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Arbeitsstättenverordnung sorgt für Streit
27.02.2015. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) aus dem Jahre 2004 schreibt als Teil des Arbeitsschutzrechts Arbeitgebern vor, wie Betriebe und Arbeitsplätze zu gestalten sind, um gesundheitliche Gefahren und Beeinträchtigungen der Arbeitnehmer nach Möglichkeit zu vermeiden.
Im Jahre 2014 erarbeitete das Bundesarbeitsministerium (BMAS) eine Reform der ArbStättV, die im Dezember 2014 vom Bundesrat im Prinzip abgesegnet worden war, allerdings verbunden mit zahlreichen Änderungsvorschlägen, und seitdem aufgrund massiver Kritik bisher von der Bundesregierung nicht verabschiedet wurde.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen und die dagegen gerichtete Kritik: Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen, Verordnung der Bundesregierung, Bundesrat Drucks. 509/14.
- Einfügung der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) in die Arbeitsstättenverordnung
- Pflicht des Arbeitgebers zur Kontrolle von Bildschirmarbeitsplätzen in Heimbüros
- Ausweitung des Arbeitsplatzbegriffs
- Versorgung aller betrieblichen Räume mit Tageslicht und einer Sichtverbindung nach außen
- Abschließbare Spinde für alle Arbeitnehmer
- Fazit
Einfügung der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) in die Arbeitsstättenverordnung
Die Reform der ArbStättV ist hauptsächlicher Bestandteil der geplanten "Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen". Mit dieser Reform soll die bisher selbständige Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) in die ArbStättV aufgenommen werden, d.h. zu deren Bestandteil werden. Künftig finden sich die wesentlichen Regelungen der ehem. BildscharbV im Anhang zur ArbStättV.
Ob diese redaktionelle Änderung die Anwendung der Regelungen für Arbeitgeber und Betriebsräte als Normadressaten erleichtert, wird sich zeigen. Da die BildscharbV aber schon seit dem 04.12.1996 als eigenständige Regelung existiert und bekannt ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, wo man nachschlagen muss, wenn es um die Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen geht, um Pausenzeiten, um die Ausleuchtung des Arbeitsplatzes und um Augenuntersuchungen.
Pflicht des Arbeitgebers zur Kontrolle von Bildschirmarbeitsplätzen in Heimbüros
§ 1 Abs.3 ArbStättV (Entwurf) schreibt vor, dass § 3 (Gefährdungsbeurteilung), § 6 in der neuen Fassung (Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten) und die Nr.6 des Anhangs, der die wesentlichen Regelungen der bisherigen BildscharbV enthält, künftig auch für Telearbeitsplätze gelten, d.h. für Bildschirmarbeitsplätze in einem vom Arbeitgeber eingerichteten Heimbüro. Daraus ergibt sich künftig die Pflicht des Arbeitgebers, die Vorschriften über die Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen auch in Heimbüros umzusetzen.
Diese Ausweitung des Geltungsbereichs der BildscharbV wird von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisiert. Es sei praktisch aufgrund teilweise großer räumlicher Entfernung zum Betrieb und rechtlich wegen der geschützten Privatsphäre des Arbeitnehmers nicht machbar, dass Arbeitgeber im Bereich der privaten Wohnung der Arbeitnehmer die dort bestehenden Bildschirmarbeitsplätze überprüften (BDA, Neue Arbeitsstättenverordnung darf nicht zu bürokratischen Mehrbelastungen führen).
Dieser Kritik wird entgegengehalten, dass die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ihn bereits nach bisheriger Rechtslage dazu verpflichten würde, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten, was im Prinzip auch für Heimbüros bzw. die dortigen Bildschirmarbeitsplätze gelte (Haufe.de, "Kritik an der Arbeitsstättenverordnung ist überzogen").
Richtig ist, dass die geplante Neuregelung die Anwendung der für Bildschirmarbeitsplätze geltenden Arbeitsschutzregelungen auf Heimbüros zumindest eindeutig klarstellt, was bisher nicht der Fall war.
Ausweitung des Arbeitsplatzbegriffs
Nach der derzeit geltenden Definition von "Arbeitsplatz" in § 2 Abs.2 ArbStättV sind Arbeitsplätze
„Bereiche von Arbeitsstätten, in denen sich Beschäftigte bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit regelmäßig über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nicht nur kurzfristig aufhalten müssen".
Der Neuregelung will die zeitliche Eingrenzung streichen ("regelmäßig über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nicht nur kurzfristig") und den Begriff des Arbeitsplatzes damit ausweiten. Arbeitsplätze sind nach der geplanten neuen Definition alle
"Bereiche, in denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind".
Auch hiergegen richtet sich die Kritik der BDA. Die Arbeitgeber befürchten, dass Anforderungen an Raumtemperatur, Bewegungsfreiheit und Beleuchtung künftig auch für betriebliche Nebenräume gelten wie z.B. für Materiallager, Abstellräume oder Archive, in denen Arbeitnehmer nur hin und wieder sowie nur kurzzeitig arbeiten müssen.
An dieser Kritik ist jedenfalls so viel richtig, dass die Ziele der Verordnungsreform nicht recht klar werden. Denn angesichts der Verordnungsbegründung für die Reform bleibt offen, ob die Ausweitung des Arbeitsplatzbegriffs überhaupt eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der ArbStättV nach sich ziehen soll (was eigentlich logisch wäre). In der Verordnungsbegründung heißt es nämlich, man hätte die sachlichen Anforderengen an die Gestaltung von Arbeitsplätzen im Anhang zur ArbStättV
"überprüft und so angepasst, dass künftig das Anforderungsniveau in Arbeitsstätten dadurch nicht verschoben wird."
Sollte die Begriffsausweitung aber rechtlich folgenlos bleiben, könnte man auch auf sie verzichten.
Versorgung aller betrieblichen Räume mit Tageslicht und einer Sichtverbindung nach außen
Nach der bisherigen Fassung der ArbStättV (Anhang, Punkt 3.4) müssen Arbeitsstätten "möglichst ausreichend Tageslicht erhalten", d.h. statt einer starren Regel enthält die geltende ArbStättV nur eine weiche Zielvorgabe. Demgegenüber sieht der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung vom 30.10.2014 folgende Regelung vor:
"Arbeitsräume, Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen, Erste-Hilfe-Räume und Unterkünfte müssen ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben."
Ausnahmen sollen nur gelten für Arbeitsräume, bei denen "betriebstechnische Gründe" Tageslicht oder eine Sichtverbindung nach außen nicht zulassen, für unterirdisch gelegene Verkaufsräume und Gaststätten sowie für sehr große und mit Oberlichtern oder dgl. ausgestattete Arbeitsräume mit über 2000 Quadratmeter Grundfläche.
Der Bundesrat, der die Reformverordnung im Prinzip angenommen, dabei aber viele Änderungen verlangt hatte, schwächte diese Ausweitung der Tageslichtvorgaben ab. Die vom Bundesrat geforderte Fassung der Vorgaben zum Tageslicht lautet:
"Arbeitsräume, in denen sich Beschäftigte bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit regelmäßig über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nicht nur kurzfristig aufhalten müssen, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen und Unterkünfte müssen ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben."
Geht es nach dem Bundesrat, müssen Sanitär- und Erste-Hilfe-Räume auch künftig kein Tageslicht haben. Und für Arbeitsräume soll diese Vorgabe nur dann gelten, wenn in ihnen regelmäßig gearbeitet wird.
Auch diese abgeschwächten Vorgaben gehen der BDA allerdings zu weit. Die Arbeitgeberorganisation wendet ein, dass aufgrund baulicher Gegebenheiten viele Betriebe diese Vorgaben einfach nicht umsetzen könnten. Andererseits gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, denen zufolge Tageslicht am Arbeitsplatz für Gesundheit und Leistung der Arbeitnehmer von großer Bedeutung ist (Haufe.de, "Kritik an der Arbeitsstättenverordnung ist überzogen").
Im Ergebnis spricht viel dafür, die Anforderungen an die Ausleuchtung von Arbeitsräumen mit Tageslicht zu verschärfen, dabei allerdings Übergangsfristen bzw. Bestandsschutzregelungen einzuführen.
Abschließbare Spinde für alle Arbeitnehmer
Nach derzeitiger Rechtslage müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern abschließbare Spinde nur dann zur Verfügung stellen, wenn sie von den Arbeitnehmern verlangen, dass sie bei der Arbeit eine spezielle Bekleidung tragen, so dass sie sich vor der Arbeit umziehen müssen (§ 6 Abs.2 Satz 3 ArbStättV in Verbindung mit Anhang, Punkt 4.1 Abs.3). Ansonsten genügt nach bisherigem Recht eine Kleiderablage, die jedem Beschäftigten zur Verfügung stehen muss (Anhang, Punkt 3.3 Abs.1).
Daran hatte der Reformentwurf der Bundesregierung nichts ändern wollen, wohl aber der Bundesrat. Er verlangt folgende Verschärfung der Regelung über die Kleiderablagemöglichkeiten (Empfehlung pp., vom 08.12.2014, S.8):
"Jedem Beschäftigten muss mindestens eine abschließbare Kleiderablage zur Verfügung stehen, sofern keine Umkleideräume vorhanden sind."
Auch diese Regelung lehnt die BDA ab. Denn erstens fehle dem Verordnungsgeber hier die Ermächtigungsgrundlage, da abschließbare Spinde weder dem Gesundheitsschutz noch der Arbeitssicherheit dienten, und zweitens seien entsprechende Nachrüstungen zu teuer und oft überflüssig.
Hierzu hatte Bundesarbeitsministerin Nahles bereits etwas flapsig gesagt, sie hänge nicht an abschließbaren Spinden (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/043 Verordnung zur Verordnung - Nahles kommt Kritikern bei Arbeitsschutz entgegen).
Fazit
Die gegen den Entwurf gerichtete Kritik ist in einzelnen Punkten nachvollziehbar, v.a. was tageslichterleuchtete Kantinen oder abschließbare Spinde für alle Arbeitnehmer angeht. Andere Inhalte der Reform sind dagegen noch nicht richtig abzuschätzen, weil der Verordnungsgeber wohl selbst nicht recht weiß, welche rechtlichen Folgen er damit auslöst; das gilt v.a. für die Ausweitung des Arbeitsplatzbegriffs.
Was "optisch" auf den ersten Blick hervorsticht, nämlich die Eingliederung der BildscharbV in die ArbStättV, ist überwiegend eine nur redaktionelle Änderung, d.h. der Inhalt der "umgetopften" Regelungen wird hierdurch nicht geändert.
Angesichts dieses ziemlich mageren Gesamtpakets kann sich die Bundesregierung ruhig noch ein wenig Zeit lassen, um einen erneuten bzw. verbesserten Entwurf zu erarbeiten. Warum die Verordnung in ihrer jetzigen Fassung möglichst rasch verabschiedet werden müsste (DGB, Arbeitsschutz. Buntenbach: Arbeitsstättenverordnung jetzt verabschieden), ist nicht recht nachvollziehbar.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen, Verordnung der Bundesregierung (Entwurf), Bundesrat Drucks. 509/14, vom 30.10.2014
- Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen, Verordnung der Bundesregierung (Entwurf), Bundesrat Drucks. 509/14 (B), vom 19.12.2014
- Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik (AW) und des Wirtschaftsausschusses (WI) an den Bundesrat, vom 08.12.2014, Bundesrat Drucks. 509/1/14
- Bundesrat Stenografischer Bericht, 929. Sitzung, Berlin, Freitag, den 19.12.2014
- Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV), vom 12.08.2004
- Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung - BildscharbV), vom 04.12.1996
- DGB, Arbeitsschutz. Buntenbach: Arbeitsstättenverordnung jetzt verabschieden, 26.02.2015
- Neue Arbeitsstättenverordnung darf nicht zu bürokratischen Mehrbelastungen führen. Wesentliche BDA-Forderungen zur Korrektur der aktuellen Pläne für eine Änderung von Arbeitsschutzverordnungen, 09.02.2015
- Haufe.de, "Kritik an der Arbeitsstättenverordnung ist überzogen", 11.02.2015
- Arbeitsrecht aktuell: 19/064 Betriebsrat muss über Arbeitsunfälle von Fremdpersonal informiert werden
Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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