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BAG, Ur­teil vom 21.10.1997, 9 AZR 267/96

   
Schlagworte: Erziehungszeit: Urlaub, Urlaub: Erziehungszeit
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 AZR 267/96
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.10.1997
   
Leitsätze: 1. Ist der Urlaubsanspruch vor dem Beginn des Erziehungsurlaubs nicht vollständig erfüllt worden, so hat der Arbeitgeber nach § 17 Abs 2 BErzGG den Resturlaub nach dem Ende des Erziehungsurlaubs im laufenden oder spätestens im folgenden Urlaubsjahr zu gewähren. Der so übertragene Urlaub verfällt auch dann mit Ablauf des nächsten Urlaubsjahres, wenn der Urlaub wegen der Inanspruchnahme eines zweiten Erziehungsurlaubs nicht genommen werden konnte.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Oberhausen
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
   

9 AZR 267/96
16 Sa 1588/95 Düssel­dorf


Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
21. Ok­to­ber 1997

Ur­teil

Brüne,
Jus­tiz­se­kretärin
als Ur­kunds­be­am­ter
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

PP.


hat der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 21. Ok­to­ber 1997 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter Prof. Dr. Lei­ne­mann, den Rich­ter Düwell und die Rich­te­rin Rei­ne­cke so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Schwarz und Busch für Recht er­kannt:
 


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Auf die Re­vi­si­on des Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 5. März 1996 - 16 Sa 1588/95 - auf­ge­ho­ben.

Auf die Be­ru­fung des Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ober­hau­sen vom 31. Ok­to­ber 1995 - 3 Ca 1855/95 - ab­geändert.

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Die Kläge­rin hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, der Kläge­rin Ur­laub aus 1990 ab­zu­gel­ten.

Die Kläge­rin war von Ok­to­ber 1989 bis En­de Ju­li 1995 als Arzt­hel­fe­rin beschäftigt. Nach Ab­lauf der Mut­ter­schutz­frist nahm sie vom 1. Ok­to­ber 1990 bis zum 5. Fe­bru­ar 1992 für ihr im Au­gust 1990 ge­bo­re­nes Kind Er­zie­hungs­ur­laub in An­spruch. Während des Er­zie­hungs­ur­laubs über­nahm der Be­klag­te die Arzt­pra­xis, in der die Kläge­rin beschäftigt wur­de. Nach En­de des Er­zie­hungs­ur­laubs gewähr­te er ihr am 6. und 7. Fe­bru­ar 1992 Er­ho­lungs­ur­laub. Zu die­sem Zeit­punkt war die Kläge­rin er­neut schwan­ger, Bis zum Be­ginn der ge­setz­li­chen Mut­ter­schutz­frist war sie durch­ge­hend ar­beits­unfähig krank. Für ihr am 7. Mai 1992 ge­bo­re­nes Kind nahm sie in der Zeit vom 3. Ju­li 1992 bis 6. Mai 1995 wie­der­um Er­zie­hungs­ur­laub in An­spruch. Nach Be­en­di­gung des zwei­ten Er­zie­hungs­ur­laubs lehn­te der Be­klag­te es ab, der Kläge­rin Rest­ur­laub aus dem Jahr 1990 nach­zu­gewähren.
 


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Mit der am 28. Au­gust 1995 er­ho­be­nen Kla­ge hat die Kläge­rin die Ab­gel­tung von neun Ta­gen Rest­ur­laub ge­richt­lich gel­tend ge­macht. Sie hat be­an­tragt,

den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin 1.017,69 DM brut­to nebst 4 % Zin­sen aus dem sich er­ge­ben­den Net­to­be­trag seit dem 1. Au­gust 1995 zu zah­len.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ist zurück­ge­wie­sen wor­den. Mit der zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on be­gehrt der Be­klag­te die Ab­wei­sung der Kla­ge. Die Kläge­rin ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil.

Ent­schei­dungs­gründe:

I. Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Der Be­klag­te ist nicht ver­pflich­tet, den Rest­ur­laub aus dem Ur­laubs­jahr 1990 ab­zu­gel­ten.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den von ihm zu­er­kann­ten Ab­gel­tungs­an­spruch da­mit be­gründet, der Rest­ur­laub aus 1990 sei nach § 17 Abs. 2 BErzGG bei Be­en­di­gung des ers­ten Er­zie­hungs­ur­laubs über­tra­gen wor­den. Die In­an­spruch­nah­me von Er­zie­hungs­ur­laub für das später ge­bo­re­ne Kind ha­be den Ein­tritt des Ver­falls am En­de die­ses. Über­tra­gungs­zeit­raums ver­hin­dert. Der Ur­laub sei wei­ter auf das bei Be­en­di­gung des zwei­ten Er­zie­hungs­ur­laubs lau­fen­de Ur­laubs­jahr 1995 über­tra­gen wor­den.
 


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2. Das ist mit der Se­nats­recht­spre­chung nicht ver­ein­bar. Bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses im Jah­re 1995 ist kein Ab­gel­tungs­an­spruch ent­stan­den. Der ver­meint­lich ab­zu­gel­ten­de Ur­laubs­an­spruch ist be­reits mit Ab­lauf des Jah­res 1993 un­ter­ge­gan­gen.

a) Die Kläge­rin hat nach § 4 BUr1G für das Ur­laubs­jahr 1990 den vol­len Ur­laubs­an­spruch er­wor­ben. Un­strei­tig hat der frühe­re In­ha­ber der Arzt­pra­xis die­sen An­spruch nicht vollständig erfüllt. Der rest­li­che Erfüllungs­an­spruch ist nicht mit En­de des Ur­laubs­jah­res 1990 un­ter­ge­gan­gen.


Nach § 17 Abs. 2 BerzGG hat der Ar­beit­ge­ber den Rest­ur­laub nach dem Er­zie­hungs­ur­laub in dem lau­fen­den oder im nächs­ten Ur­laubs­jahr zu gewähren. Der we­gen des Er­zie­hungs­ur­laubs 1990 nicht in An­spruch ge­nom­me­ne Ur­laub ist des­halb auf das bei der Be­en­di­gung die­ses Er­zie­hungs­ur­lau­bes lau­fen­de Jahr 1992 und das fol­gen­de Jahr 1993 über­tra­gen wor­den.


Schuld­ner die­ses An­spruchs war der Be­klag­te, weil er durch den Er­werb der Arzt­pra­xis nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die­se Ver­pflich­tung ein­ge­tre­ten ist.


b) Die Ver­pflich­tung des Be­klag­ten, der Kläge­rin Rest­ur­laub aus dem Jähr 1990 zu gewähren, ist mit dem Ab­lauf des Jah­res 1993 un­ter­ge­gan­gen.


§ 17 Abs. 2 BerzGG begüns­tigt Ar­beit­neh­mer, die nach § 16 BErzGG Er­zie­hungs­ur­laub in An­spruch neh­men. Die­se wer­den durch

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§ 17 Abs. 2 BErzGG da­vor geschützt, daß we­gen der In­an­spruch­nah­me des Er­zie­hungs­ur­laubs der Rest­ur­laub verfällt. Das ge­schieht da­durch, daß der an­sons­ten gel­ten­de drei­mo­na­ti­ge Über­tra­gungs­zeit­raum des S 7 Abs. 3 Satz 3 BUr1G bis zum Ab­lauf des nächs­ten auf die Be­en­di­gung die­ses Er­zie­hungs­ur­laubs fol­gen­den Jah­res aus­ge­dehnt wird. Ein dar­an an­sch­ließen­der zwei­ter Er­zie­hungs­ur­laub ver­hin­dert nicht den Ver­fall; denn ei­ne wei­te­re Verlänge­rung für den Fall, daß vor Ab­lauf des Über­tra­gungs­zeit­raums ein zwei­ter Er­zie­hungs­ur­laub in An­spruch ge­nom­men wird, ist nicht vor­ge­se­hen (vgl. SAG Ur­teil vom 23. April 1996 - 9 AZR 165/95 - AP Nr. 6 zu § 17 BErzGG, zur Veröffent­li­chung für die Amt­li­che Samm­lung vor­ge­se­hen). Die­se Recht­spre­chung hat - so­weit er­sicht­lich - im Schrift­tum kei­ne Kri­tik ge­fun­den (Grüner/Da­li­chau, BErzGG, 37. Ergänzungs­lie­fe­rung y 17 Rz 15; Glat­zel, AR-Blat­tei, ES 680 Nr. 20; Oet­ker, AuA 1997, 139; Rei­ne­cke in Kütt­ner, Per­so­nal­buch 1997, Er­zie­hungs­ur­laub Rz 36). An ihr ist fest­zu­hal­ten. Für sie spricht, daß durch ei­ne ket­ten­ar­ti­ge mehr­ma­li­ge In­an­spruch­nah­me von Er­zie­hungs­ur­laub die Über­tra­gung so aus­ge­wei­tet wer­den könn­te, daß der Be­zug zum Ur­laubs­jahr ver­lo­ren gin­ge. Die Kläge­rin ver­kennt dem­ge­genüber, daß aus Zulässig­keit der mehr­fa­chen In­an­spruch­nah­me von Er­zie­hungs­ur­laub noch nicht auf die mehr­fa­che Über­tra­gung von Ur­laubs­ansprüchen ge­schlos­sen wer­den kann.


c) Ist mit Ab­lauf des 31. De­zem­ber 1993 der aus dem Ur­laubs­jahr 1990 über­tra­ge­ne Rest­ur­laub ver­fal­len, so be­stand bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31. Ju­li 1995 we­der nach § 17 Abs. 3 BErzGG noch nach §'7 Abs. 4 BUr1G ei­ne Grund­la­ge für die Ab­gel­tung.

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II. Die Kläge­rin hat als vollständig Un­ter­le­ge­ne nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

 

Lei­ne­mann 

Rei­ne­cke 

Düwell

Schwarz 

Busch

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