HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 29.08.2006, 8 TaBV 58/06

   
Schlagworte: Kirchenarbeitsrecht, Kirchliche Einrichtung, Religionsgemeinschaft, Betriebsrat
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 8 TaBV 58/06
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 29.08.2006
   
Leitsätze: Ist das streitige Krankenhaus von der Diakonie unter Abweichung von den von ihr selbst aufgestellten und als unabdingbar bezeichneten Mindestanforderungen als Mitglied aufgenommen worden, so ist für die Anerkennung als karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft i. S. von § 118 (2) BetrVG 1972 entscheidend, ob dennoch das von der Rechtsprechung geforderte Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten der Kirche gegeben ist, das es rechtfertigen würde, den Arbeitgeber von den Konfrontationen staatlicher Betriebsverfassung zu befreien.
Vorinstanzen: Arbgericht Essen, 16.02.2006 - 3 BV 3/06,
nachgehend:
Bundesarbeitsgericht, 05.12.2007 - 7 ABR 72/06,
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 17.03.2009 - 8 TaBV 76/08
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf, 8 TaBV 58/06


Te­nor: Auf die Be­schwer­de des Be­triebs­ra­tes wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Es­sen vom 16.02.2006 - 3 BV 3/06 ­auf­ge­ho­ben.Es wird fest­ge­stellt, dass auf das Al­fried Krupp von Boh­len und Hal­bach Kran­ken­haus gGmbH in Es­sen - An­trags­geg­ne­rin und Be­schwer­de­geg­ne­rin - das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz An­wen­dung fin­det. Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.


GRÜNDE: 1
I. 2

Die An­trags­geg­ne­rin (Ar­beit­ge­ber) be­treibt seit et­wa 1980 das Al­fried Krupp von Boh­len und Hal­bach Kran­ken­haus. Der Ar­beit­ge­ber ist ei­ne ge­meinnützi­ge GmbH, de­ren al­lei­ni­ge Ge­sell­schaf­te­rin die Al­fried Krupp von Boh­len und Hal­bach Stif­tung ist.

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Die­se Stif­tung ist et­wa im Jah­re 1967 ge­gründet wor­den und zwar zu dem Zweck, das Vermögen des Stif­ters Al­fried Krupp von Boh­len und Hal­bach zu über­neh­men und für ge­meinnützi­ge Zwe­cke zu ver­wen­den.

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Die Al­fried Krupp von Boh­len und Hal­bach Stif­tung ist Ak­ti­onärin di­ver­ser Ge­sell­schaf­ten, vor al­lem der Nach­fol­ge­ge­sell­schaf­ten der ehe­ma­li­gen Fried­rich Krupp GmbH, nun­mehr der Thys­sen Krupp AG. Die Stif­tung ist größte Ein­zel­ak­ti­onärin die­ser Ak­ti­en­ge­sell­schaft. Die Stif­tung ist in kei­ner Wei­se or­ga­ni­sa­to­risch, recht­lich oder per­so­nell mit ei­ner der Kir­chen der Bun­des­re­pu­blik ver­bun­den. Im Ku­ra­to­ri­um be­fin­det sich kein Re­präsen­tant ei­ner Kir­che, im Vor­stand eben­falls nicht. Der Ar­beit­ge­ber wur­de im Sin­ne der Stif­tungs­zwe­cke als ge­meinnützi­ges Kran­ken­haus oh­ne je­de kirch­li­che Bin­dung geführt. Im Rah­men ei­nes Zer­ti­fi­ka­ti­ons­pro­zes­ses für Kran­kenhäuser im "welt­li­chen" Be­reich hat sich der Ar­beit­ge­ber ei­ne Ziel­set­zung ge­ge­ben, die ein Leit­bild be­inhal­te­te, das ka­ri­ta­tiv und welt­lich war.

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Der An­trag­stel­ler ist der aus 15 Mit­glie­dern be­ste­hen­de Be­triebs­rat. 6

Bis zum 31.12.2005 gehörte der Ar­beit­ge­ber dem pa­ritäti­schem Wohl­fahrts­ver­band an. Auf sei­nen An­trag vom 15.12.2005 wur­de er am 20.12.2005 als Mit­glied im Dia­ko­ni­schen Werk der Evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land e. V. auf­ge­nom­men (BI. 93 d. A.), und zwar mit Wir­kung zum 01.01.2006. Auf die Sat­zung der Dia­ko­nie (BI. 97 ff d. A.) sei eben­so ver­wie­sen wie auf die Be­stim­mun­gen über die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Sat­zun­gen und die sons­ti­gen Ord­nun­gen der Mit­glie­der des Dia­ko­ni­schen Wer­kes der Evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land (BI. 311 ff d. A.).

7

Mit Ge­sell­schaf­ter­be­schluss vom 15.12.2005 wur­de dar­auf­hin der Ge­sell­schafts­ver­trag (BI. 166 ff d. A.) wie folgt geändert, wo­bei die Ände­run­gen kur­siv ge­setzt sind:

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  9
"... 10

§ 2

11

Ge­gen­stand und Zweck des Un­ter­neh­mens

12

13

(4) Hier­bei hat das Un­ter­neh­men in be­son­de­rem Maße der

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min­der­be­mit­tel­ten Bevölke­rung zu die­nen. Es wird tätig

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im Sin­ne der Dia­ko­nie als We­sens- und Le­bensäußerung

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der Evan­ge­li­schen Kir­che.

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(5) Die Mit­tel der Ge­sell­schaft dürfen nur für die sat­zungsmäßigen

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Zwe­cke ver­wen­det wer­den. Die Ge­sell­schaf­ter als sol­che er- 19
hal­ten kei­ne Zu­wen­dun­gen aus Mit­teln der Ge­sell­schaft. 20
(6) Die Ge­sell­schaft ist Mit­glied des als Spit­zen­ver­band der 21
Frei­en Wohl­fahrts­pfle­ge an­er­kann­ten Dia­ko­ni­schen Wer­kes 22
der Evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land und da­durch zu­gleich 23
dem Dia­ko­ni­schen Werk der Evan­ge­li­schen Kir­che in 24
Deutsch­land an­ge­schlos­sen. 25

26

§ 5

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Or­ga­ne der Ge­sell­schaft 28

Die Or­ga­ne der Ge­sell­schaft sind

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a) die Geschäftsführung

30

b) die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung

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Mit­glie­der der Or­ga­ne und Mit­ar­bei­ter sol­len ei­nem evan­ge­li­schen

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oder dem Be­kennt­nis ei­ner Kir­che an­gehören, die Mit­glied der 33
Ar­beits­ge­mein­schaft Christ­li­cher Kir­chen ist. 34

35

§ 11

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Bei­rat 37

(1) Die Ge­sell­schaf­ter können ei­nen Bei­rat ein­be­ru­fen. Er berät

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die Or­ga­ne in phil­an­thro­pi­schen Fra­gen, Kon­fes­si­ons­fra­gen 39
so­wie in sol­chen Fra­gen, die das Verhält­nis der Ge­sell­schaft 40
zu den christ­li­chen Kir­chen berühren. 41
(2) Dem Bei­rat gehören bis zu 5 Per­so­nen an. Sie wer­den von den 42
Ge­sell­schaf­tern be­ru­fen und ab­be­ru­fen. Die Be­ru­fung er­folgt 43
für die Dau­er von drei Jah­ren. Ei­ne er­neu­te Be­ru­fung ist 44
möglich. Un­ter den Mit­glie­dern müssen min­des­tens zwei 45
Mit­glie­der sein, die dem Be­kennt­nis ei­ner Kir­che an­gehören, 46
die Mit­glied in der Ar­beits­ge­mein­schaft christ­li­cher Kir­chen ist, 47
da­von min­des­tens ein Mit­glied, das ein Amt in Kir­che und 48
Dia­ko­nie im Rhein­land ausübt. 49

50

§ 15

51
Sat­zungsände­rung 52
Sat­zungsände­run­gen, die die Zu­ord­nung zum Dia­ko­ni­schen 53
Werk verändern so­wie der Be­schluss über die Auflösung der 54
Ge­sell­schaft wer­den recht­zei­tig vor­her dem Dia­ko­ni­schen Werk 55
der Evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land an­ge­zeigt. 56
…" 57

Mit Schrei­ben vom 03.01.2006 wand­te der Ar­beit­ge­ber sich so­dann zum ei­nen an die Mit­ar­bei­ter (BI. 14 d. A.) so­wie zum an­de­ren an die Mit­glie­der des Be­triebs­ra­tes (BI. 15 d. A.) und teil­te mit, dass die Man­da­te des Be­triebs­ra­tes so­mit mit Ab­lauf des 31.12.2005 er­lo­schen sei­en und be­rief gleich­zei­tig ei­ne Mit­ar­bei­ter­ver­samm­lung zur Bil­dung ei­nes Wahl­vor­stan­des zur Wahl ei­ner Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung ein.

58

Mit dem am 12.01.2006 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen An­trag be­gehrt der Be­triebs­rat die Fest­stel­lung, dass die Vor­schrif­ten des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes wei­ter­hin An­wen­dung fin­den.

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Der Be­triebs­rat hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten: 60

Es bestünden er­heb­li­che Be­den­ken ge­gen die Ernst­haf­tig­keit der "Hin­wen­dung" des Ar­beit­ge­bers zur Kir­che. Eben­so dar­an, ob in der Kran­ken­haus­ein­rich­tung "das kirch­li­che Pro­pri­um" im ei­ner Wei­se ge­wahrt sei, dass sich ih­re Zu­ord­nung zur Kir­che recht­fer­ti­ge. Zwi­schen ihm und dem Ar­beit­ge­ber sei es in den letz­ten Jah­ren zu zahl­rei­chen ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren ge­kom­men, in de­nen es um die Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­ra­tes, die Ein­hal­tung von Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen etc. ge­gan­gen sei. Aus all die­sen Umständen sei zu schließen, dass der al­lei­ni­ge Zweck der Maßnah­me des Ar­beit­ge­bers das Her­aus­fal­len des Be­trie­bes aus dem Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz, die ju­ris­ti­sche Ab­schaf­fung des Be­triebs­ra­tes und der Weg­fall der Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sei. Die im Ge­sell­schafts­ver­trag des Ar­beit­ge­bers vor­ge­nom­me­nen Ände­run­gen und Ergänzun­gen erfüll­ten nicht an­satz­wei­se die "Be­stim­mun­gen über die Min­dest­an­for­de­run­gen" der Dia­ko­nie.

61
Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt, 62

fest­zu­stel­len, dass auf den Be­trieb des Ar­beit­ge­bers die Vor­schrif­ten des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes An­wen­dung

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fin­den.

64
Der Ar­beit­ge­ber hat be­an­tragt, 65

den Be­triebs­rat mit dem An­trag ab­zu­wei­sen.

66
Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten: 67

So­weit der Be­triebs­rat mut­maße, dass das Her­aus­fal­len des Be­trie­bes aus dem An­wen­dungs­be­reich des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes und da­mit sein ei­ge­ner Exis­tenz­ver­lust ihn - den Ar­beit­ge­ber - zum Ein­tritt in die Dia­ko­nie be­wegt ha­be, neh­me sich der Be­triebs­rat ein­deu­tig zu wich­tig und un­ter­lie­ge zu­gleich ei­nem er­heb­li­chem Irr­tum. Vor­lie­gend ha­be die Kir­che ihn - den Ar­beit­ge­ber - durch die Dia­ko­nie und die Mit­glied­schaft als ei­ne ihr zu­gehöri­ge (ka­ri­ta­ti­ve) Ein­rich­tung an­er­kannt. Be­reits da­mit sei § 118 Abs. 2 Be­trVG ein­schlägig, denn aus der Mit­glied­schaft in der Dia­ko­nie er­ge­be sich nicht nur ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ver­bin­dung, son­dern auch ei­ne in­halt­li­che An­er­ken­nung des kirch­li­chen Zwecks der Ein­rich­tung. Mit der Mit­glied­schaft in der Dia­ko­nie sei zu­gleich der teil­wei­se ge­for­der­te ord­nen­de Ein­fluss der Kir­che auf die Ein­rich­tung si­cher­ge­stellt. Be­reits die Ein­flussmöglich­keit mit ver­eins­recht­li­chen Mit­teln stel­le ei­ne aus­rei­chen­de in­sti­tu­tio­nel­le Ver­bin­dung zwi­schen der Kir­che und der hier vor­lie­gen­den ka­ri­ta­ti­ven Ein­rich­tung dar. Die Vor­ga­be der Min­dest­an­for­de­run­gen ha­be er um­ge­setzt. Auf sei­ne Mo­ti­ve käme es nicht an, denn hier ge­he es um das durch das Grund­ge­setz geschütz­te Selbst­be­stim­mungs- und Selbst­ver­wal­tungs­recht der Kir­che.

68

Mit Be­schluss vom 16.02.2006 hat das Ar­beits­ge­richt den An­trag zurück­ge­wie­sen. Auf die Ent­schei­dungs­gründe sei ver­wie­sen.

69

Ge­gen die­sen dem Be­triebs­rat am 26.05.2006 zu­ge­stell­ten Be­schluss hat er am 13.06.2006 Be­schwer­de ein­ge­legt und hat die­se am 20.07.2006 be­gründet.

70

Die Be­tei­lig­ten wie­der­ho­len im We­sent­li­chen ih­re erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­ge­nen Rechts­auf­fas­sun­gen, und zwar der Be­triebs­rat gestützt auf ein Gut­ach­ten von Prof. Dr. I. (BI. 221 ff d. A.).

71
Der Be­triebs­rat be­an­tragt, 72

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Es­sen vom 16.02.2006

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ab­zuändern und fest­zu­stel­len, dass auf den Be­trieb der

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An­trags­geg­ne­rin die Vor­schrif­ten des Be­triebs­ver­fas­sungs-

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ge­set­zes An­wen­dung fin­den.

76
Der Ar­beit­ge­ber be­an­tragt, 77

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

78

We­gen der sons­ti­gen Ein­zel­hei­ten wird auf den münd­lich vor­ge­tra­ge­nen In­halt der Ak­te Be­zug ge­nom­men.

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II. 80
Die Be­schwer­de ist zulässig. 81

Sie ist nämlich an sich statt­haft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), so­wie in ge­setz­li­cher Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§ 87 Abs. 2 i. V. mit §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG).

82
Die Be­schwer­de ist auch be­gründet. 83
Der An­trag ist zulässig. 84

Hier kann auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Fest­stel­lung des Ten­denz­cha­rak­ters ei­nes Un­ter­neh­mens Be­zug ge­nom­men wer­den (BAG, Be­schluss vom 21.07.1998 - 1 ABR 2/98 - AP

Nr. 63 zu § 118 Be­trVG 1972).

85
Während das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­nem Be­schluss vom 13.07.1995 86

- 1 ABR 31/54 - AP Nr. 2 zu § 81 Be­trVG ei­nen An­trag auf Fest­stel­lung, dass ein Ar­beit­ge­ber kein Ten­denz­un­ter­neh­men sei, noch für un­zulässig ge­hal­ten hat, weil fest­stel­lungsfähig nur kon­kre­te Ein­zel­fol­gen aus dem vor­han­de­nen oder feh­len­den Ten­denz­cha­rak­ter sei­en, hat es die­se Auf­fas­sung im o. g. Be­schluss auf­ge­ge­ben.

87

Mit der Ent­schei­dung darüber, ob es sich beim Ar­beit­ge­ber um ein Ten­denz­un­ter­neh­men han­de­le, wer­de zu­gleich das zwi­schen ihm und dem Be­triebs­rat be­ste­hen­de ver­fas­sungs­recht­li­che Rechts­verhält­nis im Sin­ne des § 256 Abs. 1 ZPO be­stimmt. Kann da­nach die strei­ti­ge Ten­den­zei­gen­schaft ei­nes Un­ter­neh­mens grundsätz­lich mit ei­nem Fest­stel­lungs­an­trag zur Ent­schei­dung ge­stellt wer­den, so ist nach der o. g. Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts hier auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che be­son­de­re Fest­stel­lungs­in­ter­es­se zu be­ja­hen. Zwi­schen den Be­tei­lig­ten be­steht nämlich grundsätz­li­cher Streit, der nicht nur Ein­zel­as­pek­te des § 118 Abs. 1 Be­trVG, son­dern die Ei­gen­schaft des Ar­beit­ge­bers als Ten­denz­un­ter­neh­men ins­ge­samt be­trifft und durch ei­nen fest­stel­len­den Be­schluss bei­ge­legt wer­den kann.

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Kann hier­nach die strei­ti­ge Ei­gen­schaft fest­ge­stellt wer­den und ist hierfür auch das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se zu be­ja­hen, so kann für die noch wei­ter­ge­hen­de Fra­ge, ob nämlich auf­grund von § 118 Abs. 2 Be­trVG das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz über­haupt An­wen­dung fin­det und der Be­triebs­rat über­haupt im Amt ist, nichts an­de­res gel­ten. Denn auch hier be­steht zwi­schen den Be­tei­lig­ten grundsätz­li­cher Streit, der nicht nur ein­zel­ne As­pek­te des § 118 Abs. 2 Be­trVG, son­dern die Ei­gen­schaft des Ar­beit­ge­bers als ka­ri­ta­ti­ve Ein­rich­tung ei­ner Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft ins­ge­samt be­trifft und durch ei­nen fest­stel­len­den Be­schluss bei­ge­legt wer­den kann.

89
Der da­nach zulässi­ge An­trag ist auch be­gründet. 90

Nach Auf­fas­sung der Kam­mer fin­det das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz auf den Ar­beit­ge­ber trotz sei­ner Mit­glied­schaft im Dia­ko­ni­schen Werk An­wen­dung.

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Nach § 118 Abs. 2 Be­trVG fin­det al­ler­dings das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz kei­ne An­wen­dung auf Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten und ih­re ka­ri­ta­ti­ven und er­zie­he­ri­schen Ein­rich­tun­gen un­be­scha­det ih­rer Rechts­form.

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Die Her­aus­nah­me der Kir­chen und ih­rer ka­ri­ta­ti­ven und er­zie­he­ri­schen Ein­rich­tun­gen aus dem Gel­tungs­be­reich des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes be­ruht auf dem den Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten in Ar­ti­kel 140 GG in Ver­bin­dung mit Ar­ti­kel 137 Abs. 3 WRV gewähr­leis­te­ten Recht, ih­re An­ge­le­gen­hei­ten selbständig in­ner­halb der Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes zu ord­nen und zu ver­wal­ten (so BAG, Be­schluss vom 09.02.1982 - 1 ABR 36/80 - AP Nr. 24 zu § 118 Be­trVG 1972 m. w. N.).

93
Das den Kir­chen ver­fas­sungs­recht­lich verbürg­te Selbst­be­stim­mungs­recht be­zieht sich nicht nur auf die or­ga­ni­sier­te Kir­che und ih­re recht­lich selbständi­gen Tei­le. Viel­mehr sind al­le der Kir­che in be­stimm­ter Wei­se zu­ge­ord­ne­ten Ein­rich­tun­gen oh­ne Rück­sicht auf ih­re Rechts­form Ob­jek­te, bei de­ren Ord­nung und Ver­wal­tung die Kir­che grundsätz­lich frei ist, wenn die Ein­rich­tun­gen nach kirch­li­chem Selbst­verständ­nis ih­rem Zweck oder ih­rer Auf­ga­be ent­spre­chend be­ru­fen sind, ein Stück Auf­trag der Kir­chen die­ser Welt wahr­zu­neh­men und zu erfüllen. Die von der Ver­fas­sung gewähr­te selbständi­ge Re­ge­lungs- und Ver­wal­tungs­be­fug­nis der Kir­che er­streckt sich nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts mit­hin auch auf ih­re "Ver­ei­ni­gun­gen, die sich nicht die all­sei­ti­ge, son­dern nur die par­ti­el­le Pfle­ge des re­li­giösen oder welt­an­schau­li­chen Le­bens ih­rer Mit­glie­der zum Ziel ge­setzt ha­ben". Vor­aus­set­zung ist aber, dass der Zweck der Ver­ei­ni­gung ge­ra­de auf die Er­rei­chung ei­nes sol­chen Zie­les ge­rich­tet ist. Dies gilt oh­ne wei­te­res für or­ga­ni­sa­to­risch oder in­sti­tu­tio­nell mit Kir­chen ver­bun­de­ne Ver­ei­ni­gun­gen wie kirch­li­che Or­den, de­ren Da­seins­zweck ei­ne In­ten­si­vie­rung der ge­samt­kirch­li­chen Auf­ga­ben enthält. Es gilt aber auch für an­de­re selbständi­ge oder un­selbständi­ge Ver­ei­ni­gun­gen, wenn und so­weit ihr Zweck die Pfle­ge oder Förde­rung ei­nes re­li­giösen Be­kennt­nis­ses oder die Verkündung des Glau­bens ih­rer Mit­glie­der ist. Maßstab für das Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zun­gen kann das Aus­maß der in­sti­tu­tio­nel­len Ver­bin­dung mit ei­ner Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft oder die Art der mit der Ver­ei­ni­gung ver­folg­ten Zie­le sein. Für die Zu­ord­nung ei­ner Ein­rich­tung zur Kir­che kommt es des­halb auf ih­re Zu­gehörig­keit zur Kir­chen­ver­wal­tung nicht ent­schei­dend an. Es genügt, wenn die Ein­rich­tung ei­ner Kir­che so na­he steht, dass sie Teil hat an der Ver­wirk­li­chung ei­nes Stücks Auf­trag der Kir­che im Geist christ­li­cher Re­li­gio­sität, im Ein­klang mit dem Be­kennt­nis der christ­li­chen Kir­che und in Ver­bin­dung mit den Amts­trägern der Kir­che. Die ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­te Frei­heit der Kir­che im Staat schließt ein, dass sich die Kir­che zur Erfüllung ih­res Auf­trags auch der Or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men des staat­li­chen Rechts be­die­nen kann, oh­ne dass da­durch die Zu­gehörig­keit der auf die­ser Rechts­grund­la­ge ge­gründe­ten Ein­rich­tung zur Kir­che auf­ge­ho­ben würde. In der Mit­wir­kung von Lai­en an der Ver­wal­tung sol­cher Ein­rich­tun­gen kann kei­ne Lo­cke­rung der Zu­ord­nung zur Kir­che ge­se­hen wer­den (vgl. BAG - a. a. 0. - AP Nr. 24 zu § 118 Be­trVG 1972 m. w. N.). 94

In die­sem Sin­ne gehört der Ar­beit­ge­ber hier nach Auf­fas­sung der Kam­mer je­doch nicht zur evan­ge­li­schen Kir­che und nimmt des­halb auch nicht an der ver­fas­sungs­recht­lich verbürgen Kir­chen­au­to­no­mie teil.

95

Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, der die Kam­mer folgt, dient ein Un­ter­neh­men ka­ri­ta­ti­ven Be­stim­mun­gen, wenn es sich den so­zia­len Dienst an körper­lich oder see­lisch lei­den­den Men­schen zum Ziel ge­setzt hat, so­fern die­se Betäti­gung oh­ne die Ab­sicht der Ge­winn­erzie­lung er­folgt und das Un­ter­neh­men selbst nicht von Ge­set­zes we­gen un­mit­tel­bar zu der­ar­ti­ger Hil­fe­leis­tung ver­pflich­tet ist. Da­ge­gen ist un­er­heb­lich, wer recht­lich oder wirt­schaft­lich an dem pri­vat­wirt­schaft­lich or­ga­ni­sier­ten Un­ter­neh­men be­tei­ligt ist oder dar­auf ei­nen be­herr­schen­den Ein­fluss ausübt. Dem­ent­spre­chend ist es für die ka­ri­ta­ti­ve Be­stim­mung ei­nes Un­ter­neh­mens unschädlich, wenn an ihm ein Un­ter­neh­mensträger be­tei­ligt ist, der selbst auf­grund ge­setz­li­cher Nor­men ver­pflich­tet ist, der­ar­ti­ge Hil­fe­leis­tun­gen zu er­brin­gen oder zu­min­dest die Kos­ten für sol­che Hil­fe­leis­tun­gen zu tra­gen hat. Maßgeb­lich für die ka­ri­ta­ti­ve Be­stim­mung sind viel­mehr die Sta­tu­ten des Un­ter­neh­mens selbst (so BAG, Be­schluss vom 31.07.2002 - 7 ABR 12/01 - AP Nr. 70 zu § 118 Be­trVG 1972 m. w. N.).

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Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind hier erfüllt. Bei dem Ar­beit­ge­ber han­delt es sich um ei­ne ka­ri­ta­ti­ve Ein­rich­tung. Er dient dem so­zia­len Dienst an körper­lich oder see­lisch lei­den­den Men­schen und dient nach § 2 Abs. 3 des Ge­sell­schafts­ver­tra­ges aus­sch­ließlich und un­mit­tel­bar ge­meinnützi­gen Zwe­cken, wird un­ter Be­ach­tung der staat­li­chen Be­stim­mun­gen über die Ge­meinnützig­keit geführt und ver­folgt nicht in ers­ter Li­nie ei­gen­wirt­schaft­li­che Zie­le. Der Ar­beit­ge­ber ist zu die­ser Hil­fe­leis­tung nicht von Ge­set­zes we­gen un­mit­tel­bar ver­pflich­tet, son­dern hat sich die­se Auf­ga­be frei­wil­lig ge­setzt.

97

Nach eben­so ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist es für die Zu­ord­nung ei­ner recht­lich selbständi­gen Ein­rich­tung zur Kir­che al­ler­dings nicht aus­rei­chend, dass die Ein­rich­tung ih­rem Zweck nach auf die Ver­wirk­li­chung ei­nes kirch­li­chen Auf­trags ge­rich­tet ist. Hin­zu kom­men muss ein Min­dest­maß an Ein­flussmöglich­kei­ten der Kir­che, um auch darüber ei­ne Übe­rein­stim­mung der re­li­giösen Betäti­gung der Ein­rich­tung mit kirch­li­chen Vor­stel­lun­gen gewähr­leis­ten zu können. Der ord­nen­de Ein­fluss der Kir­che be­darf kei­ner sat­zungsmäßigen Ab­si­che­rung. Die Kir­che muss je­doch in der La­ge sein, ei­nen et­wai­gen Dis­sens in re­li­giösen An­ge­le­gen­hei­ten zwi­schen ihr und der Ein­rich­tung un­ter­bin­den zu können (so BAG, Be­schluss vom 30.04.1997 - 7 ABR 60/95 - AP Nr. 60 zu § 118 Be­trVG 1972).

98

Das Kran­ken­haus ist sei­nem Zweck nach auf die Ver­wirk­li­chung ei­nes christ­li­chen Auf­tra­ges aus­ge­rich­tet und nach dem Selbst­verständ­nis der evan­ge­li­schen Kir­che be­schränkt sich die Re­li­gi­ons­ausübung nicht auf den Be­reich des Glau­bens und des Got­tes­diens­tes, son­dern um­fasst ins­be­son­de­re auch das ka­ri­ta­ti­ve Wir­ken. Zu die­sem gehört die kirch­lich ge­tra­ge­ne Kran­ken­pfle­ge. Die­sem Auf­trag ent­spricht auch hier - wie in dem Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 31.07.2002 - a. a. 0 -, dass der Ge­sell­schafts­ver­trag des Ar­beit­ge­bers, der in § 2 Abs. 4 fest­legt, dass das Un­ter­neh­men im Sin­ne der Dia­ko­nie als We­sens- und Le­bensäußerung der evan­ge­li­schen Kir­che tätig wird. Auch hier er­gibt sich die Bin­dung des Ar­beit­ge­bers an den kirch­lich-dia­ko­ni­schen Auf­trag aus der Mit­glied­schaft zur Dia­ko­nie Rhein­land. Denn nach der Präam­bel der Sat­zung des Dia­ko­ni­schen Werks ist die Dia­ko­nie We­sens- und Le­bensäußerung der Kir­che. Sie ge­schieht in der Bin­dung an die Hei­li­ge Schrift und in Übe­rein­stim­mung mit den Grund­ar­ti­keln der evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land.

99

Hier ist nach Auf­fas­sung der Kam­mer je­doch nicht das nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts er­for­der­li­che Min­dest­maß an Ein­flussmöglich­keit der Amts­kir­che auf die von dem Ar­beit­ge­ber be­trie­be­ne Ein­rich­tung gewähr­leis­tet.

100

So­weit der Ar­beit­ge­ber ausführt, dies fol­ge be­reits aus der Mit­glied­schaft im Dia­ko­ni­schen Werk, kann er sich zwar auf den Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 31.07.2002 (a. a. 0.) be­ru­fen. Die Kam­mer ver­steht die Ausführun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts je­doch so, dass dies aus der Mit­glied­schaft dann be­reits folgt, wenn die sich hier­aus er­ge­ben­den Pflich­ten auch über­nom­men wor­den sind und die Mit­glied­schaft des­halb auch zu ei­nem sol­chen er­for­der­li­chen Min­dest­maß an Ein­flussmöglich­kei­ten führt. Sch­ließlich hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in dem Be­schluss vom 31.07.2002 - a. a. 0. - sich auch nicht mit der Fest­stel­lung der Mit­glied­schaft be­gnügt, son­dern hat an­sch­ließend im Ein­zel­nen dar­ge­legt, war­um sich aus der Sat­zung des Dia­ko­ni­schen Werks im Zu­sam­men­hang mit der Sat­zung der dor­ti­gen Ar­beit­ge­be­rin, in der sie das kirch­li­che Pro­pri­um sta­tu­iert, wo­mit die­se Ar­beit­ge­ber die sich aus der Sat­zung der Dia­ko­nie er­ge­ben­den Pflich­ten be­ach­tet, er­ge­be, dass der Ein­fluss der Amts­kir­che den Aus­schuss des staat­li­chen Be­stim­mungs­rechts im Be­trieb der Ar­beit­ge­be­rin recht­fer­ti­ge.

101
Dies ist hier aber nicht der Fall. 102

So­weit die Kam­mer da­zu im Fol­gen­den auf den Ge­sell­schafts­ver­trag des Ar­beit­ge­bers ab­stellt, wird nicht über­se­hen, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt ei­ne sat­zungsmäßige Ab­si­che­rung des ord­nen­den Ein­flus­ses der Kir­che nicht ver­langt (so BAG, Be­schluss vom 30.04.1997 - 7 ABR 60/95 - AP Nr. 60 zu § 118 Be­trVG 1972; BAG, Be­schluss vom 14.04.1998 - 6 ABR 36/86 - AP Nr. 36 zu

103

§ 118 Be­trVG 1972). Zum ei­nen hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt da­bei aber gleich­zei­tig fest­ge­stellt, dass die Kir­che auch dann in der La­ge sein muss, ei­nen et­wai­gen Dis­sens in re­li­giösen An­ge­le­gen­hei­ten zwi­schen ihr und der Ein­rich­tung un­ter­bin­den zu können. Die Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft muss sich in Fra­gen der Ausübung der je­wei­li­gen re­li­giösen Betäti­gung ge­genüber der Ein­rich­tung durch­set­zen können. Nur wenn das gewähr­leis­tet und da­mit ge­si­chert ist, dass die ei­ge­nen Ge­set­ze der Kir­che bei der Betäti­gung der Le­bens- und We­sensäußerung durch­ge­setzt wer­den können, recht­fer­ti­ge es sich, ei­nen Be­trieb von den Kon­fron­ta­tio­nen staat­li­cher Be­triebs­ver­fas­sung zu be­frei­en (so BAG, Be­schluss vom 14.04.1988 - a. a. 0. -). Zum an­de­ren hat hier die evan­ge­li­sche Kir­che selbst Min­dest­an­for­de­run­gen für ei­ne Mit­glied­schaft fest­ge­legt, de­nen der Ge­sell­schafts­ver­trag des Ar­beit­ge­bers nicht nur nicht ent­spricht, son­dern von de­nen er ab­weicht, wo­mit im Er­geb­nis der ver­lang­te Ein­fluss der Amts­kir­che hier nicht mehr ge­ge­ben ist.

104

Nach § 5 Abs. 1 a der Sat­zung des Dia­ko­ni­schen Werks müssen die Sat­zun­gen und sons­ti­gen Ord­nun­gen der Mit­glie­der den Min­dest­an­for­de­run­gen ent­spre­chen, die für den Be­reich des Dia­ko­ni­schen Wer­kes gel­ten.

105

Da­bei han­delt es sich um die Min­dest­an­for­de­run­gen gemäß dem Be­schluss des Haupt­aus­schus­ses des Dia­ko­ni­schen Wer­kes vom 02.04.1981 (BI. 311 ff d. A.). Zur Be­gründung wird in den Be­stim­mun­gen über die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Sat­zun­gen und die sons­ti­gen Ord­nun­gen der Mit­glie­der des Dia­ko­ni­schen Werks der evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land Fol­gen­des aus­geführt

106

"Be­gründung

107

I. All­ge­mei­nes

108
Nach dem Selbst­verständ­nis der Kir­che ist Dia­ko­nie als ei­ne ih­rer 109
bei­den Grund­funk­tio­nen We­sens- und Le­bensäußerung in Wort und 110
Tat kirch­li­chen Han­dels in und an der Welt. Da­bei kommt es auf 111
die Rechts­form, in der sich die­se Grund­funk­ti­on voll­zieht, nicht an. 112
Sie ist nicht nur der Kir­che als öffent­lich-recht­li­cher Körper­schaft 113
vor­be­hal­ten; Dia­ko­nie wird auch von zahl­rei­chen Trägern dia­ko­ni­scher 114
Ein­rich­tun­gen in an­de­rer Rechts­form wahr­ge­nom­men. 115
Die­se Tat­sa­che ist auch von dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ins- 116
be­son­de­re in sei­nen Ent­schei­dun­gen vom 11.10.1977 - 2 BvR 209/76 - 117
und vom 25.03.1980 - 2 BvR 208/76 - bestätigt wor­den. Aus die­sen 118
Ent­schei­dun­gen er­gibt sich, dass die ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­te 119
Au­to­no­mie der Kir­che sich nicht schlecht­hin auf dia­ko­ni­sche Ein- 120
rich­tun­gen un­be­scha­det de­ren Rechts­form er­streckt, son­dern die­se 121
neh­men an die­sem Schutz nur dann teil, wenn sie der Kir­che in 122
be­stimm­ter Wei­se zu­ge­ord­net sind und nach kirch­li­chem Selbst- 123
verständ­nis ei­nen kirch­li­chen Auf­trag erfüllen. 124
Aber nicht nur des­halb ist es er­for­der­lich, dass die Zu­ord­nung zur 125
Kir­che in den Sat­zun­gen und sons­ti­gen Ord­nun­gen der dia­ko­ni­schen 126
Ein­rich­tun­gen in sog. frei­er Recht­sträger­schaft (ins­be­son­de­re 127
Stif­tun­gen, ein­ge­tra­ge­ne Ver­ei­ne, ge­meinnützi­ge Ge­sell­schaf­ten 128
mit be­schränk­ter Haf­tung) deut­lich wird. Da die Kir­che mit ih­rer 129
Dia­ko­nie in ei­ner plu­ra­len Ge­sell­schaft wirkt, ist sie zwar kraft 130
ei­ge­nen Auf­trags tätig, je­doch auf die Ausübung des Wahl- 131
rech­tes der­je­ni­gen an­ge­wie­sen, die ih­ren Dienst wünschen. Um 132
ein sol­ches Wahl­recht über­haupt zu ermögli­chen, müssen Kir­che 133
und Dia­ko­nie aus Gründen der Wahr­haf­tig­keit und Klar­heit zum 134
Aus­druck brin­gen, auf wel­cher Grund­la­ge die Hil­fe an­ge­bo­ten wird. 135
Es ist des­halb fol­ge­rich­tig, wenn die Sat­zung des Wer­kes in § 5 136
Ab­satz 1 Buch­sta­be a) vor­schreibt, dass die Sat­zun­gen und sons­ti­gen 137
Ord­nun­gen der Mit­glie­der Min­dest­an­for­de­run­gen ent­spre­chen müssen, 138
die aus Gründen der Prak­ti­ka­bi­lität nicht in die Sat­zung auf­ge­nom­men, 139
son­dern ei­ner be­son­de­ren Ord­nung vor­be­hal­ten wor­den sind. 140
Der Be­griff "Min­dest­an­for­de­run­gen" be­deu­tet, dass die hierfür vor- 141
ge­se­he­nen Be­stim­mun­gen ein Min­dest­maß an Be­stimmt­heit zur 142
Ver­deut­li­chung des kirch­li­chen Be­zu­ges ent­hal­ten. Ein Zurück- 143
ge­hen hin­ter die­se Be­stim­mun­gen ist da­mit aus­ge­schlos­sen. Im 144
Übri­gen sind nicht al­le Be­stim­mun­gen in ab­so­lu­te Muss­vor­schrif­ten 145
ge­klei­det wor­den, so dass in­so­weit ein Ab­wei­chen von der Re­gel 146
in ein­zel­nen Fällen möglich ist. 147
  148

Dass es sich um Min­dest­an­for­de­run­gen han­delt, die min­des­tens ein­ge­hal­ten wer­den müssen, folgt noch­mals aus der Ein­lei­tung der Be­stim­mun­gen selbst, wo es un­ter I. Ab­schnitt, Zu­ord­nung zur Kir­che heißt:

149

Die Zu­ord­nung zur Kir­che ist in den Sat­zun­gen und sons­ti­gen Ord­nun­gen der Mit­glie­der min­des­tens auf fol­gen­de Wei­se si­cher­zu­stel­len.

150
Im Übri­gen wer­den, so­weit es hier re­le­vant ist, fol­gen­de Min­dest­an­for­de­run­gen fest­ge­legt: 151

I. Ab­schnitt

152

Zu­ord­nung zur Kir­che

153

Die Zu­ord­nung zur Kir­che ist in den Sat­zun­gen und sons­ti­gen Ord­nun­gen der Mit­glie­der auf fol­gen­de Wei­se si­cher­zu­stel­len:

154

1. Be­stim­mung über Zweck und Auf­ga­be

155

a) Die Sat­zungs­be­stim­mung über den Zweck und die Auf­ga­be ei­ner

156

dem Werk an­ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung muss ver­deut­li­chen, dass die­se zwar al­len hil­fe­su­chen­den Men­schen oh­ne Rück­sicht auf Ras­se, Na­tio­na­lität und Glau­ben dient, die­ser Die­ne aber in prak­ti­scher Ausübung christ­li­cher Nächs­ten­lie­be im Sin­ne der Dia­ko­nie als We­sens- und Le­bensäußerung der Evan­ge­li­schen Kir­che ge­schieht.

157

b) Es ist sinn­voll, die kirch­li­che Zweck­be­stim­mung ei­ner Ein­rich-

158

tung auch in ei­ner Präam­bel näher zu be­schrei­ben. Bei Ein­rich­tun­gen, die in der Rechts­form ei­ner kirch­li­chen Stif­tung be­trie­ben wer­den, ist dies zur Be­schrei­bung des Stif­ter­wil­lens un­umgängl Bei Stif­tun­gen kommt die Zu­ord­nung zur Kir­che noch da­durch zum Aus­druck, dass sie sich der kirch­li­chen Stif­tungs­auf­sicht un­ter­stel­len.

159

2. Be­stim­mung über die Be­kennt­nis­zu­gehörig­keit der Mit­ar­bei­ter

160

a) Es ist in der Sat­zung fest­zu­le­gen, dass die Mit­glie­der der Or­ga­ne

161

und die Mit­ar­bei­ter in lei­ten­der Stel­lung in der Re­gel ei­ner Kir­che evan­ge­li­schen Be­kennt­nis­ses an­gehören müssen.

162

b) Für die übri­gen Mit­ar­bei­ter ist fest­zu­le­gen, dass sie in der Re­gel

163

ei­ner Kir­che an­gehören, die in der Ar­beits­ge­mein­schaft christ­li­cher Kir­chen in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und Ber­lin (West) mit­ar­bei­tet.

164

c) Gehören Mit­ar­bei­ter aus­nahms­wei­se kei­nem christ­li­chen Be­kennt-

165

nis an, so müssen sie den Auf­trag und die kon­fes­sio­nel­le Grund­rich­tung des Trägers ach­ten.

166

3. Be­stim­mung über die Zu­ord­nung zur ver­fass­ten Kir­che

167

a) In der Sat­zung muss ei­ne an­ge­mes­se­ne Be­tei­li­gung von Vert­re-

168

tern der ört­li­chen kirch­li­chen Körper­schaf­ten (Kir­chen­ge­mein­den, Kir­chen­krei­se, Kir­chen­verbände) in den Or­ga­nen der Ein­rich­tung si­cher­ge­stellt sein.

169
170

c) In den Sat­zun­gen ist vor­zu­se­hen, dass Sat­zungsände­run­gen, die

171

den Zweck der Ein­rich­tung, die Zuständig­keit ih­rer Or­ga­ne oder die Be­stim­mun­gen über die Zu­ord­nung zur Kir­che verändern, so­wie Be­schlüsse über die Auflösung der Ein­rich­tung der Zu­stim­mung der­je­ni­gen Kir­che bedürfen, der die Ein­rich­tung zu­zu­ord­nen ist.

172

Ist bei ei­nem Träger ei­ner Ein­rich­tung auf­grund sei­nes Selbst­verständ­nis­ses die Zu­ord­nung zu ei­ner be­stimm­ten Kir­che nicht möglich, ist die Zu­stim­mung des Wer­kes er­for­der­lich.

173

Ge­neh­mi­gungs­vor­be­hal­te auf­grund an­de­rer Rechts­vor­schrif­ten blei­ben hier­von un­berührt.

174

4. Be­stim­mung über die Zu­gehörig­keit zum Werk

175

In der Sat­zung muss fest­ge­legt sein, dass die Ein­rich­tung Mit­glied des als Werk der Kir­che und als Spit­zen­ver­band der Frei­en Wohl­fahrts­pfle­ge an­er­kann­ten Dia­ko­ni­schen Wer­kes der Evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land und da­durch zu­gleich dem Dia­ko­ni­schen Werk der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land an­ge­schlos­sen ist.

176

9. Be­stim­mung bei Auflösung der Ein­rich­tung

177

Die Sat­zung muss ei­ne An­fall­klau­sel ent­hal­ten, aus der sich er­gibt, dass bei Auflösung der Ein­rich­tung oder bei Weg­fall ih­rer bis­he­ri­gen Zweck­be­stim­mung der An­fall­be­rech­tig­te das Vermögen aus­sch­ließlich und un­mit­tel­bar für ge­meinnützi­ge, mildtäti­ge oder kirch­li­che Zwe­cke zu ver­wen­den hat. Als An­fall­be­rech­tig­ter ist ein kirch­li­ches Werk oder die Kir­che selbst vor­zu­se­hen.

178
Ver­gleicht man hier­mit die Ände­run­gen des Ge­sell­schafts­ver­tra­ges, so gilt fol­gen­des: 179
Im Sin­ne der Min­dest­an­for­de­rung ist gemäß 11 a der Min­dest­an­for­de­rung in 180

§ 2 Abs. 4 des Ge­sell­schafts­ver­tra­ges auf­ge­nom­men wor­den, dass das Un­ter­neh­men im Sin­ne der Dia­ko­nie als We­sens- und Le­bensäußerung der Evan­ge­li­schen Kir­che tätig wird.

181

Eben­so ist gemäß 14 in § 2 Abs. 6 fest­ge­legt, dass der Ar­beit­ge­ber Mit­glied des Dia­ko­ni­schen Werks ist.

182
Al­le wei­te­ren Min­dest­an­for­de­run­gen sind nicht erfüllt bzw. nur teil­wei­se erfüllt wor­den. 183

Während 12 a) der Min­dest­an­for­de­rung ver­langt, dass die Mit­glie­der der Or­ga­ne und die Mit­ar­bei­ter in lei­ten­der Stel­lung in der Re­gel ei­ner Kir­che evan­ge­li­schen Be­kennt­nis­ses an­gehören müssen, re­gelt der Ge­sell­schafts­ver­trag un­ter § 5 le­dig­lich, dass die Mit­glie­der der Or­ga­ne und Mit­ar­bei­ter ei­nem evan­ge­li­schen oder dem Be­kennt­nis ei­ner Kir­che an­gehören sol­len, die Mit­glied der Ar­beits­ge­mein­schaft christ­li­cher Kir­chen ist. Aus ei­ner Muss-Vor­schrift ist ei­ne Kann-Vor­schrift ge­macht wor­den. Eben­so ist den Mit­glie­dern der Or­ga­ne und den Mit­ar­bei­tern in lei­ten­der Stel­lung ent­ge­gen den Min­dest­an­for­de­run­gen er­laubt wor­den, auch ei­ner an­de­ren als der evan­ge­li­schen Kir­che an­zu­gehören.

184

Der Ge­sell­schafts­ver­trag enthält nicht die Ver­pflich­tung gemäß 12 c) der Min­dest­an­for­de­run­gen, dass Mit­ar­bei­ter, die aus­nahms­wei­se kei­nem christ­li­chen Be­kennt­nis an­gehören, den Auf­trag und die kon­fes­sio­nel­le Grund­rich­tung des Trägers ach­ten müssen.

185

Eben­so we­nig ist ge­re­gelt, dass in den bis­he­ri­gen Or­ga­nen der Ge­sell­schaft (Geschäftsführung und Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung nach § 5 des Ge­sell­schafts­ver­tra­ges) ei­ne an­ge­mes­se­ne Be­tei­li­gung der ört­li­chen kirch­li­chen Körper­schaf­ten (Kir­chen­ge­mein­den, Kir­chen­krei­se, Kir­chen­verbände) si­cher­ge­stellt ist. Der Ar­beit­ge­ber weist zwar zu­tref­fend dar­auf hin, dass ein Bei­rat nun in dem Ge­sell­schafts­ver­trag ein­geführt wor­den ist und dass dem Bei­rat ein Mit­glied an­gehören muss, das ein Amt in Kir­che und Dia­ko­nie im Rhein­land ausübt. Ab­ge­se­hen von der Fra­ge, ob dies für ein fünfköpfi­ges Gre­mi­um im Sin­ne der Min­dest­an­for­de­run­gen an­ge­mes­sen ist, ist ent­schei­dend, dass es sich hier nur um ein fa­kul­ta­ti­ves Or­gan han­delt. Die Ge­sell­schaf­ter können, müssen aber nicht ei­nen Bei­rat ein­be­ru­fen. So­lan­ge die Ge­sell­schaft kei­nen Bei­rat ein­be­ruft, gibt es al­so über­haupt kei­ne ­an­ge­mes­se­ne oder un­an­ge­mes­se­ne - Be­tei­li­gung von Ver­tre­tern der ört­li­chen kirch­li­chen Körper­schaf­ten.

186

Während nach 13 c) der Min­dest­an­for­de­rung in den Sat­zun­gen vor­zu­se­hen ist, dass Sat­zungsände­run­gen, die den Zweck der Ein­rich­tung, die Zuständig­keit ih­rer Or­ga­ne oder die Be­stim­mung über die Zu­ord­nung zur Kir­che verändern, so­wie Be­schlüsse über die Auflösung der Ein­rich­tung der Zu­stim­mung der­je­ni­gen Kir­che bedürfen, der die Ein­rich­tung zu­zu­ord­nen ist, sieht der Ge­sell­schafts­ver­trag in § 15 le­dig­lich vor, dass statt der Zu­stim­mung ei­ne recht­zei­ti­ge An­zei­ge genügt. Darüber hin­aus ist die An­zeig­pflicht auf Sat­zungsände­run­gen, die die Zu­ord­nung zum Dia­ko­ni­schen Werk verändern und auf Be­schlüsse über die Auflösung der Ge­sell­schaft be­schränkt.

187

Sch­ließlich enthält der Ge­sell­schafts­ver­trag nicht die nach III. Zif­fer 9 der Min­dest­an­for­de­rung ge­for­der­te An­fall­klau­sel, wo­nach bei Auflösung der Ein­rich­tung das Vermögen an ein kirch­li­ches Werk oder die Kir­che selbst fällt. Statt­des­sen ist die Be­stim­mung des Ge­sell­schafts­ver­tra­ges be­ste­hen ge­blie­ben, wo­nach das Vermögen an die AK­BA-Stif­tung fällt (§ 16 Abs. 2 des Ge­sell­schafts­ver­trags).

188
Die Kam­mer ver­kennt nicht, dass es zum In­halt des grund­ge­setz­lich verbürg­ten Selbst­ord­nungs- und Selbst­ver­wal­tungs­recht der Kir­chen gehört, das Maß der Ein­fluss­nah­me selbst zu be­stim­men. Ein Ein­griff sei­tens der Ge­rich­te kann be­reits ein mit­tel­ba­rer Ein­griff in das Selbst­ord­nungs- und Selbst­ver­wal­tungs­recht der Kir­chen sein. Den­noch hat auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­nem Be­schluss vom 14.04.1988 (a. a. 0.) aus­geführt, dass bei Be­ach­tung des Selbst­ord­nungs- und Selbst­ver­wal­tungs­rechts zu­min­dest aber gewähr­leis­tet sein muss, dass die ver­fass­te Kir­che die Möglich­keit hat, ei­nen et­wai­gen Dis­sens zwi­schen Kir­che und Ein­rich­tung bei der Ausübung der re­li­giösen Tätig­keit zu un­ter­bin­den. Die Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft muss sich in Fra­gen der Ausübung der je­wei­li­gen re­li­giösen Betäti­gung ge­genüber der Ein­rich­tung durch­set­zen können. Nur wenn das gewähr­leis­tet und da­mit ge­si­chert sei, dass die ei­ge­nen Ge­set­ze der Kir­che bei der Betäti­gung von Le­bens- und We­sensäußerung durch­ge­setzt wer­den können, recht­fer­ti­ge es sich, ei­nen Be­trieb von den Kon­fron­ta­tio­nen staat­li­cher Be­triebs­ver­fas­sung zu be­frei­en (so BAG, Be­schluss vom 14.04.1988, a. a. 0.). 189

Des­halb ist es nicht Sa­che der Kam­mer zu ent­schei­den, wel­che Min­dest­an­for­de­run­gen die Dia­ko­nie stel­len muss. Eben­so we­nig wäre es Sa­che der Kam­mer zu ent­schei­den, in­wie­weit sie hier­von ab­wei­chen kann. In­so­weit hat der Ar­beit­ge­ber bei­spiels­wei­se vor­ge­tra­gen, dass er von ei­ner An­fall­klau­sel des­halb sus­pen­diert wor­den sei, weil es sich hier nicht - wie im Nor­mal­fall - um ei­ne Ein­rich­tung han­de­le, zu de­ren Ent­ste­hen und Be­trieb die Kir­che ei­nen Bei­trag ge­leis­tet ha­be, so dass es auch - im Ge­gen­satz zum Nor­mal­fall - fol­ge­rich­tig sei, hier das ver­blei­ben­de Vermögen an die Stif­tung zurück­fal­len zu las­sen. Dies wäre auch für die Kam­mer ein nach­voll­zieh­ba­rer und an­er­ken­nens­wer­ter Grund, soll­te die ge­schil­der­te Aus­gangs­la­ge zu­tref­fend sein. Schon eher wäre es ei­ne hier un­ter Umständen re­le­van­te Rechts­fra­ge, in­wie­weit die Dia­ko­nie sich da­durch hin­sicht­lich der Min­dest­an­for­de­run­gen selbst ge­bun­den hat, dass in der Be­gründung der Min­dest­an­for­de­run­gen aus­geführt wird, ein Zurück­ge­hen hin­ter die­se Be­stim­mun­gen sei aus­ge­schlos­sen.

190

Ent­schei­dend ist je­doch, in­wie­weit bei un­ter­stell­ter Zulässig­keit der Ab­wei­chung der Dia­ko­nie von den von ihr selbst auf­ge­stell­ten und als un­ab­ding­bar be­zeich­ne­ten Min­dest­an­for­de­run­gen im­mer noch ein Sach­ver­halt ge­ge­ben ist, der das von der Recht­spre­chung ge­for­der­te Min­dest­maß an Ein­flussmöglich­kei­ten der Kir­che si­chert.

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Es ist zu­tref­fend, dass die Dia­ko­nie ver­eins­recht­lich ge­gen den Ar­beit­ge­ber vor­ge­hen kann, was in § 5 Abs. 3 der Sat­zung der Dia­ko­nie auch noch­mals fest­ge­schrie­ben wor­den ist. Dies be­schränkt sich je­doch auf Er­mah­nun­gen, Ru­hen der Mit­glied­schafts­rech­te und Aus­schluss aus der Dia­ko­nie. Wenn die Recht­spre­chung da­ge­gen da­von spricht, dass gewähr­leis­tet und ge­si­chert sein muss, dass die ei­ge­nen Ge­set­ze der Kir­che bei der Betäti­gung der Le­bens- und We­sensäußerung durch­ge­setzt wer­den können und dass nur dies recht­fer­ti­ge, ei­nen Be­trieb von den Kon­fron­ta­tio­nen staat­li­cher Be­triebs­ver­fas­sung zu be­frei­en, so kann dies nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht nur be­deu­ten, dass die Dia­ko­nie die Möglich­keit hat, ei­ne Er­mah­nung aus­zu­spre­chen, ein Ru­hen der Mit­glied­schafts­rech­te fest­zu­stel­len oder die Ein­rich­tung aus­zu­sch­ließen. Dies al­les hätte nach der Sat­zung der Dia­ko­nie hier be­reits ge­sche­hen können, weil der Ar­beit­ge­ber die Min­dest­an­for­de­run­gen nicht erfüllt hat. Ver­zich­tet man auf ganz we­sent­li­che Tei­le der Min­dest­an­for­de­run­gen, durch die bei­spiels­wei­se ei­ne an­ge­mes­se­ne Be­tei­li­gung von Ver­tre­tern der ört­li­chen kirch­li­chen Körper­schaf­ten in den Or­ga­nen der Ein­rich­tung si­cher­ge­stellt wor­den wäre und be­deu­tet dies im Er­geb­nis, dass ne­ben der Mit­glied­schaft al­len­falls als Ände­rung gilt, dass die Mit­glie­der der Or­ga­ne und die Mit­ar­bei­ter ei­ner christ­li­chen Kir­che an­gehören sol­len, so ist da­mit nach Auf­fas­sung der Kam­mer ein Min­dest­maß an Ein­flussmöglich­kei­ten der Kir­che im Sin­ne der Recht­spre­chung nicht mehr als ge­ge­ben an­zu­se­hen, der es recht­fer­ti­gen würde, den Ar­beit­ge­ber von den Kon­fron­ta­tio­nen staat­li­cher Be­triebs­ver­fas­sung zu be­frei­en.

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In die­sem Sin­ne war es schließlich auch be­zeich­nend, dass der Geschäftsführer des Ar­beit­ge­bers in der münd­li­chen Anhörung zwei­ter In­stanz auf die Fra­ge, was denn nun der Be­weg­grund für den Bei­tritt zur Dia­ko­nie ge­we­sen sei, ant­wor­te­te, dies sei die hier­durch ge­si­cher­te Ge­meinnützig­keit ge­we­sen. Nach­dem in der Po­li­tik die Ge­meinnützig­keit zu­neh­mend in Fra­ge ge­stellt wor­den sei, ha­be man ge­meint, die­se hier­durch si­cher­stel­len zu können.

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Nach al­lem kann es da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die Mo­ti­ve des Ar­beit­ge­bers nach den Mut­maßun­gen des Be­triebs­rats auch mit den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten in der Ver­gan­gen­heit zu tun ha­ben.

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Eben­so kann es da­hin­ge­stellt blei­ben, wie es im Ein­zel­nen zu­stan­de ge­kom­men ist, dass nun­mehr vom Ar­beit­ge­ber ein neu­es Leit­bild veröffent­licht wor­den ist, das erst­mals Bezüge zum dia­ko­ni­schen Auf­trag der evan­ge­li­schen Kir­che im Rhein­land enthält. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des vom Be­triebs­rat ein­ge­hol­ten Gut­ach­tens von Prof. I. kommt es nämlich auf die Ein­stel­lung der Mit­ar­bei­ter zum Zeit­punkt des Bei­tritts zur Dia­ko­nie bzw. auf das hier­auf be­ru­hen­de Leit­bild nicht an (so BAG, Be­schluss vom 09.02.1982 - 1 ABR 36/80 - AP Nr. 24 zu § 118 Be­trVG 1972).

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Auf die Be­schwer­de des Be­triebs­rats war da­nach das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts auf­zu­he­ben und war fest­zu­stel­len, dass auf den Ar­beit­ge­ber das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz An­wen­dung fin­det.

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We­gen der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der Sa­che war gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 197 Zif­fer 1 ArbGG die Rechts­be­schwer­de zu­zu­las­sen.

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