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LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 07.05.2008, 10 Sa 26/08

   
Schlagworte: Kündigungsschutzklage, Klagefrist
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 10 Sa 26/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 07.05.2008
   
Leitsätze:

1. Mangels Überleitungsvorschrift ist nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechtes bei einem Antrag auf nachträgliche Zulassung das Prozessrecht in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

2. Wird bei einem Beschluss nach § 5 KSchG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde noch im zeitlichen Geltungsbereich des alten Rechtes eingelegt, richtet sich Statthaftigkeit und sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen nach altem Recht.

3. In der Sache selbst hat das Landesarbeitsgericht nach den neuen Verfahrensvorschriften zu entscheiden. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist als Zwischenurteil über den Antrag auf nachträgliche Zulassung zu bewerten.

4. Das Verschulden eines Mitarbeiters einer Einzelgewerkschaft ist nicht über § 85 Abs.2 ZPO zurechenbar, wenn die Kündigungsschutzklage nicht rechtzeitig an die "DGB-Rechtsschutz GmbH" weitergeleitet wird.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg, Beschluss vom 15.01.2008, 7 Ca 378/07
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

- Kam­mern Frei­burg -

 

Verkündet

am 07.05.2008

Ak­ten­zei­chen:

10 Sa 26/08

7 Ca 378/07 (ArbG Frei­burg - Kn. U
Vil­lin­gen-Schwen­nin­gen)
(Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

S.
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

Im Na­men des Vol­kes

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

- Kläger/Be­ru­fungskläger -

Proz.-Bev.:

ge­gen

- Be­klag­te/Be­ru­fungs­be­klag­te -

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg
- Kam­mern Frei­burg - 10. Kam­mer -
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Ar­nold,
den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Bull­win­kel
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Gla­ser
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 07.05.2008

für Recht er­kannt:

1. Auf die Be­schwer­de des Klägers wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Frei­burg vom 15.01.2008, Az. 7 Ca 378/07 ab­geändert.

Die Kündi­gungs­schutz­kla­ge vom 13.09.2007 - be­tref­fend die Kündi­gung vom 18.07.2007 - wird nachträglich zu­ge­las­sen.

2. Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt dem Schlus­s­ur­teil vor­be­hal­ten.

3. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung. Der 1951 ge­bo­re­ne Kläger ist bei der Be­klag­ten seit 01.10.1991 mit ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ent­gelt von € 2.600,00 beschäftigt.

Die Be­klag­te hat mit Schrei­ben vom 18.07.2007, zu­ge­gan­gen am 19.07.2007, das Ar­beits­ver-hält­nis zum 31.01.2008 gekündigt. Hier­ge­gen hat der Kläger am 13.09.2007 Kündi­gungs-schutz­kla­ge er­ho­ben und zu­gleich be­an­tragt, die Kündi­gungs­schutz­kla­ge nachträglich zu­zu­las­sen.

Erst­in­stanz­lich hat der Kläger hier­zu wie folgt vor­ge­tra­gen:

Im An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung vom 13.09.2007 hat der Kläger un­ter Beifügung ei­ner ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung der Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ten der Ge­werk­schaft N. Re­gi­on Ba­den-Würt­tem­berg Süd, Frau F. vom 12.09.2007 vor­ge­tra­gen, er ha­be die­ser am 20.07.2007 im Büro die Kündi­gung ab­ge­ge­ben. Un­ter­la­gen die­ser Art würden dem Geschäftsführer über­ge­ben. Die­ser wei­se an, ob Rechts­schutz ge­neh­migt wer­de oder nicht. An­sch­ließend er­hal­te Frau F. die Un­ter­la­gen zurück und stel­le die Ak­ten zur Wei­ter­lei­tung an den DGB-Rechts­schutz zu­sam­men. Frau F. ha­be auf­grund von Um­bau­ar­bei­ten die Ak­te nicht ent­spre­chend wei­ter­ge­lei­tet, son­dern ver­se­hent­lich zu den während des Um­baus aus­ge­la­ger­ten Un­ter­la­gen ge­ge­ben und dies erst nach Rückführung der Ak­ten am 11.09.2007 be­merkt.

Im wei­te­ren Schrift­satz vom 15.10.2007 hat der Kläger vor­ge­tra­gen, dass Frau F. für den Erst­kon­takt mit den Mit­glie­dern, wel­che des Rechts­schut­zes bedürfen, zuständig sei. Sie ent­schei­de selbstständig, ob sie in der La­ge sei, die Auf­nah­me al­lein oder ab­sch­ließend durch­zuführen oder, ob ei­ne in­ten­si­ve Rechts­be­ra­tung durch den Geschäftsführer not­wen­dig sei. Be­ar­bei­te sie den Fall al­lei­ne, würde dem Mit­glied der Ar­beits­rechts­bo­gen und die Voll­mach­ten über­ge­ben. Im Fal­le der Rechts­be­ra­tung durch den Geschäftsführer würden die Ak­ten oh­ne Ar­beits­rechts­bo­gen und Voll­mach­ten zu­sam­men­ge­stellt. Das Mit­glied er­hal­te ei­nen Ter­min beim Geschäftsführer. In die­sem Rechts­be­ra­tungs­ter­min würden dann die Voll­mach­ten und der Ar­beits­rechts­bo­gen aus­gefüllt wer­den. Im Fal­le des Klägers ha­be sie die Un­ter­la­gen zur Sei­te ge­legt, um sie dem Geschäftsführer zur Be­ar­bei­tung zu über­ge­ben, da auf­grund des Hin­ter­grun­des der Kündi­gung dies ein Rechts­fall ge­we­sen sei, der zur Be­ra­tung dem Geschäftsführer vor­ge­legt wer­de. Am 20.07.2007 ha­be der Kläger beim Geschäftsführer ei­nen Be­spre­chungs­ter­min ge­habt. Das

 

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vor­ge­se­he­ne Gespräch mit dem Geschäftsführer ha­be nicht statt­ge­fun­den, da die­ser durch ei­nen an­de­ren Ter­min ver­hin­dert ge­we­sen sei. Da er Kündi­gungs­schutz­kla­ge ha­be ein­rei­chen wol­len, ha­be er die Kündi­gung über­ge­ben und dar­um ge­be­ten, Ent­spre­chen­des zu ver­an­las­sen. Von Frau F. ha­be er we­der Voll­mach­ten noch den Ar­beits­rechts­fra­ge­bo­gen er­hal­ten. Ei­des­statt­li­che Ver­si­che­run­gen ent­spre­chend die­sem Vor­trag sind nicht er­folgt.

In dem wei­te­ren Schrift­satz vom 19.11.2007 hat der Kläger vor­ge­tra­gen, er ha­be dar­auf ver­trau­en können, dass die Ge­werk­schaft die er­for­der­li­chen Schrit­te ein­lei­te und die Frist zur Er-he­bung der Kla­ge über­wa­che. Ziel des Be­spre­chungs­ter­mins mit dem Geschäftsführer sei es ge­we­sen, Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu er­he­ben.

Mit Schrift­satz vom 22.11.2007 hat der Kläger zur Kor­rek­tur bis­he­ri­gen Vor­tra­ges vor­ge­tra­gen, dass Frau F. nicht in al­lei­ni­ger Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz über­las­sen sei, darüber zu ent­schei­den, ob der Fall di­rekt oder erst nach dem Be­ra­tungs­gespräch mit dem Geschäftsführer zum DGB-Rechts­schutz ge­he. Zwar neh­me sie bei ein­fa­che­ren Din­gen die­se auf und fülle zu­sam­men mit dem Mit­glied den Ar­beits­rechts­bo­gen aus. An das Rechts­schutzbüro würden sie je­doch je­weils erst nach In­for­ma­ti­on des Geschäftsführers ver­sandt. Ob ein Kol­le­ge die sat­zungs­gemäßen Vor­aus­set­zun­gen für Rechts­schutz erfüllt ha­be oder nicht, prüfe sie. In Zwei­felsfällen wer­de ein Be­ra­tungs­ter­min ver­ein­bart. Bei recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ha­be der Geschäftsführer das letz­te Wort.

Auf die Verfügung des Ge­richts vom 26.11.2007, wo­nach un­ter dem Ge­sichts­punkt der Prüfung von Ei­gen­ver­schul­den vor­zu­tra­gen sei, was dem Kläger am 20.07.2007 mit­ge­teilt wor­den sei, ha­ben in ei­ner ge­mein­schaft­li­chen ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung der Geschäftsführer Herr S. und Frau F. erklärt, dass, da es klar ge­we­sen sei, dass es um ei­ne ein­fa­che Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­he, Frau F. die Kündi­gung auf­ge­nom­men ha­be, den Ar­beits­rechts­bo­gen mit dem Mit­glied aus­gefüllt ha­be, das Schrei­ben ko­piert und der be­reits be­ste­hen­den Ak­te des Klägers bei­gefügt wor­den sei. In der Um­bau­pha­se ha­be Frau F. am 20.07.2007 ver­ges­sen, den Ar­beits­rechts­bo­gen vom Kläger un­ter­schrei­ben zu las­sen und die Ak­te dem Geschäftsführer vor­zu­le­gen und die Ak­te nach Be­ar­bei­tung durch die­sen dem DGB-Rechts­schutz zu­kom­men zu las­sen. Der Kläger selbst hat am 10.12.2007 an Ei­des statt ver­si­chert, dass er für den 20.07.2007 mit Herrn S. ei­nen Be­spre­chungs­ter­min ver­ein­bart ha­be und er Herrn S. mit­ge­teilt ha­be, dass er ge­gen die er­hal­te­ne Kündi­gung Kla­ge er­he­ben wol­le.

 

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Der Kläger, der der Auf­fas­sung ist, dass we­der ein Ei­gen­ver­schul­den vor­lie­ge noch ein ihm zu­re­chen­ba­res Fremd­ver­schul­den, be­an­tragt,

die Kündi­gungs­schutz­kla­ge nachträglich zu­zu­las­sen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Der Kläger ha­be nicht da­von aus­ge­hen können, dass oh­ne sein wei­te­res Zu­tun Kla­ge er­ho­ben wer­de, ins­be­son­de­re auch weil der Kläger we­der ei­ne Voll­macht für den DGB-Rechts­schutz un­ter­schrie­ben ha­be noch ei­nen Ter­min beim Geschäftsführer er­hal­ten ha­be. Hin­sicht­lich des Vor­tra­ges zum Ver­schul­den von Frau F. und der Be­ar­bei­tung sei der Vor­trag des Klägers wi­dersprüchlich.

Das Ar­beits­ge­richt hat oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung am 15.01.2008 durch die Kam­mer den An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung zurück­ge­wie­sen, da zum kon­kre­ten Ab­lauf am 20.07.2007 nicht hin­rei­chend vor­ge­tra­gen wur­de und auch nicht fest­steht, dass der Kläger da­von aus­ge­hen konn­te, dass Kla­ge er­ho­ben wer­de.

Ge­gen den dem Kläger am 21.01.2008 zu­ge­stell­ten Be­schluss hat die­ser am 22.01.2008 so­for­ti­ge Be­schwer­de ein­ge­legt und vor­ge­tra­gen, dass ihm die in­ner­be­trieb­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on der Ge­werk­schaft N. nicht be­kannt sei, so­dass ihm Feh­ler der Ge­werk­schaft N. nicht zu­zu­rech­nen sei­en.

Durch Be­schluss vom 12.02.2008 hat das Ar­beits­ge­richt durch die Kam­mer oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung be­schlos­sen, der so­for­ti­gen Be­schwer­de nicht ab­zu­hel­fen und die­se dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zur Ent­schei­dung vor­zu­le­gen.

Mit Schrift­satz vom 11.03.2008 hat der Kläger ergänzend vor­ge­tra­gen, dass er ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts nicht auf den Ge­dan­ken ei­nes wei­te­ren Ter­mins ge­kom­men sei, da ein­deu­tig ge­we­sen sei, dass er ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge wünsche. Dies ha­be er in dem Gespräch mit Frau F. klar zum Aus­druck ge­bracht, die die Kündi­gung ko­piert und die not­wen­di­gen Da­ten in den Ar­beits­rechts­bo­gen ein­ge­tra­gen ha­be. Nach sei­ner Er­in­ne­rung ha­be Frau F. zum Schluss sinn­gemäß erklärt, dass sie die Un­ter­la­gen Herrn S. ge­be, der sich dar­um kümme­re, dass die Kla­ge ein­ge­reicht wer­de. Er ha­be aus sei­ner Sicht al­les ge­tan, was zur Er­he­bung

 

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ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge not­wen­dig sei. Es sei auch nicht rich­tig, dass erst­in­stanz­lich wi­dersprüchlich vor­ge­tra­gen wor­den sei. Viel­mehr sei­en Ergänzun­gen und Klar­stel­lun­gen da­hin­ge­hend er­folgt, dass for­mal der Geschäftsführer für die Rechts­schutz­be­wil­li­gung ge­ra­de ste­hen müsse. Die Ver­spätung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­ru­he auf kei­ner struk­tur­be­ding­ten Feh­ler­quel­le, son­dern auf ei­nem Aus­nah­me­fall durch den Feh­ler ei­ner gut ein­ge­ar­bei­te­ten ver­sier­ten Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ten.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung am 07.05.2008 hat der Kläger be­an­tragt,

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Frei­burg, Kam­mern Vil­lin­gen-Schwen­nin­gen vom 15.01.2008 (Az. 7 Ca 378/07) un­ter Auf­he­bung des Be­schlus­ses vom 12.02.2008 ab­zuändern und die Kündi­gungs­schutz­kla­ge nachträglich zu­zu­las­sen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

Un­ge­ach­tet der durch ver­schie­de­ne ei­des­statt­li­che Ver­si­che­run­gen her­vor­ge­ru­fe­nen Wi­der-sprüche sei so­wohl ein Ei­gen­ver­schul­den des Klägers so­wie ein Or­ga­ni­sa­ti­ons- und Aus­wahl­ver­schul­den der Ge­werk­schaft N. nicht von der Hand zu wei­sen. Da­bei sei zunächst zu berück­sich­ti­gen, dass zu Anhörungs­gründen in­ner­halb der 2-Wo­chen­frist des § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG vor­ge­tra­gen und die Mit­tel zur Glaub­haft­ma­chung an­ge­ge­ben wer­den müssen. Hin­zu kom­me, dass die feh­len­de Un­ter­schrift un­ter dem Ar­beits­rechts­bo­gen dafür spre­che, dass ent­we­der am 20.07.2007 nichts ab­sch­ließend ge­re­gelt wer­den soll­te oder aber, dass der gan­ze Ar­beits­rechts­bo­gen erst nachträglich aus­gefüllt wor­den ist. Es wer­de da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kläger den Ar­beits­rechts­bo­gen nicht ge­se­hen, das Merk­blatt nicht er­hal­ten und kei­ne Un­ter­schrift ge­leis­tet ha­be. Da­her ha­be der Kläger nicht von ei­ner Kla­ger­he­bung oh­ne wei­te­res Zu­tun aus­ge­hen können. Im Übri­gen sei ein Ver­schul­den der Ge­werk­schaft N. nach der Zu­rech­nungs­norm des § 85 Abs. 2 ZPO dem Kläger zu­zu­rech­nen.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat am 07.05.2008 nach münd­li­cher Ver­hand­lung durch die Kam­mer ent­schie­den.

 

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Ent­schei­dungs­gründe:

Das zulässi­ge Rechts­mit­tel des Klägers ist be­gründet.

I.

Der Kläger hat ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­rich­tes vom 15.01.2008 form- und frist­ge­recht so­for­ti­ge Be­schwer­de ein­ge­legt. Als Fol­ge der Neu­re­ge­lung des § 5 Abs. 4 und 5 KSchG durch das am 01.04.2008 in Kraft ge­tre­te­ne Ge­setz zur Ände­rung des So­zi­al­ge­richts­ge­set­zes und des Ar­beits­ge­richts­ge­set­zes ist über den Be­schluss durch Ur­teil zu ent­schei­den.

Das Ände­rungs­ge­setz enthält kei­ne Über­g­angs­vor­schrift.

Man­gels Über­lei­tungs­vor­schrift ist das Pro­zess­recht in der je­weils gel­ten­den Fas­sung an­zu­wen­den.

Die An­wend­bar­keit neu­er Pro­zess­ge­set­ze auf anhängi­ge Rechts­strei­tig­kei­ten rich­tet sich in ers­ter Li­nie nach den vom Ge­setz­ge­ber ge­trof­fe­nen po­si­ti­ven Re­ge­lun­gen. So­weit die­se feh­len, er­fas­sen Ände­run­gen im Pro­zess­recht im All­ge­mei­nen auch schwe­ben­de Ver­fah­ren. Die­se sind da­her mit dem In­kraft­tre­ten des Ände­rungs­ge­set­zes grundsätz­lich nach neu­em Recht zu be­ur­tei­len, so­weit es sich nicht um un­ter der Gel­tung des al­ten Rechts ab­ge­schlos­se­ne Pro­zess­hand­lun­gen und ab­sch­ließend ent­stan­de­ne Pro­zess­la­gen geht (vgl. BGH, Urt. v. 28.02.1991, III ZR 53/90, NJW 1999 Sei­te 1686 m.w.N.; Mu­si­el­lak, ZPO, 5. Auf­la­ge, Ein­lei­tung, Rn. 13; MK-ZPO/Gru­ber, Vor­be­mer­kung zu den §§ 1 ff. EG ZPO, Rz. 1). Ab­wei­chen­des kann sich aus dem Sinn und Zweck der be­tref­fen­den Vor­schrift und aus dem Zu­sam­men­hang mit an­de­ren Grundsätzen des Pro­zess­rech­tes er­ge­ben.

Hier­aus er­gibt sich zunächst, dass, da das Rechts­mit­tel der so­for­ti­gen Be­schwer­de noch im Gel­tungs­be­reich des al­ten Rech­tes ein­ge­legt wor­den ist, sich Statt­haf­tig­keit und sons­ti­ge Zulässig­keits­vor­aus­set­zun­gen nach dem al­ten Recht rich­ten. Dies be­deu­tet je­doch nicht wei­ter­ge­hend, dass das Ver­fah­ren im Rechts­mit­tel ins­ge­samt nach dem al­ten Recht, das zur Zeit der Ein­le­gung des Rechts­mit­tels galt, ab­ge­wi­ckelt wer­den muss. Sol­che Wei­ter­wir­kun­gen sind nur dann an­zu­neh­men, wenn sie aus dem Wort­laut oder aus Sinn und Zweck der Neu­re­ge­lung oder sons­ti­gen Vor­schrif­ten und Grundsätzen her­vor­ge­hen (vgl. MK-ZPO/Gru­ber, a.a.O. Rn. 2).

 

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In der Sa­che selbst ist da­nach nach den neu­en Ver­fah­rens­vor­schrif­ten zu ent­schei­den, d. h. das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat das Ver­fah­ren in der ab 01.04.2008 gel­ten­den Ent­schei­dungs­form ab­zu­sch­ließen (vgl. Francken/Nat­ter/Rie­ker, NZA 2008 Sei­te 377, 382). Schutzwürdi­ge In­ter­es­sen der Par­tei­en ste­hen dem nicht ent­ge­gen, da hier­durch der Rechts­schutz der Par­tei­en nicht be­schränkt wird. Sinn und Zweck der Neu­re­ge­lung spre­chen für ei­ne An­wen­dung des neu­en Rechts. Dass es ent­ge­gen der Ab­sicht der Neu­re­ge­lung, das Ver­fah­ren bei § 5 KSchG schnel­ler zu ge­stal­ten, zu Ver­fah­rens­verzöge­run­gen kom­men kann, weil durch die Neu­re­ge­lung der Rechts­weg zum Bun­des­ar­beits­ge­richt eröff­net wird, steht dem nicht ent­ge­gen. Ei­nes der Zie­le der Neu­re­ge­lung war es ge­ra­de, den Rechts­weg zum Bun­des­ar­beits­ge­richt zu ermögli­chen mit dem Ziel ei­ner bun­des­ein­heit­li­chen Rechts­an­wen­dung (vgl. BT-Druck­sa­che BT-Dr 16/7716 Sei­te 35). Da­bei ist in die­ser Be­gründung aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Ziel der Neu­re­ge­lung auch ist, die äußerst um­strit­te­ne Fra­ge der Zu­rech­nung des Ver­schul­dens von Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten nach § 85 Abs. 2 ZPO ei­ner Ver­ein­heit­li­chung zu­zuführen.

Der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts ist als Zwi­schen­ur­teil über den An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung zu be­wer­ten, über den durch En­dur­teil zu ent­schei­den ist (vgl. so auch Francken/Nat­ter/Rie­ker, a.a.O. un­ter Hin­weis auf BAG, Urt. v. 26.03.1992, 2 AZR 443/91, AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 197). Ei­ner wei­ter­ge­hen­den Be­hand­lung der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts als En­dur­teil steht ent­ge­gen, dass das Ar­beits­ge­richt durch ei­nen ge­son­der­ten Be­schluss ent­schei­den muss­te und das Ar­beits­ge­richt über den An­trag oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung ent­schie­den hat.

Das Rechts­mit­tel des Klägers ist be­gründet. Die Kla­ge ist nachträglich zu­zu­las­sen, da ein Ver­schul­den der Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ten der Ge­werk­schaft N. dem Kläger nicht zu­zu­rech­nen ist und den Kläger auch kein Ei­gen­ver­schul­den trifft.

1. Der An­trag des Klägers auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist zulässig.

Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG muss ein zulässi­ger An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung die An­ga­be der die nachträgli­che Zu­las­sung be­gründen­den Tat­sa­chen und die Mit­tel von de­ren Glaub­haft­ma­chung ent­hal­ten. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist der An­trag nur in-

 

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ner­halb von 2 Wo­chen nach Be­he­bung des Hin­der­nis­ses zulässig. Für die Zulässig­keits­vor­aus­set­zung des An­trags ist da­bei zwi­schen der An­ga­be der Mit­tel der Glaub­haft­ma­chung und der Glaub­haft­ma­chung selbst zu tren­nen. Es genügt für ei­nen zulässi­gen An­trag, wenn die Mit­tel der Glaub­haft­ma­chung im An­trag be­nannt, mit an­de­ren Wor­ten an­ge­bo­ten wer­den, d. h. dies muss min­des­tens mit Ab­lauf der 2-Wo­chen­frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG er­fol­gen (vgl. LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Be­schluss v. 11.01.2008, 7 Ta 1/08, dok. in JURIS).

Nach die­sen Maßga­ben ist der An­trag zulässig, da frist­ge­recht ge­stellt un­ter Beifügung ei­ner ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung von Frau F.. Dass nach Ab­lauf der 2-Wo­chen­frist wei­te­re ei­des­statt­li­che Ver­si­che­run­gen auch vom Kläger und von Herrn S. nach­ge­reicht wur­den führt nicht zur Un­zulässig­keit des An­tra­ges, son­dern nur da­zu, dass, da die­se Mit­tel zur Glaub­haft­ma­chung in­ner­halb der 2-Wo­chen­frist nicht be­nannt wa­ren, die­se nicht zu berück­sich­ti­gen sind (vgl. KR/Fried­rich, 8. Auf­la­ge, § 5 KSchG Rz. 86 m.w.N.).

2. Dem Kläger kann ein Ver­schul­den von Frau F. nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO zu­ge­rech­net wer­den.

Ob im Rah­men des § 5 KSchG ein Ver­schul­den des Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten an der Versäum­ung der Klag­frist des § 4 KSchG in di­rek­ter oder ana­lo­ger An­wen­dung des § 85 Abs. 2 ZPO der Par­tei zu­ge­rech­net wer­den kann, ist in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur strei­tig. Zur Dar­stel­lung der un­ter­schied­li­chen Ent­schei­dun­gen und Li­te­ra­tur­stel­len wird auf die zu­sam­men­fas­sen­den Zi­tat­wie­der­ga­ben bei KR/Fried­rich, 7. Auf­la­ge, § 5 KSchG Rz. 69 b, 70, APS/Ascheid/Hes­se, 3. Auf­la­ge, § 5 Rz. 27 ff., ErfK/Kiel, 8. Auf­la­ge, § 5 KSchG Rz. 7 ver­wie­sen.

Von der Pro­ble­ma­tik der Zu­rech­nung ei­nes Ver­tre­ter­ver­schul­dens ist zu tren­nen die hier zu ent­schei­den­de Fra­ge, ob im Fall der Rechts­schutz­gewährung durch ei­ne dem DGB an­gehören­den Ge­werk­schaft auch der das Rechts­schutz­be­geh­ren zunächst be­ar­bei­ten­de Mit­ar­bei­ter der Ein­zel­ge­werk­schaft als Ver­tre­ter im Sin­ne des § 85 Abs. 2 ZPO an­zu­se­hen ist. Dies ist zu ver­nei­nen, da der Mit­ar­bei­ter der Sa­che nach nicht die Funk­ti­on ei­nes Kor­re­spon­denz­an­wal­tes wahr­nimmt (so aber z.B. LAG Düssel­dorf, Be­schluss v. 30.07.2002, 15 Ta 282/02, NZA-RR 2003 Sei­te 80; BGH, Urt. v. 10.01.2002, III ZR 62/01,

 

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NZA 2002 Sei­te 446 im Rah­men ei­nes Scha­den­er­satz­pro­zes­ses we­gen feh­ler­haf­ter Ver­tre­tung; APS/Ascheid/Hes­se, a.a.O., § 5 KSchG Rz. 28 a).

Die Kam­mer folgt in­so­weit dem Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg vom 17.12.2004 (12 Ta 18/04, elek­tro­nisch zugäng­lich un­ter www.ar­beits­ge­rich­te.land-bw.de; eben­so Be­schluss vom 12.07.2007, 12 Ta 10/04).

Pro­zess­voll­macht hat der Kläger den Mit­ar­bei­tern der DGB-Rechts­schutz GmbH er­teilt. Rich­tig ist, dass die Ein­zel­ge­werk­schaft für ar­beits­recht­li­che Kla­gen die An­lauf­stel­le für das klag­be­rei­te Ge­werk­schafts­mit­glied ist. Die Anträge auf Gewährung von Rechts­schutz sind nach den N.-Rechts­schutz-Richt­li­ni­en bei der zuständi­gen Ver­wal­tungs­stel­le ein­zu­rei­chen. Die Ein­zel­ge­werk­schaft stellt fest, ob die Rechts­schutz­vor­aus­set­zun­gen ge­ge­ben sind, füllt den Er­fas­sungs­bo­gen aus und lei­tet die­sen mit den not­wen­di­gen Un­ter­la­gen an die DGB-Rechts­schutz GmbH wei­ter. Wie die 12. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­rich­tes zu­tref­fend fest­ge­stellt hat, ähnelt das Re­gel­werk zunächst Rechts­schutz­ver­si­che­run­gen, die Kos­ten­de­ckungs­zu­sa­ge für ei­ne Kla­ge er­tei­len und in die­sem Zu­sam­men­hang auch ei­ne Prüfung der all­ge­mei­nen Er­folgs­aus­sich­ten vor­neh­men. Auch wenn darüber hin­aus Mit­ar­bei­ter der Ein­zel­ge­werk­schaf­ten Vor­ar­bei­ten er­le­di­gen, führt dies nicht da­zu, die Mit­ar­bei­ter der Ein­zel­ge­werk­schaf­ten Kor­re­spon­denz­anwälten gleich­zu­set­zen. Stellt man dar­auf ab, dass die Mit­ar­bei­ter der Ein­zel­ge­werk­schaf­ten Vor­ar­bei­ten er­le­di­gen, wie dies an­sons­ten Büro­per­so­nal ei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten macht, ist zunächst zu berück-sich­ti­gen, dass den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der DGB-Rechts­schutz GmbH ei­ne di­rek­te Ein­fluss­nah­me auf die Ar­beit und kon­kre­te Pflich­terfüllung der Mit­ar­bei­ter der ju­ris­tisch selbstständi­gen Ge­werk­schaf­ten recht­lich nicht möglich ist (vgl. so LAG-BW v. 12.07.2004, a.a.O.). Es muss da­her nicht ge­prüft wer­den, ob der DGB-Rechts­schutz GmbH der Vor­wurf man­gel­haf­ter Aus­wahl oder Über­wa­chung des Hilfs­per­so­nals ge­macht wer­den kann, so­dass auch nicht zu prüfen ist, ob die Or­ga­ni­sa­ti­on der N.-Ver­wal­tungs­stel­le in S. man­gel­haft war. Hin­zu kommt, dass das Fehl­ver­hal­ten der Mit­ar­bei­te­rin der Ein­zel­ge­werk­schaft sich zu ei­nem Zeit­punkt er­eig­net hat­te, als die Pro­zess-voll­macht noch nicht un­ter­zeich­net war. Was bei Vor­lie­gen ei­ner struk­tur­be­ding­ten Feh­ler­quel­le im in­ne­ren Zu­sam­men­hang mit der Ar­beits­tei­lung zwi­schen Ein­zel­ge­werk­schaft und Rechts­schutz GmbH gel­ten würde, kann of­fen blei­ben.

 

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3. Den Kläger trifft auch kein ei­ner nachträgli­chen Zu­las­sung ent­ge­gen­ste­hen­des Ei­gen­ver­schul­den. Es steht mit der für die Be­weisführung aus­rei­chen­den über­wie­gen­den Wahr­schein­lich­keit als Fol­ge der Glaub­haft­ma­chung von Frau F. vom 17.03.2008 fest, dass der Kläger am 20.07.2007 die Kündi­gung ab­ge­ge­ben hat mit dem Ziel ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Ein Ei­gen­ver­schul­den er­gibt sich auch nicht aus der un­strei­ti­gen Tat­sa­che, dass der Kläger nach dem 20.07.2007 bis zum 11.09.2007 zu­ge­war­tet hat und we­der bei der Ein­zel­ge­werk­schaft noch beim DGB-Rechts­schutz nach­ge­fragt hat.

Der für die nachträgli­che Zu­las­sung aus­rei­chen­de Sach­ver­halt und die Glaub­haft­ma­chung sind zwar weit nach Ab­lauf der 2-Wo­chen­frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG und erst nach der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts vom 15.01.2008 und dem Nicht­ab­hil­fe­be­schluss vom 12.02.2008 er­folgt. Gleich­wohl können die ver­spätet vor­ge­brach­ten Gründe und die Glaub­haft­ma­chung von Frau F. berück­sich­tigt wer­den. Ver­spätet vor­ge­brach­te Gründe und Mit­tel zur Glaub­haft­ma­chung sind dann zu berück­sich­ti­gen, wenn sie nur Ergänzun­gen, Kon­kre­ti­sie­rung oder Ver­vollständi­gung der frist­ge­recht vor­ge­brach­ten Gründe und bei­ge­brach­ten Mit­tel sind und ei­ne Ver­pflich­tung des Ge­richts nach § 139 ZPO be­stand, durch Be­fra­gen ei­ne Be­sei­ti­gung von Un­klar­hei­ten her­bei­zuführen (vgl. z.B. LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Be­schluss v. 11.04.1988, 10 Ta 11/80, NZA 1989 Sei­te 153; KR/Fried­rich, a.a.O., § 5 KSchG Rz. 87 m.w.N.; ErfK/Kiel, a.a.O., § 5 KSchG Rz. 22).

Be­reits der An­trag­stel­lung und der ers­ten ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung vom 12.09.2007 kann ent­nom­men wer­den, dass Ziel des Ter­mins am 20.07.2007 die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge war. Rich­tig ist, dass der Vor­trag und die ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung we­ni­ger der kon­kre­te In­halt des Gespräches vom 20.07.2007 dar­ge­legt hat, viel­mehr die nor­ma­le Vor­ge­hens­wei­se. Die­se nor­ma­le Vor­ge­hens­wei­se wur­de je­doch ge­schil­dert für den Fall, dass Kla­ge er­ho­ben wer­den sol­le. Dafür spricht auch, dass in der Kla­ge und dem An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung ent­schei­dend dar­auf ab­ge­stellt wur­de, dass dem Kläger kein Ver­schul­den an der Nicht­wei­ter­ga­be von Un­ter­la­gen durch die Ge­werk­schaft N. an die DGB-Rechts­schutz GmbH zu­ge­rech­net wer­den könne. Auch da­mit wird zum Aus­druck ge­bracht, dass Ziel des Gespräches am 20.07.2007 ei­ne Kla­ger­he­bung war. Ab­sch­ließend bestätigt wur­de dies nun­mehr durch die ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung von Frau F. vom 17.03.2008, in der die­se ver­si­chert hat, dass sie dem Kläger er-

 

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klärt ha­be, dass die Un­ter­la­gen Herrn S. ge­ge­ben würden, der sich dar­um kümme­re, dass Kla­ge ein­ge­reicht wer­de.

Dies genügt, um ein Ei­gen­ver­schul­den aus­zu­sch­ließen. Der Kläger hat sich an die für Rechts­schutz zuständi­ge Ein­zel­ge­werk­schaft ge­wandt. Er hat da­mit al­les Nöti­ge ge­tan zur Wahr­neh­mung sei­ner In­ter­es­sen. In die­ser Si­tua­ti­on be­stand kein An­lass, durch Kon­troll­maßnah­men si­cher zu stel­len, ob die Ein­zel­ge­werk­schaft oder auch die DGB-Rechts­schutz GmbH dem Auf­trag ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men ist. Hier­von kann und in­so­weit wird der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln (Be­schluss v. 13.06.2006, 4 Ta 159/06, NZA-RR 2007 Sei­te 33) ge­folgt, nur dann ei­ne Aus­nah­me ge­macht wer­den, wenn der Ar­beit­neh­mer durch In­for­ma­tio­nen, die an ihn her­an­ge­tra­gen wer­den, klar er-kennt, dass die Ein­zel­ge­werk­schaft oder auch die DGB-Rechts­schutz GmbH ei­ne Kla­ger­he­bung nicht recht­zei­tig ver­an­lasst hat. Al­lein die Tat­sa­che, dass der Kläger bis zum 11.09.2007 nicht re­agiert hat, führt zu kei­nem Ei­gen­ver­schul­den des Klägers.

Zwar wird die 2-Wo­chen-Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht erst durch die po­si­ti­ve Kennt­nis von der Versäum­ung ei­ner Klag­frist in Lauf ge­setzt. Die 2-Wo­chen-Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG wird be­reits dann aus­gelöst, wenn der Ar­beit­neh­mer auf­grund kon-kre­ter An­halts­punk­te bei gehöri­ger Sorg­falt er­ken­nen muss, dass die Frist mögli­cher­wei­se versäumt ist (vgl. z. B. APS/Ascheid/Hes­se, a.a.O. § 5 KSchG Rz. 80 m.w.N.). Hier­aus kann je­doch we­der ei­ne grundsätz­li­che Kon­troll­pflicht her­ge­lei­tet wer­den noch gibt es kon­kre­te An­halts­punk­te dafür, dass der Kläger hätte er­ken­nen müssen, dass die Klag­frist mögli­cher­wei­se versäumt ist. Dem Kläger als pro­zes­sun­er­fah­re­ne Par­tei muss­te auch nicht auf­fal­len, dass er noch kei­ne Pro­zess­voll­macht für die DGB-Rechts­schutz GmbH un­ter­zeich­net hat. Da­mit bleibt der Ar­beit­ge­ber auch nicht auf Dau­er im Un­ge­wis­sen, da § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG oh­ne­hin die Möglich­keit der An­trag­stel­lung auf 6 Mo­na­te be­grenzt.

III.

1. Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt dem Schlus­s­ur­teil vor­be­hal­ten.

2. Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on er­folgt nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. So­wohl die Fra­ge, wie das Ver­fah­ren nach der ge­setz­li­chen Neu­re­ge­lung fort­zuführen war als auch die

 

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Fra­ge der Zu­rech­nung von Ver­schul­den nach § 85 Abs. 2 ZPO sind Rechts­fra­gen von grundsätz­li­cher Be­deu­tung.

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil fin­det die Re­vi­si­on für d. Bekl. nach Maßga­be ih­rer Zu­las­sung im Ur­teils­te­nor an das Bun­des­ar­beits­ge­richt statt. Die Re­vi­si­ons­schrift muss in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung des Be­ru­fungs­ur­teils, die Re­vi­si­ons­be­gründung in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach die­sem Zeit­punkt bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt, Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt

ein­ge­hen.
Die Re­vi­si­ons- und die Re­vi­si­ons­be­gründungs­schrift müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

 

Ar­nold

Bu­li­win­kel

Gla­ser

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