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ARBEITSRECHT AKTUELL // 06/08

Kei­ne Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht für GmbH-Ge­schäfts­füh­rer

Ge­setz­ge­ber schafft Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht von GmbH-Ge­schäfstsfüh­rern ei­ner Ein-Mann-GmbH wie­der ab: Haus­halts­be­gleit­ge­setz 2006, vom 29.06.2006, BGBl I, S.1402
Geschäftsführer hinter Schreibtisch mit Bauarbeitern Kei­ne Pflicht zur Ren­ten­ver­si­che­rung für al­le Ge­schäfts­füh­rer ei­ner Ein-Mann-GmbH

15.07.2006. Wer als Selb­stän­di­ger vie­le ver­schie­de­ne Auf­trag­ge­ber hat, ist ge­setz­lich nicht da­zu ver­pflich­tet, Bei­trä­ge zur ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung zu zah­len.

Das war in den letz­ten Jah­ren al­ler­dings dann nicht der Fall, wenn der Selb­stän­di­ge ei­ne GmbH grün­de­te und die­se als al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter und Ge­schäfts­füh­rer führ­te. Denn dann hat er als Ge­schäfts­füh­rer ei­nen Dienst­ver­trag mit sei­ner GmbH und er­bringt für sie ge­gen ein Ge­schäfts­füh­rer­ge­halt Dienst­leis­tun­gen, in­dem er die Ge­schäf­te der GmbH führt.

Und dann schnapp­te die Fall ge­mäß ei­nem um­strit­te­nen Ur­teil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts vom 24.11.2005 (AZ: B 12 RA 1/04 R) zu: Der Ge­schäfts­füh­rer un­ter­fiel auf ein­mal in sei­ner Ei­gen­schaft als Ge­schäfts­füh­rer sei­ner ei­ge­nen GmbH ei­ner 1999 ein­ge­führ­ten ge­setz­li­chen Son­der­vor­schrift im Ren­ten­ver­si­che­rungs­recht.

Da­mit ist jetzt Schluss. Denn das Haus­halts­be­gleit­ge­setz 2006 vom 29.06.2006 stellt klar, daß Ge­schäfts­füh­rer ei­ner Ein-Mann-GmbH nicht ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­tig sind, wenn ih­re GmbH vie­le ver­schie­de­ne Auf­trag­ge­ber hat.

Wel­che Fra­ge hat der Ge­setz­ge­ber ge­re­gelt?

Mit ei­nem ih­rer ers­ten Re­form­ge­set­ze hat die rot-grüne Ko­ali­ti­on En­de 1998 be­stimm­te Schein­selbständi­ge in die So­zi­al­ver­si­che­rungs­pflicht ein­be­zie­hen wol­len.

Zu die­sen Schein­selbständi­gen zähl­te man ech­te Selbständi­ge, falls die­se im we­sent­li­chen nur für ei­nen Haupt­auf­trag­ge­ber tätig wa­ren, da ei­ne star­ke wirt­schaft­li­che Abhängig­keit den Selbständi­gen ähn­lich schutz­bedürf­tig ma­che wie ei­nen abhängig Beschäftig­ten.

Da­her wur­de mit dem "Ge­setz zu Kor­rek­tu­ren in der So­zi­al­ver­si­che­rung und zur Si­che­rung der Ar­beit­neh­mer­rech­te" vom 19.12.1998 (BGBl.I 1998, S.3843) das Sechs­te Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB VI), das die ge­setz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung be­trifft, mit Wir­kung vom 01.01.1999 in der Wei­se geändert, daß künf­tig auch (ech­te) Selbständi­ge, falls sie auf Dau­er und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig sind und prak­tisch kei­ne ei­ge­nen An­ge­stell­ten ha­ben, in die ge­setz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung ein­be­zo­gen wer­den sol­len.

Die­se Vor­schrift ist in § 2 Satz 1 Nr.9 SGB VI ent­hal­ten und lau­te­te in ih­rer bis­he­ri­gen Fas­sung:

"§ 2 Selbständig Täti­ge

Ver­si­che­rungs­pflich­tig sind selbständig täti­ge (...)
9. Per­so­nen, die
a) im Zu­sam­men­hang mit ih­rer selbständi­gen Tätig­keit re­gelmäßig kei­nen ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen, des­sen Ar­beits­ent­gelt aus die­sem Beschäfti­gungs­verhält­nis re­gelmäßig 400 Eu­ro im Mo­nat über­steigt, und
b) auf Dau­er und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig sind (...)."

Wich­tig zum Verständ­nis die­ser Re­ge­lung ist, daß sie ech­te Selbständi­ge be­trifft, al­so kei­ne in Wahr­heit abhängig beschäftig­ten Per­so­nen, und zu­dem nur an­ord­net, daß die hier ge­nann­ten Per­so­nen Beiträge zur ge­setz­li­chen Ren­tenver­si­che­rung zah­len müssen, al­so nicht et­wa zu den an­de­ren Zwei­gen der ge­setz­li­chen So­zi­al­ver­si­che­rung wie zum Bei­spiel zur Kran­ken­ver­si­che­rung oder Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung.

Nach ei­nem um­strit­te­nen Ur­teil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts vom 24.11.2005 (AZ: B 12 RA 1/04 R) un­ter­fiel der Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführer ei­ner Ein-Mann-GmbH in sei­ner Ei­gen­schaft als Geschäftsführer die­ser Vor­schrift (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 05/09 BSG - Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht für GmbH-Geschäftsführer?).

Das be­deu­te­te: Auch wenn die GmbH vie­le ver­schie­de­ne Auf­trag­ge­ber hat und von kei­nem die­ser Auf­trag­ge­ber in ei­ner ar­beit­neh­merähn­li­chen Wei­se wirt­schaft­lich abhängig ist, muß der Geschäftsführer der GmbH Beiträge zur Ren­ten­ver­si­che­rung zah­len, da er ja nur ei­nen "Auf­trag­ge­ber" hat - sei­ne GmbH nämlich.

Die­ses Ur­teil ent­sprach zwar der Ge­set­zes­la­ge, stieß aber auf all­ge­mei­ne po­li­ti­sche Ab­leh­nung.

Kri­ti­siert wur­de vor al­lem (und zu­recht), daß der In­ha­ber ei­ner Ein­zel­fir­ma, die vie­le ver­schie­de­ne Auf­trag­ge­ber hat und mehr als nur ei­nen Mi­ni­job­ber beschäftigt, plötz­lich und oh­ne sach­li­chen Grund ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­tig wird, wenn er sein Un­ter­neh­men in ei­ne Ein-Mann-GmbH um­wan­delt und so­dann als de­ren Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführer ar­bei­tet.

Nach dem Ur­teil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts kommt es nämlich nicht mehr auf die (vie­len) Kun­den der GmbH, son­dern nur noch auf den (ei­nen) "Kun­den" des Geschäftsführers an. Die­ser "Kun­de" ist die GmbH, die die Diens­te des Geschäftsführers in An­spruch nimmt. Es spielt dann auch kei­ne Rol­le, daß die GmbH mehr als nur ei­nen Mi­ni­job­ber beschäftigt, da ja der GmbH-Geschäftsführer für sei­ne an die GmbH er­brach­ten Geschäftsführ­er­diens­te kei­ne (ei­ge­nen) Ar­beit­neh­mer beschäftigt.

Was hat sich zum 01.07.2006 geändert?

Der Ge­setz­ge­ber hat mit dem "Haus­halts­be­gleit­ge­setz 2006" vom 29.06.2006, dort in Art.11, den oben wie­der­ge­ge­ben Pa­ra­gra­phen des SGB VI mit Wir­kung vom 01.07.2006 geändert und da­mit klar­ge­stellt, daß Geschäftsführer ei­ner Ein-Mann-GmbH künf­tig nicht der Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht un­ter­lie­gen. Da­mit hat es das oben ge­nann­te Ur­teil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts kor­ri­giert.

Art.11 des Haus­halts­be­gleit­ge­set­zes 2006 ändert § 2 SGB VI so ab, daß die­se Vor­schrift nun­mehr wie folgt lau­tet (Ände­run­gen fett her­vor­ge­ho­ben):

"§ 2 Selbständig Täti­ge

Ver­si­che­rungs­pflich­tig sind selbständig täti­ge (...)
9. Per­so­nen, die
a) im Zu­sam­men­hang mit ih­rer selbständi­gen Tätig­keit re­gelmäßig kei­nen ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen, des­sen Ar­beits­ent­gelt aus die­sem Beschäfti­gungs­verhält­nis re­gelmäßig 400 Eu­ro im Mo­nat über­steigt, und
b) auf Dau­er und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig sind; bei Ge­sell­schaf­tern gel­ten als Auf­trag­ge­ber die Auf­trag­ge­ber der Ge­sell­schaft,
(...).
Nach Satz 1 Nr. 1 bis 9 ist nicht ver­si­che­rungs­pflich­tig, wer in die­ser Tätig­keit nach Satz 1 Nr. 10 ver­si­che­rungs­pflich­tig ist. Nach Satz 1 Nr. 10 ist nicht ver­si­che­rungs­pflich­tig, wer mit der Tätig­keit, für die ein Zu­schuss nach § 421l des Drit­ten Bu­ches ge­zahlt wird, die Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­si­che­rungs­pflicht nach dem Ge­setz über die Al­ters­si­che­rung der Land­wir­te erfüllt. Als Ar­beit­neh­mer im Sin­ne des Sat­zes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gel­ten
1. auch Per­so­nen, die be­ruf­li­che Kennt­nis­se, Fer­tig­kei­ten oder Er­fah­run­gen im Rah­men be­ruf­li­cher Bil­dung er­wer­ben,
2. nicht Per­so­nen, die als ge­ringfügig Beschäftig­te nach § 5 Abs. 2 Satz 2 auf die Ver­si­che­rungs­frei­heit ver­zich­tet ha­ben,
3. für Ge­sell­schaf­ter auch die Ar­beit­neh­mer der Ge­sell­schaft."

Mit die­sen Ände­run­gen ist klar­ge­stellt, daß Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführer ei­ner GmbH künf­tig nicht der Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht un­ter­lie­gen, wenn die GmbH nicht nur für ei­nen, son­dern für meh­re­re Auf­trag­ge­ber tätig ist. Aber auch dann, wenn die GmbH "auf Dau­er und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig" ist, ist de­ren Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführer nicht ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­tig, wenn die GmbH mehr als ei­nen Mi­ni­job­ber beschäftigt.

Um­ge­kehrt heißt das: Ein Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführer un­ter­liegt nur dann der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung, wenn sei­ne GmbH re­gelmäßig kei­nen ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mer beschäftigt, des­sen Ar­beits­ent­gelt aus die­sem Beschäfti­gungs­verhält­nis re­gelmäßig 400 EUR im Mo­nat über­steigt, und wenn sei­ne GmbH auf Dau­er und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig ist.

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Letzte Überarbeitung: 1. März 2015

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