­zip er­ge­be sich der An­griff auf die Flug­un­ter­neh­men eben­falls nicht; die Si­tua­ti­on sei der­je­ni­gen ver­gleich­bar, wenn Be­trof­fe­ne an­de­rer Ar­beitskämp­fe ver­such­ten, ih­re Kos­ten von Drit­ten er­stat­tet zu er­hal­ten.
Es han­de­le sich schließlich nicht um ei­ne Blo­cka­de, da le­dig­lich die Ar­beits­kraft zurück­ge­hal­ten wor­den sei. Auch hätten sich die Kläge­rin­nen auf die zeit­lich be­grenz­te Maßnah­me ein­stel­len können und so agie­ren können, dass sie be­weg­lich blie­ben. Würde man ei­nen Ar­beits­kampf der Flug­lot­sen bzw. ei­nen Ar­beits­kampf im Be­reich der Flug­si­che­rung im­mer als Blo­cka­de

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der Flug­ge­sell­schaf­ten be­trach­ten, dann ge­be es dort kein Streik­recht mehr. Dies sei mit dem be­ste­hen­den Recht nicht in Ein­klang zu brin­gen sei.

Ei­ne se­pa­rat zu be­wer­ten­de Ver­let­zung von Ei­gen­tum und Be­sitz lie­ge eben­so we­nig vor wie ei­ne sit­ten­wid­ri­ge Schädi­gung. Der Ar­beits­kampf sei kei­ne ge­gen die Kläge­rin­nen, son­dern ei­ne ge­gen die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH ge­rich­te­te Maßnah­me ge­we­sen. Für die­ses in ei­ner Ta­rif­aus­ein­an­der­set­zung be­find­li­che Un­ter­neh­men sei­en wirt­schaft­li­che Schäden zu er­war­ten ge­we­sen, um die es in ers­ter Li­nie ge­gan­gen sei.

Der Ar­beits­kampf in Form des Un­terstützungs­streiks sei nicht rechts­wid­rig.
Auch die Flug­lot­sen hätten ein Streik­recht und dürf­ten so­li­da­risch han­deln. Die Be­klag­te weist dar­auf hin, dass sie seit 2004 Ta­rif­aus­ein­an­der­set­zun­gen führe, die be­reits Ge­gen­stand zahl­rei­cher ge­richt­li­cher Ent­schei­dun­gen ge­we­sen sei­en, oh­ne dass man ihr aus grundsätz­li­chen Erwägun­gen ein Streik­recht ab­ge­spro­chen ha­be – im Ge­gen­teil. Die Recht­spre­chung aus der Zeit, als Flug­lot­sen noch Be­am­te ge­we­sen sei­en, könne nach der Um­or­ga­ni­sa­ti­on nicht mehr an­ge­wandt wer­den. Dies gel­te fer­ner auch des­we­gen, weil das da­ma­li­ge Ver­hal­ten klar rechts­wid­rig ge­we­sen sei, weil es nicht auf das Be­triebs­po­ten­ti­al des da­ma­li­gen Dienst­herrn, son­dern auf Drit­te ge­rich­tet ge­we­sen sei und ins­be­son­de­re an­ders und gefähr­dend ge­wirkt ha­be, da sich Flug­zeu­ge we­gen War­te­schlei­fen be­son­ders lan­ge in der Luft auf­ge­hal­ten hätten. Die Be­klag­te weist dar­auf hin, dass die Auf­ga­ben der Flug­si­che­rung nun­mehr Flug­lot­sen in der Po­si­ti­on von Ar­beit­neh­mern oblägen. Die dar­aus re­sul­tie­ren­den Kon­se­quen­zen sei­en bei der Pri­va­ti­sie­rung er­kannt und ge­re­gelt wor­den, wo­zu sie auf die Rah­men­ver­ein­ba­rung der Bun­des­re­pu­blik mit der DFS Be­zug nimmt. Die Drit­t­in­ter­es­sen und die Ein­griffs­emp­find­lich­keit des Flug­be­triebs würden durch die Not­dienst­re­ge­lun­gen auf­ge­fan­gen; hier­zu be­ruft sie sich un­ter an­de­rem auf ein da­mals ein­ge­hol­tes Gut­ach­ten.
Ein Streik­recht der Flug­lot­sen könne auch nicht un­ter Hin­weis auf das Voll­kos­ten­de­ckungs­sys­tem be­strit­ten wer­den. Fer­ner ergäben sich dem Voll­kos­ten­de­ckungs­prin­zip ver­gleich­ba­re Wir­kun­gen bei Ar­beitskämp­fen ge­gen Mo­no­po­lis­ten oder be­zo­gen auf Schlüssel­be­trie­be oder im öffent­li­chen Dienst.

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Dies ha­be für die­se Be­rei­che nicht da­zu geführt, dass ein Streik­recht ne­giert wer­de. Auch re­la­tiv klei­ne Grup­pen und In­ha­ber von Schlüssel­po­si­tio­nen hätten ein Streik­recht. Es ge­he nicht nur um das Ko­ali­ti­ons­recht der Be­klag­ten, son­dern auch um das­je­ni­ge ih­rer Mit­glie­der.
Aus den struk­tu­rel­len Be­son­der­hei­ten der Luft­fahrt/ Luft­si­che­rung er­ge­be sich auch be­zo­gen auf die Zulässig­keit ei­nes Un­terstützungs­ar­beits­kamp­fes nichts an­de­res. Be­son­de­re An­for­de­run­gen und der von den Kläge­rin­nen an­ge­nom­me­ne „spe­zi­fi­sche Grund“ ließen sich nicht her­lei­ten. Ins­be­son­de­re ge­be es kei­ne stren­ge­re Verhält­nismäßig­keitsprüfung. Streik­for­de­run­gen und Schäden oder die An­zahl der Be­trof­fe­nen, dürf­ten grundsätz­lich nicht zu­ein­an­der ins Verhält­nis ge­setzt wer­den; dies würde ei­ne Ta­rif­zen­sur be­wir­ken.

Die Vor­aus­set­zun­gen für die Rechtmäßig­keit ei­nes Un­terstützungs­streiks gemäß der Recht­spre­chung sei­en erfüllt.
Die Maßnah­me am 6. April 2009 sei ge­eig­net, da es zu­min­dest auch um die Stärkung der Kampf­kraft durch So­li­da­rität und nicht nur durch wirt­schaft­li­chen Druck ge­he. Sie sei er­for­der­lich gemäß der Einschätzungs­präro­ga­ti­ve der Ge­werk­schaft. Sie sei im en­ge­ren Sin­ne verhält­nismäßig. Die Be­klag­te ver­weist auf die wirt­schaft­li­che und tatsächli­che Ver­knüpfung des Flug­ha­fens mit der DFS, die von der DFS in zeit­li­cher Nähe zum Ar­beits­kampf ein­ge­gan­ge­nen Verträge mit der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH und die da­durch be­ding­te Ver­let­zung der Neu­tra­lität, die Iden­tität der Ge­werk­schaft und die be­grenz­te Dau­er der Maßnah­me.
Für die Be­ur­tei­lung ei­ner Schwer­punkt­ver­la­ge­rung könne nicht auf die Wir­kun­gen ab­ge­stellt wer­den; le­dig­lich die ein­ge­setz­ten Ar­beits­kampf­mit­tel, de­ren Um­fang und Dau­er könn­ten ver­gli­chen wer­den. Dies spre­che hier ge­gen ei­ne Schwer­punkt­ver­la­ge­rung. Auch sei der Haupt­ar­beits­kampf nicht wir­kungs­los ge­we­sen. Es sei zwar zunächst durch den in­ten­si­ven Ein­satz sons­ti­ger Ar­beits­kräfte ge­lun­gen, die Ar­beit in Form ei­ner Not­be­set­zung auf­recht zu er­hal­ten und die Aus­wir­kun­gen zu ei­nem ge­wis­sen Grad zu kom­pen­sie­ren. Aber es sei zu Ab­laufstörun­gen bei der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH ge­kom­men.
Bei der Be­trach­tung der Verhält­nismäßig­keit im Hin­blick auf Kampf­pa­rität kom­me es nur auf die bei­den Ar­beits­kampf­par­tei­en und nicht auf Drit­te an;

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die­ses Kri­te­ri­um sol­le le­dig­lich Ex­tremfällen ent­ge­gen wir­ken, ins­be­son­de­re wenn höher­ran­gi­ge Grund­rech­te Drit­ter be­trof­fen sei­en.

Der Auf­ruf zum Un­terstützungs­streik ha­be nicht die Frie­dens­pflicht ver­letzt. Es kom­me auf das Schrei­ben vom 5. April 2009 und nicht auf die in­ter­ne Mit­tei­lung vom 2. April 2009 an, die im Übri­gen kei­ne wei­te­ren For­de­run­gen ent­hal­te, son­dern nur die His­to­rie schil­de­re.

Die Not­dienst­ver­ein­ba­rung gel­te le­dig­lich im Verhält­nis zur DFS und aus ei­ner Ver­let­zung könne nur die­se Ansprüche her­lei­ten. Sie sei nicht ver­letzt wor­den, da le­dig­lich die zur Auf­recht­er­hal­tung der Min­dest­pro­duk­ti­on er­for­der­li­chen Ar­bei­ten zu gewähr­leis­ten sei.

Der Haupt­ar­beits­kampf sei rechtmäßig.
Die Be­klag­te sei wei­ter­hin ta­rif­zuständig. Dies er­ge­be sich aus den geänder­ten Sat­zungs­be­stim­mun­gen, ins­be­son­de­re aus den Buch­sta­ben b) und c) ih­rer Sat­zung im Hin­blick auf den Aus­tausch von In­for­ma­tio­nen zur Pla­nung, de­ren Pu­bli­ka­ti­on bzw. der Dis­po­si­ti­on von Park­po­si­tio­nen im Ab­gleich mit den in der Ver­kehrs­zen­tra­le an­fal­len­den Tätig­kei­ten, aber auch aus dem Ober­satz der Sat­zungs­be­stim­mung und dem Zu­sam­men­hang der Tätig­kei­ten, aus de­ren Cha­rak­ter als Un­terstützungs­leis­tun­gen. Es er­ge­be sich auch in An­se­hung des neu­en Ar­beits­plat­zes Ko­or­di­na­tor. Der Ver­kehrs­fluss in § 4 Ab­satz 1 c der Sat­zung be­zie­he sich nicht nur auf Flug­zeug­ver­kehr.
Die Be­klag­te macht gel­tend, dass sie im Rah­men ih­rer Sat­zung selbst ent­schei­de, für wen sie For­de­run­gen auf­stel­le. Auch ha­be sie be­reits für Ver­kehrs­zen­tra­len­mit­ar­bei­ter ei­nen Ta­rif­ver­trag ge­schlos­sen. Hier­zu nimmt sie auf den Ta­rif­ver­trag am Flug­ha­fen Frank­furt vom Sep­tem­ber 2007 Be­zug und weist dar­auf hin, dass dort – an­ders als in Stutt­gart – ei­ne per­so­nel­le Tren­nung und da­mit ei­ne an­de­re Re­ge­lung möglich ge­we­sen sei.
In Stutt­gart hätten sich die Ver­hand­lun­gen be­reits we­gen der feh­len­den Ab­grenz­bar­keit auf sämt­li­che Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung Vor­feld­kon­trol­le/Ver­kehrs­zen­tra­le be­zo­gen. Auch der Ta­rif­ver­trag ha­be von An­fang an die Ver­kehrs­zen­tra­le mit ein­be­zo­gen. An­ders sei dies da­mals nicht möglich ge-

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we­sen. Dies zei­ge auch die Pro­zess­ver­ein­ba­rung, bei de­ren Ab­schluss die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Tren­nung noch nicht ab­seh­bar ge­we­sen sei. Die­ser Ver­ein­ba­rung zu­fol­ge sei­en die be­trieb­li­chen Be­son­der­hei­ten, zu de­nen gehöre, dass die Be­rei­che nicht ge­trennt ge­we­sen sei­en, zu berück­sich­ti­gen. Der Be­griff des Apron-Con­trol­lers sei un­tech­nisch ver­wen­det wor­den.

Die Frie­dens­pflicht sei nicht ver­letzt. Der Streik­auf­ruf ha­be sich le­dig­lich auf den vor­ge­leg­ten Ta­rif­ver­trag be­zo­gen und auf nichts an­de­res. Maßgeb­lich sei das Schrei­ben an die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH vom 25. Fe­bru­ar 2009. Auf an­de­re Ver­laut­ba­run­gen als den Streik­be­schluss und die da­zu über­mit­tel­ten Ta­rif­for­de­run­gen kom­me es nicht an. Die Erläute­run­gen im In­ter­net sei­en kei­ne Wie­der­ga­be ei­nes Streik­be­schlus­ses.
Der Grund­satz der Ta­rif­ein­heit schließe kei­nen Ar­beits­kampf um ei­nen po­ten­ti­ell kon­kur­rie­ren­den Ta­rif­ver­trag aus und führ­ten zu kei­nen be­son­de­ren An­for­de­run­gen an ei­ne Verhält­nismäßig­keitsprüfung.

Auf je­den Fall feh­le es am Ver­schul­den der Be­klag­ten. Im Hin­blick dar­auf, dass die recht­li­che Zulässig­keit der Ar­beits­kampf­maßnah­me noch nicht höchst­rich­ter­lich geklärt wor­den sei, aber durch die einst­wei­li­gen Verfügun­gen, ins­be­son­de­re die Ent­schei­dung des LAG Ba­den Würt­tem­berg, Klar­heit ein­ge­tre­ten sei, ha­be die Be­klag­te den Streik wählen dürfen.
Ei­ne sit­ten­wid­ri­ge Schädi­gung sei nicht ge­ge­ben. Der Ar­beits­kampf ha­be nicht da­zu ge­dient, aus­sch­ließlich den Kläge­rin­nen Schäden zu­zufügen.

Es sei zu be­strei­ten, dass die gel­tend ge­mach­ten Kos­ten al­le und ins­be­son­de­re im ein­ge­tre­te­nen Aus­maß auf den Ar­beits­kampf zurück­zuführen sei­en. Sie sei­en zu­min­dest eben­so so sehr dar­auf zurück­zuführen, dass die DFS auf die Ankündi­gung nicht un­mit­tel­bar re­agiert ha­be. Die Kläge­rin­nen hätten bes­ser und länger um­pla­nen und dis­po­nie­ren können, wenn die DFS un­mit­tel­bar re­agiert hätte. Ein­zel­ne Flüge hätten z.B. auf die Zeit kurz vor Streik­be­ginn vor­ver­legt wer­den können.

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Die Be­klag­te be­strei­tet die An­ga­ben zur Scha­denshöhe und de­ren Kau­sa­lität. Sie rügt die­se als nicht aus­rei­chend nach­voll­zieh- und kon­trol­lier­bar. Ver­spätun­gen könn­ten auch auf be­triebs­im­ma­nen­te Gründe zurück­zuführen sein oder durch an­der­wei­ti­ge Steue­rungs­maßnah­men ver­mie­den wer­den. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Ausführun­gen der Be­klag­ten zum Scha­den und des­sen Dar­le­gung wird auf die Sei­ten 68 bis 75 der Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 350 – 358 d.A.) und auf die Sei­ten 3 f bis ih­res Schrift­sat­zes vom 20. Fe­bru­ar 2012 (Bl. 639 f d.A.) ver­wie­sen.

 

Ent­schei­dungs­gründe

 

A. Die Kla­ge ist nur zum Teil zulässig. Sie ist zulässig, so­weit die Kläge­rin­nen Scha­dens­er­satz be­geh­ren und un­zulässig, so­weit sie die Fest­stel­lung der Un­ter­las­sungs­pflicht be­zo­gen auf den Ar­beits­kampf am 6. April 2009 be­geh­ren.
Der Fest­stel­lungs­an­trag ist un­zulässig. Es han­delt sich um ei­ne Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­ge, de­ren Zulässig­keit gemäß § 256 Ab­satz 2 Zi­vil­pro­zess­ord­nung (ZPO) zu be­ur­tei­len ist. Da­nach kann ein Kläger be­an­tra­gen, ein im Lau­fe des Rechts­streits strei­tig ge­wor­de­nes Rechts­verhält­nis, von des­sen Be­ste­hen oder Nicht­be­ste­hen die Ent­schei­dung des Rechts­streits ganz oder zum Teil abhängt, durch rich­ter­li­che Ent­schei­dung fest­zu­stel­len. Vor­aus­set­zung für de­ren Zulässig­keit ist, ers­tens, dass der Be­stand des Rechts­verhält­nis­ses für die Ent­schei­dung vor­greif­lich ist (Gre­ger in: Zöller, ZPO, 29. A., Köln 2012, § 256 Rz 21, 25), und, zwei­tens, dass das Ur­teil über die Haupt­kla­ge die Rechts­be­zie­hung der Par­tei nicht be­reits erschöpfend re­gelt. Es muss die Möglich­keit be­ste­hen, dass aus dem strei­ti­gen Rechts­verhält­nis wei­te­re Ansprüche er­wach­sen (eben­da Rz 26). Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt mit Ur­teil vom 21. De­zem­ber 1982 (1 AZR 411/80 – in: AP Nr. 76 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf) aus­geführt hat, muss das in­ci­den­ter oh­ne­hin zu klären­de

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Rechts­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en noch über den ge­genwärti­gen Streit­stand hin­aus Be­deu­tung ha­ben oder ge­win­nen können. Steht fest, dass durch die Ent­schei­dung über die Haupt­sa­che die Rechts­be­zie­hun­gen, die sich für die Par­tei­en aus dem strei­ti­gen Rechts­verhält­nis er­ge­ben können, mit Rechts­kraft­wir­kung erschöpfend klar­ge­stellt wer­den, ist kein Raum für ei­ne Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­ge (eben­da un­ter A. I. 1. b)).
Die Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­ge ge­rich­tet auf das Be­geh­ren der Fest­stel­lung ei­ner Rechts­pflicht auf Un­ter­las­sung des Ar­beits­kamp­fes am 6. April 2009 ist ge­mes­sen an die­sen Maßstäben un­zulässig. Zwar berühmen sich die Kläge­rin­nen Scha­dens­er­satz­ansprüche aus dem Ar­beits­kampf am 6. April 2009 und schließen nicht aus, dass ih­nen noch wei­ter­ge­hen­de Schäden, als die mit die­ser Kla­ge gel­tend ge­mach­ten, ent­stan­den sind, wo­zu sie sich ein dies­bezügli­ches Vor­ge­hen vor­be­hal­ten (Sei­te 7 der Kla­ge­schrift, Bl. 7 d.A.). Aber für die­se Ansprüche ist nicht die durch den An­trag zu 2. skiz­zier­te Rechts­pflicht, nämlich die Fra­ge der Pflicht zum Un­ter­las­sen, vor­greif­lich, son­dern die Fra­ge, ob ei­ne Rechts­pflicht zum Er­satz der aus dem im An­trag skiz­zier­ten Er­eig­nis ent­stan­de­nen Schäden be­steht. Wenn auch ein­zuräum­en ist, dass dann, wenn – wie die Kläge­rin­nen mei­nen – ei­ne Rechts­pflicht zum Un­ter­las­sen be­ste­hen würde, ei­ne – un­ab­ding­ba­re – Vor­aus­set­zung für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch erfüllt ist, heißt dies aber noch nicht, dass des­we­gen dem Grun­de nach ein Scha­dens­er­satz­an­spruch in Be­tracht käme. An­ders als ein Un­ter­las­sungs­an­spruch setzt die­ser nämlich Ver­schul­den vor­aus.
Darüber hin­aus wird durch das vor­lie­gen­de Ur­teil – al­ler­dings nicht mit Rechts­kraft – das Rechts­verhält­nis bezüglich der Scha­dens­ent­ste­hung ab­sch­ließend geklärt. Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten kommt be­reits dem Grun­de nach nicht in Be­tracht, so dass es auch im Hin­blick auf wei­te­re Schäden kei­ner Ent­schei­dung über ei­ne mögli­che da­ma­li­ge Rechts­pflicht zur Un­ter­las­sung, die kein Ver­schul­den vor­aus­setzt, be­darf. Ins­be­son­de­re wäre ei­ne von den Kläge­rin­nen an­ge­nom­me­nen ver­gan­gen­heits­be­zo­ge­ne Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tung für zukünf­ti­ge Maßnah­men nicht aus­sa­ge­kräftig, wie sich aus der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 12. Sep­tem­ber 1984 (1 AZR 342/83 – in: AP Nr. 81 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf Leit­satz 7 b) er­gibt.

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Da es nicht Auf­ga­be der Ge­rich­te ist, Rechts­gut­ach­ten zu – noch da­zu ver­gan­ge­nen – Er­eig­nis­sen zu ver­fas­sen, und die Fra­ge der Un­ter­las­sungs­pflicht für zukünf­ti­ge Strei­tig­kei­ten iso­liert kei­ne Rol­le spielt, ist der An­trag un­zulässig.

B. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Die Kläge­rin­nen ha­ben kei­nen An­spruch auf Zah­lung der ein­ge­klag­ten Beträge nebst Zin­sen. Die be­gehr­te Fest­stel­lung ist nicht aus­zu­spre­chen. Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch er­gibt sich be­reits dem Grun­de nach we­der aus § 823 Ab­satz 1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) i.V.m. dem Ei­gen­tums­recht be­zo­gen auf Flug­zeu­ge noch i.V.m. dem Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb (I.), noch aus § 826 BGB (II.). Eben­so we­nig kann fest­ge­stellt wer­den, dass die Be­klag­te gemäß § 1004 BGB i.V.m. den vor­ge­nann­ten Be­stim­mun­gen zur Un­ter­las­sung des Ar­beits­kamp­fes am 6. April 2009 ver­pflich­tet ge­we­sen wäre (III.).

I. Die Kläge­rin­nen ha­ben kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz gemäß § 823 Ab­satz 1 BGB. § 823 Ab­satz 1 BGB ver­pflich­tet zum Er­satz von den Schäden, die dar­aus re­sul­tie­ren, dass vorsätz­lich oder fahrlässig das Le­ben, der Körper, die Ge­sund­heit, die Frei­heit, das Ei­gen­tum oder ein sons­ti­ges Recht ei­nes an­de­ren wi­der­recht­lich ver­letzt wird. Die Be­klag­te hat die Kläge­rin­nen durch den Auf­ruf und die Durchführung des Un­terstützungs­streiks am Flug­ha­fen Stutt­gart am 6. April 2009 we­der in ih­rem Recht auf Ei­gen­tum oder Be­sitz, wo­bei ei­ne Rechts­ver­let­zung dies­bezüglich be­zo­gen auf die Kläge­rin zu 1. letzt­lich da­hin­ge­stellt bleibt(1.), noch in ih­rem Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­trieb (2.) wi­der­recht­lich und schuld­haft (3.) ver­letzt.

1. Ei­ne Ver­let­zung des Ei­gen­tums liegt nicht nur bei ei­ner Sub­stanz­ver­let­zung oder Ent­zie­hung des Ei­gen­tums vor, son­dern kann auch dann an­zu­neh­men sein, wenn die Ei­gen­tums­be­fug­nis­se durch tatsächli­che oder recht­li­che Ein­wir­kun­gen be­ein­träch­tigt wer­den (z.B. BGH, Ur­teil vom 21. De­zem­ber 1970 – II ZR 133/68 – in: BGHZ 55, 153 un­ter II. 4. a) m.w.N. un­ter Ab­leh-

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nung ei­ner en­ge­ren Aus­le­gung des Reichs­ge­richts), wenn des­sen be­stim­mungs­gemäßer Ge­brauch ver­letzt wird. Al­ler­dings muss es sich da­bei zu­min­dest um ei­ne nicht nur un­er­heb­li­che, mehr als kurz­fris­ti­ge, nicht le­dig­lich vorüber­ge­hen­de Be­ein­träch­ti­gung han­deln (z.B. Wag­ner in: Münche­ner Kom­men­tar zum BGB, 4. A. München 2004, § 823 Rz 112 f, 115; Schaub in: Prütting u.a., BGB, 5.A., Neu­wied 2010, § 823 Rz 54, 55; Sprau in: Pa­landt. BGB, 71. A. München 2012 (zit.: Pa­landt/Sach­be­ar­bei­ter), § 823 BGB Rz 7). Ei­ne Ver­let­zung von Ver­wer­tungs- oder Vermögens­in­ter­es­sen ist ge­ra­de nicht geschützt (Schaub, a.a.O. § 823 Rz 54; Wag­ner a.a.O., § 823 Rz 111, 116). Wel­che Kri­te­ri­en zur Be­mes­sung der Er­heb­lich­keit her­an­zu­zie­hen sind, ist kon­tro­vers (s. da­zu: Wag­ner, a.a.O. § 823 R 115).
Be­zo­gen auf Fahr­zeu­ge hat der Bun­des­ge­richts­hof an­ge­nom­men, dass das Ein­sper­ren ei­nes Fahr­zeugs in ei­ner Art und Wei­se, dass die­ses nicht mehr be­stim­mungs­gemäß ge­nutzt, be­wegt wer­den kann, ei­ne sol­che Ver­let­zung be­gründen kann. Er hat ei­ne sol­che Ver­let­zung aber ab­ge­lehnt, wenn le­dig­lich be­ab­sich­tig­te Zie­le nicht er­reicht oder We­ge nicht ge­nutzt wer­den können (Ur­teil vom 21. De­zem­ber 1970, a.a.O.). In dem ent­schie­de­nen Fall ging es um Schif­fe auf ei­ner beschädig­ten Was­ser­s­traße. Für das Schiff, wel­ches auf­grund der Beschädi­gung für cir­ca acht Mo­na­te je­de Be­we­gungsmöglich­keit ver­lor, „ein­ge­sperrt“ war, hat der Bun­des­ge­richts­hof ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung an­ge­nom­men; für an­de­re Schif­fe, die le­dig­lich auf die Nut­zung der Straße an­ge­wie­sen wa­ren, auf die­ser ei­ne Ver­la­de­stel­le er­rei­chen woll­ten – und aus ver­trag­li­chen Gründen da­zu auch ver­pflich­tet wa­ren –, ei­ne sol­che ab­ge­lehnt. Für kürze­re Be­hin­de­run­gen sons­ti­ger Fahr­zeu­ge, de­ren „Fest­set­zen“ z.B. durch Zu­par­ken, liegt nach Wag­ner (a.a.O. § 823 Rz 113 bei und in FN 471 m.w.N.) noch kei­ne höchst­rich­ter­li­che Klärung vor.
Be­zo­gen auf ei­ne mehrtägi­ge Blo­cka­de von Bau­ma­schi­nen ist der Bun­des­ge­richts­hof von ei­ner Ei­gen­tums­ver­let­zung aus­ge­gan­gen (nach Wag­ner, a.a.O. Rz 113 bei FN 470). Be­zo­gen auf die ins­ge­samt fünfstündi­ge Blo­cka­de ei­ner Grundstücks­zu­fahrt we­gen ei­nes Bran­des auf dem Nach­bar­grundstück und der des­we­gen an­ge­ord­ne­ten Räum­ung auf­grund aku­ter Brand-und Ex­plo­si­ons­ge­fahr hat er für den Ei­gentümer des Grundstücks nur für die ers­ten zwei St­un­den ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung an­ge­nom­men, nicht aber für die fol­gen­den drei St­un­den der Blo­cka­de we­gen den Weg ver­sper­ren­der

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Ein­satz­fahr­zeu­ge (Ur­teil vom 21. Ju­ni 1977 – VI ZR 58/76 – in: NJW 1977, 2264; s. da­zu Wag­ner, a.a.O., Rz 113 bei FN 467).

Un­ter Be­ach­tung die­ser Maßstäbe kommt le­dig­lich für die Kläge­rin zu 1. über­haupt ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung in Be­tracht. Nur sie hat dar­ge­legt, dass sechs ih­rer Flug­zeu­ge den Flug­ha­fen Stutt­gart für sechs St­un­den nicht ver­las­sen konn­ten (un­te­re Hälf­te der Auf­stel­lung auf der Sei­te 36 der Kla­ge­schrift, Bl. 36 d.A.). Al­len­falls im Hin­blick auf die Nut­zungs­be­ein­träch­ti­gung die­ser Flug­zeu­ge käme ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung dann in Be­tracht, wenn man sie für er­heb­lich hiel­te. Die Ände­run­gen ih­rer Pläne zur Nut­zung wei­te­rer Flug­zeu­ge stel­len kei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung dar.
Es be­ste­hen Be­den­ken da­ge­gen, ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung be­zo­gen auf die zeit­lich be­grenzt ein­ge­sperr­ten Flug­zeu­ge der Kläge­rin zu 1) an­zu­neh­men. Zum ers­ten ist zu be­ach­ten, dass die Flug­zeu­ge nicht je­weils sechs St­un­den „ein­ge­sperrt“ wa­ren. Viel­mehr soll­ten zwei kurz vor, drei kurz nach 18:00 Uhr und ei­nes nach 20:00 Uhr ab­flie­gen, so dass das Zeit­fens­ter des Ein­sper­rens klei­ner als sechs St­un­den ist. Zum zwei­ten ist auf­grund der Not­dienst­ver­ein­ba­rung und der auf de­ren Grund­la­ge durch­zuführen­den Ver­keh­re im Um­fang von 25% ei­ne „Blo­cka­de“ des Flug­ha­fens nicht mit der­je­ni­gen der Flug­zeu­ge, die sich ge­ra­de auf dem Flug­ha­fen be­fin­den, gleich zu set­zen, da nicht be­reits die „Blo­cka­de“ des Flug­ha­fens fest­legt, dass und wel­che Flug­zeu­ge „ein­ge­sperrt“ blei­ben, wenn auch ein­zuräum­en ist, dass sie un­ver­zicht­ba­re Be­din­gung des „Ein­ge­sperrt­seins“, so es da­zu kommt, ist. Vor al­lem be­ste­hen aber dog­ma­ti­sche Be­den­ken da­ge­gen, zeit­lich re­la­tiv be­grenz­te Nut­zungs­be­schränkung als er­heb­li­che Ei­gen­tums­ver­let­zung ein­zu­stu­fen. Denn durch ei­ne vorüber­ge­hen­de Nut­zungs­be­schränkung wird selbst die Ver­wer­tungsmöglich­keit le­dig­lich zeit­lich be­grenzt be­ein­träch­tigt, so dass im We­sent­li­chen ei­ne Ver­let­zung der Ver­wer­tungs­in­ter­es­sen, so­mit des Vermögens, wel­ches ge­ra­de nicht geschützt sein soll, vor­liegt. Es be­ste­hen da­her er­heb­li­che Be­den­ken, be­zo­gen auf die Nut­zungsmöglich­keit von Flug­zeu­ge ein Zeit­fens­ter, wel­ches le­dig­lich die ein­ma­li­ge kurz­zei­ti­ge Nut­zung, als er­heb­lich ein­zu­stu­fen. Die Ein­schränkung ist so­wohl im Ver­gleich zur je­wei­li­gen als auch zur ab­so­lu­ten Nut­zungs­dau­er und Lang­le­big­keit die­ses Ver­kehrs­mit­tels ge­ringfügig.

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Dies kann die Kam­mer letzt­lich aber da­hin­ge­stellt sein las­sen. Denn selbst wenn dies an­zu­neh­men wäre, hätte die Kläge­rin zu 1. kei­nen Er­satz­an­spruch, da die Be­klag­te nicht rechts­wid­rig und schuld­haft in die­ses Recht ein­ge­grif­fen hätte (da­zu un­ter 3.). Es be­darf des­we­gen auch kei­ner ab­sch­ließen­den Erörte­rung da­zu, in wel­cher Höhe sie dies­bezüglich ei­nen Er­satz­an­spruch ha­ben könn­te (da­zu un­ter 4.).
Für die Kläge­rin­nen zu 2. bis 3. ist kei­ne Ver­let­zung ih­res Ei­gen­tums an Flug­zeu­gen dar­ge­legt. Ein Er­satz­an­spruch auf die­ser Grund­la­ge kommt nicht in Be­tracht. Sie ha­ben sich dar­auf be­ru­fen, dass sie den Flug­ha­fen nicht an­flie­gen konn­ten oder Ver­spätun­gen ent­stan­den sind. Dies be­wirkt kei­ne Nut­zungs­be­ein­träch­ti­gung, die als Ei­gen­tums­ver­let­zung ein­zu­stu­fen ist. Die Kläge­rin zu 4. hat aus­geführt, dass sie für drei aus­ge­fal­le­ne Flüge ein Sys­tem ge­gen­sei­ti­ger Hil­fe für Störfälle in An­spruch ge­nom­men ha­be; sie hat aber nicht dar­ge­legt – und aus ih­rer Auf­stel­lung der Flüge auf der Sei­te 39 der Kla­ge­schrift er­gibt sich dies auch nicht –, dass es sich da­bei um Flüge han­del­te, die aus­fie­len, weil sie man­gels Flug­si­che­rung Flug­zeu­ge, die sich auf dem Flug­ha­fen Stutt­gart be­fan­den, nicht be­we­gen konn­te.

2. Die Kläge­rin­nen ha­ben kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz gemäß § 823 Ab­satz 1 BGB i.V.m. ih­rem Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb. Ei­nes der sons­ti­gen Rech­te im Sin­ne des § 823 Ab­satz 1 BGB, des­sen schuld­haf­te und wi­der­recht­li­che Ver­let­zung zum Er­satz des dar­aus ent­ste­hen­den Scha­dens ver­pflich­tet, ist das Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb. Die Kläge­rin­nen sind durch den Un­terstützungs­ar­beits­kampf der Flug­lot­sen des Towers am Flug­ha­fen Stutt­gart am 6. April 2009, zu dem die Be­klag­te un­strei­tig auf­ge­ru­fen und ihn ver­an­lasst hat­te, nicht in die­sem Recht ver­letzt wor­den.
Ei­ne Ver­let­zung des Rechts am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb setzt ei­nen be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griff in den geschütz­ten be­trieb­li­chen Be­reich vor­aus, wo­bei die Gren­zen die­ses Rechts im Fal­le ei­ner kol­li­die­ren¬den an­de­ren In­ter­es­sensphäre aus ei­ner In­ter­es­sen- und Güter­abwägung zu er­mit­teln sind (BAG, Ur­teil vom 1. Sep­tem­ber 2009 – 1 AZR 972/08 – in: AP

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Nr. 174 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf un­ter B. II. 1. a) am En­de; Pa­landt/Sprau, a.a.O., § 823 Rz 126). Das Merk­mal „be­triebs­be­zo­ge­ner Ein­griff“ ver­langt ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­ein­träch­ti­gung des Be­triebs als sol­chen bzw. die Be­dro­hung sei­ner Grund­la­gen. Da der Ge­setz­ge­ber durch die Be­nen­nung ab­so­lu­ter Rech­te in § 823 Ab­satz 1 BGB nach all­ge­mei­ner An­sicht hin­rei­chend zum Aus­druck ge­bracht hat, dass Schutz­ob­jekt die­ser Be­stim­mung le­dig­lich ähn­lich ab­so­lu­te, Drit­te aus­sch­ließen­de Rech­te sind und nicht das Vermögen oder ei­ne Ge­winn­erwar­tung (z.B. Pa­landt/Sprau, a.a.O., § 823 Rz 11) sind, muss es sich um mehr han­deln, als um ei­nen Ein­griff in ein­zel­ne Ele­men­te ei­nes Be­triebs, zum Bei­spiel ei­nes be­stimm­ten Be­triebs­ge­gen­stan­des. Wie der Bun­des­ge­richts­hof zum Bei­spiel im Ur­teil vom 11. Ja­nu­ar 2005 (VI ZR 34/04 – in: NJW-RR 05, 673) aus­geführt hat, darf die­ser Schutz nicht in „ei­nen all­ge­mei­nen de­lik­ti­schen Vermögens­schutz für Ge­wer­be­trei­ben­de aus­ufern“; es muss sich um ei­nen un­mit­tel­ba­ren Ein­griff in dem Sin­ne, dass er sich „ir­gend­wie ge­gen den Be­trieb als sol­chen rich­tet, al­so be­triebs­be­zo­gen ist“ und nicht ein oh­ne wei­te­res ablösba­res Recht oder Rechts­gut be­trifft. Be­reits 1985 hat­te der Bun­des­ge­richts­hof aus­geführt, dass da­mit „nur spe­zi­fi­sche Ein­grif­fe, die sich ge­gen den be­trieb­li­chen Or­ga­nis­mus oder die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dungs­frei­heit rich­ten“, „de­nen ei­ne Scha­dens­ge­fahr ei­gen ist, die über ei­ne bloße Belästi­gung oder ei­ne so­zi­alübli­che Be­hin­de­rung“ hin­aus­ge­hen (Ur­teil vom 19. Ja­nu­ar 1985 – VI ZR 130/83 – in: NJW 1985, 1620 un­ter II. 1.; s.a. BAG, Ur­teil vom 11. Sep­tem­ber 2009, a.a.O.), er­fasst sein sol­len. Ei­ne mit­tel­ba­re Be­ein­träch­ti­gung durch ein Er­eig­nis von außer­halb, wel­ches mit dem We­sen des Be­triebs nicht in Be­zie­hung steht, reicht nicht aus, so­weit es sich nicht ge­gen die Grund­la­gen der be­trieb­li­chen Tätig­keit rich­tet. In ei­ner cir­ca acht­mo­na­ti­gen Be­ein­träch­ti­gung der Schiff­bar­keit ei­ner Was­ser­s­traße hat der Bun­des­ge­richts­hof kei­ne Be­ein­träch­ti­gung der die­se nut­zen­den Schiffs­eig­ner im Hin­blick auf de­ren Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb ge­se­hen (Ur­teil vom 21.12.1970, a.a.O.). Er hat später im be­reits zi­tier­ten Ur­teil von 2005 (a.a.O. un­ter II. 2. c)) un­ter an­de­rem aus­geführt: „Die Be­fahr­bar­keit von Glei­sen gehört eben­so we­nig zum Ge­wer­be­trieb ei­nes Ei­sen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­mers wie die Be­fahr­bar­keit ei­ner Straße zum Ge­wer­be­be­trieb ei­nes Spe­di­teurs oder die Schiff­bar­keit ei­ner Was­ser­s­traße zum Ge­wer­be­be­trieb ei­nes Schiff­fahrt­trei-

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ben­den gehört. Die zeit­wei­li­ge Sper­rung von Glei­sen, die auch an­de­re Ei­sen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­mer tref­fen kann, greift da­her nicht in de­ren Ge­wer­be­be­trieb ein.“
Spe­zi­ell be­zo­gen auf die Fall­grup­pe Ar­beits­kampf­maßnah­me, ge­werk­schaft­li­che Tätig­keit ge­hen Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur zwar da­von aus, dass ei­ne sol­che Maßnah­me im Verhält­nis zu dem­je­ni­gen, der mit dem Ar­beits­kampf­mit­tel in der Wei­se über­zo­gen wird, dass sei­ne Mit­ar­bei­ter sich dar­an be­tei­li­gen sol­len, ei­nen sol­chen un­mit­tel­ba­ren Ein­griff dar­stel­len, da des­sen Be­trieb durch Ent­zug der Ar­beits­kraft zum Er­lie­gen kom­men soll (z.B. Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 11. Sep­tem­ber 2009, a.a.O.; Ur­teil vom 10. De­zem­ber 2002 – 1 AZR 96/02 – in: AP Nr. 162 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf un­ter B.; Löwisch/Krauß, Ar­beits­kampf III C (170.3.3) in AR-Blat­tei, Sys­te­ma­ti­sche Dar­stel­lun­gen, Lo­se­blatt, Stand No­vem­ber 2004, Rz 32). An­ders ist aber die Si­tua­ti­on, wenn Drit­te be­trof­fen sind, wenn de­ren Be­trieb zum Er­lie­gen kommt. Die­se mit­tel­ba­re Be­trof­fen­heit recht­fer­tigt nicht die An­nah­me ei­nes be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griffs (Löwisch/Krauß, a.a.O. Rz 32). Spe­zi­ell be­zo­gen auf die Pro­ble­ma­tik, ob ein Ar­beits­kampf auch ei­nen Dritt­be­trof­fe­nen in sei­nen Rechtsgütern ver­let­zen könne, hat Ot­to (Ar­beits­kampf- und Sch­lich­tungs­recht, München 2006, § 16 III. 1.) im Hin­blick auf das von den Kläge­rin­nen zi­tier­te Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs von 1977 (betr. Flug­lot­sen) aus­geführt, dass die Aus­wei­tung auf ei­nen „funk­tio­nell abhängi­gen Drit­ten“, da­mals ein Rei­se­un­ter­neh­men, be­denk­lich sei. Kis­sel (Ar­beits­kampf­recht, München 2002, § 73 Rz 71 bei FN 152) stellt dar­auf ab, ob sich ein un­mit­tel­ba­rer Ein­griff aus der Wil­lens­rich­tung des Ver­let­zers er­gibt. Er lehnt fer­ner ei­ne Über­tra­gung der Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs von 1977 auf pri­vat­recht­li­che Be­zie­hun­gen als „sys­tem­wid­rig“ ab, da dies „außer­dem zu unüber­seh­ba­ren haf­tungs­recht­li­chen Fol­gen führen müss­te, die wie­der­um ei­nen tie­fen Ein­griff in die Hand­lungs­frei­heit der den Ar­beits­kampf Führen­den dar­stel­len würde“ (a.a.O. § 74 Rz 9 bei FN 24, 25). Löwisch/Krauß führen aus, dass ein be­triebs­be­zo­ge­ner Ein­griff in Be­tracht käme, „wenn ein Streik von vorn­her­ein dar­auf ge­rich­tet ist, auch die Be­triebstätig­keit von Un­ter­neh­men zu stören, die mit dem be­streik­ten Un­ter­neh­men ar­beits­tei­lig zu­sam­men­ar­bei­ten“ (a.a.O. Rz 35 un­ter Be­zug­nah­me auf die Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Blo­cka­de ei­nes Druck­zen­trum). Das Bun­de­sar-

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beits­ge­richt hat im Zu­sam­men­hang mit Blo­cka­de­maßnah­men, zu de­nen es im Rah­men ei­ner Ta­rif­aus­ein­an­der­set­zung kam, aus­geführt, dass die­se ei­nen Ein­griff in den ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb der im blo­ckier­ten Zen­trum ansässi­gen Un­ter­neh­men dar­stel­len (Ur­teil vom 21. Ju­ni 1988 – 1 AZR 653/86 – in: AP Nr. 109 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf). Dies hat es dar­aus ab­ge­lei­tet, dass „nach dem ge­sam­ten Vor­trag der Kläge­rin (...) die Ver­let­zungs­hand­lung von dem Zweck be­stimmt ge­we­sen“ sei, „ge­ra­de – auch – die Schäden bei der Kläge­rin aus­zulösen“. Es hat da­mals ent­schei­dend auf den sich aus dem Vor­trag er­ge­ben­den „ziel­ge­rich­te­ten An­griff“ und den fest­ge­stell­ten Wil­len der An­we­sen­den ab­ge­stellt. Ab­wei­chend da­von hat es in dem be­reits zi­tier­ten Ur­teil vom 11. Sep­tem­ber 2009 (a.a.O.) aus­geführt, der Ein­griff müsse sei­ner „ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung nach ge­gen den be­trieb­li­chen Or­ga­nis­mus oder die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dungs­frei­heit ge­rich­tet sein“. An­ge­sichts die­ser Ent­schei­dun­gen kann nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Dritt­be­trof­fe­ne ei­nes Ar­beits­kamp­fes, des­sen Be­trieb al­lein durch Fort-/Fern­wir­kung die­ses Ar­beits­kamp­fes, z.B. we­gen feh­len­der Lie­fe­run­gen von Ma­te­ria­li­en oder sons­ti­gen Ver­sor­gun­gen, Dienst­leis­tun­gen, Lo­gis­tik, Ein­schränkun­gen er­lei­det oder nicht pro­du­zie­ren kann, des­we­gen in sei­nem Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb ver­letzt sind. Dies ist ins­be­son­de­re nicht ein­schlägig höchst­rich­ter­lich ent­schie­den wor­den.
Wenn die Kläge­rin­nen mit der Ent­schei­dung aus dem Jahr 1988 ar­gu­men­tie­ren, be­ach­ten sie nicht zur Genüge, dass die­se nicht mit der Si­tua­ti­on gleich­ge­setzt wer­den kann, in der sich ei­ne grundsätz­lich zulässi­ge Ar­beits­kampf­maßnah­me wie ei­ne „Blo­cka­de“ aus­wirkt oder aus­wir­ken könn­te. Sie kann auf den Streik vom 6. April 2009 nicht über­tra­gen wer­den. Die Ent­schei­dun­gen von 1988 be­tra­fen Sach­ver­hal­te, in de­nen das ein­ge­setz­te Mit­tel ge­ra­de kein Streik war, son­dern ei­ne Maßnah­me, die als sol­che und un­abhängig von sons­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen zu­min­dest bis­her (kri­tisch da­zu: Die­te­rich in: Müller-Glöge, Preis, Schmidt, Er­fur­ter Kom­men­tar zum Ar­beits­recht, 12. A. München 2012 (zit: ErfK/Sach­be­ar­bei­ter), Art. 9 GG Rz 275 ff) dem Ver­dikt der Rechts­wid­rig­keit un­ter­fiel und un­terfällt (zur recht­li­chen Ein­ord­nung von Blo­cka­den als Ar­beits­kampf­mit­tel z.B. eben­da; BAG, Ur­teil vom 8. No­vem­ber 1988 – 1 AZR 417/86 – in: AP Nr. 111 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf un­ter A. III.

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3.; s.a. zur Wir­kungs­wei­se von Streik­ver­hal­ten als „Blo­cka­de“: BAG, Ur­teil vom 11. Ju­li 1995 – 1 AZR 161/95 – in : AP Nr. 135 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf un­ter III. 2.). Es gibt – so­weit er­sicht­lich – kei­ne Ent­schei­dun­gen, die Drit­ten ge­gen ei­ne Ge­werk­schaft Scha­dens­er­satz­ansprüche we­gen ei­ner Ver­let­zung ih­res Rechts am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb zu­spre­chen, weil sie von den Aus­wir­kun­gen ei­nes – rechts­wid­ri­gen – Streiks be­trof­fen sind. Denn auch ein rechts­wid­ri­ger Streik stellt nicht per se ei­nen Ein­griff in die da­von ver­mit­telt be­trof­fe­nen Be­trie­be dar. Viel­mehr ist die Rechts­wid­rig­keit des Streiks erst wei­te­res Tat­be­stands­ele­ment ei­ner Haf­tung. Wenn die Kläge­rin­nen ar­gu­men­tie­ren, dass ein Streik als sol­cher zunächst den Tat­be­stand ei­ner de­lik­ti­schen Hand­lung im Sin­ne des § 823 Ab­satz 1 BGB für den­je­ni­gen erfülle, der von des­sen Fol­gen in sei­ner be­trieb­li­chen Tätig­keit be­ein­träch­tigt wer­de, und ausführen, dass des­sen Rechts­wid­rig­keit erst da­nach als wei­te­re haf­tungs­be­gründen­de Vor­aus­set­zung zu prüfen sei, so über­deh­nen sie die Fi­gur des Rechts am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb. Viel­mehr ist das Merk­mal der Be­triebs­be­zo­gen­heit, der Un­mit­tel­bar­keit des Ein­griffs, los­gelöst von der Fra­ge der Rechts­wid­rig­keit des mögli­chen Ein­griffs zu prüfen. Nichts an­de­res er­gibt sich auch aus der oben zi­tier­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs und des Bun­des­ar­beits­ge­richts. An­ders­her­um ge­sagt: auch wenn erst die rechts­wid­ri­ge Ar­beits­kampf­maßnah­me – un­ter wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen – über­haupt ei­ne Haf­tung be­gründen könn­te, so be­deu­tet dies nicht, dass des­we­gen an die Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­let­zung des Rechts­guts ge­rin­ge­re An­for­de­run­gen zu stel­len wären. Ge­ra­de wenn die von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te Rechts­fi­gur schon be­zo­gen auf ih­ren In­halt und ih­re Gren­zen aus der Abwägung von In­ter­es­sen und Gütern mit der kol­li­die­ren­den In­ter­es­sensphäre be­stimmt wer­den muss (s. die Nach­wei­se oben, Sei­te 27/28 und auch Kis­sel, a.a.O., § 73 Rz 72 a.E.), ist die An­for­de­rung der Be­triebs­be­zo­gen­heit und Un­mit­tel­bar­keit in An­se­hung der Her­kunft und Be­deu­tung des Streik­rechts zu be­stim­men.
Der Streik ei­ner Ge­werk­schaft ist Ausübung der ko­ali­ti­ons­spe­zi­fi­schen Betäti­gung; er ist – zu­min­dest zur­zeit – das zen­tra­le Mit­tel ei­ner Ko­ali­ti­on in ei­nem Kon­flikt. Er ist im Zu­sam­men­hang mit dem Ziel, die Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen zu wah­ren und zu fördern, durch Ar­ti­kel 9 Ab­satz 3 des Grund-

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ge­set­zes (z.B. BVerfG, Be­schluss vom 2. März 1993 – 1 BvR 1213/85 – in: AP Nr. 126 zu Art 9 Ar­beits­kampf un­ter C. II. 1.; BVerfG, Be­schluss vom 10. Sep­tem­ber 2004 – 1 BvR 1191/03 – in: AP Nr. 167 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf un­ter B II. 1.; ErfK/ Die­te­rich, a.a.O. Art 9 GG Rz 102 ff, 161 ff), aber auch durch Ar­ti­kel 6 Nr. 4 a der Eu­ropäischen So­zi­al­char­ta (un­ter II; s. da­zu z.B.: BAG, Ur­teil vom 12. Sep­tem­ber 1984, a.a.O. un­ter B II. 2. c); ErfK/ Die­te­rich, a.a.O., Art. 9 GG Rz 105) und über die in Ar­ti­kel 11 Eu­ropäische Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on geschütz­te Ver­ei­ni­gungs­frei­heit gemäß der Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te (da­zu z.B. VG Kas­sel, 31. Au­gust 2011 – 28 K 574/10.KS.D. – in: AuR 2012, 36 m.w.N.; s. da­zu auch ErfK/ Die­te­rich, a.a.O., Art. 9 GG Rz 106) geschützt. Sei­ne Ausübung be­ein­träch­tigt zwangsläufig die Rech­te An­de­rer und na­he­zu un­ver­meid­lich, auf je­den Fall häufig, die Rech­te Drit­ter. Es han­delt sich um ein Recht, des­sen Wir­kung auf Schädi­gung an­ge­legt ist, das um­so ef­fek­ti­ver ist, je mehr es schädigt. Auf je­den Fall trägt es die Scha­dens­nei­gung und die Gefähr­dung der Po­si­tio­nen an­de­rer in sich. Dies wird z.B. in An­se­hung der Streik­fol­gen im Be­reich der Da­seins­vor­sor­ge und der öffent­li­chen Dienst­leis­tun­gen be­son­ders deut­lich, wenn man an die mögli­chen Ge­fah­ren und Fol­gen von nicht ent­sorg­tem Müll oder nicht auf­nah­me­be­rei­ten Kli­ni­ken denkt. Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land – nicht der Ge­setz­ge­ber – ha­ben dem Streik­recht/ Ar­beits­kampf­recht Gren­zen ge­setzt. Über­prüft wird ins­be­son­de­re die Verhält­nismäßig­keit. Hier­bei wa­ren und sind die ge­won­ne­nen Er­geb­nis­se nicht im­mer pro­gnos­ti­zier­bar. Es gibt vie­le Streit­fra­gen und im­mer wie­der neue Ent­wick­lun­gen (zu­letzt z.B. die be­reits zi­tier­te Ent­schei­dung des BAG vom 22. Sep­tem­ber 2009 (flash mob); s.a. Reh­der/ Dei­nert/ Call­sen, Aty­pi­sche Ar­beits­kampf­for­men auf Ar­beit­neh­mer­sei­te, AUR 2012, 103 ff), was im Hin­blick auf die ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Trag­wei­te und Ein­bin­dung die­ses Rechts zwangsläufig ist. Wenn man in den heu­ti­gen Wirt­schafts- und So­zi­al­be­zie­hun­gen ein Streik­recht ga­ran­tie­ren will, so muss ei­ne Haf­tung für in der Re­gel nicht kal­ku­lier­ba­re Schäden Drit­ter aus­ge­schlos­sen sein, so­lan­ge es sich um übli­che oder un­ver­meid­ba­re Fol­ge­wir­kun­gen han­delt. Es liegt nicht in der Hand der Ak­teu­re ei­nes Streiks, wel­che In­ter­de­pen­den­zen und Abhängig­kei­ten ge­schaf­fen wor­den sind oder wer­den; sie sind viel­mehr vor­ge­ge­ben und fremd­be­stimmt. Dies gilt um­so

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mehr, wenn die Fol­ge­wir­kun­gen durch ge­setz­li­che Vor­ga­ben oder sons­ti­ge Rah­men­be­din­gun­gen un­aus­weich­lich sind. Dann kann al­lein der Um­stand, dass die­se Me­cha­nis­men zum Tra­gen kom­men, nicht die An­nah­me recht­fer­ti­gen, dass der Streik im Sin­ne der For­mu­lie­rung von Löwisch/Krauß „von vor­ne­her­ein“ auf die Be­trof­fe­nen ge­rich­tet ist.

Ge­mes­sen an die­sen Maßstäben, stellt sich der Un­terstützungs­ar­beits­kampf der Be­klag­ten am 6. April 2009 nicht als be­triebs­be­zo­ge­ner Ein­griff ge­gen die Kläge­rin­nen dar.
Der Un­terstützungs­ar­beits­kampf der Be­klag­ten war zunächst ge­gen die DFS ge­rich­tet, da ein Teil de­ren Ar­beit­neh­mer streik­ten. Sie konn­te da­durch die von ihr ge­schul­de­ten Dienst­leis­tun­gen am Stutt­gar­ter Flug­ha­fen nicht er­brin­gen und die dafür fälli­gen Gebühren nicht ver­ein­nah­men. So­weit die Kläge­rin­nen dar­auf ab­stel­len, dass die­se Min­der­ein­nah­men letzt­lich im Hin­blick auf das Voll­kos­ten­de­ckungs­prin­zip nicht von der DFS zu tra­gen sind, ist dies ein Um­stand, der durch Ge­setz und Ver­trag zwin­gend vor­ge­ge­ben und durch kei­ne der Par­tei­en die­ses Rechts­streits ge­stal­tet wer­den kann. Al­ler­dings ist zu be­ach­ten, dass die DFS durch die Maßnah­me auch ge­rin­ge­re Kos­ten hat­te, die im Hin­blick auf ih­ren vor­ran­gig per­so­nal­kos­ten­in­ten­si­ven Be­trieb bei der Sal­die­rung ei­ne nicht un­beträcht­li­che Rol­le spie­len. Es ist den Kläge­rin­nen aber oh­ne wei­te­res ein­zuräum­en, dass die­se Gebühren und Kos­ten nicht der ent­schei­den­de Punkt sind, wenn es dar­um geht, was mit die­sem Ar­beits­kampf­mit­tel be­zweckt wer­den soll. Viel­mehr geht es ers­tens um ei­ne Un­terstützung von Kol­le­gen, mit de­nen man täglich zu­sam­men­ar­bei­tet, durch die „Überg­a­be“ der Flug­zeu­ge qua­si „Hand in Hand“ ar­bei­tet und mit de­nen man durch ei­ne ge­mein­sa­me Mit­glied­schaft bei der Be­klag­ten ver­bun­den ist. Zwei­tens steht die Maßnah­me im Zu­sam­men­hang mit der Vor­ge­schich­te des Ar­beits­kamp­fes und die von der DFS mit der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH ein­ge­gan­ge­nen Verträge. Die­se hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg zu Recht als Ver­let­zung der Neu­tra­lität der DFS ein­ge­stuft (un¬ter 2.2.2.2 (5)).
Di­rekt nach der DFS wirkt sich die­se Maßnah­me auf den Be­trieb des­je­ni­gen aus, mit dem die Be­klag­te im Ta­rif­kon­flikt steht, nämlich auf den der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH. De­ren Be­trieb wird – mit den Ein­schränkun­gen, die

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durch die Not­dienst­ver­ein­ba­run­gen ab­ge­si­chert sind – be­schränkt. Die­se ver­liert Ein­nah­men, Kun­den­po­ten­ti­al und An­se­hen. In An­be­tracht der Al­ter­na­ti­ven für ih­re Dienst­leis­tun­gen in – für flie­ge­ri­sche Ent­fer­nun­gen – Ortsnähe, nämlich den Flughäfen in Karls­ru­he, Frank­furt und München, spielt dies ei­ne re­le­van­te Rol­le. Für die­se Ziel­rich­tung spricht fer­ner die For­mu­lie­rung der Be­klag­ten in ih­rer In­ter­net-In­for­ma­ti­on vom 2. April 2009, nach der „die Streiks in Kürze be­gin­nen und den Flug­ver­kehr von und nach Stutt­gart er­heb­lich be­hin­dern“ wer­den, so­wie ih­re sons­ti­gen von den Kläge­rin­nen vor­ge­leg­ten Pu­bli­ka­tio­nen, die sich mit die­sen zwei Ge­gen­spie­lern und de­ren Ak­ti­vitäten be­fas­sen. Die­se Wir­kungs­wei­se und das ent­spre­chen­de Schädi­gungs­po­ten­ti­al so­wie die Druck­wir­kung auf die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH las­sen die Kläge­rin­nen un­erwähnt (z.B. auf den Sei­ten 9, 44 und 45 der Kla­ge­schrift).
Den Kläge­rin­nen kann und soll nicht wi­der­spro­chen wer­den, wenn sie ausführen, dass auch ih­re be­trieb­li­chen Tätig­kei­ten be­ein­träch­tigt wur­den. Wor­aus sie al­ler­dings ab­lei­ten, dass dies nicht nur durch – von ih­nen selbst be­nann­te – ge­setz­li­che Be­stim­mun­gen und der Or­ga­ni­sa­ti­on und Ar­beits­auf­tei­lung bei Per­so­nen­beförde­run­gen per Flug­zeug be­dingt ist, son­dern dass es der Be­klag­ten ge­ra­de auch auf ih­re Ein­be­zie­hung an­ge­kom­men sei, ist nicht nach­voll­zieh­bar. Die Be­klag­te kann die­se Wir­kung viel­mehr nicht ver­mei­den, wenn sie ihr Streik­recht, be­zo­gen auf die von ihr aus­gewähl­ten Mit­ar­bei­ter, ausüben will. So­weit die Kläge­rin­nen auf die Pu­bli­ka­tio­nen der Be­klag­ten Be­zug neh­men, verkürzen sie die vor­ste­hend be­schrie­be­ne Ziel­rich­tung bzw. len­ken die­se auf sich um, oh­ne dass dafür wei­te­re An­halts­punk­te be­ste­hen. Zu Recht weist die Be­klag­te dar­auf hin, dass al­le am Flug­ha­fen Stutt­gart im Zeit­rah­men von 16:00 bis 22:00 Uhr am 6. April 2009 start- und lan­de­wil­li­gen Flug­un­ter­neh­men be­trof­fen wa­ren, nicht nur oder ge­ra­de die Kläge­rin­nen. Dies ist we­gen der Funk­ti­ons­wei­se ei­nes Flug­ha­fens und der Not­wen­dig­keit der Flug­si­che­rung zwangsläufig und un­ver­meid­bar. Des Wei­te­ren fin­det in den Ausführun­gen der Kläge­rin­nen kei­ne Berück­sich­ti­gung, dass auf­grund der we­gen der Not­dienst­ver­ein­ba­rung durch­zuführen­den Flüge im Um­fang von 25% ei­ne Ziel­rich­tung auf ein­zel­ne Flug­un­ter­neh­men ge­nau­so fern­lie­gend ist, wie es un­zu­tref­fend ist, dass der Flug­ha­fen „blo­ckiert“ wur­de. Ei­ne „Teil­blo­cka­de“ ist letzt­lich kei­ne Blo­cka­de, zu­mal ei­ne der­ar­tig re­gu­lier­te.

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Wenn die Kläge­rin­nen dar­auf ab­stel­len, dass ge­ra­de we­gen ih­rer An­ge­wie­sen­heit auf die In­fra­struk­tur ei­nes Flug­ha­fens und die Flug­si­cher­heit ei­ne Ar­beits­kampf­maßnah­me, be­zo­gen auf die­se In­fra­struk­tur, im­mer auch sie be­tref­fe, ist dies rich­tig, recht­fer­tigt aber nicht ih­re Schluss­fol­ge­rung, dass es sich schon des­we­gen auch um ei­nen un­mit­tel­ba­ren Ein­griff han­de­le. Es wird auf das Zi­tat aus der Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs aus dem Jahr 2005 (a.a.O., s.o. S. 28/29) ver­wie­sen.
Wenn sie ausführen, die Be­klag­te könne an­de­re Mit­ar­bei­ter in den Un­terstützungs­streik ru­fen, de­ren Nicht­ar­beit wahr­schein­lich nicht zu ei­ner Be­ein­träch­ti­gung des Flug­ver­kehrs führe, z.B. die ab dem 1. April 2009 von der DFS auf dem Stutt­gar­ter Flug­ha­fen ein­ge­setz­ten Vor­feld­lot­sen oder de­ren nicht ope­ra­ti­ve Mit­ar­bei­ter, die Be­klag­te könne so ihr Streik­recht ausüben, oh­ne dass die un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­keit der Kläge­rin­nen be­ein­träch­tigt wer­den, so ver­kennt sie die Reich­wei­te des Streik­rechts. Es ist – in den vor­ge­ge­be­nen recht­li­chen Gren­zen – der Ge­werk­schaft über­las­sen, über des­sen Ein­satz und die Aus­ge­stal­tung zu ent­schei­den. Es ist ihr ori­ginäres und zu schützen­des Recht, ih­re Mit­tel ef­fek­tiv ein­zu­set­zen. Ein Streik­recht, wel­ches qua­si au­to­ma­tisch dort en­det, wo die Fol­gen sei­ner Ausübung ein Aus­maß an­neh­men, dass es wahr­ge­nom­men wird, dass es Be­we­gung in ei­nen Ta­rif­kon­flikt bringt, dass auf­grund be­ste­hen­der In­ter­de­pen­den­zen ei­ne Dis­kus­si­on in Gang kommt, dass mögli­cher­wei­se auch von Drit­ten auf die Ar­beits­kamp­far­tei­en Ein­fluss ge­nom­men, Druck aus­geübt wird, ver­dient die­sen Na­men nicht. Al­lein der Um­stand, dass die­se Ef­fek­te ent­ste­hen, kann es nicht be­gren­zen. Ent­spre­chend setzt die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts in­zwi­schen erst dann Gren­zen, wenn aus an­de­ren Gründen die Verhält­nismäßig­keit nicht ge­wahrt ist oder Kampf­pa­rität ver­letzt wird.

Auf­grund der die­ser be­schrie­be­nen Umstände kann des­we­gen we­der da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Vorgänge ei­ne so­zi­al unübli­che Be­hin­de­rung dar­stell­ten, noch dass der be­trieb­li­che Or­ga­nis­mus der Be­trie­be der Kläge­rin­nen be­trof­fen war, noch dass es um mehr ging, als um die vorüber­ge­hen­de Ver­hin­de­rung der Nut­zung ei­nes ein­zel­nen Be­triebs­mit­tels. Selbst das letzt­ge­nann­te kommt im Übri­gen le­dig­lich be­zo­gen auf die Kläge­rin zu 1) in

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Be­tracht, da le­dig­lich die­se vor­ge­tra­gen hat, dass sie ei­ni­ge ih­rer Flug­zeu­ge nicht vom Stutt­gar­ter Flug­ha­fen weg be­we­gen konn­te. Vor­ran­gig geht es für al­le Kläge­rin­nen um die Fra­ge, wie ef­fi­zi­ent und ge­winn­brin­gend sie ih­re un­ter­neh­me­ri­schen Tätig­kei­ten be­zo­gen auf von ih­nen an­ge­bo­te­ne Dienst­leis­tun­gen für ei­nen Zeit­raum von sechs St­un­den ge­stal­ten können bzw. kos­ten-träch­tig mo­di­fi­zie­ren müssen. Es ging nicht um ih­ren „Be­trieb“, son­dern um des­sen Ent­fal­tung be­zo­gen auf ein en­ges Zeit­fens­ter und ei­ne auch von vie­len an­de­ren ge­nutz­te Ört­lich­keit.

3. Selbst wenn man aber von ei­nem Ein­griff in den aus­geübten und ein­ge­rich­te­ten Ge­wer­be­be­trieb aus­gin­ge, hätten die Kläge­rin­nen kei­nen Er­satz­an­spruch. Denn die Be­klag­te hat zu­min­dest nicht in schuld­haf­ter Art und Wei­se in die­ses Recht oder in das Ei­gen­tum der Kläge­rin zu 1) be­zo­gen auf die in Stutt­gart sta­tio­nier­ten und zur Nut­zung vor­ge­se­he­nen Flug­zeu­ge ein­ge­grif­fen. Ers­tens war ihr Streik nicht rechts­wid­rig (a)), wenn sie auch noch nach dem 1. April 2009 bezüglich der Mit­ar­bei­ter des Flug­ha­fen Stutt­garts, Ver­kehrs­zen­tra­le, ta­rif­zuständig war, was, wie die Par­tei­en zu­tref­fend un­ter Hin­weis auf § 97 Ar­beits­ge­richts­ge­setz aus­geführt ha­ben, nicht im Rah­men des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens geklärt wer­den kann. Zwei­tens hat sie selbst dann, wenn sie nicht zuständig war, nicht schuld­haft ge­han­delt, da sie dann ih­re Zuständig­keit in ihr nicht vor­werf­ba­rer Wei­se ver­kannt hätte (b)). Vor die­sem Hin­ter­grund be­darf es je­den­falls auch kei­ner Aus­set­zung des Ver­fah­rens.

a) Der Un­terstützungs­streik der Be­klag­ten am 6. April 2009 war – lässt man die Fra­ge der Ta­rif­zuständig­keit außer Be­tracht – nicht rechts­wid­rig. We­der der Un­terstützungs­streik als sol­cher (aa)), noch der Haupt­streik (bb)) – die­ser al­ler­dings un­ter Außer­acht­las­sung der Fra­ge der Ta­rif­zuständig­keit – war un­zulässig und un­verhält­nismäßig.
Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007 – 1 AZR 396/06 – in: AP Nr. 173 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf) ist ein Un­terstützungs­streik nicht ge­ne­rell un­zulässig, son­dern grundsätz­lich vom Betäti­gungs­recht der Ge­werk­schaf­ten ge­deckt. Er muss aber verhält­nismäßig sein, was von sei­ner Ge­eig­net­heit, Er­for­der­lich­keit und An­ge­mes­sen­heit ab-

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hängig ist, für die das Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­schie­de­ne Kri­te­ri­en be­nannt hat. Ins­be­son­de­re ist bei der An­ge­mes­sen­heitsüber­prüfung zu be­ach­ten, dass der vom Un­terstützungs­streik be­trof­fe­ne, be­streik­te Drit­te die For­de­rung nicht erfüllen kann und ei­nes größeren Schut­zes be­darf (da­zu un­ter aa) (3) – (5)). Fer­ner kann er nur dann verhält­nismäßig sein, wenn er auf ei­nen Haupt­streik ge­rich­tet ist, der nicht sei­ner­seits rechts­wid­rig ist (da­zu un­ter bb)).

aa) Der Un­terstützungs­ar­beits­kampf am 6. April 2009 als sol­cher war nicht rechts­wid­rig. We­der ist es der Be­klag­ten aus grundsätz­li­chen Über­le­gun­gen her­aus ver­sagt, die von ihr or­ga­ni­sier­ten Flug­lot­sen in den Streik zu ru­fen (1), noch ist es ihr aus ähn­li­chen Über­le­gun­gen her­aus ver­sagt, mit die­sen ei­nen Un­terstützungs­ar­beits­kampf zu führen (2), noch war der Un­terstützungs­ar­beits­kampf am 6. April 2009 un­ge­eig­net (3) noch war er nicht er­for­der­lich (4) noch war er – un­ter an­de­rem im Hin­blick auf die Fra­ge der Schwer­punkt­ver­la­ge­rung – un­an­ge­mes­sen (5) oder un­verhält­nismäßig (6). Die Be­klag­te hat fer­ner nicht ge­gen die Not­dienst­ver­ein­ba­rung ver­s­toßen (7).

(1) Die Flug­lot­sen ha­ben ein Streik­recht. We­der der Um­stand, dass sie mit ho­heit­li­chen Tätig­kei­ten be­traut sind, noch ih­re Ver­ant­wor­tung für die Flug­si­che­rung steht dem ent­ge­gen. Wie das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt mit Be­schluss vom 2. März 1993 (a.a.O. un­ter C. II. 1.) aus­geführt hat, schützt das in Ar­ti­kel 9 Ab­satz 3 Grund­ge­setz ver­an­ker­te Recht, zur Wah­rung und Förde­rung der Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen Ver­ei­ni­gun­gen (Ko­ali­tio­nen) zu bil­den auch die von die­sen ge­nutz­ten Mit­tel und de­ren Aus­wahl, ins­be­son­de­re die Ar­beits­kampf­maßnah­men, die er­for­der­lich sind, um ei­ne funk­tio­nie­ren­de Ta­rif­au­to­no­mie si­cher­zu­stel­len. Hier­zu gehört der Streik. Die Ko­ali­ti­ons­frei­heit und da­mit das Streik­recht sei­en – so das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt – auch den Ar­beit­neh­mern im öffent­li­chen Dienst, un­abhängig von ih­rer Auf­ga­be, gewähr­leis­tet. Wenn ho­heit­li­che Auf­ga­ben nicht Be­am­ten mit dem da­mit ver­bun­de­nen Schutz über­tra­gen würden, son­dern Ar­beit­neh­mern, so sei­en die­se we­gen ih­rer Un­ter­le­gen­heit auf das Druck­mit­tel des Ar­beits­kamp­fes an­ge­wie­sen. Un­ter Be­zug­nah­me auf die­se Ent­schei­dung ha­ben so­wohl das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt (Ur­teil vom 22. Ju­li 2004 – 9 Sa­Ga

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593/04 – in: ju­ris) als auch das Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz (Ur­teil vom 14. Ju­ni 2007 – 11 Sa 208/07 in: LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 78 un­ter II. 2. b) dd)) und das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg (Ur­teil vom 31. März 2009 – 2 Sa­Ga 1/09 – in: ju­ris, un­ter 2.2.1) der Be­klag­ten und den von ihr or­ga­ni­sier­ten Flug­lot­sen ihr Streik­recht bestätigt. Wie das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt (22. Ju­li 2004, a.a.O., Rz 19 m.w.N.) aus­geführt hat, sind im Be­reich des Luft­ver­kehrs Ar­beitskämp­fe nicht von vor­ne­her­ein aus­ge­schlos­sen und der Ge­setz­ge­ber hat sie nicht ver­bo­ten. Die Bun­des­re­pu­blik hat die Möglich­keit von Ar­beitskämp­fen viel­mehr be­reits bei der Gründung der DFS in Be­tracht ge­zo­gen und die­se da­zu ver­pflich­tet, mit mögli­chen Ta­rif­part­ner Not­dienst­ver­ein­ba­run­gen zu schließen (§ 6 der Rah­men­ver­ein­ba­rung, Bl. 144 d.A.). Ent­spre­chend hat die Be­klag­te mit der DFS auch ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung ge­schlos­sen, de­ren In­halt durch die Ver­ein­ba­rung ei­ner Teil­flug­ab­fer­ti­gung von 25% er­heb­lich über die Maßnah­men hin­aus­geht, die die Rah­men­ver­ein­ba­rung vor­sieht. Spätes­tens mit die­ser Ver­ein­ba­rung ist den Be­son­der­hei­ten des Luft­ver­kehrs Rech­nung ge­tra­gen und ein die­se Gren­zen wah­ren­der Streik nicht zu be­an­stan­den (so auch LAG Ba­den-Würt­tem­berg, a.a.O.).

(2) Das Streik­recht der Flug­lot­sen um­fasst auch das Recht auf Durchführung ei­nes Un­terstützungs­ar­beits­kamp­fes. Wie sich aus der Be­gründung der be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 19. Ju­ni 2007 er­gibt, gehört die­ses Recht zum Recht auf ko­ali­ti­ons­gemäße Betäti­gung (un­ter I. 1.). Der­je­ni­ge, der ein Streik­recht hat, kann dies auch in ei­nem Un­terstützungs­ar­beits­kamp­fes ein­set­zen. Die all­ge­mei­nen Gren­zen sind si­cher­lich zu wah­ren. Aber ei­nen An­satz­punkt für ei­ne „Son­der­gren­ze“ oder gar ei­nen Aus­schluss für die Flug­lot­sen gibt es nicht (so auch LAG Ba­den-Würt­tem­berg, a.a.O. un­ter 2.2.2.1).
(3) Der Un­terstützungs­streik am 6. April 2009 ist nicht als un­ge­eig­net ein­zu­stu­fen. Ge­eig­net ist ein Kampf­mit­tel, wenn durch sei­nen Ein­satz die Durch­set­zung des Kampf­ziels gefördert wer­den kann. Da­bei ist die da­zu von ei­ner Ge­werk­schaft er­folg­te Be­ur­tei­lung nur da­hin­ge­hend zu über­prüfen, ob das Mit­tel of­fen­sicht­lich un­ge­eig­net ist (z.B. BAG, Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007, a.a.O., un­ter I. 3. c) aa), aber auch un­ter 2. c) bb) (3) (a), (Rz 26)). Dies kann

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der Fall sein, wenn der Un­terstützungs­streik den so­zia­len Ge­gen­spie­ler des Haupt­ar­beits­kamp­fes nicht be­ein­dru­cken kann, weil er bran­chen­be­zo­gen, wirt­schaft­lich oder räum­lich weit ent­fernt statt­fin­det; al­ler­dings sind die Rea­litäten von Ein­fluss- und Re­ak­ti­onsmöglich­kei­ten zu be­ach­ten. Die un­terstützen­de Wir­kung auf die „Kampf­mo­ral“ kann dann be­son­ders in Be­tracht kom­men, wenn Mit­glie­der der­sel­ben Ge­werk­schaft han­deln.
Die Einschätzung der Be­klag­ten, die Un­terstützung beförde­re den Haupt­ar­beits­kampf, ist nicht zu be­an­stan­den (so schon LAG Ba­den-Würt­tem­berg, a.a.O.; ArbG Frank­furt, Ur­teil vom 5. Mai 2009 – 12 Ga 64/09, S. 26). Die Ak­teu­re des Haupt- und des Un­terstützungs­ar­beits­kamp­fes wa­ren in der­sel­ben Ge­werk­schaft. Durch die re­gio­na­le und auch ver­trag­li­che Ver­bun­den­heit so­wie den Ver­flech­tun­gen durch die Ar­beits­abläufe bei Starts und Lan­dun­gen be­stand die Möglich­keit, durch den Streik bei der DFS Druck auf die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH aus­zuüben. De­ren Be­trieb und de­ren An­se­hen, ins­be­son­de­re Verläss­lich­keit, wur­de durch die Maßnah­me be­ein­träch­tigt und war in An­be­tracht zu­min­dest teil­wei­se be­ste­hen­der Al­ter­na­ti­ven/ Kon­kur­renz durch na­he­ge­le­ge­ne Flughäfen oder auch an­de­re Trans­port­mit­tel wie auch des mögli­chen Drucks durch Ver­trags­part­ner, de­ren Verträge nicht erfüllt wer­den – wie z.B. die Kläge­rin­nen –, druck­emp­find­lich. Mit der Maßnah­me ver­lieh die Be­klag­te ih­rem seit dem 2. März 2009 an­dau­ern­dem Ar­beits­kampf neu­en Auf­trieb im Hin­blick auf ei­ne Un­terstützung der dar­an Be­tei­lig­ten wie auch in der Wahr­neh­mung durch den Ge­gen­spie­ler, die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH, und in der Öffent­lich­keit mit der ent­spre­chen­den Druck­wir­kung. An­halts­punk­te dafür, dass der Geg­ner da­mals of­fen­sicht­lich nicht mehr zu be­ein­dru­cken war – was ge­gen die Ge­eig­net­heit spre­chen könn­te – lie­gen nicht vor.

(4) Der Un­terstützungs­streik war nicht of­fen­kun­dig nicht er­for­der­lich. Im Hin­blick auf die auch dies­bezüglich zu schützen­de Einschätzungs­präro­ga­ti­ve der Ge­werk­schaft ist de­ren Ein­stu­fung des gewähl­ten Mit­tels als nun­mehr er­for­der­lich, da kein mil­de­res zur Verfügung ste­he bzw. aus­rei­che, le­dig­lich be­grenzt über­prüfbar. Im Kern geht es um die Kon­trol­le ei­nes Rechts­miss­brauchs, der z.B. dann an­ge­nom­men wer­den soll, wenn das Kampf­mit­tel nicht mehr er­for­der­lich ist, weil der Geg­ner ein­ge­lenkt hat (BAG, Ur­teil vom

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19. Ju­ni 2007, a.a.O. un­ter I. 2. c) bb) (3) (b) (Rz 27). Spe­zi­ell für den Un­terstützungs­streik kommt dies in Be­tracht, wenn der Hauptkämp­fen­de gar kei­ne Un­terstützung will. Nicht re­le­vant ist al­ler­dings die Über­le­gung, ob zunächst der Haupt­streik in­ten­si­viert wer­den müsse oder an­de­re Mit­tel in Be­tracht kom­men. Dies zu be­ur­tei­len, ist Sa­che der Ge­werk­schaft (eben­da un­ter I. 3. c) bb)).
Ge­mes­sen an die­sem Maßstab, ist der Un­terstützungs­streik nicht zu be­an­stan­den. Die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH hat­te nicht ein­ge­lenkt. Ei­ne In­ten­si­vie­rung des Haupt­streiks kam nicht mehr in Be­tracht; die­ser war be­reits un­be­fris­tet aus­ge­ru­fen wor­den und dau­er­te schon über ei­nen Mo­nat. Zwar ist – wie ge­ra­de aus­geführt – ein Un­terstützungs­ar­beits­kampf nicht be­reits dann un­zulässig, wenn ei­ne In­ten­si­vie­rung noch in Be­tracht kommt; schei­det dies aber aus, so liegt das Ver­dikt der Un­zulässig­keit des Un­terstützungs­ar­beits­kampf fern. Darüber hin­aus hat­te das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg da­mals kurz vor­her ei­nen po­ten­ti­el­len Un­terstützungs­ar­beits­kampf der Flug­lot­sen in Stutt­gart im Um­fang der durch­geführ­ten Maßnah­me für zulässig er­ach­tet. Es bleibt auch schon des­we­gen kein Raum für Of­fen­sicht­lich­keits­be­trach­tun­gen oder Rechts­miss­brauch. Auch das Ar­beits­ge­richt Frank­furt hat den­sel­ben Ar­beits­kampf, der mit die­ser Ent­schei­dung ge­prüft wird, nicht für of­fen­kun­dig nicht er­for­der­lich ge­hal­ten (a.a.O. S. 26 un­ten).

(5) Der Un­terstützungs­streik war an­ge­mes­sen. Al­le As­pek­te, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt in der Ent­schei­dung vom 19. Ju­ni 2007 in die­sem Zu­sam­men­hang an­ge­spro­chen hat, al­ler­dings nur teil­wei­se für un­erläss­lich ein­stuft, sind zu be­ja­hen:
Für re­le­vant, aber nicht für un­ver­zicht­bar, hat es den Um­stand ge­hal­ten, ob die Gren­zen ei­nes Ta­rif­ge­biets über­schrit­ten wer­den (a.a.O. un­ter I. 3. b)). Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall. Der Haupt­ar­beits­kampf wur­de für das Ta­rif­ge­biet Flug­ha­fen Stutt­gart geführt. Die Be­klag­te hat den Un­terstützungs­streik auf die­se Ört­lich­keit be­grenzt.
Für re­le­vant hat es er­ach­tet, wel­che Nähe oder eben nur Fer­ne zwi­schen den Kampf­maßnah­men liegt, ob die be­trof­fe­nen Ar­beit­ge­ber räum­lich, bran­chen­be­zo­gen oder wirt­schaft­lich ver­bun­den oder gar ver­floch­ten sind. Hier­bei sei al­ler­dings der Un­terstützungs­ar­beits­kampf nicht auf Kon­zern­struk­tu-

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ren be­grenzt. Ei­ne sol­che Ver­bin­dung be­steht vor­lie­gend zwi­schen den bei­den Kampf­maßnah­men, wie be­reits un­ter (3) erörtert wur­de. Die­se Ver­bin­dung wur­de durch den zum 1. April 2009 ge­schlos­se­nen Ver­trag der Über­nah­me von Vor­feldtätig­kei­ten noch in­ten­si­viert.
Von Be­deu­tung kann nach der Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts sein, ob der be­streik­te Ar­beit­ge­ber sei­ne Neu­tra­lität ver­letzt hat. Die be­streik­te DFS hat zum ei­nen mit der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH, al­so dem Ta­rif­geg­ner der Be­klag­ten im Haupt­ar­beits­kampf, ei­ne Not­fall­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen, die­ser ih­re Un­terstützung für den Fall des Aus­falls der Vor­feld­kon­trol­le zu­ge­sagt. Dies hat sie zu ei­nem Zeit­punkt ge­tan, als die Be­klag­te zu­min­dest auch bezüglich die­ses Be­reichs von der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH Ver­hand­lun­gen ge­for­dert hat­te. Zum an­de­ren hat die DFS nach der Vor­la­ge der Ta­rif­for­de­rung die­se Ar­bei­ten gänz­lich über­nom­men. Dies ist ei­ne Ein­mi­schung, da da­durch an­de­re Hand­lungs­op­tio­nen und Rück­griffmöglich­kei­ten eröff­net wer­den. Die DFS hat den Ta­rif­geg­ner der Be­klag­ten bestärkt. Be­reits das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg (a.a.O. un­ter 2.2.2.2 (5)) hat dar­in ei­ne Ver­let­zung der Neu­tra­lität ge­se­hen.
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat aus­geführt, dass ei­ne Ge­werk­schaft, die le­dig­lich zu­guns­ten ei­ner an­de­ren Ge­werk­schaft zur Un­terstützung strei­ke, durch ei­ne Un­ter­sa­gung we­ni­ger schwer­wie­gend be­trof­fen sei, als die­je­ni­ge, die ih­re ei­ge­nen Mit­glie­der in den Un­terstützungs­streik ruft. Letz­te­res war am 6. April 2009 der Fall; nur Mit­glie­der der Be­klag­ten wur­den in den Streik ge­ru­fen.
Sch­ließlich hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt es für we­sent­lich er­ach­tet, für wel­che Dau­er und wel­chen Um­fang der Drit­te mit dem Un­terstützungs­streik über­zo­gen wird. Es hat aus­geführt, dass der Un­terstützungs­streik un­an­ge­mes­sen sein kann, wenn der Schwer­punkt si­gni­fi­kant auf den Un­terstützungs­streik ver­la­gert wer­de, wenn die­ser sei­nen Cha­rak­ter als Un­terstützung ei­nes ernst­haft geführ­ten Haupt­ar­beits­kamp­fes ver­lie­re, wenn er an des­sen Stel­le tre­te. Ei­ne sol­che Schwer­punkt­ver­la­ge­rung ist durch den Un­terstützungs­streik am 6. April 2009 nicht ein­ge­tre­ten. Da­mals be­fan­den sich die Teil­neh­mer des Haupt­streiks seit mehr als ei­nem Mo­nat in ei­nem un­be­fris­te­ten Aus­stand. Es han­del­te sich da­bei zunächst um po­ten­ti­el­le 23, ab dem 1. April 2009 auf­grund der Um­struk­tu­rie­rung um 14 Mit­ar­bei­ter. Der Un­terstüt-

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zungs­ar­beits­kampf war auf ein Zeit­fens­ter von 6 St­un­den be­grenzt; da­mit war sei­ne zeit­li­che Dau­er be­grenzt und be­trug noch nicht ein­mal ei­nen hal­ben Tag. Aus­fal­len soll­te der über­wie­gen­de Teil der Tätig­kei­ten der Mit­ar­bei­ter, die man für die­se Schicht benötigt. Dies wa­ren auf­grund der Ablösung im Wech­sel von 2,5 St­un­den und der An­we­sen­heit von möglichst drei Lot­sen ent­we­der sechs, ma­xi­mal neun Per­so­nen. Sch­ließlich wur­de ein Not­dienst ein­ge­rich­tet, nach dem durch die An­we­sen­heit von ins­ge­samt sechs Lot­sen, von de­nen je­weils zwei tätig wur­den, die im St­un­den­rhyth­mus ab­gelöst wur­den, si­cher­ge­stellt wur­de, dass 25% der übli­cher­wei­se statt­fin­den­den Flüge durch­geführt wer­den konn­ten. Auch un­ter dem As­pekt des Um­fangs im Hin­blick auf die An­zahl der in den Streik ge­ru­fe­nen Mit­ar­bei­ter und der durch­geführ­ten Rest­ar­bei­ten blieb der Un­terstützungs­streik da­mit deut­lich hin­ter dem Haupt­ar­beits­kampf zurück. Wenn die Kläge­rin­nen da­mit ar­gu­men­tie­ren, dass auf die Aus­wir­kun­gen der je­wei­li­gen Maßnah­me ab­zu­stel­len ist, und dar­an die Schwer­punkt­ver­la­ge­rung fest­zu­ma­chen sei, so er­gibt sich die­ses Kri­te­ri­um zwar nicht aus der be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, ist aber im Hin­blick auf die Be­trach­tung ei­nes Ar­beits­kampf­ge­sche­hens si­cher­lich nicht von der Hand zu wei­sen und des­we­gen ein­zu­be­zie­hen. Al­ler­dings kann es ge­ra­de nicht das ein­zi­ge Kri­te­ri­um sein, viel­mehr sind zunächst und eben­so ge­wich­tig die be­reits erörter­ten As­pek­te Dau­er und Um­fang zu ver­glei­chen und ein­zu­be­zie­hen. Dies er­gibt sich dar­aus, dass Aus­wir­kun­gen von vie­len sons­ti­gen Umständen, ins­be­son­de­re der an­der­wei­ti­gen Ab­wend­bar­keit, Er­setz­bar­keit – zu­min­dest für ei­ne ge­wis­se Zeit –, sons­ti­gen Er­eig­nis­sen (Über­la­ge­run­gen durch an­der­wei­ti­ge Be­ein­träch­ti­gun­gen) oder ak­tu­el­lem Be­darf abhängig sind. Sie stel­len – si­cher­lich – ei­ne sehr wich­ti­ge, aber nicht die ein­zi­ge Kom­po­nen­te ei­nes Streiks dar.
So­weit Aus­wir­kun­gen in Be­tracht zu zie­hen sind, geht es ei­ner­seits um die­je­ni­gen auf den Part­ner des Haupt­ar­beits­kamp­fes, da der Un­terstützungs­streik die­sem dient, an­de­rer­seits aber auch um die Aus­wir­kun­gen auf den durch den Un­terstützungs­streik ein­be­zo­ge­nen Drit­ten. So hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in dem Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007 die be­son­de­re An­ge­mes­sen­heits­kon­trol­le beim Un­terstützungs­ar­beits­kampf dar­aus ab­ge­lei­tet, dass bei die­sem „die Be­trof­fen­heit des Drit­ten nicht le­dig­lich ei­ne mehr oder we­ni­ger be­ab­sich­tig­te Fol­ge des Ar­beits­kamp­fes“ ist, son­dern „der Un­terstützungs-

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streik ge­ra­de dar­auf ge­rich­tet“ ist, „den Drit­ten beim Be­trei­ben sei­nes Ge­wer­be­be­triebs zu be­ein­träch­ti­gen“ (a.a.O., un­ter I. 3. c) cc) (1)). Da­mit meint es den­je­ni­gen, der durch den Un­terstützungs­streik be­streikt wird und kei­ne sons­ti­gen Drit­ten. Wenn es um die Aus­wir­kun­gen des Un­terstützungs­ar­beits­kampfs am 6. April 2009 geht – im Sin­ne ei­ner Be­ur­tei­lung der Gren­zen des Streik­rechts –, ist da­her auf die­je­ni­gen für die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH und für die DFS ab­zu­stel­len und nicht auf die­je­ni­gen für die Kläge­rin­nen. Dies ist nicht et­wa im Hin­blick auf das von den Kläge­rin­nen zi­tier­te Voll­kos­ten­de­ckungs­prin­zip an­ders zu be­ur­tei­len. Dies kann nur recht­fer­ti­gen, dass die für die DFS letzt­lich aus­blei­ben­den Aus­wir­kun­gen fik­tiv als bei ihr ver­blei­bend zu be­han­deln, al­so als exis­tent an­zu­se­hen sind. Es recht­fer­tigt aber nicht, die auf­grund der ge­setz­li­chen Vor­ga­ben zur Flug­si­che­rung und auf­grund der Ver­flech­tun­gen und In­ter­de­pen­den­zen bei den Kläge­rin­nen – oder auch sons­ti­gen Drit­ten, z.B. den Rei­sen­den – zwangsläufig und un­ab­wend­bar ein­tre­ten­den Aus­wir­kun­gen ein­zu­be­zie­hen.
Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze ist be­zo­gen auf die Aus­wir­kun­gen des Haupt­ar­beits­kamp­fes zunächst zu be­ach­ten, dass die­se nicht mit „kei­ne“ zu be­schrei­ben sind. Denn un­strei­tig hat­te die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH er­heb­li­che or­ga­ni­sa­to­ri­sche Mühen und Kos­ten auf­zu­brin­gen, um die strei­ken­den Mit­ar­bei­ter zu er­set­zen und den Flug­be­trieb auf­recht zu er­hal­ten. So hat die DFS in ih­rer von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Be­schwer­de­schrift vom 5. März 2009 ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart aus­geführt, dass sie je­der­zeit da­mit rech­nen müsse, dass sie um die Über­nah­me der Vor­feld­kon­trol­le ge­be­ten wer­de (An­la­ge B 6 zur Kla­ge­er­wi­de­rung, Bl. 446). Der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH ist es dann ge­lun­gen, dies bis zum 1. April 2009 zu ver­mei­den und durch die Auf­tragsüber­nah­me der DFS ent­stand ei­ne neue Si­tua­ti­on, die die Aus­wir­kun­gen des Haupt­streiks für die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH zwangsläufig ver­rin­ger­ten, da we­ni­ger und an­ders ge­ar­te­te Ausfälle aus­ge­gli­chen wer­den muss­ten. Nichts des­to trotz ist aber die Be­wer­tung der Kläge­rin­nen, der Haupt­ar­beits­kampf ha­be kei­ne Aus­wir­kun­gen ge­habt, des­we­gen nicht zu­tref­fend. Die Aus­wir­kun­gen des Un­terstützungs­streiks auf die DFS hiel­ten sich in An­be­tracht der Höhe der ent­gan­ge­nen Gebühren, de­nen auch noch die er­spar­ten Lohn­kos­ten ge­gen zu rech­nen sind, in Gren­zen. Da­ge­gen wa­ren die Aus­wir­kun­gen des Un­terstützungs-

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treiks auf die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH beträcht­lich. Denn der Un­terstützungs­streik führ­te zu 32 Flug­ausfällen und zahl­rei­chen Ver­spätun­gen. Er re­du­zier­te den Flug­ha­fen­be­trieb um 75% und mach­te ihn zu­dem auch noch un­be­re­chen­bar. Dies be­deu­te­te für die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH ei­ner­seits wirt­schaft­li­che Ver­lus­te we­gen der nicht durch­geführ­ten Dienst­leis­tun­gen und an­de­rer­seits ei­nen er­heb­li­chen Re­nom­mee­ver­lust – Fol­gen, die der Haupt­ar­beits­kampf nicht nach sich zog. Die­se an­ders ge­ar­te­ten re­le­van­ten Aus­wir­kun­gen führen aber an­ge­sichts der wei­te­ren Kri­te­ri­en Dau­er und Um­fang und des Ge­samt­ein­drucks des Ge­sche­hens – wie er be­reits oben ge­schil­dert und im ein­zel­nen in der Re­la­ti­on Un­terstützungs­ar­beits­kampf und Haupt­ar­beits­kampf ver­gli­chen wur­de – nicht da­zu, dass sich der Un­terstützungs­ar­beits­kampf am 6. April 2009 an die Stel­le des da­ma­li­gen Haupt­ar­beits­kampf schob, dass sich der Schwer­punkt ver­la­ger­te.
Zusätz­lich wird auf die Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg (a.a.O. un­ter 2.2.2.2 (6): mit der Ein­schränkung „der­zeit“) und des Ar­beits­ge­rich­tes Frank­furt (a.a.O. ab S. 28 un­ter dd)) Be­zug ge­nom­men, die zum sel­ben Er­geb­nis ge­kom­men sind.

(6) Der Un­terstützungs­streik er­weist sich schließlich auch nicht aus sons­ti­gen Gründen als un­an­ge­mes­sen, als nicht verhält­nismäßig im en­ge­ren Sin­ne. Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt – zum Bei­spiel – in der be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dung vom 19. Ju­ni 2007 aus­geführt hat (a.a.O., un­ter I. 2. c) bb) (3) (c) (Rz 28)), muss sich ein Ar­beits­kampf un­ter hin­rei­chen­der Würdi­gung der grund­recht­lich gewähr­leis­te­ten Betäti­gungs­frei­heit zur Er­rei­chung des an­ge­streb­ten Kampf­ziels un­ter Berück­sich­ti­gung der Rechts­po­si­tio­nen der von der Kampf­maßnah­me un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar Be­trof­fe­nen als an­ge­mes­sen dar­stel­len. Da­bei ist die­ses Kampf­ziel al­ler­dings nicht mit der Ar­beits­kampf­for­de­rung gleich­zu­set­zen. Ins­be­son­de­re sind Ar­beits­kampf­for­de­run­gen nicht in Re­la­ti­on zu ein­tre­ten­den oder ab­seh­ba­ren Schäden zu set­zen. Es kommt we­der dar­auf an, für wie vie­le Ar­beit­neh­mer noch in wel­cher Höhe For­de­run­gen er­ho­ben wer­den; der­ar­ti­ge Über­le­gun­gen würden zu ei­ner Ta­rif­zen­sur und dem ku­rio­sen Er­geb­nis führe, dass ein Ar­beits­kampf um ei­ne höhe­re For­de­rung eher verhält­nismäßig wäre als der­je­ni­ge um ein mo­de­ra­te­re (s. da­zu LAG Ba­den-Würt­tem­berg, a.a.O. un­ter 2.2.2.1, 5. Ab­satz (Rz 65) und

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un­ter 2.2.2.2, 3. Ab­satz (Rz 69) m.w.N.; s.a. LAG Rhein­land-Pfalz, a.a.O., un­ter II. 2. cc) (4)). Un­verhält­nismäßig ist ein Ar­beits­kampf­mit­tel erst dann, wenn es sich auch un­ter Berück­sich­ti­gung des o.g. Zu­sam­men­hangs als un­an­ge­mes­se­ne Be­ein­träch­ti­gung ge­genläufi­ger, eben­falls ver­fas­sungs­recht¬lich geschütz­ter Rechts­po­si­tio­nen dar­stellt (BAG, Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007, a.a.O. un­ter I. 2. c) bb) (3) (c); s.da­zu auch: ErfK/ Die­te­rich, Art. 9 GG Rz 129 ff).
Ins­be­son­de­re ist zu be­ach­ten, dass ein Streik im­mer dar­auf ge­rich­tet ist, Schäden an­zu­rich­ten. Dies gehört zu sei­nem We­sen (s. da­zu: BAG, Ur­teil vom 19.Ju­ni 2007 wie zu­vor und LAG Ba­den-Würtem­berg, a.a.O. un­ter II. 1. a.E.) und ist letzt­lich ver­fas­sungs­recht­lich geschützt. Der Un­terstützungs­ar­beits­kampf be­ein­träch­tigt mit­tel­bar Rechts­po­si­tio­nen Drit­ter, nämlich der Rei­sen­den, der Wirt­schafts­un­ter­neh­men am Flug­ha­fen und der Flug­un­ter­neh­men, dar­un­ter der Kläge­rin­nen. Die­se Be­ein­träch­ti­gun­gen lie­gen aber nicht auf der Ebe­ne von ver­fas­sungs­recht­li­chen geschütz­ten Rechts­po­si­tio­nen, son­dern be­tref­fen Vermögen, Ge­winn­erwar­tun­gen, Be­find­lich­kei­ten und Wohl­er­ge­hen. Wei­ter­ge­hen­de Be­ein­träch­ti­gun­gen sind durch die vor­he­ri­ge Ankündi­gung und die ge­si­cher­ten Not­diens­te ab­ge­wehrt und zu ver­mei­den. Es wird auf die Ausführun­gen des LAG Ba­den-Würt­tem­berg zu die­sem As­pekt (a.a.O. un­ter 2.2.2.2 Ab­satz 1 und 2 (Rz 68, 69)) Be­zug ge­nom­men, das da­mals noch mit ei­nen wirt­schaft­li­chen Scha­den von min­des­tens 2 Mil­lio­nen Eu­ro täglich kon­fron­tiert wor­den war.

(7) Die Be­klag­te hat nicht ge­gen die Not­dienst­ver­ein­ba­rung ver­s­toßen, so dass da­hin­ge­stellt blei­ben kann, ob ein sol­cher Ver­s­toß über­haupt zur Rechts­wid­rig­keit des Streiks führen könn­te. Gemäß der Not­dienst­ver­ein­ba­rung war der Streik 24 St­un­den vor­her an­zukündi­gen, was un­strei­tig ge­sche­hen ist. Fer­ner wa­ren die dar­in ge­nann­ten pri­vi­le­gier­ten Flüge und ein Ver­kehrs­auf­kom­men von 25% der übli­cher­wei­se statt­fin­den­den Flüge ab­zu­si­chern und durch­zuführen. Auch dies ist un­strei­tig ge­sche­hen. So­weit die Kläge­rin­nen die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die für den Not­dienst ein­ge­setz­ten Lot­sen hätten auch wei­ter­ge­hen­de Ar­bei­ten durchführen können und müssen, da sie vom Streik aus­ge­nom­men wa­ren, be­trifft dies al­len­falls die Fra­ge,

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ob sie ih­ren Ar­beits­ver­trag ver­letz­ten, und ist kei­ne Fra­ge der Ver­let­zung der Not­dienst­ver­ein­ba­rung.
bb) Der Haupt­ar­beits­kampf ist – un­ter Außer­acht­las­sung und Aus­klam­me­rung der Fra­ge der Ta­rif­zuständig­keit, die al­ler­dings eben­falls Vor­aus­set­zung für die Rechtmäßig­keit des Streiks ist – nicht rechts­wid­rig. Die Streik­for­de­rung ist ta­rif­lich re­gel­bar (1) und ihr steht kei­ne Frie­dens­pflicht ent­ge­gen (2). Die Streik­for­de­rung ist auch nach dem 1. April 2009 ta­rif­lich re­gel­bar – so­weit, was in die­sem Ver­fah­ren nicht ab­sch­ließend geklärt wer­den kann, die Be­klag­te ta­rif­zuständig ist (3). Der von den Kläge­rin­nen zi­tier­te Grund­satz der Ta­rif­ein­heit steht ei­nem Ar­beits­kampf, der auf die Durch­set­zung ei­nes kon­kur­rie­ren­den Ta­rif­ver­tra­ges ge­rich­tet ist, nicht ent­ge­gen (4). Der Haupt­ar­beits­kampf ist schließlich nicht un­verhält­nismäßig (5).

(1) Die Streik­for­de­rung der Be­klag­ten be­traf die Vergütung. Dies ist ein ta­rif­lich re­gel­ba­res Ziel. So­weit die Kläge­rin­nen dar­auf ab­stel­len, dass Streik­for­de­rung fer­ner „sons­ti­ge Ar­beits­be­din­gun­gen“ ge­we­sen sei­en, sind auch die­se Be­din­gun­gen mögli­che re­gel­ba­re Zie­le, so dass an die­ser Stel­le da­hin­ge­stellt blei­ben kann, ob die­se An­nah­me zu­tref­fend ist.

(2) Die Streik­for­de­rung un­ter­fiel nicht der Frie­dens­pflicht. Denn gemäß der Pro­zess­ver­ein­ba­rung der Be­klag­ten mit der Flug­ha­fen Frank­furt GmbH aus No­vem­ber 2008 en­de­te die Frie­dens­pflicht bezüglich Vergütung mit dem 28. Fe­bru­ar 2009. Wei­te­re Streik­for­de­run­gen gab es nicht.
Die Streik­for­de­rung be­stimmt sich grundsätz­lich nach dem ge­werk­schaft­li­chen Streik­be­schluss (BAG, Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007, a.a.O. un­ter I. 3. a)). Ein sol­cher liegt nicht vor und kann da­her nur aus den zeit­na­hen Pu­bli­ka­tio­nen ab­ge­lei­tet wer­den. Die Be­klag­te hat­te der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH mit Schrei­ben vom 25. Fe­bru­ar 2009 mit­ge­teilt, dass die letz­ten Ver­hand­lun­gen bezüglich der Vergütungs­for­de­rung ge­schei­tert sind und dass sie Ar­beits­kampf­maßnah­men ankündi­ge. In dem Schrei­ben wird fer­ner Be­zug ge­nom­men auf die ab­lau­fen­de Frie­dens­pflicht. Es ist nur die Re­de von Vergütungs­for­de­run­gen. Die in Be­zug ge­nom­me­ne Frie­dens­pflicht be­zog sich eben­falls auf sol­che. Dar­aus lässt sich kei­ne wei­te­re For­de­rung her­lei­ten. Die Be­klag­te hat­te der GmbH zu­vor den Ent­wurf ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges vor­ge­legt, der sich

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auf Vergütungs­fra­gen be­schränk­te. Die Be­klag­te hat am 26. Fe­bru­ar 2009 auf ih­rer In­ter­net-Sei­te mit­ge­teilt, dass sie die Ver­hand­lun­gen für ge­schei­tert erklärt ha­be und Ar­beits­kampf­maßnah­men pla­ne. Sie hat des Wei­te­ren Erläute­run­gen zum Hin­ter­grund ab­ge­ge­ben. Kon­kre­te For­de­run­gen und Streik­be­schlüsse sind nicht mit­ge­teilt. Dar­aus kann nicht ab­ge­lei­tet wer­den, dass sie an­de­re als Vergütungs­for­de­run­gen ge­genüber ih­rem Ta­rif­geg­ner auf­ge­stellt hätte. Die Be­klag­te hat am 2. April 2009 ei­ne wei­te­re In­for­ma­ti­on auf ih­re In­ter­net-Sei­te ge­stellt, aus der die Kläge­rin­nen ab­lei­ten, sie ha­be nun¬mehr wei­te­re For­de­run­gen ge­stellt. Dies ist nicht zu­tref­fend. Die Be­klag­te schil­dert zwar, dass Hin­ter­grund des Un­terstützungs­streiks Ta­rif­ver­hand­lun­gen sei­en, „in de­nen Ver­bes­se­run­gen so­wohl bei der Vergütung als auch der Ar­beits­be­din­gun­gen die­ser Mit­ar­bei­ter er­reicht wer­den sol­len.“ Die­se Erläute­rung steht aber im Zu­sam­men­hang mit der Schil­de­rung der Ge­schich­te der Ta­rif­ver­hand­lun­gen und –aus­ein­an­der­set­zung. So heißt es di­rekt im An­schluss: „nach­dem anfäng­lich gu­te Ver­hand­lungs­fort­schrit­te er­zielt wor­den wa­ren, und man sich so­gar be­reits auf ei­nen zeit­li­chen Rah­men­plan zum Ab­schluss ge­ei­nigt hat­te“. Da­mit wird deut­lich, dass sich der vor­he­ri­ge Satz auf die Si­tua­ti­on noch vor und mit der Pro­zess­ver­ein­ba­rung be­zieht, die nicht nur Vergütung, son­dern noch drei wei­te­re The­men­kom­ple­xe zum Ge­gen¬stand hat und zeit­lich ge­stuf­te Frie­dens­pflich­ten enthält. Da­mit hat die Pu­bli­ka­ti­on nichts mit ei­ner For­de­rungs­aus­wei­tung zu tun, zu­mal un­klar bleibt, wann und wie ei­ne sol­che über­haupt dem Geg­ner mit­ge­teilt wor­den oder be­schlos­sen wor­den sein soll – oder wie sie be­schaf­fen ist. Wenn die Kläge­rin­nen ausführen, der Be­klag­ten sei es dar­um ge­gan­gen, das Out­sour­cing zu ver­hin­dern, so ist nicht er­sicht­lich, auf­grund wel­cher Ge­scheh­nis­se und Er­eig­nis­se dies an­zu­neh­men sein soll. In den ge­nann­ten In­ter­net­pu­bli­ka­tio­nen wird das Out­sour­cing erwähnt und si­cher nicht be­grüßt. Die­se Erwähnung ist aber bei ei­ner Schil­de­rung der Er­eig­nis­se un­ver­meid­lich und die Be­wer­tung ist ei­ne Mei­nungsäußerung. Wel­che For­de­run­gen an wen dies­bezüglich ge­rich­tet wur­den und mit dem Streik­be­schluss zum 2. März 2009 zu­sam­menhängen, er­gibt sich dar­aus nicht. Sch­ließlich ist zu be­ach­ten, dass das Out­sour­cing am 6. April 2009 be­reits statt­ge­fun­den hat­te, so dass sich – an­ge­nom­me­ne – For­de­run­gen bezüglich des­sen Ver­hin­de­rung er­le­digt hätten und nicht mehr Ge­gen­stand des Ar­beits­kamp­fes sein könn­ten, was eben­falls da-

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ge­gen spricht, dass sie am 6. April 2009 Ge­gen­stand des Haupt­ar­beits­kamp­fes wa­ren.

(3) Es gab auch nach dem 1. April 2009 noch ei­ne von der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH erfüll­ba­re Streik­for­de­rung, da sich die For­de­rung auch auf die bei der GmbH ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­le er­streck­te.
Die Ver­hand­lun­gen und For­de­run­gen der Be­klag­ten be­zo­gen sich von An­fang an auf al­le Mit­ar­bei­ter der da­ma­li­gen Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le. Zwar fin­det sich in der Vor­be­mer­kung der Pro­zess­ver­ein­ba­rung aus No­vem­ber 2008 die For­mu­lie­rung, dass die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH „von der GdF zu Ver­hand­lun­gen über die Ar­beits­be­din­gun­gen der bei der FSG beschäftig­ten Apron-Con­trol­ler auf­ge­for­dert“ wor­den sei und „zum Ab­lauf der auf­zu­neh­men­den Son­die­rungs­gespräche bzw. Ta­rif­ver­hand­lun­gen“ die fol­gen­den Rah­men­be­din­gun­gen ver­ein­bart würden. Aber dar­aus kann nicht ab­ge­lei­tet wer­den, dass die Be­klag­te le­dig­lich Ver­hand­lun­gen für ei­nen Teil der 23 Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung, in der die Auf­ga­ben ei­nes Apron-Con­trol­ler er­le­digt wur­den, führen woll­te oder nur für die Mit­ar­bei­ter, die die­se Tätig­kei­ten ausübten oder nur für Tätig­kei­ten der Mit­ar­bei­ter, die als Apron-Con­trol­ler ein­zu­stu­fen sind. Denn wenn un­ter II.2. aus­geführt wird, dass sich die Par­tei­en darüber ei­nig sei­en, „ernst­haft und zielführend über Son­der­re­ge­lun­gen im TVöD für bei der FSG beschäftig­te Apron Con­trol­ler zu ver­han­deln“, wenn fest­ge­hal­ten wird, die Be­klag­te stre­be „lang­fris­tig den Ab­schluss ei­nes ei­genständi­gen, den TVöD ablösen­den Ta­rif­ver­tra­ges für den Be­reich Apron Con­trol an“, er­gibt sich im Hin­blick auf die vor­ge­fun­de­nen Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren und Ar­beits­auf­tei­lun­gen, auf die sich dies be­zieht, dass da­mit nicht nur die Tätig­keit ei­nes „Apron-Con­trol­ler“ ge­meint ge­we­sen sein kann. So wird di­rekt im nächs­ten Satz un­ter II.2. aus­geführt, dass Ein­ver­neh­men be­ste­he, „ dass die be­trieb­li­chen Be­son­der­hei­ten der Apron-Con­trol-Tätig­keit am Flug­ha­fen Stutt­gart (Ver­kehrs­auf­kom­men, Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on etc.) im Rah­men der Ver­hand­lun­gen Berück­sich­ti­gung fin­den“. Da­mit wird auf die vor­ge­fun­de­nen Struk­tu­ren Be­zug ge­nom­men, die dar­in be­stan­den, dass al­le 23 Mit­ar­bei­ter al­le in der Ab­tei­lung an­fal­len­den Tätig­kei­ten im ständi­gen Wech­sel und oh­ne fes­te Auf­ga­ben­zu­ord­nung er­le­dig­ten. Es gab we­der ei­nen Ar­beits­platz „Apron-Con­trol­ler“ noch Stel­len als „Apron-Con­trol­ler“,

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son­dern al­le 23 Mit­ar­bei­ter wa­ren – je­weils zeit­wei­se – Apron-Con­trol­ler oder Apron As­sis­tant oder Apron Ko­or­di­na­tor oder Flight Da­ta oder Dis­po­nent oder Ein­win­ker. Da­mit konn­ten die ver­han­deln­den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en we­der an ei­ne ab­grenz­ba­re „Un­ter­ab­tei­lung“ Vor­feld­kon­trol­le noch an ei­ne funk­ti­ons­be­zo­gen be­stimm­te Per­so­nen­grup­pe an­knüpfen. Ei­ne An­knüpfung an be­stimm­te Zeit­pha­sen und Tätig­kei­ten wäre zwar theo­re­tisch möglich ge­we­sen, hätte sich aber nicht auf al­le in der Ver­ein­ba­rung auf­ge­lis­te­ten zukünf­ti­gen The­men prak­ti­ka­bel um­set­zen las­sen. Denn es mag noch vor­stell­bar sein, dass Re­ge­lun­gen, be­zo­gen auf die „Wo­chen­ar­beits­zeit, Re­ge­ne­ra­ti­ons­pau­sen und Re­ge­ne­ra­ti­ons­ku­ren“ in Abhängig­keit zu den Zeit­an­tei­len, die als „Apron-Con­trol­ler“ ver­bracht wer­den, ko­di­fi­ziert wer­den könn­ten; nicht mehr denk­bar ist dies für die The­men „Über­g­angs­ver­sor­gung und Be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung“. Fer­ner wird in der Pro­zess­ver­ein­ba­rung for­mu­liert, dass es um die am Flug­ha­fen Stutt­gart „beschäftig­ten Apron-Con­trol­ler“ ge­he. Auch dies deu­tet dar­auf hin, dass es um die dort täti­gen 23 Mit­ar­bei­ter ging. An­sons­ten hätte es sich an­ge­bo­ten zu for­mu­lie­ren, dass es um die Beschäftig­ten ge­he, so­weit und so­lan­ge sie als Apron-Con­trol­ler tätig wer­den. Mit dem Be­griff Apron-Con­trol­ler wa­ren so­mit al­le 23 Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung ge­meint, weil sie al­le als sol­che beschäftigt wur­den und die gewünsch­ten Re­ge­lun­gen nicht nur das ge­sam­te tägli­che und jähr­li­che Ar­beits­le­ben, son­dern des­sen kom­plet­ten Be­stand be­tra­fen. Es mag sein, dass man den Ver­hand­lungs­ge­gen­stand auch un­ter Be­zug­nah­me auf ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur und die dies­bezüglich Beschäftig­ten hätte be­schrei­ben können. Dies steht aber dem oben ge­nann­ten Be­griffs­verständ­nis nicht ent­ge­gen. Es liegt viel­mehr na­he, Beschäftig­te, die lau­fend, all­seits be­kannt und kon­ti­nu­ier­lich ei­ne be­grenz­te An­zahl ver­schie­de­ner Tätig­kei­ten ausüben, mit der­je­ni­gen zu be­schrei­ben, die ih­nen am wich­tigs­ten ist und das höchs­te An­se­hen ge­nießt. Die Dik­ti­on des vor­ge­leg­ten Ta­rif­ver­trag­ent­wurfs ent­spricht dem. Zwar wird die­se Re­ge­lung in der Über­schrift als „Son­der­re­ge­lung Apron Con­trol zum TVöD“ be­zeich­net, aber sie enthält be­reits im Ein­lei­tungs­satz die For­mu­lie­rung, dass es um „Son­der­re­ge­lun­gen für die bei der FSG beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le (z.Zt. VL 2)“ ge­he, und sie be­nutzt die­sel­be For­mu­lie­rung so­dann im Ober­satz des § 1. Sie enthält Vergütungs­re­ge­lun­gen un­abhängig von der je­wei­li­gen Tätig­keit. Ge­re­gelt wer-

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den soll ei­ne Vergütung für die Mit­ar­bei­ter die­ser Ab­tei­lung, die an die Zeit seit „Auf­nah­me der ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Tätig­keit in der Ver­kehrs­zen­tra­le/ Vor­feld­kon­trol­le“ an­knüpft. Dies lässt kei­ne an­de­re Aus­le­gung zu als die­je­ni­ge, dass die For­de­rung sich auf al­le in der Ab­tei­lung Beschäftig­ten be­zog. Die­ser Ta­rif­ver­trags­ent­wurf wur­de dann Ge­gen­stand der Streik­for­de­rung.
Sch­ließlich wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass bran­chen­be­zo­gen der Be­griff Apron Con­troll be­reits im Ta­rif­kon­flikt in Frank­furt so ver­wen­det wur­de, dass da­mit so­wohl die Beschäftig­ten der Vor­feld­kon­trol­le als auch der Ver­kehrs­zen­tra­le er­fasst wa­ren. Denn der in Frank­furt ge­schlos­se­ne Ta­rif­ver­trag mit dem Na­men „Son­der­re­ge­lung Apron con­troll für die Fra­port AG“ enthält Re­ge­lun­gen, die sich un­miss­verständ­lich auf al­le vom Gel­tungs­be­reich des Ta­rif­ver­trags er­fass­ten Per­so­nen be­zie­hen (z.B. § 3 Ab­satz 1, § 7), der da­hin­ge­hend de­fi­niert wor­den war, dass er „für al­le ope­ra­ti­ven Beschäftig­ten der Fra­port AG, die im Be­reich „Zen­tra­le Vor­feld­kon­trol­le und Ver­kehrs­zen­tra­le“ (der­zeit FBA-AF41) ein­ge­setzt wer­den“, gel­te (so auch schon Ar­beits­ge­rich­tes Frank­furt, a.a.O. Sei­te 18/19 un­ter b)).
Vor­sorg­lich wird aus­geführt, dass selbst dann, wenn man da­von aus­ge­hen würde, dass die Pro­zess­ver­ein­ba­rung bezüglich der be­trof­fe­nen Per­so­nen le­dig­lich „Apron­con­trol­ler“ mei­nen würde, durch den Ta­rif­ver­trags­ent­wurf ei­ne un­miss­verständ­li­che und zulässi­ge Aus­wei­tung statt­fand. Dem würde ins­be­son­de­re nicht die Zif­fer 5 der Pro­zess­ver­ein­ba­rung ent­ge­gen ste­hen, da sich die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en le­dig­lich dar­auf be­schränkt ha­ben, dass die in der Zif­fer 4 „an­geführ­ten Ver­hand­lungs­ge­genstände“ ab­sch­ließend sind und sich auch die Zif­fer 4 le­dig­lich auf ei­nen Zeit­plan für „The­men“ be­schränkt, nicht aber auf ei­ne Per­so­nen­grup­pe.

(4) Der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­wi­ckel­te und zwi­schen­zeit­lich – un­ter an­de­rem aus Gründen der Kol­li­si­on mit Ar­ti­kel 9 Grund­ge­setz (Ur­teil vom 7. Ju­li 2010 – 4 AZR 549/08 – in: AP Nr. 140 zu Art 9 GG un­ter II. 4. e)) – nicht mehr auf­recht­er­hal­te­ne Grund­satz der Ta­rif­ein­heit stand und steht ei­nem Ar­beits­kampf, der auf die Durch­set­zung ei­nes kon­kur­rie­ren­den Ta­rif­ver­tra­ges ge­rich­tet ist, nicht ent­ge­gen. Dies er­gibt sich dar­aus, dass die­ser Grund­satz die Exis­tenz von kon­kur­rie­ren­den Ta­rif­verträgen vor­aus­setzt und dann de­ren Kol­li­si­on auflösen will. Knüpft er aber an ei­ne sol­che Si­tua­ti­on an, so kann er

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sich nicht auf de­ren Ver­mei­dung er­stre­cken. Auch kann die pro­ble­ma­ti­sche und um­strit­te­ne Rechts­kon­struk­ti­on der „Ta­rif­ein­heit“ nicht die ori­ginäre Betäti­gung ei­ner Ko­ali­ti­on, die zur Förde­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen ih­rer Mit­glie­der an­tritt, be­schränken. Die Kam­mer nimmt Be­zug auf die ein­schlägi­gen Ausführun­gen des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts im Ur­teil vom 2. Mai 2003 (9 Sa­Ga 637/03 in: ju­ris) und vom 22. Ju­li 2004 (a.a.O., Rz 23), auf die be­reits zi­tier­te Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Rhein­land-Pfalz vom 14. Ju­ni 2007 (a.a.O., un­ter II. 2. b) cc) (1) un­ter Auf­ga­be ei­ner vor­he­ri­gen an­de­ren Recht­spre­chung im einst­wei­li­gen Rechts­schutz) so­wie auf die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts Frank­furt (a.a.O. ab S. 22 un­ter e)).

(5) Der Haupt­ar­beits­kampf ist verhält­nismäßig.
Er ist zur Durch­set­zung der er­ho­be­nen For­de­run­gen we­der of­fen­sicht­lich un­ge­eig­net noch of­fen­sicht­lich nicht er­for­der­lich noch un­verhält­nismäßig im en­ge­ren Sinn. Es han­delt sich um ei­nen un­be­fris­te­ten Er­zwin­gungs­streik, der nach der Ab­leh­nung ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges, ge­schei­ter­ten Ver­hand­lun­gen und ent­spre­chen­der Be­schluss­fas­sung durch Auf­for­de­rung an die be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter zur Ar­beits­nie­der­le­gung durch­geführt wird und ge­gen den Ver­hand­lungs­part­ner ge­rich­tet war. An­satz­punk­te für ei­ne Rechts­wid­rig­keit un­ter die­sen As­pek­ten sind nicht er­sicht­lich und wer­den von den Par­tei­en auch nicht dis­ku­tiert.

b) Die Be­klag­te han­del­te nicht schuld­haft, als sie da­von aus­ging, dass sie auch nach dem 1. April 2009 noch ta­rif­zuständig war.
Geht ei­ne Ge­werk­schaft da­von aus, dass der von ihr aus­ge­ru­fe­ne Streik rechtmäßig ist, so kann dann, wenn sich dies als Irr­tum her­aus­stellt, der aber bei Be­ob­ach­tung der im Ver­kehr er­for­der­li­chen Sorg­falt un­ver­meid­bar war, kein Schuld­vor­wurf er­ho­ben wer­den (BAG, Ur­teil vom 21. März 1978 – 1 AZR 11/76 – in: AP Nr. 62 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf un­ter III. 2.). Darüber hin­aus ist aber ein Schuld­vor­wurf auch dann nicht be­rech­tigt, wenn in ei­ner zwei­fel­haf­ten Rechts­la­ge ein Ar­beits­kampf geführt wird, weil die Nicht­durchführung un­zu­mut­bar wäre. We­gen der ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­deu­tung der Tätig­keit der Ko­ali­tio­nen und de­ren Auf­ga­be, die Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen nicht nur zu wah­ren, son­dern die­se auch zu fördern, muss die

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Fra­ge des Ver­schul­dens bezüglich der Einschätzung der Rechtmäßig­keit ei­nes Ar­beits­kamp­fes un­ter Be­ach­tung die­ses Ver­fas­sungs­auf­trags be­ant­wor­tet wer­den. Ins­be­son­de­re ist zu ver­mei­den, dass durch das Aufbürden der Haf­tung für strei­ti­ge, un­geklärte Fälle ei­ne Lähmung der Ent­wick­lung des so­zia­len Le­bens ein­tritt. Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt zu Recht be­reits 1978 in Abände­rung ei­nes frühe­ren Rechts­sat­zes, wo­nach „der­je­ni­ge, der bei zwei­fel­haf­ter Rechts­la­ge ei­nen Ar­beits­kampf ent­fes­selt oder ihn un­terstützt, da­mit rech­nen müsse, dass die von ihm ver­tre­te­ne Rechts­auf­fas­sung nicht zu­trifft und dass er des­halb das Ri­si­ko zu tra­gen ha­be, wenn er gleich­wohl ak­tiv wer­de“, aus­geführt hat, „können die Ko­ali­tio­nen nur dann möglichst um­fas­send“ ih­re Auf­ga­ben erfüllen, „wenn sie auch neue, recht­lich noch nicht endgültig ab­ge­si­cher­te ta­rif­li­che Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten ins Au­ge fas­sen und sie in die Wirk­lich­keit um­zu­set­zen ver­su­chen, oh­ne da­bei übermäßigen Haf­tungs­ri­si­ken aus­ge­setzt zu sein.“ (a.a.O.) Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat den Ver­zicht auf ei­nen Ar­beits­kampf we­gen un­ge­si­cher­ter For­de­run­gen als un­zu­mut­bar be­zeich­net, aber ei­ne be­son­ders sorgfälti­ge In­ter­es­sen­abwägung beim Ar­beits­kampf und des­sen Be­gren­zung auf ei­nen „maßvol­len Rah­men“ ver­langt. Es hat des Wei­te­ren aus­geführt, dass sehr be­acht­li­che Gründe für die Zulässig­keit ei­ner Re­ge­lung spre­chen müss­ten und dass ei­ne an­der­wei­ti­ge Klärung der Rechts­la­ge nicht zu er­rei­chen sei. Da­bei hat es aus­geführt, dass ei­ne Klärung im Zwei­fel auch der Ge­gen­sei­te durch Be­an­tra­gung ei­ner einst­wei­li­gen Verfügung zu­zu­mu­ten sei (eben­da). Die­se Grundsätze hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt mit Ur­teil vom 10. De­zem­ber 2002 (1 AZR 96/02 – in: AP Nr. 162 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf) auf­ge­nom­men und bestätigt. Es hat al­ler­dings auch aus­geführt, dass al­lein der Um­stand, dass ein Ar­beits­kampf nicht un­ter­sagt wor­den sei, noch kein Ver­trau­en dar­auf be¬gründe, dass er rechtmäßig sei, wenn die pro­ble­ma­ti­sche Fra­ge nicht Ge­gen­stand die­ser Ent­schei­dung sei (a.a.O. un­ter II. 2.). Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg hat mit sei­nem Ur­teil vom 26. No­vem­ber 2010 (8 Sa 446/10 – in: LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 87) ein Ver­schul­den ei­ner Ge­werk­schaft des­we­gen ab­ge­lehnt, weil die­se mit recht­lich ver­tret­ba­rer Be­gründung von ei­ner Ta­rif­bin­dung aus­ge­gan­gen war und le­dig­lich ein eintägi­ger Warn­streik durch­geführt wor­den war.

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Ge­ra­de be­zo­gen auf die Si­tua­ti­on, in der ei­ne Ge­werk­schaft sich mit dem As­pekt ih­rer Ta­rif­zuständig­keit aus­ein­an­der­set­zen muss, ist im Hin­blick dar­auf, dass die­ser Um­stand ver­bind­lich nur in ei­nem ge­son­der­ten Ver­fah­ren gemäß § 97 Ab­satz 5 Ar­beits­ge­richts­ge­setz geklärt wer­den kann, zu be­ach­ten, dass dann, wenn man an­neh­men würde, die­se müsse bis zu ei­ner Klärung ih­rer Zuständig­keit zur Mei­dung von Scha­dens­er­satz­kla­gen von Ar­beitskämp­fen ab­se­hen, dies zu ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung der ko­ali­ti­onsmäßigen Betäti­gung die­ser Ge­werk­schaft führen würde. Denn ihr wäre das Haupt­betäti­gungs­feld ver­wehrt. Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt z.B. im Ur­teil vom 7. Ju­li 2010 (a.a.O. un­ter II. 4. e) bb) (1) (Rz 57)) aus­geführt hat, ist „der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen für al­le bei ei­ner Ge­werk­schaft or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­neh­mer“ „zen­tra­ler Be­stand­teil ih­rer Ko­ali­ti­ons­frei­heit“. Des­sen ver­fas­sungs­recht­li­cher Schutz er­streckt sich „auf al­le ko­ali­ti­ons­spe­zi­fi­schen Ver­hal­tens­wei­sen“ (eben­da un­ter e) aa) (Rz 53)). Oh­ne die Möglich­keit zum Ar­beits­kampf könn­te ei­ne Ge­werk­schaft in der Zeit­pha­se der Un­klar­heit über ih­re Zuständig­keit le­dig­lich For­de­run­gen auf­stel­len und auf de­ren Ver­hand­lung und Erfüllung hof­fen, sie wäre auf das „kol­lek­ti­ve Bet­teln“ (s. zu die­ser pla­ka­ti­ven For­mu­lie­rung z.B.: BAG, Ur­teil vom 12. Sep­tem­ber 1984 – 1 AZR 342/83 – in: AP Nr. 81 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf un­ter II. 2. a)) zurück­ge­wor­fen. In An­be­tracht der Länge ei­nes mögli­chen Ver­fah­rens zur Klärung der Ta­rif­zuständig­keit würde dies ei­ner zeit­wei­sen Auf­he­bung ih­rer ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten Rech­te gleich­kom­men, wenn sich später ih­re Ta­rif­zuständig­keit her­aus­stellt. In ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on ist ei­ne an­der­wei­ti­ge Klärung im Sin­ne der Ent­schei­dung des BAG von 1978 nicht zu er­rei­chen und ein Ver­schul­den ei­ner Ge­werk­schaft ist zu­min­dest dann aus­ge­schlos­sen, wenn die­se – wie es das Bun­des­ar­beits­ge­richt for­mu­liert hat – sehr be­acht­li­che Gründe für ih­re An­nah­me, sie sei ta­rif­zuständig, hat.
Das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt hat be­zo­gen auf die Si­tua­ti­on der einst­wei­li­gen Verfügung aus­geführt, dass dann, wenn hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sich­ten für ei­ne Kla­ge we­gen der Ta­riffähig­keit im Haupt­ver­fah­ren zu pro­gnos­ti­zie­ren sei­en, die Fra­ge ei­ner Ta­rif­zuständig­keit auch außer­halb des Ver­fah­rens des § 97 Ab­satz 5 ArbGG für das einst­wei­li­ge Ver­fah­ren in­ci­dent be­jaht wer­den dürfe, dass dann wenn Zwei­fel bestünden, Streik­maßnah­men be­son­de­re im Hin­blick auf die Abwägung von Ein­griff­s­in­ten­si­vität, Ein­griffs-

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emp­find­lich­keit und Dritt­be­trof­fen­heit ab­zuwägen sei­en (Ur­teil vom 22. Ju­li 2004 – 9 Sa­Ga 593/04 – ju­ris; bestätigt mit Ur­teil vom 11. Ja­nu­ar 2007 – 9 Sa­Ga 2098/06).
Auf die­ser Grund­la­ge er­gibt sich Fol­gen­des:
Soll­te die Be­klag­te die zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­ge Fra­ge der Ta­rif­zuständig­keit der Be­klag­ten am 6. April 2009, als sie zu dem Ar­beits­kampf auf­rief, falsch be­ant­wor­tet ha­ben, so war ihr dies bei Be­ob­ach­tung der im Ver­kehr er­for­der­li­chen Sorg­falt un­ver­meid­bar; auf je­den Fall hat­te sie sehr be­acht­li­che Gründe für ih­re An­sicht, sie sei ta­rif­zuständig, und durf­te mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit pro­gnos­ti­zie­ren, dass sie dies sei. Ihr ist des­we­gen kein Ver­schul­den vor­zu­wer­fen. Im Ein­zel­nen:

aa) Es spre­chen sehr be­acht­li­che Gründe dafür, dass die Be­klag­te auch noch nach dem 1. April 1999 für die Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­le der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH ta­rif­zuständig war.
Die Be­ur­tei­lung der Ta­rif­zuständig­keit rich­tet sich da­nach, ob der Gel­tungs­be­reich der Sat­zung ei­ner Ge­werk­schaft die Ver­tre­tung der­je­ni­gen er­gibt, für die sie For­de­run­gen auf­stellt (s. da­zu: Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 11. Ju­li 2007 – 9 Sa­Ga 2098/06 – in: ju­ris Rz 18 m.w.N.). Da­zu sind die sat­zungsmäßigen Be­stim­mun­gen aus­zu­le­gen. Knüpfen die­se an be­trieb­li­che Struk­tu­ren oder Tätig­kei­ten an, so sind die­se mit den Be­din­gun­gen ab­zu­glei­chen, die bei dem Ar­beit­ge­ber an­zu­tref­fen sind, der mit For­de­run­gen über­zo­gen wird.
Die Mit­ar­bei­ter der ver­blie­be­nen Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH hat­ten ab dem 1. April 2009 le­dig­lich noch die Funk­tio­nen Flight Da­ta, Dis­po­nent, Ein­win­ker und die neue Funk­ti­on des Ko­or­di­na­tors aus­zuüben. Sons­ti­ge Ände­run­gen sind nicht dar­ge­legt, so dass wei­ter­hin von al­len ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­tern im ständi­gen Wech­sel oh­ne fes­te Auf­ga­ben­zu­ord­nung al­le Tätig­kei­ten aus­geübt wer­den muss­ten. Re­le­van­te Tei­le der von ih­nen wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben können den in der De­fi­ni­ti­on des Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reichs der Be­klag­ten be­nann­ten Tätig­kei­ten zu­ge­ord­net wer­den. Im Ein­zel­nen:
Die Be­klag­te hat ih­ren be­trieb­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich da­hin­ge­hend fest­ge­legt, dass die­ser al­le Be­trie­be und Un­ter­neh­men um­fas­sen soll, „in wel-

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chen die Über­wa­chung und Len­kung von Luft­fahr­zeu­gen in der Luft oder auf dem Bo­den zur si­che­ren, ge­ord­ne­ten und flüssi­gen Ab­wick­lung des Ver­kehrs er­folgt oder mit die­ser Auf­ga­be in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang ste­hen­de pla­ne­ri­sche, in­for­ma­to­ri­sche, tech­ni­sche und qua­li­fi­zie­ren­de Un­terstützungs­leis­tun­gen er­bracht wer­den“. Die Sat­zung gibt Fall­bei­spie­le an, für die die­se Be­din­gun­gen als ge­ge­ben ein­ge­stuft wer­den. Die ers­te Al­ter­na­ti­ve trifft auf den Ta­rif­part­ner der Be­klag­ten am 6. April 2009, die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH, un­strei­tig nicht zu. Al­ler­dings las­sen sich Tei­le der bei der Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH, Ab­tei­lung Ver­kehrs­zen­tra­le, nach dem 1. April 2009 ver­blie­be­nen Tätig­kei­ten so­wohl Fall­bei­spie­len als auch der zwei­ten Va­ri­an­te des Ober­sat­zes zu­ord­nen. Die für die­se Zu­ord­nung spre­chen­den Ar­gu­men­te rei­chen zur An­nah­me von sehr be­acht­li­chen Gründen, die für ei­ne Ta­rif­zuständig­keit spre­chen, aus. Es kann da­bei da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die Sat­zung un­ter a) und c) mit „Be­we­gun­gen“ und „Ver­kehrs­fluss­re­ge­lun­gen“ nur die­je­ni­gen von Flug­zeu­gen meint, wofür im Hin­blick auf die je­weils als zwei­te Al­ter­na­ti­ve in Be­zug ge­nom­me­nen „Ab­stell- und Be­we­gungs­flächen“ ei­ner­seits und im Hin­blick auf die um­fas­sen­de For­mu­lie­rung im Ein­lei­tungs­satz zu „Un­terstützungs­leis­tun­gen“ an­de­rer­seits we­gen des In­ein­an­der­grei­fens der ver­schie­de­nen Ver­keh­re und de­ren Ko­or­di­na­ti­on auch gu­te Gründe spre­chen könn­ten. Soll­te der ge­ra­de ge­nann­ten Aus­le­gung zu fol­gen sein, so ergäben sich noch vie­le wei­te­re Über­schnei­dun­gen der in den An­wei­sun­gen und Richt­li­ni­en be­schrie­be­nen ver­blie­be­nen Tätig­kei­ten mit der Sat­zung.
Die Ar­gu­men­te für ei­ne Ta­rif­zuständig­keit der Be­klag­ten für die Re­st­ab­tei­lung am Flug­ha­fen am 6. April 2009 sind wie folgt be­schaf­fen:
Gemäß Buch­sta­be a) 2. Al­ter­na­ti­ve des § 4 der Sat­zung ist „die Über­wa­chung und Len­kung der Be­we­gun­gen (...) auf den Ab­stell- und Be­we­gungs­flächen von Flugplätzen (ein­sch­ließlich der Vor­feld­kon­trol­le)“ ein Fall­bei­spiel des Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reichs. Die­sem Fall­bei­spiel können bei der Ver­kehrs­zen­tra­le der GmbH ver­blie­be­ne Tätig­kei­ten zu­ge­ord­net wer­den: So ist die Len­kung der Be­we­gung ge­ra­de auf den Ab­stellflächen ei­ne Auf­ga­be, die letzt­lich von der ver­blie­be­nen Ver­kehrs­zen­tra­le wahr­ge­nom­men wird. Denn es heißt in der Ar­beits­an­wei­sung VL 2 Nr. 06/09 schon ein­lei­tend, dass von der DFS le­dig­lich die „Roll­ver­kehrsführung“ auf dem Vor­feld über­nom­men wer­de. Da­mit ist die Ab­stellfläche ge­ra­de nicht vom Auf­trag der DFS er­fasst.

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Auch wird in­so­fern wei­ter un­ten in der An­wei­sung noch ein­ge­schränkt, dass die Ver­kehrs­zen­tra­le die Dis­po­si­ti­on der Flug­zeug­schlep­per für Push­back-und Schlepp­vorgänge über­nimmt. Da­mit wer­den Tätig­kei­ten aus­geführt, die die Len­kung von Flug­zeu­gen auf den Be­we­gungs­flächen zum Ge­gen­stand ha­ben. Fer­ner ist in der Ar­beits­an­wei­sung be­stimmt, dass die Ver­kehrs­zen­tra­le wei­ter­hin Frei­ga­ben zum Be­fah­ren von Vor­feld­roll­bah­nen er­tei­le, die­se mit der DFS ko­or­di­nie­re. All die­se ver­blei­ben­den Tätig­kei­ten gehören zu­min­dest zur Len­kung von Be­we­gun­gen auf den Ab­stell- und so­gar auf Tei­len der Be­we­gungs­flächen der Flug­zeu­ge.
Auch in den Tätig­kei­ten des Ko­or­di­na­tors fin­den sich ein­schlägi­ge Auf­ga­ben. So steu­ert die­ser die Einsätze der Ein­win­ker und über­wacht die Funk­ti­on der An­dock­sys­te­me, was sich wie­der­um auf die Über­wa­chung und Len­kung der Be­we­gun­gen von Flug­zeu­gen auf den Ab­stell- und Be­we­gungs­flächen be­zieht. Denn wie sich aus der Dienst­an­wei­sung VL Nr. 01/08 (Sei­te 3 un­ter 3.5) er­gibt, gehört zu de­ren Auf­ga­ben das „Ein­win­ken von Luft­fahr­zeu­gen“ so­wie „Leit­vorgänge für Luft­fahr­zeu­ge“. Zu den Tätig­kei­ten des Flight Da­ta gehört un­ter an­de­rem das Über­prüfen und Durchführen von Flug­ver­ket­tun­gen; dies be­trifft eben­falls die Über­wa­chung und Len­kung. Der Dis­po­nent hat un­ter an­de­rem die Auf­ga­be den an­flie­gen­den Ver­kehr mit­tels ei­nes be­stimm­ten Luft­la­ge­dar­stel­lungs­sys­tems zu über­wa­chen. Dies kann dem Fall­bei­spiel zu­ge­ord­net wer­den.
Gemäß Buch­sta­be b) 1. Al­ter­na­ti­ve der Sat­zung ist „die Be­reit­stel­lung und der Aus­tausch von In­for­ma­tio­nen zur Pla­nung, Vor­be­rei­tung und Durchführung von Flügen durch Pu­bli­ka­tio­nen“ ein wei­te­res Fall­bei­spiel. Die­sem Fall­bei­spiel können fol­gen­de Tätig­kei­ten der Re­st­ab­tei­lung zu­ge­ord­net wer­den: die „Er­fas­sung der tatsächli­chen Pis­ten- und Block­zei­ten“ und der „tatsächli­chen Schlepp­zei­ten von Flug­zeu­gen“ so­wie die „Be­nach­rich­ti­gung und In­for­ma­ti­on der Kun­den bei Be­schränkun­gen im Flug­be­trieb“, nun­mehr Tätig­kei­ten des Ko­or­di­na­tors, wo­bei letz­te­re zu­vor mögli­cher­wei­se Auf­ga­be gemäß dem letz­ten Spie­gel­strich des Apron Ko­or­di­na­tors war. Fer­ner hat der Ar­beits­platz Flight Da­ta vie­le sol­che Tätig­keits­kom­po­nen­ten. So ist dort die Flug­be­ar­bei­tung in der An­wen­dung „Ta­ges­flug­plan­be­ar­bei­tung“ durch­zuführen, ei­ne Auf­ga­be, die auf die Pu­bli­ka­ti­on die­ses Plans, der wie­der­um flie­ge­ri­sche Be­we­gun­gen be­trifft, ge­rich­tet ist. Wei­ter­hin sind „di­ver­se In­for­ma­tio-

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nen der Luft­ver­kehrs­ge­sell­schaf­ten bzw. Ab­fer­ti­ger“ zu be­ar­bei­ten, In­for­ma­tio­nen beim Flu­g­in­for­ma­ti­ons­sys­tem ab­zu­fra­gen, sol­che ein­zu­ge­ben, be­triebs­re­le­van­te In­for­ma­tio­nen, z.B. bei Wet­ter­mel­dun­gen, zu über­mit­teln. Die­se Auf­ga­ben be­tref­fen den Aus­tausch und die Pu­bli­ka­ti­on von In­for­ma­tio­nen, die bei der Pla­nung, Vor­be­rei­tung oder Durchführung von Flügen benötigt wer­den. Es kann sein, dass dies auch bezüglich der Auf­ga­ben­stel­lung „Clea­ring“ gilt; der In­halt die­ser Tätig­keit ist aber nicht wei­ter dar­ge­legt und nicht ge­richts­be­kannt.
Gemäß Buch­sta­be c) 2. und 4. Al­ter­na­ti­ve der Sat­zung ist die „Ver­kehrs­fluss­re­ge­lung (...) auf den Ab­stell- und Be­we­gungs­flächen von Flugplätzen (...) so­wie die Dis­po­si­ti­on von Gate- und Park­po­si­tio­nen ein Fall­bei­spiel für den Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich. Dem Ar­beits­platz Dis­po­nent bei der Ver­kehrs­zen­tra­le ob­liegt die Dis­po­si­ti­on von Park­po­si­tio­nen auf den Vor­fel­dern.
Der be­reits zi­tier­ten zwei­ten Hälf­te des Ober­satz der Be­schrei­bung des Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reichs, nämlich den in un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang ste­hen­den Un­terstützungs­leis­tun­gen, können wei­te­re Tätig­kei­ten der neu­en Ver­kehrs­zen­tra­le zu­ge­ord­net wer­den. So ob­liegt dem neu­en Ko­or­di­na­tor auch die Auf­ga­be „Ko­or­di­na­ti­on be­son­de­rer Maßnah­men mit der Deut­schen Flug­si­che­rung“, die wie­der­um Auf­ga­ben der Über­wa­chung und Len­kung von Luft­fahr­zeu­gen in der Luft und auf dem Bo­den, letz­te­res in­zwi­schen auch hin­ter dem En­de der Roll­bahn auf dem Flug­ha­fen Stutt­gart über­nahm. Ei­ne Ko­or­di­na­ti­on be­son­de­rer Maßnah­men mit die­sem An­sprech­part­ner stellt zwangsläufig ei­ne pla­ne­ri­sche oder in­for­ma­to­ri­sche Un­terstützungs­leis­tung im un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang dar. Darüber hin­aus hat die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH aber auch be­stimmt, dass es Auf­ga­be der neu­en Ab­tei­lung sei „die DFS Platz­kon­trol­le über sämt­li­che Vor­komm­nis­se zu in­for­mie­ren, die für ei­ne si­che­re und ef­fi­zi­en­te Steue­rung des Roll­ver­kehrs auf den Vor­fel­dern der FSG er­for­der­lich sind“ (Sei­te 2 der Ar­beits­an­wei­sung VL 2 Nr. 06/09); im Hin­blick auf den An­sprech­part­ner und den Ge­gen­stand der In­for­ma­tio­nen ist dies oh­ne wei­te­res un­ter den zi­tier­ten Ober­satz sub­su­mier­bar.
Selbst wenn man ei­ni­ge der zahl­rei­chen in­for­ma­to­ri­schen Tätig­kei­ten ins­be­son­de­re auch des Flight Da­ta nicht dem Fall­bei­spiel zu b) zu­ord­nen könn­te, so sprächen gu­te Gründe dafür die un­mit­tel­bar flug­be­zo­ge­nen In­for­ma­tio­nen

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und de­ren Ver­ar­bei­tung, Wei­ter­lei­tung oder Ein­ho­lung als Un­terstützungs­leis­tun­gen im Sin­ne des Ober­sat­zes ein­zu­ord­nen.
Wie sich aus der Ar­beits­an­wei­sung des Flug­ha­fens VL 2 Nr. 3/08 er­gibt, gab es vor dem 1. April 2009 noch den Ar­beits­platz des Apron Ko­or­di­na­tor, der eben­falls der Vor­feld­kon­trol­le, ein Be­griff der sich im Tätig­keits­bei­spiel Buch­sta­be a) im Klam­mer­zu­satz fin­det, zu­ge­ord­net war. Die für die­sen Ko­or­di­na­tor in der Ar­beits­an­wei­sung aus dem Jahr 2008 be­schrie­be­nen Tätig­kei­ten fin­den sich nun­mehr am En­de der Tätig­keits­be­schrei­bung des neu ge­schaf­fe­nen Ar­beits­plat­zes „Ko­or­di­na­tor“. Die dar­in ge­nann­te Auf­ga­be der Er­fas­sung und Über­wa­chung von Ent­ei­sungs­vorgängen be­zieht sich auch auf Flug­zeu­ge, be­trifft aber nicht die „Über­wa­chung und Len­kung von Be­we­gun­gen“, son­dern de­ren sai­so­na­le/ wet­ter­be­ding­te „War­tung“. Die­se Tätig­keit kann aus gu­ten Gründen spätes­tens den tech­ni­schen Un­terstützungs­leis­tun­gen zu­ge­ord­net wer­den und hätte den er­for­der­li­chen un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang.
Zu­sam­men­ge­fasst gibt es ei­ne größere Men­ge von Tätig­kei­ten, die un­ter die in § 4 Ab­satz 1 der Sat­zung be­nann­ten Be­griff­lich­kei­ten fal­len.
Die Zuständig­keit der Be­klag­ten ist des Wei­te­ren von dem persönli­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich gemäß § 4 Ab­satz 2 der Sat­zung abhängig. Gemäß des­sen drit­ter Al­ter­na­ti­ve wer­den al­le Per­so­nen or­ga­ni­siert, die mit der Er­brin­gung von Leis­tun­gen im Sin­ne des Ab­sat­zes 1 be­fasst sind, wenn sie in Un­ter­neh­men und Be­trie­ben tätig sind, in de­nen die­se Leis­tun­gen auch er­bracht wer­den. Die Flug­ha­fen Stutt­gart GmbH er­bringt durch ih­re Ver­kehrs­zen­tra­le, Leis­tun­gen im Sin­ne des § 4 Ab­satz 1, wo­zu auf die vor­an­ge­gan­ge­nen Ausführun­gen ver­wie­sen wer­den kann. Dies ist aus­rei­chend, da es le­dig­lich für das zwei­te Fall­bei­spiel im Ab­satz 2 dar­auf an­kommt, dass „vor­ran­gig“ sol­che Leis­tun­gen er­bracht wer­den. Die ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­ter der Ver­kehrs­zen­tra­le sind mit der Er­brin­gung von Leis­tun­gen im Sin­ne des Ab­sat­zes 1 be­fasst. Ei­ne Fest­le­gung, dass dies über­wie­gend oder in ei­nem be­stimm­ten Min­dest­maß der Fall sein muss, enthält die Sat­zung nicht, so dass die­se Fra­ge kei­ner wei­te­ren Erörte­rung be­darf.
Bei der Aus­le­gung der Sat­zung kann de­ren Ent­ste­hungs­ge­schich­te berück­sich­tigt wer­den (Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richts, Ur­teil vom 11. Ja­nu­ar 2007, a.a.O.). Die Be­klag­te hat­te früher in ih­rer Sat­zung be­stimmt, dass ihr

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Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich al­le Be­trie­be und Un­ter­neh­men um­fasst, „in wel­chen Flug­si­che­rungs­leis­tun­gen er­bracht wer­den. Or­ga­ni­siert wer­den al­le Mit­ar­bei­ter in Flug­si­che­rungs­un­ter­neh­men und –be­trie­ben, al­le mit Flug­si­che­rungs­auf­ga­ben be­fass­ten Mit­ar­bei­ter in Un­ter­neh­men und Be­trie­ben, in de­nen auch Flug­si­che­rungs­leis­tun­gen er­bracht wer­den (...)“ (so die An­ga­be im Tat­be­stand des Ur­teils des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 11. Ja­nu­ar 2007, a.a.O., Rz 2). In Re­ak­ti­on auf ge­richt­li­che Ausführun­gen zu ih­rer Un­zuständig­keit für den Vor­feld­be­reich und Ab­stellflächen und Ausführun­gen zum Be­griff der Flug­si­che­rung im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Kon­flikt um ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung für ei­ne Ab­tei­lung „Zen­tra­le Vor­feld­kon­trol­le und Ver­kehrs­zen­tra­le“ auf ei­nem an­de­ren Flug­ha­fen, hat sie ih­re Sat­zung um­fang­reich geändert. Da­bei ging es ihr um ei­ne Ab­si­che­rung ih­rer Zuständig­keit für den da­mals wei­ter­hin an­ge­streb­ten – und später ge­schlos­se­nen – Ta­rif­ver­trag für die ge­nann­te Ab­tei­lung.
Bei der Aus­le­gung ei­ner Sat­zung kann schließlich auch auf die tatsächli­che Hand­ha­bung und die An­schau­ung be­tei­lig­ter Be­rufs­krei­se ab­ge­stellt wer­den (Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richts, Ur­teil vom 11. Ja­nu­ar 2007, a.a.O.). Die be­tei­lig­ten Be­rufs­krei­se, nämlich ein an­de­rer Flug­ha­fen, hat mit der Be­klag­ten – was be­reits auf Sei­te 49/50 (un­ter (3)) an­ge­spro­chen wur­de – für die dor­ti­ge Ab­tei­lung „Zen­tra­le Vor­feld­kon­trol­le und Ver­kehrs­zen­tra­le“ ei­nen Ta­rif­ver­trag ge­schlos­sen, der für al­le in der dor­ti­gen Ab­tei­lung Beschäftig­ten gilt und für sie Re­ge­lun­gen enthält, ob­wohl dort so­gar ei­ne per­so­nel­le Auf­tei­lung möglich ge­we­sen wäre. Dies wol­len die Kläge­rin­nen, die nun­mehr dies­bezüglich mit ei­ner Teil­nich­tig­keit ar­gu­men­tie­ren, in­zwi­schen wohl nicht mehr be­strei­ten.

bb) Dass die Be­klag­te sehr be­acht­li­che Gründe für ih­re An­nah­me, sie sei ta­rif­zuständig, hat­te, zeigt auch der Um­stand, dass das Ar­beits­ge­richt Frank­furt im Ur­teil vom 5. Mai 2009 (a.a.O. Sei­ten 16 ff un­ter a)) von ei­ner sol­chen Zuständig­keit aus­ge­gan­gen ist. Dies konn­te die Be­klag­te zwar am 6. April 2009 nicht wis­sen, aber es zeigt, dass zeit­nah auch ein Ge­richt zu ei­ner ent­spre­chen­den Würdi­gung kam. Fer­ner hat das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt die­se Würdi­gung im wei­te­ren Ver­lauf des da­ma­li­gen Rechts­streits als „me­tho­disch und in­halt­lich sau­ber her­aus­ge­ar­bei­tet“ (Sei­te 5 oben) be­zeich-

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net und die Fra­ge in sei­nem Be­schluss als ei­ne von meh­re­ren „schwie­ri­gen Rechts­fra­gen“ (Sei­te 3 un­ten) be­zeich­net.
Es ist zwar zu­tref­fend, dass das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg zur Fra­ge der Ta­rif­zuständig­keit kei­ne Ausführun­gen ge­macht hat. Dies liegt aber dar­an, dass die Streit­par­tei­en des dor­ti­gen Ver­fah­rens dies nicht the­ma­ti­siert ha­ben. Viel­mehr kam die­se Ar­gu­men­ta­ti­on erst durch die Ein­ga­be der An­trags­schrift im einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren beim Ar­beits­ge­richt Frank­furt am 6. April 2009 auf, als der Streik schon aus­ge­ru­fen war.
In An­be­tracht all die­ser Umstände han­del­te die Be­klag­te bei der Aus­ru­fung des Streiks am 6. April 2009 nicht schuld­haft, son­dern be­fand sich bezüglich ih­rer Ta­rif­zuständig­keit – würde ih­re Un­zuständig­keit an­zu­neh­men sein – in ei­nem un­ver­meid­ba­ren Ver­bots­irr­tum.

Es kommt da­her nicht dar­auf an, ob der Streik ab dem 1. April 2009 und auch der Un­terstützungs­streik „maßvoll“ wa­ren, und ob dies in An­be­tracht der zu wah­ren­den Frei­heit der Ge­werk­schaft, über ih­re Kampf­mit­tel zu ent­schei­den (z.B.: BAG, Ur­teil vom 7. Ju­li 2010, a.a.O., un­ter II. 4. e) bb) (1)), und die ge­schil­der­ten schwie­ri­gen Si­tua­tio­nen über­haupt ein zulässi­ges Kri­te­ri­um ist und was es be­deu­tet.

4. Nach al­le­dem kommt es letzt­lich nicht dar­auf an, dass die Kläge­rin zu 1) we­gen der mögli­cher­wei­se be­grenzt in Be­tracht kom­men­den Ei­gen­tums­ver­let­zung auf kei­nen Fall ei­nen An­spruch in der Höhe, wie sie ihn gel­tend macht, hätte. Die von ihr be­haup­te­ten Schäden sind nicht al­le in ei­ner Art und Wei­se dar­ge­legt, dass Scha­dens­po­si­tio­nen oder -beträge le­dig­lich den sechs Flug­zeu­gen zu­ge­ord­net wer­den können, die „ein­ge­sperrt“ wa­ren. So hat die Kläge­rin zu 1) ih­re Stor­nie­rungsschäden un­ter Ein­be­zie­hung auch der Flüge zum Flug­ha­fen Stutt­gart er­mit­telt und geschätzt (Sei­te 30 der Kla­ge­schrift zwei­ter Ab­satz un­ter a.); be­zo­gen auf die Flüge zum Flug­ha­fen liegt aber kei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung vor, so dass dies her­aus­zu­rech­nen wäre. Auch die von ihr gel­tend ge­mach­ten Zu­satz­kos­ten be­zie­hen die­je­ni­gen ein, die aus Flügen re­sul­tie­ren, die nicht nach Stutt­gart flie­gen konn­ten (Sei­te 33 der Kla­ge­schrift un­ter b.). Für die Trans­port­kos­ten sind Sum­men ge­bil­det, die Trans­por­te zum Flug­ha­fen Stutt­gart ein­be­zie­hen und nicht nur auf die Nicht-

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be­weg­lich­keit der sechs Flug­zeu­ge zurück­zuführen sind (Sei­te 35 der Kla­ge­schrift un­ter bb. 3. Ab­satz). Le­dig­lich die Ausführun­gen der Kläge­rin zu 1. auf der Sei­te 7 ih­res Schrift­sat­zes vom 31. Ja­nu­ar 2012 (Bl. 575 d.A.) in Ver­bin­dung mit der An­la­ge K 27 (Bl. 238 d.A.) könn­ten ei­ne Zu­ord­nung ermögli­chen.

II. Die Kläge­rin­nen ha­ben kei­nen Er­satz­an­spruch gemäß § 826 BGB. Da­nach ist der­je­ni­ge, der in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­s­toßen­den Wei­se ei­nem an­de­ren vorsätz­lich Scha­den zufügt, dem an­de­rem zum Er­satz des Scha­dens ver­pflich­tet. Vor­aus­set­zung ist ei­ne sit­ten­wid­ri­ge vorsätz­li­che Schädi­gung, die Über­schrei­tung der Ver­hal­tens­vor­ga­ben ei­nes „rechts­ethi­schen Mi­ni­mums“ (z.B.: Schaub in: Prütting, a.a.O., § 826 Rz 5). Maßnah­men im Ar­beits­kampf können nur bei Hin­zu­tre­ten be­son­de­rer Umstände sit­ten­wid­rig sein (eben­da Rz 29). Nicht je­der Ar­beits­kampf, der das Recht ver­letzt, ist be­reits sit­ten­wid­rig (Löwisch/ Krauß, a.a.O., Rz 43). Ot­to führt aus, dass auch bei ei­nem rechts­wid­ri­gen Ar­beits­kampf in der Re­gel ei­ne vorsätz­li­che sit­ten­wid­ri­ge Schädi­gung zu ver­nei­nen ist; an­ders könne dies sein, wenn die Rechts­wid­rig­keit evi­dent sei und die Schädi­gung des Drit­ten den Han­deln­den be­wusst sei oder so­gar be­ab­sich­tigt sei (a.a.O. Rz 122).
Wie be­reits aus­geführt, han­del­te die Be­klag­te bei dem Auf­ruf zum Un­terstützungs­ar­beits­kampf am 6. April 2009 – mit Aus­nah­me der in die­sem Ver­fah­ren nicht klärba­ren Fra­ge der Ta­rif­zuständig­keit – rechtmäßig und auf je­den Fall nicht schuld­haft. Bei die­ser Sach­la­ge gibt es kei­nen An­satz­punkt für ei­ne sit­ten­wid­ri­ge Schädi­gung. Der Ar­beits­kampf am 6. April 2009 über­schritt nicht das „rechts­ethi­sche Mi­ni­mum“.
So­weit die Kläge­rin­nen da­mit ar­gu­men­tie­ren, dass der Un­terstützungs­streik dar­auf aus­ge­rich­tet war, ge­ra­de sie zu schädi­gen, wur­de be­reits aus­geführt, dass die­se An­nah­me nicht be­gründet ist. Es wird auf die Erläute­run­gen un­ter 2. ge­gen En­de (Sei­ten 34 f oben) Be­zug ge­nom­men.

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C. Die Kos­ten des Rechts­streits ha­ben die Kläge­rin­nen auf­grund ih­res Un­ter­lie­gens zu tra­gen, § 91 ZPO.

Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des setzt sich aus dem Wert der Haupt­for­de­run­gen gemäß den Zah­lungs­anträgen und aus wei­te­ren 20% da­von als Wert für den Fest­stel­lungs­an­trag zu­sam­men.

Die Be­ru­fung ist gemäß § 64 Ab­satz 3 Zif­fer 2 Buch­sta­be c) Ar­beits­ge­richts­ge­setz zu­zu­las­sen, da Fra­gen des Ar­beits­kamp­fes zwi­schen ei­ner ta­riffähi­gen Par­tei, der Be­klag­ten, und Drit­ten strei­tig sind. We­gen der Ein­zel­hei­ten der Rechts­mit­tel­be­leh­rung für die Kläge­rin­nen wird auf die nächs­te Sei­te Be­zug ge­nom­men.

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