HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/012

Ir­re­füh­ren­de Wer­bung durch DE­KRA-Zer­ti­fi­zie­rung im Ar­beits­recht?

An­ge­bot ei­ner "DE­KRA-Zer­ti­fi­zie­rung im Ar­beits­recht 2008 / 2009" von der Rechts­an­walts­kam­mer Ber­lin be­an­stan­det: Be­schluss des Ge­samt­vor­stan­des der Rechts­an­walts­kam­mer Ber­lin vom 10.12.2008
Unterrichtsraum mit Kursleiter hinter Lehrerpult und einer Kursteilnehmerin, beide stehend Tests für Ar­beits­recht­ler bei der DE­KRA?

03.02.2009. Die 1925 als „Deut­scher Kraft­fahr­zeug-Über­wa­chungs-Ver­ein“ ge­grün­de­te DE­KRA ist in Deutsch­land die größ­te und welt­weit die dritt­größ­te Prüf­ge­sell­schaft, die sich vor al­lem mit der Si­cher­heits­über­prü­fung von Kraft­fahr­zeu­gen und tech­ni­schen An­la­gen be­fasst.

Ver­ant­wort­lich für das ope­ra­ti­ve Ge­schäft ist die De­kra AG, de­ren An­tei­le der De­kra e. V. hält.

Die DE­KRA ist auch im Be­reich der Zer­ti­fi­zie­run­gen tä­tig und hat erst­mals Mit­te 2008 ei­ne Zer­ti­fi­zie­rung von Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­ten im Ar­beits­recht an­ge­bo­ten. In der an An­wäl­te ge­rich­te­ten Wer­bung für die­se Zer­ti­fi­zie­rung heißt es:

„DE­KRA zer­ti­fi­ziert Ih­re fach­li­che Fort­bil­dung. Von nun an kön­nen Sie sich mit ei­ner spe­zi­el­len Qua­li­fi­zie­rung am Markt kennt­lich ma­chen und sich von an­de­ren An­wäl­ten im Ar­beits­recht ab­he­ben. Vor­aus­set­zung ist das er­folg­rei­che Be­ste­hen ei­ner Prü­fung. In Zu­sam­men­ar­beit mit Herrn Prof. … ha­ben DE­KRA und das Deut­sche An­walts Zen­trum ge­mein­sam ei­nen Zer­ti­fi­zie­rungs­test ent­wi­ckelt, der Ihr ak­tu­el­les ar­beits­recht­li­ches Wis­sen prüft.

  • Mul­ti­ple Choi­se Test
  • Dau­er: 2,5 St­un­den / emp­foh­le­ne Vor­be­rei­tungs­zeit: 4 Wo­chen
  • sämt­li­che Ma­te­ria­li­en zur so­li­den Vor­be­rei­tung wer­den zu­ge­sandt“

An­ge­sichts die­ser „smar­ten“ Mög­lich­keit, mit ver­gleichs­wei­se ge­rin­gem Auf­wand als An­walt zu ei­ner TÜV- bzw. DE­KRA-Pla­ket­te im Ar­beits­recht zu ge­lan­gen, stellt sich die Fra­ge, war­um man sich noch die Mü­he ma­chen soll­te, in jah­re­lan­ger müh­se­li­ger Ar­beit 100 ei­gen­stän­dig be­ar­bei­te­te Fäl­le aus den ver­schie­dens­ten Be­rei­chen des Ar­beits­rechts zu do­ku­men­tie­ren und ei­nen mehr­wö­chi­gen Voll­zeit­kur­sus mit meh­re­ren fünf­stün­di­gen Klau­su­ren zu ab­sol­vie­ren, um am En­de die­ser Mü­hen die Be­zeich­nung „Fach­an­walt für Ar­beits­recht“ füh­ren zu kön­nen.

War­um al­so ei­nen so lan­gen und be­schwer­li­chen Weg wäh­len? Die Ant­wort lau­tet: Weil das an­walt­li­che Wett­be­werbs- und Be­rufs­recht dies vor­schreibt.

Wer mit be­son­de­ren Qua­li­fi­ka­tio­nen au­ßer­halb der an­er­kann­ten Fach­an­walts­be­zeich­nun­gen wirbt, muss ge­mäß § 7 Abs.1 der an­walt­li­chen Be­rufs­ord­nung (BO­RA) Kennt­nis­se nach­wei­sen kön­nen, die in der Aus­bil­dung, durch Be­rufs­tä­tig­keit, Ver­öf­fent­li­chun­gen oder in sons­ti­ger Wei­se er­wor­ben wur­den. Qua­li­fi­zie­ren­de Be­zeich­nun­gen darf nur ver­wen­den, wer zu­sätz­lich über theo­re­ti­sche Kennt­nis­se ver­fügt und in dem von ihm be­nann­ten Spe­zi­al­ge­biet „in er­heb­li­chem Um­fang tä­tig ge­we­sen“ ist. Bei al­le­dem sind sol­che Spe­zia­li­sie­rungs­hin­wei­se un­zu­läs­sig, so­weit sie die Ge­fahr der Ver­wechs­lung mit Fach­an­walt­schaf­ten be­grün­den oder sonst ir­re­füh­rend sind (§ 7 Abs.2 BO­RA).

Un­ter Hin­weis auf die­se Rechts­vor­schrif­ten hat der Ge­samt­vor­stand der Rechts­an­walts­kam­mer (RAK) Ber­lin in ei­nem Be­schluss vom 10.12.2008 vor der wer­ben­den Ver­wen­dung ei­nes „DE­KRA-Zer­ti­fi­kats für An­wäl­te“ im Ar­beits­recht ge­warnt. In dem Be­schluss heißt es:

„Der Ge­samt­vor­stand der Rechts­an­walts­kam­mer Ber­lin ist der Auf­fas­sung, dass die Wer­bung von Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­ten mit dem DE­KRA-Zer­ti­fi­kat „§ Zer­ti­fi­ziert im Ar­beits­recht gül­tig bis…“ ge­gen § 7 Abs. 2 der Be­rufs­ord­nung (BO­RA) ver­stößt.

Glei­ches gilt für DE­KRA-Zer­ti­fi­ka­te auf an­de­ren Rechts­ge­bie­ten. Ei­ne ent­spre­chen­de Wer­bung wür­de be­rufs­recht­lich und wett­be­werbs­recht­lich ver­folgt wer­den.

Der Vor­stand hält ei­ne der­ar­ti­ge Wer­bung für ir­re­füh­rend. Die Öf­fent­lich­keit nimmt die DE­KRA als sie­gel­füh­ren­den Be­lie­he­nen auf dem Ge­biet der Qua­li­täts­kon­trol­le von Kraft­fahr­zeu­gen wahr. Dem recht­su­chen­den Bür­ger wird durch Ver­wen­dung des DE­KRA-Sie­gels sug­ge­riert, dass der DE­KRA-zer­ti­fi­zier­te An­walt her­aus­ge­ho­be­ne Fä­hig­kei­ten auf dem an­ge­spro­che­nen Rechts­ge­biet be­sitzt und die­se be­son­de­ren Fä­hig­kei­ten staat­lich an­er­kannt sind.

Da­von kann je­doch vor dem Hin­ter­grund ei­nes le­dig­lich 2,5stündigen Mul­ti­ple-choice-Tests nicht die Re­de sein.“

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem Vor­gang fin­den Sie hier:

  • Be­schluss des Ge­samt­vor­stan­des der RAK Ber­lin vom 10.12.2008 (Jah­res­be­richt der RAK Ber­lin, Punkt II. 3.c))

Letzte Überarbeitung: 14. September 2016

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