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LAG Hamm, Beschluss vom 23.09.2011, 10 TaBV 14/11
Schlagworte: | Tarifvertrag | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 10 TaBV 14/11 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 23.09.2011 | |
Leitsätze: | Die Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB - GKH im CGB - e.V. ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung. Weder aus der Mitgliederzahl der GKH noch aufgrund ihres organisatorischen Aufbaus kann auf eine ausreichende eigenständige organisatorische Leistungsfähigkeit geschlossen werden. Auch die in der Vergangenheit in Tarifgemeinschaft mit der DHV abgeschlossenen Tarifverträge indizieren die Tariffähigkeit der GKH nicht (im Anschluss an BAG 05.10.2010 - 1 ABR 88/10 - AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7). | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Paderborn, Beschluss vom 14.03.2008, 2 BV 30/07 | |
10 TaBV 14/11
2 BV 30/07
ArbG Paderborn
Verkündet am 23.09.2011
Neugebauer, Regierungsbeschäftigte, als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Landesarbeitsgericht Hamm
Im Namen des Volkes
Beschluss
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm
aufgrund der mündlichen Anhörung vom 23.09.2011
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum
sowie die ehrenamtlichen Richter Stüber und Meyer HG
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Industriegewerkschaft Metall wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.03.2008 – 2 BV 30/07 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB (GKH im CGB) keine tariffähige Gewerkschaft ist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
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Gründe
A
Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung (GKH).
Die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens, ist eine der mitgliederstärksten Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), des Beteiligten zu 7. Seit einer Satzungserweiterung mit Wirkung zum 01.01.2000 gehört zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben auch der Abschluss von Tarifverträgen für die Betriebe der Holzbearbeitung, Holzverarbeitung und Kunststoffverarbeitung einschließlich der Handwerksbetriebe.
Die GKH, die Beteiligte zu 2., wurde am 25.03.2003 unter dem Namen „Gewerkschaft Holz und Kunststoff im CGB" gegründet. Auf drei weiteren Betriebsversammlungen in den Jahren 2004 und 2005 folgten Satzungs- und Namensänderungen. Seit April 2005 führt die GKH ihren jetzigen Namen. An den bisherigen Mitgliederversammlungen nahm stets derselbe Teilnehmerkreis von sieben bis neun Personen teil. Darunter befanden sich mindestens zwei hauptamtliche Funktionäre der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), nämlich deren stellvertretender Vorsitzender L1 und deren Gewerkschaftssekretärin R1, die auf der Gründungsversammlung der GKH auch zur Bundesgeschäftsführerin bestellt wurde.
Nach § 1 der Satzung der GKH vom 02.09.2004 in der Fassung vom 24.05.2008 (Bl. 812 ff. d.A) ist die GKH eine gegenüber politischen Parteien, Konfessionen, Regierungen und Unternehmen unabhängige Gewerkschaft mit Sitz in Paderborn. Ihr Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Schreinerhandwerk, Fenster- und Türenbauer), sowie des Modellbauerhandwerks. Sie erstrebt nach § 2 der Satzung die Wahrung der geistigen, kulturellen und materiellen Interessen der Mitglieder auf christlich-sozialer Grundlage, die Schaffung
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von Eigentum in Arbeitnehmerhand, die Mitbestimmung in der Wirtschaft aus Mitbesitz und eine Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung nach christlich-sozialen Grundsätzen. Zu ihren Aufgaben gehört u.a. die Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge, die Unterstützung bei gewerkschaftlich geführten Streiks, bei Aussperrungen und Maßregelungen sowie der Rechtsschutz für Mitglieder in arbeits- und sozialrechtlichen Streitigkeiten.
Die GKH erhebt Mitgliedsbeiträge, deren Höhe gemäß § 7 der Satzung das Mitglied selbst bestimmt. Der Mindestbeitrag beträgt monatlich 6,-- €. Nach dem Vorbringen der GKH liegt der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag bei etwa 13,-- €.
Nach § 11 der Satzung gliedert sich die GKH in den Bundesvorstand sowie Betriebsgruppen. Organe der GKH sind gemäß § 12 der Satzung der alle vier Jahre stattfindende Bundesgewerkschaftstag, der Hauptvorstand sowie das Schiedsgericht.
Die GKH erkennt gemäß § 23 der Satzung das geltende Tarifrecht als für sich verbindlich an. Sie ist Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB), dem Beteiligten zu 9.
Die GKH beschäftigt keine hauptamtlichen Mitarbeiter, sondern wird nebenamtlich durch derzeit fünf Mitglieder des Hauptvorstandes geführt. Aktuell sind dies der Vorsitzende Herr G1 H1, Herr B1 Z1, der zugleich Bundesgeschäftsführer ist, Herr C1 D1, Herr T1 H2 und Herr G2 R2. Die Hauptvorstandsmitglieder H1, D1, H2 und R2 sind gelernte Tischler/Schreiner und seit langen Jahren in ihrem Beruf tätig. Der Vorstandsvorsitzende H1 ist daneben seit 2008 gewähltes Mitglied des CGB-Bundesvorstandes. Der Bundesgeschäftsführer Z1 ist seit sechs Jahren als Rechtsanwalt zugelassen. Die bei der GKH gebildete Tarifkommission setzt sich aus den Mitgliedern des Hauptvorstandes sowie aus 12 weiteren Mitgliedern zusammen, die von Beruf Tischler, Parkettleger oder Modellbauer sind.
Auf der Grundlage einer mit der CGM abgeschlossenen Rahmenvereinbarung teilt sich die GKH Geschäftsstellen mit der CGM. In den Geschäftsstellen Paderborn, Bielefeld und Gera sind drei hauptamtliche Mitarbeiter der CGM von ihrer Tätigkeit bei der CGM für die GKH freigestellt. Der Bundesgeschäftsführer Z1 führt neben seiner Tätigkeit für die CGM die Geschäfte der GKH halbtags mit einem Stundenkontingent von etwa 20 Stunden in der Woche von Berlin aus. In Paderborn
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ist Frau N1 und in Gera Frau S5 als administrative Verwaltungs- und Bürokraft in Personalunion sowohl für die CGM wie auch für die GKH in einem Umfang von insgesamt 15 Wochenstunden (Frau N1) bzw. 20 Wochenstunden (Frau S5) tätig. Aufgrund der mit der CGM bestehenden Rahmenvereinbarung können die Mitglieder der GKH gewerkschaftliche Beratungs- und Dienstleistungen in den Geschäftsstellen der CGM in Anspruch nehmen. Die Betreuung der Mitglieder in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen findet in bundesweit 17 CGM-Sekretariaten durch hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre der CGM statt.
Nach Angaben der GKH sowie des Fachverbandes des Tischlerhandwerks NRW, des Beteiligten zu 13., sind im Tischlerhandwerk bundesweit knapp 190.000 Arbeitnehmer in rund 40.000 Betrieben tätig, wobei mehr als die Hälfte der Betriebe bis zu 5 und lediglich 6 % über 20 Beschäftigte hat. In Nordrhein-Westfalen sind arbeitgeberseitig knapp 4.200 Betriebe tarifgebunden und in diesen etwa 20.000 von insgesamt 30.000 Arbeitnehmern beschäftigt. Im Bereich des Modellbauerhandwerks sind nach Angaben der GKH bundesweit ca. 2.000 Beschäftigte in rund 400 Betrieben, darunter etwa 300 arbeitgeberseitig tarifgebundene Mitgliedsbetriebe, tätig.
Einen Monat nach ihrer Gründung, am 25.04.2003, vereinbarte die GKH mit dem „Deutschen Handels- und Industrieangestellten-Verband" (DHV), der ebenfalls Mitglied im CGB ist, die „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Holz-, Kunststoff-, Modellbau und Holzindustrie". Seitdem hat sie ihren eigenen Angaben zufolge in allen Bundesländern außer Berlin und Saarland insgesamt ca. 120 Flächentarifverträge im Tischler- und Schreinerhandwerk, Modellbauerhandwerk und Parkettlegerhandwerk – größtenteils in Tarifgemeinschaft mit dem DHV - abgeschlossen. Die Tarifgemeinschaft mit der DHV wurde mit Wirkung zum 01.01.2011 beendet. Seither schließt die GKH Tarifverträge in ihrem satzungsmäßigen Zuständigkeitsbereich nur noch als alleinige Tarifpartnerin ab. Die IG Metall hat nach der zum 01.01.2000 wirksam gewordenen Satzungserweiterung nur im Saarland und in Baden-Württemberg Flächentarifverträge für das Tischlerhandwerk vereinbart. Im Modellbauerhandwerk hat sie mit Ausnahme eines Firmentarifvertrages keine Tarifabschlüsse erzielt.
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Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 17.10.2002 – 2 BV 3/00 – (Bl. 23 ff. d.A.) wurde rechtskräftig festgestellt, dass die Christliche Gewerkschaft Deutschlands (CGD), die 1990 in Gera gegründet worden war, keine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist. Deren Organisationsbereich erstreckte sich auf das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk, Modellbauerhandwerk, Raumausstatterhandwerk und den Trockenbau im gesamten Bundesgebiet.
Die IG Metall hat die Auffassung vertreten, die GKH erfülle die Mindestvoraussetzungen einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung nicht.
Die GKH sei aus der CGD, der das Arbeitsgericht Gera die Tariffähigkeit abgesprochen habe, entstanden und damit eine bloße „Auffangorganisation" für die CGD. Die Gründung der GKH sei nur fünf Tage nach Zustellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera erfolgt. Aufgrund der geringen Mitgliederzahl und ihrer durch hauptamtliche Mitarbeiter anderer Arbeitnehmervereinigungen geprägten Mitgliederstruktur sei davon auszugehen, dass die GKH weder frei gebildet noch auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sei. Der Mitgliederbestand der GKH bestehe offenbar lediglich aus den Mitgliedern des Hauptvorstandes. Nachdem im Verfahren vor dem Arbeitsgerichts Gera von der CGD vorgetragen worden sei, sie habe im Bereich Holz/Kunststoff ca. 460 Mitglieder, sei mangels anderer Angaben der GKH davon auszugehen, dass diese keineswegs über mehr Mitglieder verfüge.
Ihr fehle es auch an einer hinreichend leistungsfähigen Organisation. Die in der Vergangenheit mit dem DHV abgeschlossenen Tarifverträge belegten weder soziale Mächtigkeit noch organisatorische Leistungsfähigkeit der GKH. Diese Tarifverträge seien nicht eigenständig, sondern nur mit Hilfe des DHV ausgehandelt worden. Sie beschäftige nicht einmal eigene hauptamtliche Mitarbeiter, sondern sei auf freigestellte Beschäftigte der CGM angewiesen. Ihr fehle sowohl eine ausreichende finanzielle Basis als auch eine entsprechende Infrastruktur. Bei einer unterstellten Übernahme aller 460 Mitglieder der CGD und dem von der GKH geforderten Mindestbeitrag von 6,-- € habe sie monatliche Einnahmen von lediglich 2.760,-- €.
Die IG Metall hat beantragt,
festzustellen, dass die GKH keine tariffähige Gewerkschaft ist.
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Die GKH sowie die Beteiligten zu 3., 4., 9., 10. und 15. haben beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die GKH hat die Auffassung vertreten, der Antrag der IG Metall sei bereits unzulässig. Die IG Metall sei nicht antragsbefugt, da sie in dem verfahrensgegenständlichen Organisationsbereich nicht durchsetzungsfähig sei. Der IG Metall gehe es nur darum, einen Konkurrenten zu verdrängen.
In jedem Fall sei der Antrag unbegründet. Die GKH sei eine tariffähige Gewerkschaft. Sie verfüge über die notwendige Durchsetzungskraft sowie über eine hinreichend leistungsfähige Organisation. Die zeitliche Nähe zwischen der Entscheidung des Arbeitsgerichts Gera und der Gründung der GKH sei zufälliger Natur. Als sogenannte Nischen- oder Spezialgewerkschaft sei sie für kleine Handwerksbetriebe mit einem hohen Spezialisierungsgrad zuständig. Als stark spezialisierte Gewerkschaft in einem kleinen Organisationsbereich könne die GKH ohne größeren organisatorischen Aufwand schnell und gezielt agieren und reagieren. Sie verfüge über die entsprechende fachliche Kompetenz, da die Mitglieder in den Tarifkommissionen und dem Hauptvorstand fast ausnahmslos Beschäftigte im Organisationsbereich der GKH seien.
Die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit werde in ausreichender Weise durch den Abschluss von über 120 Tarifverträgen belegt. Seit Anfang des Jahres 2007 schließe sie eigenständige oder gegliederte Tarifverträge. Auf die Anzahl der Mitglieder, die erheblich höher liege als von der IG Metall angenommen, komme es nicht entscheidend an. Die Mitgliederzahl werde nicht offen gelegt, um ihre reale Durchsetzungsfähigkeit weder gegenüber der IG Metall noch gegenüber dem sozialen Gegenspieler zu offenbaren. Sie könne, die GKH, habe im Tischlerbereich die Tarifführerschaft übernommen. Das Lohnniveau der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge liege über dem der Tarifverträge der IG Metall. Ihre Tarifverträge fänden unter Berücksichtigung arbeitsvertraglicher Bezugnahmen und betrieblicher Übungen auf mehr als 90 % der Arbeitsverhältnisse in ihrem Organisationsgebiet Anwendung.
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Sie verfüge auch über eine hinreichend leistungsfähige Organisation. Die Einhaltung und Umsetzung der abgeschlossenen Tarifverträge werde durch ehrenamtliche Mitarbeiter überwacht. Sie sei ausreichend finanziell ausgestattet. Die laufenden Einnahmen ermöglichten die Bezahlung der drei hauptamtlichen Mitarbeiter neben den laufenden Kosten. Bei der Zusammenarbeit mit der CGM würden lediglich Synergieeffekte in der Verwaltung genutzt.
Durch Beschluss vom 14.03.2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag der IG Metall als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die GKH sei eine tariffähige Gewerkschaft. Sie sei frei gebildet, unabhängig und eine überbetriebliche Organisation. Sie verfüge auch über die erforderliche Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler. Ob hierfür allein ihre Organisationsstärke aufgrund der fehlenden Aufschlüsselung ihrer Mitgliederzahl ausreiche, erscheine zweifelhaft, die GKH habe aber in der Vergangenheit bereits in nennenswertem Umfang Tarifverträge in ihrem eng begrenzten fachlichen Geltungsbereich abgeschlossen und dadurch deutlich gemacht, dass sie aktiv in den Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen eingegriffen habe und in weiten Bereichen von der Arbeitgeberseite wahr- und ernstgenommen werde. Auch die erforderliche Leistungsfähigkeit sei durch die Anzahl der abgeschlossenen Tarifverträge hinreichend indiziert. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den abgeschlossenen Tarifverträgen um Schein- oder Gefälligkeitstarifverträge gehandelt habe, die auf einem bloßen Diktat der Arbeitgeberseite beruhten, seien von der IG Metall nicht vorgetragen und auch nicht sonstwie ersichtlich.
Gegen den der IG Metall am 05.06.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die IG Metall am 02.07.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 05.09.2008 mit dem am 05.09.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beschwerde der IG Metall hatte keinen Erfolg. Durch Beschluss der erkennenden Beschwerdekammer vom 13.03.2009 – 10 TaBV 89/08 – wurde die Beschwerde der IG Metall unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zum
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Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auf die Gründe des Beschlusses der Beschwerdekammer vom 13.03.2009 wird Bezug genommen.
Die gegen den Beschluss vom 13.03.2009 von der IG Metall eingelegte Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht war erfolgreich. Durch Beschluss vom 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – hat das Bundesarbeitsgericht den Beschluss der Beschwerdekammer vom 13.03.2009 – 10 TaBV 89/08 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Auf die Gründe des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – wird Bezug genommen.
Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens ist die IG Metall weiter der Auffassung, die GKH sei keine tariffähige Gewerkschaft. Die Mitgliederzahl und der Organisationsgrad einer Arbeitnehmervereinigung sei von großer Bedeutung und könne nicht dahingestellt bleiben. Soweit die GKH nunmehr angebe, über tatsächlich 1.653 Mitglieder zu verfügen, müsse dies bestritten werden. Bestritten werden müsse auch, dass der monatliche durchschnittliche Mitgliedsbeitrag 13,-- € betrage. Selbst bei einer unterstellten Organisation von 1.653 Mitglieder der GKH und einem Durchschnittsbeitrag von 13,-- € verfüge die GKH über monatliche Einnahmen in Höhe von lediglich 21.489,-- €. Mit einem derartigen Betrag sei eine vernünftige Organisation vor allem in der Tarifarbeit nicht möglich. Insbesondere bei den Tarifverträgen im Schreinerhandwerk handele es sich lediglich um Bezirkstarifverträge. Wenn dann noch berücksichtigt werde, dass die GKH Rücklagen für Aufwendungen bei Vorstandssitzungen, Gewerkschaftstagen und Werbemaßnahmen bilden müsse, sei nicht nachvollziehbar, wie mit diesem Geld drei Geschäftsstellen und drei hauptamtliche Mitarbeiter bezahlt werden könnten. Bei einem Mitgliedsaufkommen von 21.489,-- € lasse sich eine vernünftige eigenständige Organisation nicht bewerkstelligen.
Die GKH verfüge auch nicht über die erforderliche Eigenständigkeit der Organisation. Dies ergebe sich bereits aus der engen personellen Verflechtung mit der CGM. Diese enge personelle Verflechtung mache die Abhängigkeit der GKH von der CGM deutlich, sie stelle nur einen Anhängsel der CGM dar.
Die enge personelle Verflechtung mit der CGM werde auch an den von der GKH vorgelegten Terminsberichten über die Tarifverhandlungen deutlich. Aus diesen
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Terminsberichten ergebe sich, dass fast ausschließlich die CGM am Verhandlungstisch sitze und dass an diesen Tarifverhandlungen die Tarifkommission der GKH nicht beteiligt gewesen sei. Auch aus diesem Grunde müsse weiter bestritten werden, dass es sich bei der GKH um eine unabhängige Organisation handele, die eigenständig am Tarifgeschehen teilgenommen habe.
Darüber hinaus müsse bestritten werden, dass die von der GKH aufgeführten Mitglieder der Tarifkommission ordnungsgemäß vom Vorstand berufen worden seien, hierzu liege kein Nachweis vor.
Es werde auch bestritten, dass diese Bundestarifkommission jeweils getagt und zu den abgeschlossenen Tarifverträgen Stellung genommen habe.
Es sei auch nicht vorgetragen worden, dass zum Gewerkschaftstag vom 24.05.2008 ordnungsgemäß eingeladen worden sei und dieser Gewerkschaftstag auch beschlussfähig gewesen sei.
Die IG Metall beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.03.2008 – 2 BV 30/07 – festzustellen, dass die GKH keine tariffähige Gewerkschaft ist.
Die GKH beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist nach wie vor der Auffassung, ein Feststellungsinteresse könne bei der IG Metall nicht bejaht werden. Dies ergebe sich daraus, dass die IG Metall gerade im Tischlerbereich nur vereinzelt Tarifabschlüsse erzielt habe. Gerade im handwerklichen Bereich fehle es der IG Metall an einer faktischen Betreuungsstärke. Aufgrund der geringen Durchsetzungsfähigkeit der IG Metall im Organisationsbereich sei das erforderliche Feststellungsinteresse nicht vorhanden. Der IG Metall gehe es lediglich darum, eine missliebige und aufstrebende gewerkschaftliche Konkurrenz gerade in ihrer Entstehungsphase im Wege eines „Konkurrentenrechtsstreits" auszuschalten, indem der kleineren Gewerkschaft die Tariffähigkeit rechtzeitig
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aberkannt und sie damit in ihrer Entwicklung und Entfaltung massiv behindert werde. Dies diene nicht der Sicherung der Tarifautonomie und sei auch im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG bedenklich.
Die GKH behauptet, sie verfüge nach ihren jüngsten Erhebungen über 1.653 Mitglieder. Bei den persönlichen Daten ihrer Mitglieder handele es sich um besonders geschützte Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG. Die Mitgliederzahl könne unter Datenschutzaspekten aber nur durch personalisierte Listen näher nachgewiesen werden, die das existenzbedrohende Risiko der Ausforschung durch den direkten gewerkschaftlichen Konkurrenten, die IG Metall, und die nachhaltige Schwächung der Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Gegenspieler in sich trügen.
Die GKH ist weiter der Auffassung, der Grad der gewerkschaftlichen Organisation liege danach – vornehmlich bedingt durch die betrieblichen Strukturen – bei etwa 2 %. Die Metall verfüge im Zuständigkeitsbereich der GKH über keinen höheren Organisationsgrad.
Soweit das Bundesarbeitsgericht der Auffassung sei, auf die Darlegung der Mitgliederzahlen könne auch bei einer noch jungen Arbeitnehmerkoalition nicht verzichtet werden, überzeuge dies nicht. Gerade wenn es um einen verhältnismäßig kleinen, vorwiegend handwerklich geprägten tariflichen Zuständigkeitsbereich gehe, der generell einen niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad aufweise und von einer tendenziell schwachen Arbeitgeberstellung geprägt sei, könne auch der Abschluss marktgerechter, rechtlich versierter und originär ausgehandelter Tarifverträge die Tariffähigkeit begründen. Es gehe insoweit nicht um den Schutz einer imaginären Verbandsmacht oder einer „Phantomgewerkschaft", sondern darum, dass eine Arbeitnehmerkoalition unter Nutzung der rechtlichen Rahmenbedingungen darin frei sei, mit welchen Mitteln und Verhandlungsstrategien sie ihre Tarifpolitik verfolge. Berufe sich die IG Metall als Antragstellerin auf einen Missbrauch der verfassungsrechtlich garantierten Rechte der GKH, obliege es ihr, anhand der geschlossenen Tarifverträge oder sonstiger Anhaltspunkte einen solchen Missbrauch nachzuweisen, um der GKH die Tariffähigkeit zu versagen. Andere Sichtweisen führten letztlich zur Ausforschung der Organisation der GKH durch ihren direkten gewerkschaftlichen Konkurrenten und verletzten sie in ihrem Grundrecht aus
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Art. 9 Abs. 3 GG. Deshalb sei es auch bedenklich, die Mitglieder- und Organisationsstärke einer – jungen – Arbeitnehmerkoalition zum letztlich alleinig begründenden Kriterium der Tariffähigkeit zu erheben.
Auch die Anforderungen an die ausreichende Leistungsfähigkeit der Organisation dürften nicht überspannt werden. Aufgrund des durchschnittlichen monatlichen Mitgliedsbeitrages von ca. 13,-- € verfüge die GKH über ausreichende finanzielle Mittel, um ihre gewerkschaftlichen Aufgaben durchzuführen. Unabhängig von der mit der CGM bestehenden Kooperationsvereinbarung und der zwischenzeitlich aufgegebenen Tarifgemeinschaft mit der DHV, bestehe weder ein Interesse der CGM noch ein Interesse der DHV, auf die Geschicke der GKH Einfluss zu nehmen. Vielmehr beschränkten sich die Anliegen der christlichen Schwestergewerkschaften auf die Förderung der gewerkschaftspolitischen Arbeit im CGB, sowie die gewerkschaftsübergreifende Abstimmung tarifpolitischer Zielsetzungen im CGB.
Gerade die in der Vergangenheit abgeschlossenen Tarifverträge belegten ihre Durchsetzungsfähigkeit. Seit dem 01.01.2011 schließe die GKH Tarifverträge in ihrem satzungsmäßigen Zuständigkeitsbereich nur noch allein ab. Auch die Gewerkschaft DHV habe die Tarifverträge bislang nur im Rahmen satzungsgemäßen Zuständigkeitsbereichs abgeschlossen.
Auch der Vorwurf, die GKH betreibe Lohndumping, sei unzutreffend. Die von der GKH ausgehandelten Entgelte lägen regelmäßig höher als in den Tarifverträgen, die die IG Metall abgeschlossen habe. Dies werde durch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahre 2008 bestätigt.
Im Übrigen habe die GKH bei den geführten Tarifverhandlungen unter Beweis gestellt, dass sie auch Forderungen der Arbeitgeberseite Absagen erteile, wenn diese nicht mit ihren tarifpolitischen Vorstellungen einher gingen. So habe die GKH trotz der Forderung der Arbeitgeberseite nach sogenannten Nullrunden Tariferhöhungen in jeder Tarifrunde durchgesetzt. Sie habe auch tarifvertragliche Karenztage und pauschalierte Abschläge aufgrund Urlaubs- und Krankheitstagen erfolgreich verhindert.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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B
Die zulässige Beschwerde der IG Metall ist begründet.
I. Der Feststellungsantrag der IG Metall ist zulässig.
1. Die IG Metall verfolgt ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a Abs. 1 Nr. 4, 80 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 2 ArbGG. Die Beteiligten streiten nämlich über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung.
2. Der von der IG Metall gestellte Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit ihm wird ausschließlich eine Entscheidung über die Tariffähigkeit der GKH begehrt (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 23; BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 21).
3. Die IG Metall ist nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigt.
Hierfür ist erforderlich, dass sich der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG 14.12.2004 – 1 ABR 51/03 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1; BAG 23.06.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 26; BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 23).
Diese Anforderungen erfüllt die IG Metall als Antragstellerin. Der Organisationsbereich der IG Metall, die ihrerseits selbst tariffähig ist, erstreckt sich seit der Satzungsänderung vom 01.01.2000 auch auf Handwerksbetriebe im Bereich der Holzbearbeitung, Holzverarbeitung und Kunststoffverarbeitung. Unerheblich ist, dass die IG Metall im Bereich der Holzbearbeitung, Holzverarbeitung und
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Kunststoffverarbeitung bislang nur vereinzelt im Saarland und in Baden-Württemberg Tarifabschlüsse erzielt hat. Die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung für den beanspruchten Zuständigkeitsbereich ist einheitlich und unteilbar. Hierfür genügt es, dass die Arbeitnehmervereinigung Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs besitzt. Es gibt keine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 Rn. 56 ff.; BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7 Rn. 24).
4. Die IG Metall hat an der begehrten Feststellung, dass die GKH keine tariffähige Gewerkschaft ist, auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Dies erfolgt schon daraus, dass die rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit der GKH Wirkung für und gegen alle entfaltet (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 31). Das Gesetz räumt in § 97 Abs. 1 ArbGG einer räumlich und fachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern gerade das Recht ein, ein Verfahren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Entgegen der Rechtsauffassung der GKH ist aus diesem Grund der Antrag der IG Metall auch nicht wegen eines bestehenden Konkurrenzverhältnisses rechtsmissbräuchlich. Derartig widerstreitende Interessen sind Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG zur Feststellung der Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung typischerweise eigen (BAG 05.10.1010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 25).
5. Über die vom Arbeitsgericht angehörten Beteiligten hinaus sind am Verfahren keine weiteren Personen, Vereinigungen oder Stellen beteiligt. Es ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Verfahren die Anhörung einer Vereinigung oder Stelle unterblieben wäre, die durch die zu treffende Entscheidung in ihrer Rechtstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung unmittelbar betroffen ist. Derartige Rügen sind von keiner Seite erhoben worden.
II. Der Feststellungsantrag der IG Metall ist begründet.
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Die GKH ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung. Sie erfüllt die hierzu erforderlichen Voraussetzungen nicht.
1. Weder der Begriff noch die Anforderungen, die an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellen sind, sind gesetzlich geregelt. § 2 Abs. 1 TVG bestimmt den Begriff der tariffähigen Gewerkschaft nicht, sondern setzt ihn voraus. Es ist daher Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 auszufüllen (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 35 f.; BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 27).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig zu sein.
Die Koalition muss sich als satzungsmäßige Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen.
Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Darüber hinaus muss sie über Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und über eine leistungsfähige Organisation verfügen (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 34; BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 29, 30).
Das Erfordernis der Gegnerunabhängigkeit ist allerdings nicht im formalen, sondern im materiellen Sinn zu verstehen. Es soll sicherstellen, dass die Vereinigung durch ihre koalitionsmäßige Betätigung zu einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens beitragen kann. Die erforderliche Gegnerunabhängigkeit fehlt, wenn die Abhängigkeit vom sozialen Gegenspieler in der Struktur der Arbeitnehmervereinigung angelegt und verstetigt und die eigenständige Interessenwahrnehmung der Tarifvertragspartei durch personelle Verflechtungen, auf organisatorischem Weg oder durch wesentliche finanzielle Zuwendungen ernsthaft gefährdet ist. Daran ist insbesondere zu denken, wenn sie sich im Wesentlichen nicht aus den Beiträgen ihrer Mitglieder finanziert und deshalb zu befürchten ist, dass die Arbeitgeberseite durch Androhung der
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Zahlungseinstellung die Willensbildung auf Arbeitnehmerseite beeinflussen kann (BAG 14.12.2004 – 1 ABR 51/03 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1).
Eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung muss sozial mächtig und von ihrem organisatorischem Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben einer Tarifvertragspartei zu erfüllen (BVerfG 24.02.1999 – 1 BvR 123/93 – AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 18). Der ihr damit obliegenden Mitwirkung am Zustandekommen eines angemessenen, sozial befriedigenden Interessenausgleichs kann sie nur sachgerecht nachkommen, wenn sie auf die Arbeitgeberseite zumindest so viel Druck ausüben kann, dass diese sich veranlasst sieht, sich auf Verhandlungen über tarifvertraglich regelbare Arbeitsbedingungen einzulassen (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4 Rn. 39; BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7 Rn. 31, 32).
b) Diese Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Tarifautonomie steht von verfassungswegen nur solchen Koalitionen zu, die in der Lage sind, den von der staatlichen Rechtsordnung freigelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu gestalten. Das setzt Geschlossenheit der Organisation und Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler voraus (BVerfG 24.02.1999 – 1 BvR 123/93 – AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 18). Ohne diese Fähigkeit wäre die Arbeitnehmervereinigung vom guten Willen der Arbeitgeberseite und anderer Arbeitnehmerkoalitionen abhängig und könnte den Aufgaben der Tarifautonomie nicht gerecht werden (BVerfG 20.10.1981 – 1 BvR 404/78 – AP TVG § 2 Nr. 31).
Soweit die GKH meint, die vom Bundesarbeitsgericht gestellten Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition seien zu streng, teilt die erkennende Beschwerdekammer diese Bedenken nicht. Die an die Tariffähigkeit gestellten Anforderungen sind insbesondere im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG nicht unverhältnismäßig. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Mächtigkeit und Leistungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung. Insoweit muss gewährleistet sein, dass die Arbeitnehmervereinigung über Mitarbeiter verfügt, die ihr und ihren Mitgliedern im Konfliktfall verpflichtet sind und nicht dem bestimmenden Einfluss
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Dritter unterliegen. Insbesondere wenn eine Arbeitnehmervereinigung im Wesentlichen vom Aufbau einer eigenen Organisation absieht und sich hierfür der Einrichtungen und des Personals einer anderen Arbeitnehmervereinigung bedient, bedarf es besonderer Vorkehrungen, die sicherstellen, dass die Arbeitnehmervereinigung nicht zum „verlängerten Arm" derjenigen Vereinigung wird, deren Organisation sie sich bedient. Auf die weiteren diesbezüglichen Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 05.10.2010 (- 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 35 ff.), denen sich die Beschwerdekammer anschließt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
2. Unter Berücksichtigung der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Mindestanforderungen, die erfüllt sein müssen, um die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft bejahen zu können, kann im vorliegenden Fall bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalles nicht festgestellt werden, dass die GKH eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung ist. Ihr fehlt es an der erforderlichen Mächtigkeit und Leistungsfähigkeit.
Das Erfordernis der sozialen Mächtigkeit soll sicherstellen, dass der soziale Gegenspieler Verhandlungsangebote nicht übergehen kann. Ein angemessener, sozial befriedigender Interessenausgleich kann nur zustande kommen, wenn die Arbeitnehmervereinigung zumindest so viel Druck ausüben kann, dass sich die Arbeitgeberseite veranlasst sieht, sich auf Verhandlungen über eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen einzulassen. Die Arbeitnehmervereinigung muss von ihrem sozialen Gegenspieler ernst genommen werden, sodass die Arbeitsbedingungen nicht einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt, sondern tatsächlich ausgehandelt werden. Ob eine Arbeitnehmervereinigung eine solche Durchsetzungsfähigkeit besitzt, muss aufgrund aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden (BAG 14.12.2004 – 1 ABR 51/03 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1). Hierbei kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Mitgliederzahl eine entscheidende Bedeutung zu. Darüber hinaus kommt es auch auf die Teilnahme am Tarifgeschehen an (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 38).
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a) Bereits aus der von der GKH im Beschwerdeverfahren selbst angegebenen Anzahl ihrer Mitglieder kann nicht auf eine erforderliche Durchsetzungsfähigkeit zur Anerkennung der Tariffähigkeit der GKH geschlossen werden.
aa) Die Zahl der organisierten Arbeitnehmer bestimmt zunächst die finanzielle Ausstattung einer Arbeitnehmerkoalition. Sie entscheidet über deren organisatorische Leistungsfähigkeit und auch darüber, ob eine Arbeitnehmervereinigung in der Lage ist, die mit dem Abschluss von Tarifverträgen verbundenen finanziellen und personellen Lasten zu tragen (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 75). Vor allem aber gibt die Mitgliederzahl im selbst gewählten fachlichen und räumlichen Zuständigkeitsbereich Aufschluss darüber, ob eine Arbeitnehmervereinigung unter Berücksichtigung ihres organisatorischen Aufbaus überhaupt in der Lage ist, hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufzubauen, um Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifvertrages zu erzwingen (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 39, 47). Dem erforderlichen Nachweis der Mitgliederzahl steht auch nicht entgegen, dass die Gewerkschaftszugehörigkeit zu denen besonders geschützten Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG gehört. Die GKH kann auch nicht darauf verweisen, es könne ihr nicht zugemutet werden, ihre Mitgliederzahl derartig konkret anzugeben, dass die IG Metall als konkurrierende Gewerkschaft sowie die am Verfahren beteiligten Arbeitgeberverbände einen Einblick in die regional unterschiedlichen Stärken der GKH erhielten. Die GKH muss ihre Mitglieder nicht namentlich benennen und muss auch nicht den Mitgliederbestand im Einzelnen regional aufschlüsseln (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 47). Der Nachweis der Mitgliederstärke einer Gewerkschaft kann auch durch mittelbare Beweismittel, etwa durch notarielle Erklärungen, geführt werden (BAG 25.03.1992 – 7 ABR 65/90 – AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4). Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG 21.03.1994 – 1 BvR 1485/93 – AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4 a).
bb) Abgesehen davon, dass die GKH den erforderlichen Beweis über ihre Mitgliedstärke nach wie vor nicht erbracht hat, nachdem die Zahl der Mitglieder der GKH streitig geblieben ist, kann allein aus der Zahl der von der GKH selbst angegebenen Mitglieder nicht entnommen werden, dass diese über eine ausreichende Mächtigkeit
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und Leistungsfähigkeit verfügt. Bei einer Mitgliederzahl von 1.653 liegt der Organisationsgrad der GKH bei einer von den Beteiligten mitgeteilten Zahl von 190.000 Arbeitnehmern, die bundesweit im Tischlerhandwerk tätig sind, bei nur 0,87 %. Bei einem derartig geringen Organisationsgrad ist die Prognose nicht gerechtfertigt, die GKH werde von der Arbeitgeberseite als Tarifpartner ernstgenommen. Aufgrund der Weigerung der GKH, zu ihrer Mitgliederstärke weitere Angaben zu machen, ist auch nicht feststellbar, dass es bestimmte räumliche oder fachliche Bereiche gibt, in denen der Organisationsgrad signifikant höher und daher eine Durchsetzungskraft vorhanden wäre, die es rechtfertigen würde, die Tariffähigkeit insgesamt zu bejahen (vgl. BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 79). Selbst bei der IG Metall, die die Schwierigkeit, im Organisationsbereich Tarifverträge abzuschließen, selbst beklagt, ist der Organisationsgrad bei ca. 7.500 Mitgliedern wesentlich höher als bei der GKH; er liegt nämlich bei 3,94 %.
cc) Die erforderliche Durchsetzungskraft der GKH ergibt sich auch nicht aufgrund einer Organisation von Spezialisten oder Arbeitnehmern in Schlüsselstellungen. Zwar kann sich die Durchsetzungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung auch daraus ergeben, dass es sich bei den organisierten Arbeitnehmern um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, die von der Arbeitgeberseite im Fall eines Arbeitskampfes kurzfristig nur schwer ersetzt werden könnten (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 39). Der Umstand, dass in den Betrieben im Organisationsbereich der GKH ganz überwiegend Fachleute beschäftigt werden und Terminarbeit mit Vertragsstrafenabreden zu leisten ist, belegt aber keine ausreichende Verbandsmacht (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 54). Auch die Beschwerdekammer hat im Beschluss vom 13.03.2009 – 10 TaBV 89/08 – bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei den in der GKH organisierten Arbeitnehmern nicht um Spezialisten in Schlüsselstellungen handelt, wie dies bei Piloten, Flugbegleitern oder auch Lokführern der Fall sein mag.
b) Die GKH verfügt auch nicht über eine ausreichende organisatorische Leistungsfähigkeit, um die Tariffähigkeit bejahen zu können.
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aa) Eine Gewerkschaft muss von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. So erfordern sowohl der Abschluss als auch die tatsächliche Durchführung von Tarifverträgen organisatorische Vorkehrungen. Dabei ist entscheidend, ob die Organisation ihre Aufgaben in dem selbst bestimmten Zuständigkeitsbereich erfüllen kann. Erstreckt sich dieser – wie im Fall der GKH – auf das gesamte Bundesgebiet, wird regelmäßig eine gewisse organisatorische Ausstattung auch in der Fläche erforderlich sein. Beschränkt eine Gewerkschaft ihre Zuständigkeit dagegen auf eine Berufsgruppe und räumlich wenige Schwerpunkte, kann auch ein relativ kleiner zentralisierter Apparat ausreichen, um Tarifverhandlungen effektiv zu führen, die Durchführung von Tarifverträgen zu überwachen und abzusichern sowie die Mitglieder zu betreuen (BAG 14.12.2004 – 1 ABR 51/03 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 1; BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 4, Rn. 53).
bb) Die GKH verfügt nicht über einen organisatorischen Aufbau, der sie befähigt, die Aufgaben einer Gewerkschaft für ihren Organisationsbereich selbständig wahrzunehmen.
Sie wird von lediglich fünf Mitgliedern des Hauptvorstandes im Nebenamt geführt. Sie beschäftigt keine hauptamtlichen Mitarbeiter und hat keine Geschäftsstelle, über die sie allein verfügt, sondern nutzt aufgrund einer Rahmenvereinbarung die entsprechenden Verwaltungseinheiten mit der CGM. In den drei Geschäftsstellen der GKH, in Paderborn, Berlin und Gera, ist je ein hauptamtlicher Arbeitnehmer der CGM zugunsten der GKH freigestellt. Diese freigestellten hauptamtlichen Arbeitnehmer verrichten mit 15 bzw. 20 Wochenstunden sämtliche täglich anfallenden Verwaltungsgeschäfte. Die Betreuung der Mitglieder der GKH erfolgt in bundesweit 17 CGM-Sekretariaten durch deren hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre.
Hieraus kann nicht auf eine hinreichende organisatorische Leistungsfähigkeit der GKH geschlossen werden. Gerade weil sich die GKH nach ihrem eigenen Vorbringen zur Ausführung organisatorischer und verwaltungstechnischer Arbeiten ausschließlich hauptamtlicher Mitarbeiter der CGM bedient, ist nicht erkennbar, dass die GKH über Mitarbeiter verfügt, die allein der GKH verpflichtet sind und auch in der Lage sind, eine selbstständige, von der fachlich anders organisierten CGM losgelöste und unabhängige Gewerkschaftsarbeit zu leisten. Allein der Hinweis der GKH darauf, dass Mitglieder des Bundesvorstandes sowie der Tarifkommission von
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Beruf Tischler sind, lässt nicht zwingend darauf schließen, dass sie in der Lage sind, eine selbstständige von der CGM losgelöste und unabhängige Gewerkschaftsarbeit zu leisten (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 50). Die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft fordert eben, dass die Gewerkschaft zum einen über loyale Mitarbeiter verfügt, die nicht dem Einfluss dritter Organisationen unterliegen, zum anderen, dass die Mitarbeiter selbst über Branchenkenntnisse verfügen, um das fachliche Richtigkeitsvertrauen in einen Tarifvertrag zu rechtfertigen (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 37; Meier, DB 2011, 1920, 1921; Greiner, NZA 2011, 825 f.). Aus dem Vorbringen der GKH ergibt sich jedenfalls nicht, dass sichergestellt ist, dass die jeweiligen Mitarbeiter „frei von Weisungen" der anderen Gewerkschaft „in einer Weise arbeiten, die Loyalitätskonflikte von vornherein ausschließt". Eine eigenständige Verbandsarbeit findet danach bei der GKH nicht statt. Aus den von der GKH selbst vorgelegten Terminsberichten über Tarifverhandlungen ergibt sich, dass ausschließlich Mitglieder der CGM die Tarifverhandlungen geführt haben. Von einer eigenständigen Arbeitnehmervereinigung, die von der CGM unabhängig ist, kann bei der GKH danach keine Rede sein.
cc) Auch aus dem von der GKH mitgeteilten monatlichen Beitragsaufkommen kann nicht auf eine eigenständige, gegnerunabhängige Arbeitnehmerorganisation mit ausreichender organisatorischer Leistungsfähigkeit geschlossen werden. Nach dem Vorbringen der GKH beträgt der durchschnittliche monatliche Mitgliedsbeitrag etwa 13,-- €. Soweit sie hieraus schließt, sie verfüge hiermit über ausreichende finanzielle Mittel, um ihre gewerkschaftlichen Aufgaben durchzuführen, vermag die Beschwerdekammer ihr hierin nicht zu folgen. Zu Recht führt die IG Metall aus, dass selbst bei einem monatlichen durchschnittlichen Mitgliedsbeitrag von 13,-- € und einer Mitgliederzahl von 1.653 sich ein monatliches Beitragsaufkommen von 21.489,¬- € ergibt. Diese Mittel reichen aber nicht zur Deckung der Personalkosten sowie der laufenden Ausgaben einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung aus. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, wie die GKH bei einem derartigen Beitragsaufkommen vernünftige Tarifarbeit organisieren will, Rücklagen für Aufwendungen aufgrund von Vorstandssitzungen, Gewerkschaftstagen und Werbemaßnahmen bilden und darüber hinaus mit diesen Mitteln drei Geschäftsstellen und ihre Mitarbeiter bezahlen will. Steht aber fest, dass die GKH sich nicht wesentlich aus Mitgliedsbeiträgen
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finanzieren kann, bleiben Zweifel an der organisatorischen Eigenständigkeit und der Gegnerunabhängigkeit der GKH. Diese Zweifel sind von der GKH nicht ausgeräumt worden.
c) Schließlich ist die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit der GKH auch nicht durch die in der Vergangenheit abgeschlossenen Tarifverträge indiziert.
Zwar hat sie seit ihrer Gründung im Bereich des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks sowie im Bereich des Modellbauerhandwerks in der Vergangenheit mit verschiedenen Arbeitgeberverbänden über 120 Tarifverträge abgeschlossen. Dabei handelte es sich um Manteltarifverträge, Lohn- und Gehaltstarifverträge sowie sonstige Tarifverträge.
Aus dem Abschluss von Tarifverträgen allein kann aber nicht auf eine erforderliche Durchsetzungskraft geschlossen werden. Nur wenn eine Arbeitnehmervereinigung originär ausgehandelte, eigenständige Tarifverträge in nennenswertem Umfang abgeschlossen hat, ist dieser Umstand geeignet, ihre Durchsetzungsfähigkeit zu belegen. Tarifabschlüsse, die von einer Tarifgemeinschaft erzielt werden, können dagegen nicht als ein zuverlässiges Indiz dafür angesehen werden, dass die einzelnen Mitglieder der Tarifgemeinschaft jeweils für sich genommen von den Arbeitgebern ernst genommen werden und jeweils die erforderliche Durchsetzungskraft besitzen. In diesen Fällen kommt es vielmehr aufgrund des gemeinsamen Auftretens der in der Tarifgemeinschaft zusammengefassten Arbeitnehmervereinigungen zum Tarifabschluss, ohne dass den einzelnen Koalitionen hierbei individuelle Verhandlungsbeiträge zugeordnet werden können (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 41, 45, 55; Meier, DB 2011, 1920, 1921; Schmidt, Anm. zu BAG AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7).
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Tarifverträge, auf deren Abschluss die GKH sich beruft, seit 2003 größtenteils in Tarifgemeinschaft mit dem DHV abgeschlossen worden sind. Diese in Tarifgemeinschaft mit dem DHV vereinbarten Tarifverträge entfalten für die Tariffähigkeit der GKH keine Indizwirkung (BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7, Rn. 55). Bei Tarifgemeinschaften ist eine Zuordnung individueller Verhandlungsbeiträge nicht möglich, ihre Tarifabschlüsse können danach keine zuverlässigen Indizien für die
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Durchsetzungskraft der einzelnen Mitglieder der Tarifgemeinschaft sein. Erst seit dem 01.01.2011 – nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.10.2010 – ist die Tarifgemeinschaft mit der DHV beendet worden. Erst seither ist die GKH dazu übergegangen, Tarifverträge allein abzuschließen. Insofern kann sie bislang erst drei Tarifabschlüsse aufweisen. Dass die GKH in der Vergangenheit darüber hinaus selbst originär Tarifverträge ausgehandelt hat, hat die GKH nicht nachgewiesen. Dies wird dadurch bestätigt, dass die GKH – wie die Beschwerdekammer anhand der für den Bereich Nordrhein-Westfalen vorliegenden Tarifverträge nachgeprüft hat – sämtliche Tarifabschlüsse in der Vergangenheit in Tarifgemeinschaft mit der DHV erzielt hat. Originär und allein von der GKH abgeschlossene Tarifverträge liegen jedenfalls für den Bereich Nordrhein-Westfalen nicht vor. Für die übrigen Bundesländer hat die GKH bis auf die drei nach dem 01.01.2011 abgeschlossenen Tarifverträge derartiges nicht dargelegt.
III. Für die Zulässigkeit der Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Die Beschwerdekammer folgt in allen Punkten der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, insbesondere der Entscheidung vom 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 -.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 92a ArbGG verwiesen.
Schierbaum
Stüber
Meyer HG
/Bg.
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