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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 18.06.2010, 6 Sa 271/10

   
Schlagworte: Mobbing
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 6 Sa 271/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 18.06.2010
   
Leitsätze: Es kann nicht von sog. Mobbing gesprochen werden, wenn auch eine Gesamtschau nicht erkennen lässt, dass zum Teil Jahre auseinander liegende Vorgänge in einem inneren Zusammenhang gestanden und dazu gedient haben oder auch nur geeignet waren, die Würde des Arbeitnehmers zu verletzen und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld zu schaffen, wie in § 3 Abs. 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes als Voraussetzung einer Benachteiligung in Form der Belästigung für spezielle Diskriminierungsmotive umschrieben ist, was sich aber auch auf jede Form von Mobbing übertragen lässt.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 6.11.2009, 6 Ca 19555/08
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg

 

Verkündet

am 18.06. 2010

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)

6 Sa 271/10

6 Ca 19555/09
Ar­beits­ge­richt Ber­lin

St., VA
als Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le


Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In dem Rechts­streit

pp

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 6. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 30. April 2010
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt C. als Vor­sit­zen­den
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter K. und A.

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 06. No­vem­ber 2009 – 6 Ca 19555/08 – wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.
2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

C. K. A.

 

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T a t b e s t a n d

Die am …. 1964 ge­bo­re­ne Kläge­rin steht seit dem 1. Ja­nu­ar 1992 in ei­nem Ar­beits¬verhält­nis zur Be­klag­ten. Ihr Ge­halt als Se­ni­or Con­sul­tant be­lief sich zu­letzt auf 5.683,50 € brut­to mo­nat­lich.

Auf Grund ei­ner Ver­ein­ba­rung vom 14. Mai 2001 (Ab­lich­tung Bl. 71 und 72 d. A.) leis­te­te die Kläge­rin als Com­pe­tence Team­lei­te­rin sog. Te­le­ar­beit. In den Jah­ren 2002 und 2003 un­ter­nah­men zwei un­mit­tel­ba­re Vor­ge­setz­te der Kläge­rin ins­ge­samt drei Ver­su­che, die­se Ver­ein­ba­rung zu wi­der­ru­fen. Am 4. De­zem­ber 2003 wur­de schließlich ei­ne Wei­terführung der Te­le­ar­beit ver­ein­bart, wo­bei die Kläge­rin ver­bind­lich zu­si­cher­te, ab 15. März 2004 an zwei Ta­gen pro Wo­che im Büro an­we­send zu sein.

Ab En­de Ok­to­ber 2007 tra­ten bei der Kläge­rin er­heb­li­che Fehl­zei­ten auf; seit 9. Fe­bru­ar 2009 ist sie durch­ge­hend ar­beits­unfähig krank­ge­schrie­ben.

Die Kläge­rin hat be­haup­tet, ih­re Fehl­zei­ten be­ruh­ten auf ei­ner post­trau­ma­ti­schen Be­las­tungsstörung, die auf Mob­bing ih­rer Vor­ge­setz­ten in den Jah­ren 2002 und 2003 zurück­zuführen sei. Von 2002 bis 2006 ha­be sie we­der ei­ne Ge­halts­erhöhung noch ei­ne Be­tei­li­gung am Geschäfts­er­folg und auch kei­ne Erhöhung ih­rer Al­ters­ver­sor­gung er­hal­ten. Auch sei ei­ne Rech­nung für ih­re be­han­deln­den Ärz­te of­fen ge­blie­ben.

Das Ar­beits­ge­richt Ber­lin hat, so­weit in der Be­ru­fungs­in­stanz noch von In­ter­es­se, die auf Zah­lung von Schmer­zens­geld und Scha­den­er­satz ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, es sei schon nicht er­sicht­lich, dass die Vor­ge­setz­ten der Kläge­rin schuld­haft ge­gen ver­trag­li­che Rück­sichts­na­me­pflich­ten ver­s­toßen hätten. Ei­ne En­de 2001 er­teil­te An­wei­sung zum Gleit­zeit­ab­bau ha­be sich auf das ge­sam­te Team be­zo­gen. Ei­ne schrift­li­che Rüge vom 7. Ja­nu­ar 2002 (Ab­lich­tung Bl. 75 d. A.), dass die Kläge­rin im De­zem­ber 2001 we­der den Mo­nats­be­richt noch die Um­satz­da­tei für ihr Team ab­ge­ge­ben ha­be, sei an­ge­sichts der Umstände nach­voll­zieh­bar und könne des­halb nicht als An­griffs­hand­lung ver­stan­den wer­den. Auch hin­sicht­lich der an kei­ne be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ge­bun­de­nen Wi­der­ru­fe der Te­le­ar­beits­ver­ein­ba­rung sei kein ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten er­kenn­bar. Auf den Wi­der­spruch der Kläge­rin ge­gen den ers­ten Wi­der­spruch ha­be man sich am 22. April 2002 dar­auf verständigt, die Te­le­ar­beits­ver­ein­ba­rung un­ter Weg­fall der Team­lei­tertätig­keit der Kläge­rin fort­zu­set­zen. So­weit der Vor­ge­setz­te der Kläge­rin kurz dar­auf er­neut ver­sucht ha­be, die­se Ver­ein­ba­rung zu wi­der­ru­fen, ha­be die­ser sich da­mit nicht durch­ge­setzt. Auch mit de­ren Wi­der­ruf vom 30. Sep­tem­ber 2003 hätten die für die Be­klag­te han­deln­den Per­so­nen nicht ge­gen die Pflicht zur

 

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Rück­sicht­nah­me ver­s­toßen. Viel­mehr sei die­ser Wi­der­ruf, wie die nach­fol­gen­de Ei­ni­gung vom 8. De­zem­ber 2003 be­le­ge, wie­der­um vor dem Hin­ter­grund ei­ner vom neu­en Vor­ge­setz­ten nicht für aus­rei­chend er­ach­te­ten Büro­präsenz der Kläge­rin er­folgt und ha­be sich durch den nach­fol­gen­den Kom­pro­miss er­le­digt. So­weit schließlich der Ge­samt­lei­ter des Pro­jekts in ei­ner E-Mail vom 30. Sep­tem­ber 2009 das „be­vor­ste­hen­de Aus­schei­den“ der Kläge­rin verkündet ha­be, ha­be die­ser noch am sel­ben Tag klar­ge­stellt, dass da­mit nicht ein Ver­las­sen der Fir­ma, son­dern ein Aus­schei­den aus der Funk­ti­on als Teil­pro­jekt­lei­ter ge­meint ge­we­sen sei.

Ge­gen die­ses ihr am 11. Ja­nu­ar 2010 zu­ge­stell­te Ur­teil rich­tet sich die am 8. Fe­bru­ar 2010 ein­ge­leg­te und am 9. März 2010 be­gründe­te Be­ru­fung der Kläge­rin. Sie hält die Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ar­beits­ge­richts für teil­wei­se falsch bzw. un­vollständig und be­an­stan­det, dass es kei­ne Ge­samt­schau vor­ge­nom­men ha­be. Ins­be­son­de­re ha­be die Be­klag­te kei­ne nach­voll­zieh­ba­re Be­gründung für den Wi­der­ruf ih­rer Te­le­ar­beits­ver­ein­ba­rung vor­ge­bracht, wo­mit des­sen Schi­kan­echa­rak­ter of­fen­bart wor­den sei. Wäre die Team­lei­tertätig­keit der Grund für den Wi­der­ruf ge­we­sen, wären die bei­den wei­te­ren Ver­su­che sinn­los ge­we­sen. Das Schrei­ben der Be­klag­ten vom 23. April 2002 sei le­dig­lich zu ih­rer Per­so­nal­ak­te ge­nom­men, von ih­rem Vor­ge­setz­ten aber be­wusst nicht an sie wei­ter­ge­lei­tet wor­den. Da­durch ha­be die­ser sie mit der For­de­rung nach Er­le­di­gung von ein­zel­nen Team­lei­tertätig­kei­ten un­ter Druck set­zen können, wo­bei er in Vier-Au­gen-Gesprächen das er­pres­se­ri­sche sei­nes Ver­hal­tens so­gar ein­geräumt ha­be.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­klag­te un­ter Ände­rung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils zu ver­ur­tei­len, an sie ein Schmer­zens­geld, des­sen Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wer­de, und 30.092,50 € je­weils nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Kla­ger­he­bung zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie tritt den An­grif­fen der Be­ru­fung ent­ge­gen und stellt ins­be­son­de­re ei­ne sys­te­ma­ti­sche An­fein­dung der Kläge­rin in Ab­re­de.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Par­tei­vor­brin­gens wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und die in der Be­ru­fungs­in­stanz ge­wech­sel­ten Schriftsätze Be­zug ge­nom­men.

 

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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Die Be­ru­fung ist un­be­gründet.

Die Kläge­rin hat kei­nen ver­trag­li­chen oder de­lik­ti­schen An­spruch we­gen sog. Mob­bings auf Er­satz im­ma­te­ri­el­len wie ma­te­ri­el­len Scha­dens aus sei­ner­zeit ge­wohn­heits­recht­lich an­er­kann­ter po­si­ti­ver For­de­rungs­ver­let­zung und gemäß §§ 253, 278 Satz 1, 823 Abs. 1, 831 Abs. 1 Satz 1, 847 BGB a.F. bzw. gemäß §§ 241 Abs. 2, 253 Abs. 2, 278 Satz 1, 280 Abs. 1, 823 Abs.1, 831 Abs. 1 Satz 1, 847 BGB, die gemäß Art. 229 § 5 EGBGB ab 1. Ja­nu­ar 2003 auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en An­wen­dung ge­fun­den ha­ben.

1.1 Es war nicht er­kenn­bar, dass die von der Kläge­rin be­an­stan­de­ten Vorgänge Ver­let­zun­gen der Pflicht der Be­klag­ten zur Rück­sicht­nah­me auf Persönlich­keit und Ge­sund­heit der Kläge­rin dar­stell­ten, wie das Ar­beits­ge­richt im Ein­zel­nen aus­geführt hat (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die An­grif­fe der Kläge­rin ga­ben al­ler­dings zu fol­gen­den Ergänzun­gen An­lass.

1.1.1 Bei der En­de 2001 er­teil­ten An­wei­sung zum Ab­bau von Gleit­zeit­gut­ha­ben han­del­te es sich um kei­ne ge­gen die Kläge­rin persönlich ge­rich­te­te Maßnah­me. Dass die Kläge­rin als Team­lei­te­rin ge­hal­ten war, die­se An­wei­sung ge­genüber ih­ren Mit­ar­bei­tern durch­zu­set­zen, konn­te bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung ernst­haft kei­ne Iso­lie­rung von ih­ren Kol­le­gen be­sor­gen las­sen, da al­len be­kannt war, dass die Kläge­rin in­so­weit nicht aus ei­ge­nem An­trieb han­del­te.

1.1.2 Die schrift­li­che Be­an­stan­dung vom 7. Ja­nu­ar 2002 war weit­ge­hend schon nicht un­be­rech­tigt. Dass die Kläge­rin in der Zeit vom 4. bis 21. De­zem­ber 2001 ih­ren kran­ken einjähri­gen Sohn zu be­treu­en hat­te, mach­te es ihr we­der unmöglich noch un­zu­mut­bar, ih­rer Tätig­keit für die Be­klag­te nach­zu­ge­hen. Ge­ra­de dar­in liegt ein Vor­teil für den Ar­beit­ge­ber, der sei­nem Ar­beit­neh­mer die Möglich­keit der Leis­tung von Te­le­ar­beit einräumt, weil die­se nicht mit häus­li­cher Ab­we­sen­heit ver­bun­den und auch nicht zu be­stimm­ten Ta­ges­zei­ten zu leis­ten ist. Dies war der Kläge­rin auch durch­aus be­wusst, wie ih­rem Schrei­ben vom 9. April 2002 (Ab­lich­tung Bl. 78 und 79 d. A.) zu ent­neh­men ist, wo sie un­ter 1. auf die Möglich­keit hin­ge­wie­sen hat, Ru­he­zei­ten des er­krank­ten Kin­des zum Ar­bei­ten zu nut­zen.

Wenn der Kläge­rin das not­wen­di­ge Zah­len­ma­te­ri­al in Fol­ge ei­nes Miss­verständ­nis­ses nicht per E-Mail zu­ge­lie­fert wor­den war, wäre es an ihr ge­we­sen, sich we­gen des­sen Aus­blei­bens zu mel­den.

So­weit die Kläge­rin am Ab­schluss von Mo­nats­be­richt und Um­satz­da­tei durch ih­ren sich an die Krank­heit ih­res Kin­des an­sch­ließen­den Weih­nachts­ur­laub ge­hin­dert war, mag die Kri­tik ih­res Vor­ge­setz­ten un­be­rech­tigt ge­we­sen sein. Nicht je­de un­be­rech­tig­te Kri­tik, über­zo­ge­ne

 

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Ab­mah­nung oder gar un­wirk­sa­me Kündi­gung stellt je­doch gleich­zei­tig auch ei­ne Persönlich­keits­ver­let­zung dar und führt auch nicht zu ei­ner Ver­let­zung der ver­trag­li­chen Pflicht zur Rück­sicht­nah­me (BAG, Ur­teil vom 13.03.2008 – 2 AZR 88/07 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 R 51 a. E.).

1.1.3 Der wie­der­hol­te Ver­such, die Te­le­ar­beits­ver­ein­ba­rung mit der Kläge­rin zu wi­der­ru­fen, stell­te kei­ne die Kläge­rin her­abwürdi­gen­de Be­hand­lung dar, son­dern dien­te er­kenn­bar da­zu, im In­ter­es­se ei­ner ef­fek­ti­ven Auf­ga­ben­er­le­di­gung die Präsenz der Kläge­rin im Be­trieb zu erhöhen. Um dem In­ter­es­se der Kläge­rin an ei­ner wei­te­ren Leis­tung von Te­le­ar­beit ent­ge­gen­zu­kom­men, hat die Be­klag­te sie auf ihr An­ge­bot zunächst von der Team­lei­tung und so­dann auch von der wei­te­ren Teil­pro­jekt­lei­tung ent­bun­den. Sch­ließlich ist un­ter dem 8. De­zem­ber 2003 ei­ner­seits ver­ein­bart wor­den, dass die Ver­ein­ba­rung zur Te­le­ar­beit wei­ter­geführt wird, an­de­rer­seits hat die Kläge­rin ver­bind­lich zu­ge­sagt, ab dem 25. März 2004 zwei Ta­ge pro Wo­che im Büro an­we­send zu sein.

Ein Schi­kan­echa­rak­ter oder ei­ne Zermürbungs­tak­tik war dar­in ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin nicht zu er­ken­nen. Da­ge­gen sprach auch, dass sich auf Sei­ten der Be­klag­ten zwei ver­schie­de­ne Vor­ge­setz­te im Ab­stand von an­dert­halb Jah­ren um ei­ne Rück­kehr der Kläge­rin in den Be­trieb bemüht hat­ten. Zu­dem muss ein Ar­beit­ge­ber Per­so­nal­maßnah­men grundsätz­lich auch ein­mal ver­su­chen dürfen (BAG Ur­teil vom 13.03.2008 – 2 AZR 88/07 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 R 51 a. E.). Vor die­sem Hin­ter­grund war kein Raum für ei­ne Ver­neh­mung der Kläge­rin als Par­tei zu ih­rer Be­haup­tung, ihr frühe­rer Vor­ge­setz­ter ha­be sie in Vier-Au­gen-Gesprächen mit der Dro­hung ei­ner er­neu­ten Kündi­gung der Te­le­ar­beits­ver­ein­ba­rung zur Fortführung ein­zel­ner Team­lei­tertätig­kei­ten ge­zwun­gen und ihr das Schrei­ben vom 22. April 2002 mit der Bestäti­gung ei­ner Fort­set­zung die­ser Ver­ein­ba­rung un­ter Ent­bin­dung von der Team­lei­tertätig­keit vor­ent­hal­ten (§ 448 ZPO). Dies um­so we­ni­ger, als im Schrei­ben vom 22. April 2002 le­dig­lich das Er­geb­nis des Gesprächs von die­sem Tag do­ku­men­tiert wor­den ist und die Kläge­rin dem­ent­spre­chend ih­re Te­le­ar­beit hat fort­set­zen können.

Ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin war ih­re dies­bezügli­che Dar­stel­lung auch nicht als un­strei­tig an­zu­se­hen. Viel­mehr ist die Ab­sicht der Be­klag­ten zu be­strei­ten dar­aus deut­lich ge­wor­den, dass sie den Vor­wurf schi­kanöser Be­hand­lung der Kläge­rin be­reits erst­in­stanz­lich ent­schie­den zurück­ge­wie­sen hat.

1.1.4 Da­bei, dass in der E-Mail des Ge­samt­lei­ters des Pro­jekts vom 24. Ok­to­ber 2002 aus München vom be­vor­ste­hen­den Aus­schei­den der Kläge­rin die Re­de war, han­del­te es sich

 

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le­dig­lich um ei­ne miss­verständ­li­che Aus­drucks­wei­se, was auch um­ge­hend klar­ge­stellt wor­den ist. Ein Bei­trag zur planmäßigen Zermürbung der Kläge­rin war dar­in nicht zu se­hen.

1.1.5 So­weit die Kläge­rin schließlich auf ein Schrei­ben der Be­klag­ten vom 18. März 2009 (Ab­lich­tung Bl. 143 d. A.) ver­wie­sen hat, wo­nach für die Zeit nach dem er­war­te­ten En­de ih­rer Krank­schrei­bung ein mehrwöchi­ger Ein­satz in Pa­der­born vor­ge­se­hen war, ließ dies kei­ner­lei Zu­sam­men­hang zu den fünf­ein­halb und mehr Jah­re zurück­lie­gen­den Vorgängen er­ken­nen. Ge­ra­de, dass die Kläge­rin während die­ser lan­gen Zeit ih­re Te­le­ar­beit hat un­verändert fort­set­zen können, stand der An­nah­me ei­ner planmäßigen Zermürbung ent­ge­gen. Dies galt in glei­cher Wei­se für das An­ge­bot der Be­klag­ten in ei­nem Gespräch un­ter Be­tei­li­gung des Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin vom 11. Mai 2009, Be­wer­bun­gen der Kläge­rin an an­de­re Stand­or­te zu un­terstützen, und de­ren Vor­schlag, dass die Kläge­rin zum 1. Au­gust 2009 bis 31. Ok­to­ber 2010 in ei­ne Beschäfti­gungs- und Qua­li­fi­zie­rungs­ge­sell­schaft ein­tre­ten sol­le. Dass es der Be­klag­ten nur dar­um geht, sich von der Kläge­rin zu tren­nen, ist da­mit je­den­falls nicht deut­lich ge­macht wor­den.

1.2 Die von der Kläge­rin im an­ge­foch­te­nen Ur­teil zu Recht ver­miss­te Ge­samt­schau ließ ge­ra­de nicht er­ken­nen, dass die zum Teil Jah­re aus­ein­an­der lie­gen­den Vorgänge in ei­nem in­ne­ren Zu­sam­men­hang stan­den und da­zu dien­ten oder auch nur ge­eig­net wa­ren, die Würde der Kläge­rin zu ver­let­zen und ein von Einschüchte­run­gen, An­fein­dun­gen, Er­nied­ri­gun­gen, Entwürdi­gun­gen oder Be­lei­di­gun­gen ge­kenn­zeich­ne­tes Um­feld zu schaf­fen, wie in § 3 Abs. 3 des am 18. Au­gust 2006 in Kraft ge­tre­te­nen All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­set­zes als Vor­aus­set­zung ei­ner Be­nach­tei­li­gung in Form der Belästi­gung für spe­zi­el­le Dis­kri­mi­nie­rungs­mo­ti­ve um­schrie­ben ist, was sich aber auch auf je­de Form sog. Mob­bings über­tra­gen lässt (da­zu BAG, Ur­teil vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06 – BA­GE 124, 295 = AP BGB § 611 Mob­bing Nr. 6 R 57 ff.). Da­bei müssen Würde­ver­let­zung und feind­li­ches Um­feld ku­mu­la­tiv vor­lie­gen (BAG, Ur­teil vom 24.09.2009 – 8 AZR 705/08 – NZA 2010, 387 R 29).

Es mag für die Kläge­rin als al­lein er­zie­hen­de Mut­ter von zunächst zwei und später drei Kin­dern be­las­tend ge­we­sen sein, dass ih­re Vor­ge­setz­ten mehr­mals ver­sucht ha­ben, die für sie un­erläss­li­che Form der Er­brin­gung ih­rer Ar­beits­leis­tung von ei­nem häus­li­chen Ar­beits­platz aus in Fra­ge zu stel­len. Wie je­doch der Um­stand zeigt, dass ih­re fa­mi­liäre Si­tua­ti­on letzt­lich wie­der dau­er­haft re­spek­tiert wor­den ist, konn­te von ei­nem feind­li­chen Um­feld kei­ne Re­de sein. Die­ses wur­de auch nicht durch das Hin­zu­tre­ten der übri­gen Vorgänge ge­schaf­fen, die sich in ei­nem so­zi­al­adäqua­ten Kon­text be­weg­ten, in größeren

 

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zeit­li­chen Ab­stand pas­siert sind und von je­weils ver­schie­de­nen Ak­teu­ren zu ver­ant­wor­ten wa­ren.

So­weit die Kläge­rin schließlich dar­auf hin­ge­wie­sen hat, von 2002 bis 2006 kei­ne Ge­halts­erhöhun­gen, Er­folgs­be­tei­li­gun­gen und An­he­bun­gen ih­rer be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung er­hal­ten zu ha­ben, hat sie dar­in selbst kei­ne wei­te­ren Mob­bing­hand­lun­gen ge­se­hen, son­dern dies als fi­nan­zi­el­le ne­ben den ge­sund­heit­li­chen Fol­gen an­geführt. Ab­ge­se­hen da­von, dass die Be­klag­te dem un­ter Hin­weis auf jähr­li­che Gespräche mit der Kläge­rin über die Be­ur­tei­lung ih­rer Leis­tun­gen und die elek­tro­ni­sche Frei­ga­be der darüber geführ­ten Pro­to­kol­le durch die Kläge­rin ent­ge­gen­ge­tre­ten ist, pass­te dies nicht zu der Fehl­zei­ten­ent­wick­lung der Kläge­rin. Während sie nach ei­ge­ner Dar­stel­lung von An­fang Ju­li 2004 bis En­de Ok­to­ber 2007 über­haupt kei­ne krank­heits­be­ding­ten Fehl­zei­ten auf­zu­wei­sen hat­te, sind die­se seit­dem verstärkt und zu­letzt so­gar dau­er­haft auf­ge­tre­ten, nach­dem der Kläge­rin in 2007 deut­lich erhöhte Leis­tun­gen zu­ge­sagt wor­den sind.

2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen Be­ru­fung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tra­gen.

Die Vor­aus­set­zun­gen des § 72 Abs. 2 ArbGG für ei­ne Zu­las­sung der Re­vi­si­on wa­ren nicht erfüllt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Ge­gen die­ses Ur­teil ist kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

 

C.

K.

Der eh­ren­amt­li­che Rich­ter A. ist aus­ge­schie­den.

C.

 


 

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