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LAG Köln, Ur­teil vom 18.11.2011, 4 Sa 711/11

   
Schlagworte: Abmahnung, Krankschreibung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen: 4 Sa 711/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 18.11.2011
   
Leitsätze: Eine Abmahnung wegen verspäteten Zugangs einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn die Verspätung auf der Angabe einer falschen Postleitzahl durch den Arbeitnehmer beruht.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 25.05.2011, 4 Ca 747/11
   


4 Sa 711/11
4 Ca 747/11
Ar­beits­ge­richt Bonn  

Verkündet am 18. No­vem­ber 2011

E,
Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

 

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT KÖLN

 

IM NA­MEN DES VOL­KES

 

UR­TEIL

 

In dem Rechts­streit

 

- Kläger und Be­ru­fungskläger -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


g e g e n


- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:


hat die 4. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 18.11.2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. B als Vor­sit­zen­den so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herr T und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Frau B


für R e c h t er­kannt:


Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Bonn vom 25.05.2011 - 4 Ca 747/11 - wird auf Kos­ten des Klägers zurück­ge­wie­sen.


Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.


T a t b e s t a n d

 

Die Par­tei­en strei­ten um die Ent­fer­nung ei­ner Ab­mah­nung aus der Per­so­nal­ak­te des Klägers.


We­gen des erst­in­stanz­li­chen strei­ti­gen und un­strei­ti­gen Vor­brin­gens so­wie der erst­in­stanz­lich ge­stell­ten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf



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den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils mit der Maßga­be Be­zug ge­nom­men, dass der Vor­trag des Klägers, er ha­be die Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung be­reits am 08.02.2011 pos­ta­lisch an die Be­klag­te ver­sandt, zwar erst­in­stanz­lich nicht be­strit­ten war, zweit­in­stanz­lich aber auf Grund des Be­strei­tens der Be­klag­ten mit Nicht­wis­sen strei­tig ist.


Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 25. Mai 2011 die Kla­ge ab­ge­wie­sen.


Ge­gen die­ses ihm am 15.06.2011 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der Kläger am 05.07.2011 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach Verlänge­rung der Be­gründungs­frist bis zum 22.09.2011 am 01.09.2011 be­gründet.


Der Kläger setzt sich bis auf die ge­nann­te Tat­be­standsrüge (Ab­sen­dung der Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung am 08.02.2011 als strei­tig bzw. un­strei­tig) mit Rechts­ausführun­gen mit dem erst­in­stanz­li­chen Ur­teil aus­ein­an­der. We­gen der Ausführun­gen des Klägers in der Be­ru­fungs­in­stanz wird das des­halb auf die Be­ru­fungs­be­gründung (Bl. 49 – 54 d. A.) Be­zug ge­nom­men.


Der Kläger be­an­tragt,


das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Bonn vom 25.05.2011 – 4 Ca 747/11 – ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, die dem Kläger mit Schrei­ben vom 25.02.2011 er­teil­te Ab­mah­nung aus der Per­so­nal­ak­te zu ent­fer­nen.


Die Be­klag­te be­an­tragt,


die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.



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Die Be­klag­te ver­tei­digt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil mit Rechts­ausführun­gen. In­so­weit wird auf die Be­ru­fungs­er­wi­de­rung (Bl. 70 – 75 d. A.) Be­zug ge­nom­men.


We­gen des übri­gen Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf die zwi­schen die­sen ge­wech­sel­ten Schriftsätzen Be­zug ge­nom­men, die Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung wa­ren.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e


Die zulässi­ge, form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te und be­gründe­te Be­ru­fung des Klägers hat­te in der Sa­che kei­nen Er­folg.


Die Kam­mer folgt aus hin­sicht­lich der Ent­schei­dungs­gründe der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts und nimmt da­her zunächst gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf die­se Be­zug.


Zu den we­sent­li­chen Ar­gu­men­te, die die Be­ru­fungs­be­gründung ge­gen die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung anführt, sei Fol­gen­des ergänzt:


1. So­weit die Be­ru­fung kri­ti­siert, dass erst­in­stanz­li­che Ur­teil ha­be die Be­haup­tung des Klägers zur Ab­sen­dung der Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung am 08.02.2011 zu Un­recht als strei­tig be­han­delt, so ist die­ses zunächst als sol­ches rich­tig. Un­abhängig da­von, dass sie je­den­falls zweit­in­stanz­lich be­strit­ten ist, hat je­doch die Tat­sa­che der Ab­sen­dung der Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung am 08.02.2011 we­der für das erst­in­stanz­li­che Ur­teil noch für die Ab­mah­nung ei­ne Rol­le ge­spielt. Ei­ne ver­späte­te Ab­sen­dung der Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung wird in der Ab­mah­nung nicht gerügt. Auch das Ar­beits­ge­richt geht in den Ent­schei­dungs­gründen nicht da­von aus, dass dem Kläger in­so­weit ein Vor­wurf zu ma­chen sei. Die Fra­ge, ob die Ab­sen­dung strei­tig oder un­strei­tig ist, ist da­her für das erst­in­stanz­li­che Ur­teil und auch für die Ent­schei­dung der Kam­mer nicht re­le­vant.


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2. Die Be­ru­fungs­be­gründung ar­gu­men­tiert im Übri­gen da­mit, dass die Ab­mah­nung un­verhält­nismäßig sei.


a. Der Kläger führt zunächst aus, dass in der Ab­mah­nung selbst fest­ge­hal­ten sei, dass ein ver­späte­ter Ein­gang der Ar­beits­unfähig­keits­be­schei­ni­gung vom 08.02.2011 auf die An­ga­be der fal­schen Post­leit­zahl durch den Kläger zurück­zuführen sei. So­mit – so der Kläger – sei schon dar­aus er­sicht­lich, dass ei­ne schuld­haf­te Pflicht­ver­let­zung des Klägers nicht vor­lie­ge und dies nicht ei­ner ver­späte­ten Ab­sen­dung gleich­ge­stellt wer­den könne. Dar­aus lei­tet der Kläger er­sicht­lich die „Ge­ringfügig­keit“ des ab­ge­mahn­ten Ver­hal­tens ab und hält die Ab­mah­nung für überflüssig.


Da­zu ist zunächst zu sa­gen, dass die An­ga­be der fal­schen Post­leit­zahl durch den Kläger den ver­späte­ten Zu­gang des Schrei­bens nicht als schuld­los er­schei­nen lässt. Bei An­wen­dung der er­for­der­li­chen Sorg­falt hätte der Kläger er­ken­nen müssen, dass die Post­leit­zahl, die sei­nem Wohn­sitz ent­spricht, nicht zu­gleich auch die Post­leit­zahl der Be­klag­ten sein muss. Er hätte die kor­rek­te Post­leit­zahl über­prüfen müssen und sie ent­spre­chend ein­tra­gen müssen. Das Ver­hal­ten war da­mit fahrlässig.


Es han­delt sich zwar nicht um ein gra­vie­ren­des Ver­schul­den, gleich­wohl bleibt das Ver­hal­ten schuld­haft.


Im Übri­gen hat das Ar­beits­ge­richt be­reits zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es nach Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richt (vgl. z. B. 30. Mai 1996 – 6 AZR 537/95 – mit wei­te­ren Nach­wei­sen) nicht dar­auf an­kommt, ob das Pflich­ten­ver­s­toß dem Ar­beit­neh­mer sub­jek­tiv vor­werf­bar ist. Es reicht aus, wenn der Ar­beit­ge­ber ei­nen ob­jek­ti­ven Ver­s­toß des Ar­beit­neh­mers ge­gen sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten rügt.


Da­hin­ste­hen kann, ob der durch ei­ne fal­sche Ein­tra­gung der Post­leit­zahl ver­ur­sach­te Ver­s­toß ge­gen § 5 Abs. 1 Satz 2 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz ei­nem Ver­s­toß durch ver­späte­te Ab­sen­dung gleich­zu­stel­len ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz hat der Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber dann, wenn



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die Ar­beits­unfähig­keit länger als 3 Ka­len­der­ta­ge dau­ert, die ärzt­li­che Be­schei­ni­gung über die be­ste­hen­de Ar­beits­unfähig­keit so­wie de­ren vor­aus­sicht­li­che Dau­er spätes­tens an dem dar­auf fol­gen­den Ta­ge „vor­zu­le­gen“. Dar­aus folgt, dass es Auf­ga­be des Ar­beit­neh­mer ist, für den Zu­gang beim Ar­beit­ge­ber Sor­ge zu tra­gen. Das Ge­setz stellt gar nicht auf die Ab­sen­dung ab. Es kommt da­her nicht dar­auf an, ob der durch ei­ne fal­sche Post­leit­zahl ver­ur­sach­te ver­späte­te Zu­gang ei­ner ver­späte­ten Ab­sen­dung „gleich­zu­stel­len“ ist. Auch wenn es sich in­so­weit mögli­cher­wei­se um ein ge­rin­ge­res Ver­schul­den han­delt, so führt die­ses je­doch als sol­ches nicht da­zu, dass der Ar­beit­ge­ber zu der Ab­mah­nung nicht be­rech­tigt wäre. Sein Rüge­recht setzt ent­spre­chend der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes le­dig­lich ei­ne ob­jek­ti­ve Pflicht­ver­let­zung und da­mit über­haupt kein Ver­schul­den vor­aus.


b. Der Kläger fol­gert aus dem Verhält­nismäßig­keits­ge­bot – im We­sent­li­chen An­schluss an das von ihm zi­tier­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin -, dass ei­ne „Er­for­der­lich­keit“ der Ab­mah­nung zu prüfen ist, wel­che er im vor­lie­gen­den Fall ver­neint. Es hätte – so der Kläger – genügt, ihn dar­auf hin­zu­wei­sen, zukünf­tig auf die kor­rek­te Adres­sie­rung zu ach­ten. Da­mit hätten im Hin­blick auf ei­ne künf­ti­ge Ver­mei­dung ei­nes ent­spre­chen­den Pflich­ten­ver­s­toßes auf scho­nen­de­re Ver­wei­se als durch förm­li­che Ab­mah­nung de­ren Zwe­cke er­reicht wer­den können.


Nach Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (vgl. da­zu ins­be­son­de­re BAG 13.11.1991 – 5 AZR 74/91) folgt aus dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit zwar, dass die Ausübung ei­nes Rechts un­zulässig ist, wenn sie der Ge­gen­sei­te un­verhält­nismäßig große Nach­tei­le zufügt und an­de­re, we­ni­ger schwer­wie­gen­de Maßnah­men möglich ge­we­sen wären, die den In­ter­es­sen des Be­rech­tig­ten eben­so gut Rech­nung ge­tra­gen hätten oder ihm zu­min­dest zu­mut­bar ge­we­sen wären. Die­ser Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit wird als Über­maßver­bot zur Ver­mei­dung von schwer­wie­gen­den Rechts­fol­gen bei nur ge­ringfügi­gen Rechts­verstößen ver­stan­den (BAG aaO).



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Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat zu­gleich aber klar­ge­stellt: Hier­nach hat der Ar­beit­ge­ber im Rah­men der ihm zu­ste­hen­den Frei­heit der Mei­nungsäußerung (Ar­ti­kel 5 Abs. 1 GG) zunächst selbst zu ent­schei­den, ob er ein Fehl­ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers miss­bil­li­gen will oder ob er des­we­gen ei­ne münd­li­che oder schrift­li­che Ab­mah­nung er­tei­len will. Das BAG hat zu­gleich fest­ge­hal­ten, dass es dem Ar­beit­ge­ber über­las­sen blei­ben muss, ob er ei­ne schrift­li­che Ab­mah­nung, die er zur Per­so­nal­ak­te nimmt, aus Be­weis­gründen für er­for­der­lich hält oder nicht. Der Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit – so das Bun­des­ar­beits­ge­richt wei­ter – setzt vor­aus, dass der Gläubi­ger zwi­schen ver­schie­de­nen Re­ak­ti­onsmöglich­kei­ten wählen kann. Es gin­ge – so das Bun­des­ar­beits­ge­richt – zu weit, dem Ar­beit­ge­ber die Ab­mah­nung oder die Auf­nah­me des Ver­merks hierüber in die Per­so­nal­ak­te zu un­ter­sa­gen, weil man über den er­ho­be­nen Vor­wurf auch hin­weg se­hen könn­te. Da­mit würde der Ar­beit­ge­ber zwangsläufig zu er­ken­nen ge­ben, er neh­me an der Ver­let­zung der Ar­beits­leis­tungs­pflicht kei­nen An­s­toß. Es sei so­gar Ob­lie­gen­heit des Ar­beit­ge­bers, dar­auf hin­zu­wei­sen, wenn er später aus ei­ner gleich­ar­ti­gen Ver­let­zung wei­te­re Kon­se­quen­zen her­lei­ten wol­le.


Dar­aus folgt zunächst, dass es ei­ner Ab­mah­nung nicht ent­ge­gen­steht, dass der Ar­beit­ge­ber we­gen ei­nes nur ge­rin­gen Ver­s­toßes auch über die Ab­mah­nung hin­weg se­hen könn­te, sie nur münd­lich er­tei­len könn­te, statt der Ab­mah­nung ei­ne Er­mah­nung er­tei­len könn­te oder al­les nicht zur Per­so­nal­ak­te neh­men könn­te. Es steht dem Ar­beit­ge­ber im Rah­men sei­ner Mei­nungs­frei­heit frei, ob er ein Fehl­ver­hal­ten miss­bil­li­gen will und ob er des­we­gen ei­ne münd­li­che oder schrift­li­che Ab­mah­nung er­tei­len will. Die Auf­nah­me in die Per­so­nal­ak­te ist auch in sol­chen Fällen nicht un­verhält­nismäßig, weil der Ar­beit­ge­ber ein In­ter­es­se dar­an hat, die Ab­mah­nung aus Be­weis­gründen auf­zu­be­wah­ren. Da ei­ne Kündi­gung we­gen Verstößen ge­gen die Nach­weis­pflicht des § 5 Abs. 1 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz (un­ter an­de­rem) vor­aus­setzt, dass ein sol­ches Ver­hal­ten ab­ge­mahnt ist, kann der Ar­beit­ge­ber auch nicht dar­auf ver­wie­sen wer­den, statt ei­ner Ab­mah­nung nur ei­ne „Er­mah­nung“ zu er­tei­len, wo­mit of­fen­bar ge­meint ist, dass er das Ver­hal­ten zwar rügt, aber nicht dar­auf hin­weist, dass die­ses im Wie­der­ho­lungs­fall zu wei­te­ren ar­beits­recht­li­chen Kon­se­quen­zen führen kann.


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c. Sch­ließlich meint der Kläger, die Un­verhält­nismäßig­keit er­ge­be sich hier dar­aus, dass die Ab­mah­nung ihm un­verhält­nismäßig große Nach­tei­le, schwer­wie­gen­de Rechts­fol­gen zufüge, wo­bei es sich doch nur um ein Ver­se­hen han­de­le und „dem­nach gar kein bzw. ein ge­ringfügi­ger Ver­s­toß“ durch den Kläger vor­lie­ge. Der Kläger meint wei­ter, durch die Auf­nah­me der Ab­mah­nung in die Per­so­nal­ak­te wer­de trotz der ge­rin­gen Schwe­re der Pflicht­wid­rig­keit und des ge­rin­gen Gra­des der dem Kläger vor­zu­wer­fen­den Fahrlässig­keit der Ein­druck her­vor­ge­ru­fen, dass das Ar­beits­verhält­nis so zerrüttet sei, dass die Be­klag­te aus an­de­ren Gründen even­tu­ell von der Ab­mah­nung nicht ab­se­hen wol­le.


Es ist schon nicht zu er­ken­nen, dass die Ab­mah­nung als sol­che „schwer­wie­gen­de Rechts­fol­gen“ her­vor­ru­fen würde. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in ei­nem even­tu­el­len späte­ren Kündi­gungs­schutz­pro­zess der An­lass der Ab­mah­nung und da­mit auch die Ge­ringfügig­keit ei­nes Ver­schul­dens – wie sie im vor­lie­gen­den Fall durch­aus vor­liegt – zu berück­sich­ti­gen wäre. Es ist mit­hin nicht er­sicht­lich, dass die Ab­mah­nung als sol­che „schwer­wie­gen­de Rechts­fol­gen“ zei­ti­gen könn­te. Un­mit­tel­bar hat sie gar kei­ne rechts­verändern­de Kraft. Auch mit­tel­bar wäre bei ei­ner späte­ren Kündi­gung die Ge­ringfügig­keit des Ver­schul­dens zu berück­sich­ti­gen, so dass die Ab­mah­nung nichts im Verhält­nis zu dem Ver­schul­den des Klägers Übermäßiges für des­sen Rechts­sta­tus be­wir­ken kann.


Dass „gar kein Ver­s­toß“ vorläge, ist – wie sich aus dem zu­vor Ge­sag­ten er­gibt - nicht zu­tref­fend. Es liegt ein Ver­s­toß vor, so­gar ein – wenn auch ge­ringfügig – schuld­haf­ter.


Un­verhält­nismäßig große Nach­tei­le las­sen sich auch nicht des­halb fest­stel­len, weil – wie der Kläger meint – durch die Auf­nah­me in die Per­so­nal­ak­te der Ein­druck er­weckt wer­de, dass das Ar­beits­verhält­nis zerrüttet sei oder dass die Be­klag­te aus an­de­ren Gründen von der Ab­mah­nung nicht ab­se­hen wol­le. Das Ers­te ist durch den Text der Ab­mah­nung of­fen­sicht­lich nicht ge­ge­ben. Die Ab­mah­nung ist so­wohl dem Ton als auch dem In­halt nach


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adäquat for­mu­liert. Es gibt kei­nen An­halts­punkt dafür, aus der Ab­mah­nung zu fol­gern, dass das Ar­beits­verhält­nis „zerrüttet“ wäre. Auch das Zwei­te ist nicht nach­voll­zieh­bar. Es er­ge­ben sich aus ihr kei­ne An­halts­punk­te, dass sie nicht auf dem ge­ge­be­nen Vor­fall be­ruht, son­dern aus an­de­ren (wel­chen?) Gründen aus­ge­spro­chen wur­de.


Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG


Ge­gen die­ses Ur­teil ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben.


We­gen der Möglich­keit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de wird auf § 72a ArbGG ver­wie­sen.


Dr. B 

B

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