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BVerfG, Be­schluss vom 01.12.2010, 1 BvR 2593/09

   
Schlagworte: Arbeitgeberverband, OT-Mitgliedschaft, Arbeitgeberverband: OT-Mitgliedschaft, Koalitionsfreiheit
   
Gericht: Bundesverfassungsgericht
Aktenzeichen: 1 BvR 2593/09
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 01.12.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.04.2009, 4 AZR 111/08
   

BUN­DES­VER­FASSUN­GS­GERICHT

- 1 BvR 2593/09 -

In dem Ver­fah­ren

über

die Ver­fas­sungs­be­schwer­de

der A... AG,
ver­tre­ten durch den Vor­stand,
die­ser ver­tre­ten durch den Vor­sit­zen­den,

- Be­vollmäch­tig­ter: Prof. Dr. Wolf­ram Höfling,
Bruch­weg 2, 52441 Lin­nich -

ge­gen das Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 -

hat die 3. Kam­mer des Ers­ten Se­nats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts durch
den Vi­ze­präsi­den­ten Kirch­hof
und die Rich­ter Bry­de,
Schlu­cke­bier
gemäß § 93b in Ver­bin­dung mit § 93a BVerfGG in der Fas­sung der Be­kannt-
ma­chung vom 11. Au­gust 1993 (BGBl I S. 1473)
am 1. De­zem­ber 2010 ein­stim­mig be­schlos­sen:

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men.

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G r ü n d e :

I.

1. Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de be­trifft ei­ne be­son­de­re Art der Mit­glied­schaft von Un­ter­neh­mern in Ar­beit­ge­ber­verbänden, die Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung (so­ge­nann­te OT-Mit­glied­schaft). Mit der Einführung der OT-Mit­glied­schaft ha­ben Ar­beit­ge­ber­verbände auf den Wunsch ih­rer Mit­glie­der re­agiert, zwar die Ser­vice­leis­tun­gen und die In­ter­es­sen­ver­tre­tung des Ver­bands in An­spruch neh­men zu können, von der Ta­rif­bin­dung nach § 3 Abs. 1 des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes (TVG) aber nicht er­fasst zu wer­den. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat die Zulässig­keit der OT-Mit­glied­schaft in ei­nem Be­schluss vom 18. Ju­li 2006 (1 ABR 36/05, AP TVG § 2 Ta­rif­zuständig­keit Nr. 19) grundsätz­lich an­er­kannt und da­bei die Möglich­keit ei­ner sol­chen Aus­ge­stal­tung der Mit­glied­schaft im Ar­beit­ge­ber­ver­band aus der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütz­ten Ko­ali­ti­ons­frei­heit und Ver­bands­au­to­no­mie ab­ge­lei­tet.


2. Der Ar­beit­ge­ber­ver­band R... (im Fol­gen­den: Ar­beit­ge­ber­ver­band) schuf 1999 in sei­ner Sat­zung die Möglich­keit ei­ner OT-Mit­glied­schaft. Er rich­te­te so­ge­nann­te Fach­grup­pen ein. Die Mit­glie­der des Ver­bands, die sich nicht ei­ner der Fach­grup­pen an­schlos­sen, soll­ten nicht an Ver­bands­ta­rif­verträge ge­bun­den sein. Der Zweck der Fach­grup­pen soll­te sein, die Ar­beits­be­din­gun­gen in den an­ge­schlos­se­nen Be­trie­ben durch Ab­schluss von Ta­rif­verträgen zu re­geln. Über Fra­gen der Ta­rif­po­li­tik soll­te der Ta­rif­bei­rat der je­wei­li­gen Fach­grup­pe ent­schei­den. Außer­dem re­gel­te die Sat­zung ei­nen so­ge­nann­ten Un­terstützungs­fonds, der da­zu dien­te, die Ver­bands­mit­glie­der in die La­ge zu ver­set­zen, Ar­beits­strei­tig­kei­ten im In­ter­es­se des im Ver­band zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Be­rufs­stands durch­zuführen. Die Be­schwer­deführe­rin, ein Ma­schi­nen­bau­un­ter­neh­men mit über 100 Mit­ar­bei­tern, gehörte der Fach­grup­pe Me­tall an. Die­se Fach­grup­pe ist Mit­glied des Ver­bands der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Nord­rhein-West­fa­len e.V. (im Fol­gen­den: Ge­samt­ver­band Me­tall NRW), der als Dach­ver­band Ta­rif­verträge für sei­ne Mit­glie­der ab­sch­ließt.

3. Die Be­schwer­deführe­rin kündig­te ih­re Mit­glied­schaft in der Fach­grup­pe Me­tall des Ar­beit­ge­ber­ver­bands zum 30. Ju­ni 2005 und wur­de im Ver­band fort­an als OT-Mit­glied geführt. Am 16. De­zem­ber 2005 ver­ein­bar­te sie mit dem Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens (im Fol­gen­den: Kläger), der seit 1991 bei ihr beschäftigt ist,
 


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ei­ne Erhöhung der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit auf 40 St­un­den oh­ne Lohn­aus­gleich. Der Kläger trat später der In­dus­trie­ge­werk­schaft Me­tall (IG Me­tall) bei und ver­lang­te von der Be­schwer­deführe­rin ei­ne Ab­rech­nung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf der Grund­la­ge von Ta­rif­verträgen, die die IG Me­tall in den Jah­ren 2001 und 2004 mit dem Ge­samt­ver­band Me­tall NRW ge­schlos­sen hat­te. Er klag­te auf Be­zah­lung von 129 Ar­beits­stun­den, die sich aus der Dif­fe­renz zwi­schen der im Man­tel­ta­rif­ver­trag ge­re­gel­ten 35-St­un­den-Wo­che und der ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten 40-St­un­den-Wo­che im Zeit­raum No­vem­ber 2006 bis April 2007 er­ga­ben.

4. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hob ein die Kla­ge ab­wei­sen­des Be­ru­fungs­ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts - mit Aus­nah­me ei­nes hier nicht in­ter­es­sie­ren­den Mehr­ar­beits­zu­schlags - auf und gab der Kla­ge in­so­weit statt. Der An­spruch auf die Lohn­dif­fe­renz er­ge­be sich aus dem Man­tel­ta­rif­ver­trag. Die Be­schwer­deführe­rin sei trotz des Aus­tritts aus der Fach­grup­pe wei­ter­hin nach § 3 Abs. 1 TVG an den Ver­bands­ta­rif­ver­trag ge­bun­den. Die ein­zel­ver­trag­li­che Ab­re­de über die verlänger­te wöchent­li­che Ar­beits­zeit wer­de da­her auf­grund des Güns­tig­keits­prin­zips nach § 4 Abs. 3 TVG ver­drängt. Die Sat­zung des Ar­beit­ge­ber­ver­bands wei­se nicht die ko­ali­ti­ons­recht­lich ge­bo­te­ne ein­deu­ti­ge Tren­nung zwi­schen Mit­glie­dern mit und sol­chen oh­ne Ta­rif­bin­dung auf. Rechts­fol­ge die­ser feh­len­den Tren­nung sei, dass der Aus­tritt aus der Fach­grup­pe nicht zum Weg­fall der Ta­rif­ge­bun­den­heit geführt ha­be.

a) Zwar sei die Be­gründung ei­ner Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung in ei­nem Ar­beit­ge­ber­ver­band grundsätz­lich möglich. Nicht je­des ver­eins­recht­li­che Mit­glied ei­nes Ar­beit­ge­ber­ver­bands müsse auch ta­rif­ge­bun­den im Sin­ne von § 3 Abs. 1 TVG sein. In der Sat­zung ei­nes Ver­bands könne au­to­nom de­fi­niert wer­den, auf wel­che Wei­se ei­ne Mit­glied­schaft im Sin­ne von § 3 Abs. 1 TVG be­gründet wer­de. We­gen der an die Ta­rif­ge­bun­den­heit an­knüpfen­den Rechts­wir­kun­gen sei es aber er­for­der­lich, dass die Ver­bands­mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung von der Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung ein­deu­tig ab­grenz­bar sei. Die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie er­for­de­re beim Ab­schluss von Ta­rif­verträgen ei­nen Gleich­lauf von Ver­ant­wort­lich­keit und Be­trof­fen­heit bezüglich der ta­rif­li­chen Ver­ein­ba­run­gen. Nur wenn die­ser Gleich­lauf her­ge­stellt sei, sei die Un­ter­wer­fung der Mit­glie­der der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en un­ter die Nor­men des Ta­rif­ver­trags le­gi­ti­miert. Die Ent­schei­dun­gen, die zum Ab­schluss ei­nes Ta­rif­ver­trags führ­ten (An­ge­bot, Re­ak­ti­on auf For­de­run­gen der Ge­gen­sei­te, Ent­schei­dung über ei­nen mögli­chen Ar­beits­kampf, Zu­stim­mung zum aus­ge­han­del­ten Er­geb­nis), dürf­ten da­her nur von den­je­ni­gen ge­trof­fen wer­den, die an den Ta­rif­ver­trag ge­bun­den sei­en. Die Sat­zung des Ver-

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bands müsse ei­ne kla­re Tren­nung zwi­schen Mit­glie­dern mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung vor­se­hen. Es dürfe kei­ne un­mit­tel­ba­re Ein­fluss­nah­me von OT-Mit­glie­dern auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen des Ver­bands ge­ben. Dem­ge­genüber stünden den OT-Mit­glie­dern Mit­glied­schafts­rech­te zu, die kei­nen ori­ginären Be­zug zur Ta­rif­po­li­tik des Ver­bands hätten. Un­be­denk­lich sei auch die Mit­wir­kung bei ta­rif­po­li­ti­schen Fra­gen mit nur be­ra­ten­der Stim­me.

b) Die­sen An­for­de­run­gen wer­de die Sat­zung des Ar­beit­ge­ber­ver­bands hier nicht ge­recht. Sie tren­ne die Mit­glie­der mit un­ter­schied­li­chem Sta­tus nicht hin­rei­chend ge­nug.

Es er­schei­ne schon frag­lich, ob die Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur der Fach­grup­pen ge­genüber der or­dent­li­chen Ver­bands­mit­glied­schaft hin­rei­chend ei­genständig sei. Fer­ner blei­be die Entäußerung der sat­zungsmäßigen Zuständig­keit des Ver­bands und sei­ner Or­ga­ne für ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen un­klar. Die­se Be­den­ken bedürf­ten je­doch kei­ner ab­sch­ließen­den Be­wer­tung. Denn je­den­falls müsse ei­ne Ver­bands­sat­zung, die ei­ne OT-Mit­glied­schaft vor­se­he, aus­sch­ließen, dass OT-Mit­glie­der in Auf­sichts­or­ga­nen mit­wirk­ten, die ei­nen Ar­beits­kampf­fonds ver­wal­te­ten, al­so über Geld­mit­tel verfügten, die im Ar­beits­kampf um ei­nen Ta­rif­ver­trag ein­ge­setzt wer­den könn­ten und soll­ten. Der Ar­beits­kampf sei als Be­stand­teil und Er­schei­nungs­form von Ta­rif­ver­hand­lun­gen an­zu­se­hen. Er sei Vor­aus­set­zung der Ta­rif­au­to­no­mie, weil sonst we­der das Zu­stan­de­kom­men noch die in­halt­li­che Sach­ge­rech­tig­keit ta­rif­recht­li­cher Re­ge­lun­gen gewähr­leis­tet sei­en. Die Be­wer­tung der ei­ge­nen Durch­set­zungsfähig­keit bei der Durchführung von Ta­rif­ver­hand­lun­gen und dem Ab­schluss ei­nes Ta­rif­ver­trags kom­me als un­trenn­ba­rer Be­stand­teil der Ausübung der Ta­rif­au­to­no­mie in ei­nem Ar­beit­ge­ber­ver­band mit zwei ver­schie­de­nen Mit­glied­schafts­mo­del­len al­lein dem­je­ni­gen Teil der Mit­glie­der zu, der Ta­rif­verträge ab­sch­ließen wol­le und nach de­ren Ab­schluss an sie ge­bun­den sei. Da­her dürf­ten Ent­schei­dun­gen über den Ein­satz von Ar­beits­kampf­mit­teln, die not­wen­dig Ein­fluss auf das Ver­hand­lungs­er­geb­nis hätten, nicht von OT-Mit­glie­dern ge­trof­fen wer­den, die vom Er­geb­nis des Ar­beits­kampfs, dem Ta­rif­ver­trag, nicht be­trof­fen sein woll­ten und des­halb das Er­geb­nis auch nicht mit­ver­ant­wor­te­ten. Von die­ser Ein­flussmöglich­keit der OT-Mit­glie­der auf ei­nen Ar­beits­kampf­fonds sei die Un­terstützung des Ar­beits­kampfs durch Beiträge oder sons­ti­ge Mit­tel zu un­ter­schei­den, die zulässi­ger­wei­se auch von OT-Mit­glie­dern auf­ge­bracht wer­den dürf­ten. Hin­sicht­lich sol­cher Beiträge bestünden kei­ne Be­den­ken, da ei­ne ma­te­ri­el­le Un­terstützung nichts mit der Fra­ge über den Ein­satz der Mit­tel in ei­nem kon­kre­ten Ar­beits­kampf zu tun ha­be.

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Der not­wen­di­gen al­lei­ni­gen Ent­schei­dungs­be­fug­nis der Fach­grup­pen­mit­glie­der über den Ein­satz des Streik­fonds tra­ge die Sat­zung des Ar­beit­ge­ber­ver­bands nicht hin­rei­chend Rech­nung. In der Sat­zung sei ei­ne un­mit­tel­ba­re Mit­wir­kung von nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Ver­bands­mit­glie­dern an der Ent­schei­dung über den Ein­satz des Un­terstützungs­fonds nicht nur nicht aus­ge­schlos­sen; sie sei viel­mehr sat­zungsmäßig vor­ge­se­hen. Die zen­tra­len Ent­schei­dun­gen in die­sem Be­reich tref­fe der Ver­bands­vor­stand, nicht aber der Vor­stand oder der Ta­rif­bei­rat der Fach­grup­pe. Teil­wei­se in der Sat­zung ent­hal­te­ne Kor­rek­turmöglich­kei­ten änder­ten dar­an nichts. Auf­grund der Sat­zungs­ge­stal­tung sei ein wich­ti­ges Ele­ment der ta­rif­po­li­ti­schen Hand­lungsfähig­keit der Fach­grup­pen weit­ge­hend den Ver­bands­in­sti­tu­tio­nen übe­r­ant­wor­tet, in de­nen sat­zungsmäßig we­der ei­ne al­lei­ni­ge noch ei­ne über­wie­gen­de Ein­flussmöglich­keit der ta­rif­ge­bun­de­nen Mit­glie­der si­cher­ge­stellt sei. Oh­ne Be­deu­tung sei in die­sem Zu­sam­men­hang die Übe­r­ant­wor­tung der Verfügungs­ge­walt über den Fonds auf den Ge­samt­ver­band Me­tall NRW. Selbst wenn da­mit der Fonds der Ent­schei­dungsmöglich­keit von OT-Mit­glie­dern ak­tu­ell ent­zo­gen sein soll­te, sei für die recht­li­che Be­ur­tei­lung al­lein die Sat­zung maßge­bend.

c) Rechts­fol­ge der nicht hin­rei­chend kla­ren Ab­gren­zung zwi­schen den bei­den Mit­glie­der­grup­pen sei, dass der Aus­tritt der Be­schwer­deführe­rin aus der Fach­grup­pe Me­tall des Ar­beit­ge­ber­ver­bands nicht zur Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung geführt ha­be. We­gen der feh­len­den Ab­gren­zung ent­fal­te die de­kla­rier­te Auf­ga­be der Ta­rif­wil­lig­keit durch den Ar­beit­ge­ber­ver­band nicht die be­ab­sich­tig­te Wir­kung. Als Ver­bands­mit­glied sei die Be­schwer­deführe­rin da­her gemäß § 3 Abs. 1 TVG ta­rif­ge­bun­den.

5. Mit ih­rer Ver­fas­sungs­be­schwer­de rügt die Be­schwer­deführe­rin die Ver­let­zung ih­rer Grund­rech­te aus Art. 9 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 1 GG.

a) Das Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts grei­fe in ih­re po­si­ti­ve in­di­vi­du­el­le Ko­ali­ti­ons­frei­heit aus Art. 9 Abs. 3 GG ein. Die in­di­vi­du­el­le Ko­ali­ti­ons­frei­heit schütze auch die Mit­wir­kung an der ver­bands­in­ter­nen Wil­lens­bil­dung so­wie an or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­rel­len Ent­schei­dun­gen des Ver­bands. Da­von er­fasst sei auch die Wahl ei­nes Sta­tus oh­ne Ta­rif­bin­dung im Ar­beit­ge­ber­ver­band. Da die Ta­rif­au­to­no­mie als kol­lek­tiv aus­geübte Pri­vat­au­to­no­mie zu ver­ste­hen sei, be­ru­he sie ent­schei­dend auf mit­glied­schaft­li­cher Le­gi­ti­ma­ti­on. Da­her müsse das Recht auf Bei­tritt zu ei­ner Ko­ali­ti­on und Ver­bleib in ei­ner Ko­ali­ti­on auch die Frei­heit ga­ran­tie­ren, ei­nen Mit­glied­schafts­sta­tus zu wählen, der hin­ter der Voll­mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung zurück­blei­be. Das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil führe da­zu, dass ein OT-Mit­glied des Ar­beit-

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ge­ber­ver­bands hin­sicht­lich der Ta­rif­bin­dung wie ein „voll­wer­ti­ges“ Mit­glied be­han­delt wer­de. Dar­in lie­ge ein mas­si­ver Ein­griff in den Schutz­be­reich der in­di­vi­du­el­len Ko­ali­ti­ons­frei­heit, da der Ar­beit­ge­ber ent­ge­gen sei­ner ex­pli­zi­ten Ent­schei­dung über die von ihm gewähl­te Art und Wei­se der Wah­rung und Förde­rung der Ar­beits-und Wirt­schafts­be­zie­hun­gen der Ta­rif­bin­dung un­ter­wor­fen wer­de.

Der Ein­griff sei nicht ge­recht­fer­tigt. Es feh­le schon an ei­ner nor­ma­ti­ven Le­gi­ti­ma­ti­ons­grund­la­ge für den Ein­griff durch die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts. Un­abhängig da­von könn­ten we­der der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­lang­te Gleich­lauf von Ver­ant­wort­lich­keit und Be­trof­fen­heit noch die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie den Ein­griff recht­fer­ti­gen. Fer­ner le­ge das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil nicht dar, war­um die Sat­zung des Ar­beit­ge­ber­ver­bands ei­ne Be­dro­hung für das Ta­rif­ver­trags­sys­tem dar­stel­le. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­ken­ne die Wil­lens­bil­dungs- und Ent­schei­dungs­struk­tu­ren auf Ar­beit­ge­ber­sei­te. Die Zuständig­keit für den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen für die Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie lie­ge tatsächlich beim Ge­samt­ver­band Me­tall NRW. Dar­aus er­ge­be sich, dass auch die Ein­fluss­nah­me von OT-Mit­glie­dern auf Ta­rif­verträge zu ver­nachlässi­gen sei. Glei­ches gel­te auch für die Ent­schei­dung über die Ver­wen­dung des Un­terstützungs­fonds.

b) Das Ur­teil sei auch an der ne­ga­ti­ven Ko­ali­ti­ons­frei­heit zu mes­sen. Die ne­ga­ti­ve Di­men­si­on des Grund­rechts aus Art. 9 Abs. 3 GG schütze auch die ge­woll­te Ta­ri­f­un­wil­lig­keit. Es spie­le kei­ne Rol­le, ob man die ne­ga­ti­ve Ko­ali­ti­ons­frei­heit nur dann für ein­schlägig er­ach­te, wenn fühl­ba­rer Druck zum Ein­tritt in ei­ne Ko­ali­ti­on aus­geübt wer­de. Je­den­falls für ei­ne ju­di­ka­tiv ver­ord­ne­te Zwangs­mit­glied­schaft, wie sie durch das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil her­bei­geführt wer­de, könne die­ses Kri­te­ri­um nicht maßgeb­lich sein. Auch der Ein­griff in die­se Schutz­be­reichs­di­men­si­on sei nicht ge­recht­fer­tigt.

c) Fer­ner wer­de in ih­re durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te un­ter­neh­me­ri­sche Frei­heit ein­ge­grif­fen. Die­ses Grund­recht um­fas­se auch die Fra­ge, ob ein Un­ter­neh­men sich der Ta­rif­bin­dung des Ver­bands un­ter­wer­fen wol­le oder nicht. Das Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts tan­gie­re ih­re Un­ter­neh­mens­frei­heit nach­hal­tig und exis­tenz­gefähr­dend. Ei­ne Recht­fer­ti­gung die­ses Ein­griffs ge­lin­ge nicht. Es sei schon nicht er­kenn­bar, war­um ge­werk­schaft­li­che In­ter­es­sen durch ih­re OT-Mit­glied­schaft be­trof­fen sei­en.

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6. Zur Ver­fas­sungs­be­schwer­de ha­ben der Deut­sche Ge­werk­schafts­bund und die Bun­des­ver­ei­ni­gung der Deut­schen Ar­beit­ge­ber­verbände Stel­lung ge­nom­men.

II.

Gründe für die An­nah­me der Ver­fas­sungs­be­schwer­de im Sin­ne von § 93a Abs. 2 BVerfGG lie­gen nicht vor. Grundsätz­li­che ver­fas­sungs­recht­li­che Be­deu­tung kommt der Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buch­sta­be a BVerfGG). Ih­re An­nah­me ist auch nicht zur Durch­set­zung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG ge­nann­ten Rech­ten der Be­schwer­deführe­rin an­ge­zeigt (§ 93a Abs. 2 Buch­sta­be b BVerfGG). Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de hat kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Die Be­schwer­deführe­rin ist nicht in ih­ren Grund­rech­ten ver­letzt.

1. Das Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts ver­letzt die Be­schwer­deführe­rin nicht in ih­rem Grund­recht der Be­rufs­frei­heit (Art. 12 Abs. 1 GG).

a) Ob durch die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts in die Be­rufs­frei­heit der Be­schwer­deführe­rin ein­ge­grif­fen wird, kann da­hin­ste­hen. Ein sol­cher Ein­griff wäre je­den­falls ge­recht­fer­tigt.

Art. 12 Abs. 1 GG gewähr­leis­tet den Ar­beit­ge­bern das Recht, die Ar­beits­be­din­gun­gen mit ih­ren Ar­beit­neh­mern im Rah­men der Ge­set­ze frei aus­zu­han­deln (vgl. BVerfGE 77, 84 <114>; 77, 308 <332>; 116, 202 <221>). Al­lein in der Bin­dung von Mit­glie­dern von Ta­rif­ver­trags­par­tei­en im Sin­ne des § 3 Abs. 1 TVG an Ta­rif­verträge liegt kein Ein­griff in die Ar­beits­ver­trags­frei­heit. Ob durch die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts mit­tel­bar in die Be­rufs­frei­heit der Be­schwer­deführe­rin ein­ge­grif­fen wird, weil das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Sat­zung des Ar­beit­ge­ber­ver­bands so aus­ge­legt hat, dass die Be­schwer­deführe­rin als Mit­glied ei­ner Ta­rif­ver­trags­par­tei im Sin­ne des § 3 Abs. 1 TVG an­zu­se­hen ist, kann da­hin­ste­hen.

b) Ein sol­cher Ein­griff in die Be­rufs­frei­heit der Be­schwer­deführe­rin wäre je­den­falls ver­fas­sungs­recht­lich ge­recht­fer­tigt.

aa) Für die An­nah­me des Bun­des­ar­beits­ge­richts, die Be­schwer­deführe­rin sei an den Ta­rif­ver­trag ge­bun­den und des­halb zur Zah­lung der Lohn­dif­fe­renz an den Kläger ver­pflich­tet, fehlt es nicht an ei­ner ge­setz­li­chen Grund­la­ge. Die Ta­rif­bin-

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dung der Mit­glie­der der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ist in § 3 Abs. 1 TVG ge­setz­lich ge­re­gelt. Die­se ge­setz­li­che Grund­la­ge der Ta­rif­bin­dung wird nicht da­durch in Fra­ge ge­stellt, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ei­ne Mit­glied­schaft in Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zulässt, bei der kei­ne Ta­rif­bin­dung be­ste­hen soll.

bb) Die Be­ur­tei­lung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, die Be­schwer­deführe­rin sei wei­ter­hin ta­rif­ge­bun­de­nes Mit­glied des Ar­beit­ge­ber­ver­bands, be­ruht auf ver­fas­sungs­recht­lich tragfähi­gen Erwägun­gen zur Not­wen­dig­keit ei­ner ein­deu­ti­gen Tren­nung der Mit­glied­schafts­be­rei­che.

(1) Die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt zur Recht­fer­ti­gung der ein­schränken­den Vor­aus­set­zun­gen der OT-Mit­glied­schaft her­an­ge­zo­ge­ne Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie stellt ei­nen Be­lang von Ver­fas­sungs­rang dar (vgl. BVerfGE 84, 212 <225>; 88, 103 <114>; 116, 202 <224>). Sie si­chert die von Art. 9 Abs. 3 GG in­ten­dier­te, im öffent­li­chen In­ter­es­se lie­gen­de au­to­no­me Ord­nung des Ar­beits­le­bens durch Ko­ali­tio­nen (vgl. BVerfGE 28, 295 <304 f.>; 55, 7 <23 f.>; 116, 202 <224>). Die Ta­rif­au­to­no­mie ist dar­auf an­ge­legt, die struk­tu­rel­le Un­ter­le­gen­heit der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer beim Ab­schluss von Ar­beits­verträgen durch kol­lek­ti­ves Han­deln aus­zu­glei­chen und da­mit ein annähernd gleich­ge­wich­ti­ges Aus­han­deln der Löhne und Ar­beits­be­din­gun­gen zu ermögli­chen (vgl. BVerfGE 84, 212 <229>; 92, 365 <395>). Die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie kann da­her be­ein­träch­tigt sein, wenn nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Mit­glie­der auf Ent­schei­dun­gen des Ar­beit­ge­ber­ver­bands im Zu­sam­men­hang mit Ta­rif­ver­hand­lun­gen und Ar­beitskämp­fen Ein­fluss neh­men können. Die An­nah­me des Bun­des­ar­beits­ge­richts, durch ei­ne der­ar­ti­ge Ein­fluss­nah­me nicht ta­rif­ge­bun­de­ner Mit­glie­der könne das für das Zu­stan­de­kom­men ei­nes in­ter­es­sen­ge­rech­ten Ta­rif­ver­trags er­for­der­li­che Ver­hand­lungs­gleich­ge­wicht struk­tu­rell gestört sein, ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Nur wenn das Vor­ge­hen des Ar­beit­ge­ber­ver­bands bei Ta­rif­ver­trags­ver­hand­lun­gen und im Ar­beits­kampf nicht von ei­ner Grup­pe von Mit­glie­dern mit­be­stimmt wird, die ei­ne Ta­rif­bin­dung für sich ge­ne­rell ab­leh­nen, kann ty­pi­scher­wei­se aus­ge­schlos­sen wer­den, dass sich der Ver­band von sach­frem­den Ein­flüssen lei­ten lässt und die Ta­rif­ver­trags­ver­hand­lun­gen zu nicht sach­ge­rech­ten Er­geb­nis­sen führen. Auch im ar­beits­recht­li­chen Schrift­tum wird des­halb da­von aus­ge­gan­gen, dass ei­ne strik­te Tren­nung der Mit­glied­schafts­be­rei­che er­for­der­lich ist (vgl. nur Fran­zen, in: ErfK, 10. Aufl. 2010, § 2 TVG Rn. 9; Hens­s­ler, in: Hens­s­ler/Wil­lem­sen/Kalb, Ar­beits­recht-Kom­men­tar, 3. Aufl. 2008, § 3 TVG Rn. 4; Oet­ker, in: Wie­de­mann, TVG, 7. Aufl. 2007, § 3 Rn. 136 ff.; Bay­reu­ther, BB 2007, S. 325 <327>; Buch­ner, NZA

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2006, S. 1377 <1381 f.>; Dei­nert, RdA 2007, S. 83 <86 f.>; Röckl, DB 1993, S. 2382 <2384>; Sch­lochau­er, in: FS Hromad­ka, 2008, S. 379 <390 ff.>).

(2) Durch die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt auf­ge­stell­ten An­for­de­run­gen an die Tren­nung der Mit­glied­schafts­be­rei­che im Ar­beit­ge­ber­ver­band wird die Be­schwer­deführe­rin nicht un­zu­mut­bar be­las­tet.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat die Möglich­keit der Mit­wir­kung der OT-Mit­glie­der im Ar­beit­ge­ber­ver­band nur in dem Um­fang ein­ge­schränkt, der er­for­der­lich ist, um sach­frem­de Ein­flüsse auf Ta­rif­ver­hand­lun­gen und Ta­rif­er­geb­nis­se aus­zu­sch­ließen. Die in­so­weit maßgeb­li­che Fest­stel­lung und Würdi­gung der Tat­sa­chen, die der recht­li­chen Würdi­gung zu­grun­de lie­gen, ist grundsätz­lich Sa­che der Fach­ge­rich­te (vgl. BVerfGE 96, 189 <200>; 100, 214 <222>). Vor die­sem Hin­ter­grund be­geg­net es kei­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt an­ge­sichts der sat­zungsmäßigen Möglich­keit der Ein­fluss­nah­me der OT-Mit­glie­der auf Ent­schei­dun­gen über den Un­terstützungs­fonds als Mit­tel des Ar­beits­kampfs ei­ne hin­rei­chen­de Tren­nung der Mit­glied­schafts­be­rei­che ver­neint hat. Eben­so we­nig ist zu be­an­stan­den, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt als rechts­si­che­ren Maßstab für die Be­ur­tei­lung der Tren­nung der Mit­glied­schafts­be­rei­che al­lein auf die Re­ge­lun­gen der Sat­zung des Ver­bands ab­ge­stellt hat und nicht der An­sicht der Be­schwer­deführe­rin ge­folgt ist, ei­ne mögli­che Ein­fluss­nah­me der OT-Mit­glie­der sei schon des­halb zu ver­nachlässi­gen, weil die Zuständig­keit für den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen auf den Ge­samt­ver­band Me­tall NRW über­tra­gen wor­den sei.

Zu berück­sich­ti­gen ist vor­lie­gend, dass die Be­schwer­deführe­rin an Ta­rif­verträge ge­bun­den ist, die ein Ar­beit­ge­ber­ver­band ab­ge­schlos­sen hat, der mit ihr durch ein Mit­glied­schafts­verhält­nis ver­bun­den war und ist. Außer­dem bleibt der Be­schwer­deführe­rin die Möglich­keit der OT-Mit­glied­schaft für die Zu­kunft grundsätz­lich er­hal­ten, so­fern der Ar­beit­ge­ber­ver­band sei­ne Sat­zung den Vor­ga­ben des Bun­des­ar­beits­ge­richts an­passt. Sch­ließlich kann sich das Bun­des­ar­beits­ge­richt mit der Wah­rung der Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie auf ei­nen ver­fas­sungs­recht­lich er­heb­li­chen Be­lang be­ru­fen.

2. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütz­te Ko­ali­ti­ons­frei­heit der Be­schwer­deführe­rin wird durch die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts nicht ver­letzt. Es kann da­hin­ste­hen, ob der Schutz­be­reich der Ko­ali­ti­ons­frei­heit eröff­net ist und ob ein Ein­griff in den Schutz­be­reich der Ko­ali­ti­ons­frei­heit vor­liegt. Ein sol­cher wäre

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je­den­falls aus den glei­chen Gründen ge­recht­fer­tigt, wie ein Ein­griff in Art. 12 Abs. 1 GG.

Von ei­ner wei­te­ren Be­gründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ab­ge­se­hen.

Die­se Ent­schei­dung ist un­an­fecht­bar.

Kirch­hof 

Bry­de 

Schlu­cke­bier

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