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BAG, Ur­teil vom 12.08.2008, 9 AZR 632/07

   
Schlagworte: Zeugnis, Zeugnis: Geheimcode
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 AZR 632/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.08.2008
   
Leitsätze: Soweit für eine Berufsgruppe oder in einer Branche der allgemeine Brauch besteht, bestimmte Leistungen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers im Zeugnis zu erwähnen, ist deren Auslassung regelmäßig ein (versteckter) Hinweis für den Zeugnisleser, der Arbeitnehmer sei in diesem Merkmal unterdurchschnittlich oder allenfalls durchschnittlich zu bewerten (beredtes Schweigen). Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch darauf, dass ihm ein ergänztes Zeugnis erteilt wird. Dies gebieten die Grundsätze von Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Dresden, Urteil vom 03.11.2005, 8 Ca 2970/05 Sächsisches Landesarbeitsgericht, 30.11.2006, 6 Sa 963/05
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

9 AZR 632/07
6 Sa 963/05
Säch­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
12. Au­gust 2008

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 12. Au­gust 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Düwell, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krasshöfer,
die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter
Preuß und Dr. Klos­terk­em­per für Recht er­kannt:

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Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 30. No­vem­ber
2006 - 6 Sa 963/05 - auf­ge­ho­ben. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die
Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens - an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über den In­halt ei­nes qua­li­fi­zier­ten Ar­beits­zeug­nis­ses.


Der Kläger war seit dem Jah­re 1993 bis zum 31. März 2003 als Ta­ges­zei­tungs­re­dak­teur bei der Be­klag­ten beschäftigt. Zwi­schen den Par­tei­en war ein Kündi­gungs­rechts­streit anhängig, der am 6. De­zem­ber 2004 vor dem
Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt ver­gleichs­wei­se bei­ge­legt wur­de. In Zif­fer 4 die­ses Ver­gleichs heißt es:


„Die Be­klag­te er­teilt dem Kläger ein Zeug­nis, mit dem
die­sem gu­te Führung und Leis­tung be­schei­nigt wer­den.“


In dem zu­letzt un­ter dem 31. März 2003 er­teil­ten Zeug­nis heißt es aus­zugs­wei­se:

„Herr E ar­bei­te­te sich schnell in neue Fach­ge­bie­te ein und kann die­se jour­na­lis­tisch ver­wer­ten. Er er­sch­ließt in kur­zer
Zeit Gesprächs­part­ner und kann de­ren In­for­ma­tio­nen re­dak­tio­nell um­set­zen. Herr E ist stil­si­cher, hat Sprach­gefühl,
be­herrscht in Theo­rie und Pra­xis die jour­na­lis­ti­schen Gen­res, kann aus ak­tu­el­len Er­for­der­nis­sen jour­na­lis­ti­sche The­men ab­lei­ten, de­ren po­li­ti­sche Be­deu­tung er­fas­sen und re­dak­tio­nell so­wie me­di­en­spe­zi­fisch um­set­zen. Sein Schreib­stil ist sach­lich, ori­gi­nell,
verständ­lich und va­ria­bel.

Bei sei­ner jour­na­lis­ti­schen Tätig­keit für un­ser Haus zeich­ne­te sich Herr E durch gründ­li­che Re­cher­che so­wie ziel­stre­bi­ge und ge­wis­sen­haf­te Ar­beits­wei­se aus. Ent-


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wick­lun­gen und Missstände bei von ihm be­ar­bei­te­ten The­men ver­folg­te er hartnäckig und gründ­lich. Herr E führ­te sei­ne Auf­ga­be stets selbstständig und zu­verlässig aus.

Er kann sei­ne ei­ge­nen Leis­tun­gen und die sei­ner Kol­le­gen sach­lich kri­tisch wer­ten und ist of­fen für neue
jour­na­lis­ti­sche Sich­ten und An­re­gun­gen. Wir be­schei­ni­gen Herrn E gu­te Führung und gu­te Leis­tun­gen.


Das Ar­beits­verhält­nis mit Herrn E en­de­te am 31. März 2003. Wir be­dan­ken uns für die ge­leis­te­te Ar­beit.“

Der Kläger be­gehrt ein Zeug­nis in dem die Be­klag­te ihm zusätz­lich be­schei­nigt, dass

a) er auch in Stress­si­tua­tio­nen zu­verlässig und ef­fek­tiv ar­bei­te,

b) sein Ver­hal­ten vor­bild­lich und er bei Vor­ge­setz­ten und Kol­le­gen sehr geschätzt ge­we­sen sei,

c) der Ar­beit­ge­ber ihm für sei­nen wei­te­ren persönli­chen und be­ruf­li­chen Le­bens­weg wei­ter­hin viel Er­folg
wünsche und

d) mit sei­nen Leis­tun­gen je­der­zeit sehr zu­frie­den ge­we­sen sei.

Der Kläger hat vor­ge­tra­gen, dass es zum übli­chen Zeug­nis­in­halt bei Ta­ges­zei­tungs­re­dak­teu­ren gehöre, die Be­last­bar­keit in Stress­si­tua­tio­nen ge­son­dert zu be­ur­tei­len. Schwei­ge sich ein Zeug­nis darüber aus, sei das Zeug­nis un­vollständig und sug­ge­rie­re, dass der Ar­beit­neh­mer in die­sem Be­ur­tei­lungs­merk­mal un­ter­durch­schnitt­lich oder al­len­falls durch­schnitt­lich ge­ar­bei­tet ha­be.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­pflich­ten, ihm ein Zeug­nis mit fol­gen­dem Text zu er­tei­len:

„Herr E, ge­bo­ren am 1962 in P, war vom 15. Fe­bru­ar 1993 bis zum 31. März 2003 als Re­dak­teur der S Zei­tung bei der D GmbH & Co. KG beschäftigt. Die D GmbH & Co KG ist ei­nes der großen deut­schen Druck- und Ver­lags­un­ter­neh­men. Im Ver­bund mit der G AG & Co KG gibt der


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Un­ter­neh­mens­be­reich Zei­tun­gen mit der S Zei­tung, der S Zei­tung am Sonn­tag, der Mor­gen­post S und der Mor­gen­post
am Sonn­tag die führen­den Zei­tun­gen im Re­gie­rungs­be­zirk D her­aus. Meh­re­re re­gio­na­le Zeit­schrif­ten und der In­ter­net-Dienst s-on­line run­den das Un­ter­neh­men­sport­fo­lio ab. Täglich er­reicht das Un­ter­neh­men mit sei­nen Pro­duk­ten rund ei­ne Mil­li­on Le­ser.

Herr E be­gann sei­ne Tätig­keit für un­ser Haus als Re­dak­teur in der Lo­kal­re­dak­ti­on W. Dort wur­de er in al­len Be­rei­chen des Lo­kal­jour­na­lis­mus ein­ge­setzt. Er re­cher­chier­te und schrieb Mel­dun­gen und führ­te In­ter­views. Da­bei zeig­te Herr E star­kes In­ter­es­se an kom­mu­nal­po­li­ti­schen und wirt­schaft­li­chen The­men so­wie an tech­ni­schen Bau- und Land­schafts­denk­ma­len. Sei­ne be­son­de­ren Fach­kennt­nis­se in Bau­we­sen, Ar­chi­tek­tur und Städte­pla­nung un­terstütz­ten sei­ne jour­na­lis­ti­sche Tätig­keit.

Ab Mai 1999 wech­sel­te Herr E in die Ab­tei­lung Re­dak­tio­nel­le Diens­te/Text des Be­rei­ches Pro­duk­ti­on der S Zei­tung. In die­ser Funk­ti­on war Herr E An­sprech­part­ner für den Leit­stand und für die Blatt­pla­ner zu den ta­ges­ak­tu­el­len Sei­ten. Die Mit­ar­bei­ter der Ab­tei­lung sind ver­ant­wort­lich für die Kon­trol­le al­ler re­dak­tio­nel­len Sei­ten für die ge­sam­te „S Zei­tung“ und de­ren pünkt­li­che und vollständi­ge Überg­a­be an die Pro­duk­ti­on/Vor­stu­fe. Zum An­for­de­rungs­pro­fil für die­se Tätig­keit gehört das Be­herr­schen des ge­sam­ten Re­dak­ti­ons­pro­zes­ses und um­fang­rei­ches Hin­ter­grund­wis­sen zur re­dak­tio­nel­len Ar­beit. Die Tätig­keit er­for­der­te außer­dem ei­ne en­ge Zu­sam­men­ar­beit mit den Re­dak­tio­nen der Lo­kal­aus­ga­ben der S Zei­tung.

Auf­grund sei­ner vor­an­ge­gan­ge­nen Tätig­keit als Lo­kal­re­dak­teur war Herr E in die­ser Funk­ti­on be­fugt, feh­ler­haf­te Tex­te nicht nur an die Ver­fas­ser zur Kor­rek­tur zurück­zu­sen­den, son­dern den feh­ler­haf­ten Text in­halt­lich selbst zu be­ar­bei­ten.


Herr E ar­bei­tet sich schnell in neue Fach­ge­bie­te ein und kann die­se jour­na­lis­tisch ver­wer­ten. Er er­sch­ließt in kur­zer Zeit Gesprächs­part­ner und kann de­ren In­for­ma­tio­nen re­dak­tio­nell um­set­zen. Herr E ist stil­si­cher, hat Sprach­gefühl, be­herrscht in Theo­rie und Pra­xis die jour­na­lis­ti­schen Gen­res, kann aus ak­tu­el­len Er­for­der­nis­sen jour­na­lis­ti­sche The­men ab­lei­ten, de­ren po­li­ti­sche Be­deu­tung er­fas­sen und re­dak­tio­nell so­wie me­di­en­spe­zi­fisch um­set­zen. Sein Schreib­stil ist sach­lich, ori­gi­nell, verständ­lich und va­ria­bel.

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Bei sei­ner jour­na­lis­ti­schen Tätig­keit für un­ser Haus zeich­ne­te sich Herr E durch gründ­li­che Re­cher­che so­wie ziel­stre­bi­ge und ge­wis­sen­haf­te Ar­beits­wei­se aus. Ent­wick­lun­gen und Missstände bei von ihm be­ar­bei­te­ten The­men ver­folg­te er hartnäckig und gründ­lich. Herr E führ­te sei­ne Auf­ga­ben stets selbstständig aus.


Er ist of­fen für neue jour­na­lis­ti­sche Sich­ten und An­re­gun­gen und ar­bei­tet auch in Stress­si­tua­tio­nen zu­verlässig und ef­fek­tiv. Wir wa­ren mit sei­nen Leis­tun­gen je­der­zeit sehr zu­frie­den.

Das Ver­hal­ten von Herrn E war vor­bild­lich. Bei Vor­ge­setz­ten und Kol­le­gen war er sehr geschätzt.

Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te zum 31. März 2003. Wir dan­ken Herrn E für die ge­leis­te­te Ar­beit und wünschen ihm für sei­nen wei­te­ren persönli­chen und be­ruf­li­chen Le­bens­weg wei­ter­hin viel Er­folg.“

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, mit dem er­teil­ten Zeug­nis ih­ren ge­setz­li­chen und im ge­richt­li­chen Ver­gleich über­nom­me­nen Ver­pflich­tun­gen ge­recht ge­wor­den zu sein. Der Le­ser des Zeug­nis­ses ei­nes Jour­na­lis­ten er­war­te kei­ne po­si­ti­ve Her­vor­he­bung der Ar­beit in Stress­si­tua­tio­nen. Es blei­be Sa­che des Ar­beit­ge­bers, wel­che Leis­tun­gen und Ei­gen­schaf­ten des Ar­beit­neh­mers er mehr her­vor­he­ben oder zurück­tre­ten las­sen wol­le, so­lan­ge das Zeug­nis wahr sei und kei­ne Aus­las­sung ent­hal­te, wo der Le­ser ei­ne po­si­ti­ve Her­vor­he­bung, wie et­wa bei der Ehr­lich­keit ei­nes Kas­sie­rers, er­war­te.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sein Kla­ge­be­geh­ren wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

A. Die Re­vi­si­on des Klägers ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung und zur Zurück­ver­wei­sung.

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Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­gründung durf­te die Kla­ge nicht ab­ge­wie­sen wer­den.

I. Der Kläger hat gemäß § 109 Ge­wO und aus dem ge­richt­li­chen Ver­gleich vom 6. De­zem­ber 2004 An­spruch auf Er­tei­lung ei­nes qua­li­fi­zier­ten Zeug­nis­ses. Im Ver­gleich ver­pflich­te­te sich die Be­klag­te, dem Kläger ein Zeug­nis zu er­tei­len, mit dem sie ihm „gu­te Führung und Leis­tung“ be­schei­nigt.

II. Der Se­nat kann nicht ab­sch­ließend ent­schei­den, ob der Zeug­nis­an­spruch des Klägers nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung er­lo­schen ist.

1. Der Ar­beit­ge­ber erfüllt den Zeug­nis­an­spruch durch Er­tei­lung ei­nes Zeug­nis­ses, das nach Form und In­halt den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen ent­spricht. Genügt das Zeug­nis die­sen An­for­de­run­gen nicht, kann der Ar­beit­neh­mer des­sen Be­rich­ti­gung oder Ergänzung be­an­spru­chen (Se­nat 21. Ju­ni 2005 - 9 AZR 352/04 - BA­GE 115, 130, zu II 1 der Gründe). Mit ei­ner Kla­ge auf Be­rich­ti­gung oder Ergänzung ei­nes er­teil­ten Ar­beits­zeug­nis­ses macht der Ar­beit­neh­mer des­halb wei­ter­hin die Erfüllung sei­nes Zeug­nis­an­spruchs gel­tend und kei­nen dem Ge­setz frem­den Be­rich­ti­gungs- oder Ergänzungs­an­spruch (st. Rspr., Se­nat 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 12/03 - BA­GE 108, 86, zu IV 2 b bb der Gründe; BAG 17. Fe­bru­ar 1988 - 5 AZR 638/86 - BA­GE 57, 329, zu I 1 der Gründe).


2. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, die Be­klag­te ha­be dem Kläger ein ord­nungs­gemäßes Zeug­nis er­teilt. Der An­spruch des Klägers sei durch Erfüllung er­lo­schen. Der Kläger ha­be ins­be­son­de­re kei­nen An­spruch auf Her­vor­he­bung sei­ner Leis­tungsfähig­keit in Stress­si­tua­tio­nen. Es müsse nicht je­der Ein­zel­as­pekt des Tätig­keits­spek­trums in ei­nem Zeug­nis Erwähnung fin­den.


Da­mit hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Be­haup­tung des Klägers, für Ta­ges­zei­tungs­re­dak­teu­re sei die Her­vor­he­bung der Be­last­bar­keit mit Stress im Zeug­nis üblich und de­ren Aus­las­sung ein für den Ar­beit­neh­mer nach­tei­li­ges Ge­heim­zei­chen, rechts­feh­ler­haft über­g­an­gen.
 


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a) Der ge­setz­lich ge­schul­de­te In­halt des Zeug­nis­ses be­stimmt sich nach den mit ihm ver­folg­ten Zwe­cken (Se­nat 10. Mai 2005 - 9 AZR 261/04 - BA­GE 114, 320, zu II 2 a der Gründe; 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 12/03 - BA­GE 108, 86, zu III 2 der Gründe). Ein Zeug­nis ist re­gelmäßig Be­wer­bungs­un­ter­la­ge und da­mit gleich­zei­tig Ent­schei­dungs­grund­la­ge für die Per­so­nal­aus­wahl künf­ti­ger Ar­beit­ge­ber. Des­halb hat es Aus­wir­kun­gen auf das be­ruf­li­che Fort­kom­men des Ar­beit­neh­mers (vgl. BT-Drucks. 14/8796 S. 25). Dem Ar­beit­neh­mer gibt es zu­gleich Auf­schluss darüber, wie der Ar­beit­ge­ber sei­ne Leis­tun­gen be­ur­teilt (Se­nat 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 12/03 - aaO; BAG 8. Fe­bru­ar 1972 - 1 AZR 189/71 - BA­GE 24, 112, 115). Vom Ar­beit­ge­ber wird da­bei ver­langt, dass er den Ar­beit­neh­mer auf der Grund­la­ge von Tat­sa­chen be­ur­teilt und, so­weit das möglich ist, ein ob­jek­ti­ves Bild über den Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­mit­telt (Se­nat 20. Fe­bru­ar 2001 - 9 AZR 44/00 - BA­GE 97, 57, zu B I 2 a der Gründe). Dar­aus er­ge­ben sich die Ge­bo­te der Zeug­nis­wahr­heit und der Zeug­nis­klar­heit.


aa) Der Grund­satz der Zeug­nis­wahr­heit er­streckt sich auf al­le we­sent­li­chen Tat­sa­chen, die für die Ge­samt­be­ur­tei­lung des Ar­beit­neh­mers von Be­deu­tung sind und an de­ren Kennt­nis ein künf­ti­ger Ar­beit­ge­ber ein be­rech­tig­tes und verständi­ges In­ter­es­se ha­ben kann. Die Tätig­kei­ten des Ar­beit­neh­mers sind so vollständig und ge­nau zu be­schrei­ben, dass sich ein künf­ti­ger Ar­beit­ge­ber ein kla­res Bild ma­chen kann (Se­nat 10. Mai 2005 - 9 AZR 261/04 - BA­GE 114, 320, zu II 2 b der Gründe).

Das Ge­bot der Zeug­nis­klar­heit ist nach § 109 Abs. 2 Ge­wO in sei­ner ab 1. Ja­nu­ar 2003 gel­ten­den Fas­sung ge­setz­lich nor­miert. Da­nach muss das Zeug­nis klar und verständ­lich for­mu­liert sein. Es darf kei­ne For­mu­lie­run­gen ent­hal­ten, die den Zweck ha­ben, ei­ne an­de­re als aus der äußeren Form oder aus dem Wort­laut er­sicht­li­che Aus­sa­ge über den Ar­beit­neh­mer zu tref­fen. Ab­zu­stel­len ist auf den ob­jek­ti­ven Empfänger­ho­ri­zont des Le­sers des Zeug­nis­ses. Es kommt nicht dar­auf an, wel­che Vor­stel­lun­gen der Zeug­nis­ver­fas­ser mit sei­ner Wort­wahl ver­bin­det (zu­letzt Se­nat 21. Ju­ni 2005 - 9 AZR 352/04 - BA­GE 115, 130, zu II 2 der Gründe).
 


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bb) In die­sem Rah­men ist der Ar­beit­ge­ber grundsätz­lich in der For­mu­lie­rung frei, so­lan­ge das Zeug­nis nichts Fal­sches enthält (BAG 29. Ju­li 1971 - 2 AZR 250/70 - AP BGB § 630 Nr. 6 = EzA BGB § 630 Nr. 1, zu II der Gründe). Der Ar­beit­ge­ber ent­schei­det des­halb auch darüber, wel­che po­si­ti­ven oder ne­ga­ti­ven Leis­tun­gen er stärker her­vor­he­ben will als an­de­re (BAG 23. Sep­tem­ber 1992 - 5 AZR 573/91 - EzA BGB § 630 Nr. 16, zu II der Gründe). Maßstab ist der ei­nes wohl­wol­len­den verständi­gen Ar­beit­ge­bers (Kütt­ner/Rei­ne­cke Per­so­nal­buch 2008 Zeug­nis Rn. 28). Da­von ist auch das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­gan­gen, wenn es ausführt, dass nicht je­der Ein­zel­as­pekt ei­nes Tätig­keits­spek­trums Erwähnung fin­den müsse.

b) Das Recht des Ar­beit­ge­bers, selbst darüber zu ent­schei­den, ob er be­stimm­te Leis­tun­gen oder Ei­gen­schaf­ten des Ar­beit­neh­mers her­vor­hebt, wird durch die ge­setz­li­chen Ge­bo­te der Zeug­nis­klar­heit und Zeug­nis­wahr­heit be­grenzt. Ist es für Ar­beit­neh­mer ei­ner Bran­che oder ei­ner Be­rufs­grup­pe üblich, be­stimm­te po­si­ti­ve Ei­gen­schaf­ten oder Leis­tun­gen her­vor­zu­he­ben, dann muss die­sem Brauch auch im Zeug­nis Rech­nung ge­tra­gen wer­den. Die­sen recht­li­chen Ge­sichts­punkt hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht berück­sich­tigt.


aa) Nach § 109 Abs. 2 Satz 2 Ge­wO ist es un­zulässig, ein Zeug­nis mit ge­hei­men Merk­ma­len oder un­kla­ren For­mu­lie­run­gen zu ver­se­hen, durch die der Ar­beit­neh­mer an­ders be­ur­teilt wer­den soll, als dies aus dem Zeug­nis­wort­laut er­sicht­lich ist (vgl. zum frühe­ren Recht Se­nat 20. Fe­bru­ar 2001 - 9 AZR 44/00 - BA­GE 97, 57, zu B I 2 a der Gründe). We­der Wort­wahl noch Aus­las­sun­gen dürfen da­zu führen, dass bei Le­sern des Zeug­nis­ses der Wahr­heit nicht ent­spre­chen­de Vor­stel­lun­gen ent­ste­hen können (Se­nat 21. Ju­ni 2005 - 9 AZR 352/04 - BA­GE 115, 130, zu II 2 der Gründe). Ein Zeug­nis darf des­halb dort kei­ne Aus­las­sun­gen ent­hal­ten, wo der verständi­ge Le­ser ei­ne po­si­ti­ve Her­vor­he­bung er­war­tet (vgl. Se­nat 20. Fe­bru­ar 2001 - 9 AZR 44/00 - aaO; BAG 29. Ju­li 1971 - 2 AZR 250/70 - AP BGB § 630 Nr. 6 = EzA BGB § 630 Nr. 1, zu II der Gründe). An­spruch auf aus­drück­li­che Be­schei­ni­gung be­stimm­ter Merk­ma­le hat da­mit der Ar­beit­neh­mer, in des­sen Be­rufs­kreis dies üblich ist und bei dem das Feh­len ei­ner ent­spre­chen­den Aus­sa­ge im Zeug­nis sein be­ruf­li­ches

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Fort­kom­men be­hin­dern könn­te (vgl. BAG 23. Ju­ni 1960 - 5 AZR 560/58 - BA­GE 9, 289). Das Weg­las­sen be­stimm­ter Prädi­ka­te oder be­rufs­spe­zi­fi­scher Merk­ma­le ist bei ei­ner im Übri­gen po­si­ti­ven Be­ur­tei­lung zwar grundsätz­lich noch kein Hin­weis auf de­ren Feh­len, wenn das Prädi­kat zu den Selbst­verständ­lich­kei­ten des Be­rufs­krei­ses des Ar­beit­neh­mers gehört (Sch­leßmann Das Ar­beits­zeug­nis S. 176). So­weit je­doch die Merk­ma­le in be­son­de­rem Maße ge­fragt sind und des­halb der all­ge­mei­ne Brauch be­steht, die­se im Zeug­nis zu erwähnen, kann die Nich­terwähnung (be­red­tes Schwei­gen) ein er­kenn­ba­rer Hin­weis für den Zeug­nis­le­ser sein (BGH 22. Sep­tem­ber 1970 - VI ZR 193/69 - AP BGB § 826 Nr. 16, zu III 1 der Gründe).


bb) Das ist nach dem Vor­brin­gen des Klägers der Fall. Da­nach soll die Be­ur­tei­lung der Be­last­bar­keit in Stress­si­tua­tio­nen bei Ta­ges­zei­tungs­jour­na­lis­ten zum übli­chen Zeug­nis­in­halt gehören. Das Schwei­gen darüber sug­ge­rie­re, dass der Ar­beit­neh­mer in die­sem Be­ur­tei­lungs­merk­mal un­ter­durch­schnitt­lich oder al­len­falls durch­schnitt­lich ar­bei­te. Da die Be­klag­te nicht be­haup­tet hat, die Aus­las­sung sei we­gen feh­len­der Be­last­bar­keit des Klägers mit Stress ge­recht­fer­tigt, kommt es dar­auf an, ob das Vor­brin­gen des Klägers tatsächlich zu­trifft. Hier­zu hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen.

3. Der Se­nat kann in der Sa­che nicht ab­sch­ließend ent­schei­den. 

a) Nach § 563 Abs. 3 ZPO hat das Re­vi­si­ons­ge­richt in der Sa­che selbst zu ent­schei­den, wenn das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts nur we­gen ei­nes Man­gels in der Ge­set­zes­an­wen­dung auf­zu­he­ben und der Rechts­streit ent­schei­dungs­reif ist. Das setzt vor­aus, dass das bei­der­sei­ti­ge Par­tei­vor­brin­gen fest­ge­stellt und wei­te­rer Sach­vor­trag nicht zu er­war­ten ist. Das ist hier nicht si­cher­ge­stellt.

b) Die Fest­stel­lung ei­nes Zeug­nis­brauchs ist als Tat­fra­ge der Tat­sa­chen­in­stanz vor­be­hal­ten (vgl. für Han­dels­brauch und Ver­kehrs­sit­te BGH 11. Mai 2001 - V ZR 492/99 - NJW 2001, 2464, zu II 1 c der Gründe). Da­bei ist es dem Tat­sa­chen­ge­richt nicht ver­wehrt, das Be­ste­hen oder Nicht­be­ste­hen ei­nes Zeug­nis­brauchs zu be­ur­tei­len, wenn es da­zu über aus­rei­chen­de Sach­kun­de und Le­bens­er­fah­rung verfügt. An­dern­falls hat es sich der Hil­fe ei­nes Sach­ver-


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ständi­gen zu be­die­nen (vgl. BGH 2. Ok­to­ber 2003 - I ZR 150/01 - BGHZ 156, 250, zu II 2 a der Gründe; 1. April 1993 - I ZR 136/91 - NJW-RR 1993, 1000, zu II 1 b der Gründe). Un­er­heb­lich ist, dass der Kläger kei­nen ent­spre­chen­den Be­weis an­ge­tre­ten hat. Der An­tritt ei­nes Sach­verständi­gen­be­wei­ses ist oh­ne­hin nur An­re­gung an das Ge­richt. Die Zu­zie­hung ei­nes Sach­verständi­gen zur Un­terstützung des Ge­richts ist gemäß § 144 Abs. 1 ZPO durch die Tat­sa­chen­ge­rich­te stets nach pflicht­gemäßen Er­mes­sen zu prüfen (BAG 9. No­vem­ber 1973 - 4 AZR 27/73 - BA­GE 25, 371, zu VI 1 der Gründe). Dies wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt nach­zu­ho­len ha­ben.


B. Da über den zeug­nis­recht­li­chen Erfüllungs­an­spruch nur ein­heit­lich ent­schie­den wer­den kann, war es dem Se­nat nicht möglich, im We­ge ei­nes Teil­ur­teils über die wei­te­ren vom Kläger be­gehr­ten „Be­rich­ti­gun­gen“ zu er­ken­nen.

Düwell 

Gall­ner 

Krasshöfer

Preuß 

Klos­terk­em­per

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