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LAG Köln, Ur­teil vom 21.06.2007, 10 Sa 225/07

   
Schlagworte: Befristung, Befristung: Sachgrundlos, Kirchenarbeitsrecht
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen: 10 Sa 225/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.06.2007
   
Leitsätze:

1. Eine Höchstbefristungsdauer von 3 Jahren in einer kirchlichen Arbeitsrechtsregelung fällt nicht unter die tarifdispositive Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG und ist daher nach § 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 S. 1 2. HS TzBfG unwirksam.

2. Die Nichtaufnahme einer sog. Kirchenklausel in § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG ist nicht verfassungswidrig, sondern vom gesetzlichen Gestaltungsspielraum gedeckt.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Bonn
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, 10 Sa 225/07

 

Te­nor:

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das am 19.12.2006 verkünde­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Bonn

– 6 Ca 2531/06 – wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten im Rah­men der Fra­ge der Wirk­sam­keit ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses darüber, ob durch die im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te kir­chen­recht­li­che Re­ge­lung die Dau­er der Be­fris­tung gemäß § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG ab­wei­chend fest­ge­legt wer­den konn­te.

Der am 10.05.1959 ge­bo­re­ne Kläger ist beim E in der B als Mit­ar­bei­ter im Ver­wal­tungs­dienst beschäftigt. Es han­delt sich um ei­ne fis­ka­li­sche Ein­rich­tung der e K , die sich mit der Ver­wal­tung der Kir­chen­steu­er im B be­reich be­fasst.

Der Kläger wur­de zum 01.03.2004 auf­grund ei­nes sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses zunächst bis 28.02.2006 ein­ge­stellt. Durch Ver­trag vom 13.02.2006 (Bl.

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13 – 14 d. A.) wur­de das Ar­beits­verhält­nis ab 01.03.2006 er­neut sach­grund­los be­fris­tet bis 31.12.2006. Gemäß § 2 des letz­ten Ar­beits­ver­tra­ges rich­tet sich das Ar­beits­verhält­nis nach der Dienst­ver­trags­ord­nung der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land und nach den die­se ergänzen­den oder ändern­den Be­stim­mun­gen in der je­weils gülti­gen Fas­sung. Ei­ne die­ser ergänzen­den Re­ge­lun­gen stellt die "Ar­beits­rechts­re­ge­lung zur An­wen­dung der Son­der­re­ge­lung für Zeit­an­ge­stell­te und für An­ge­stell­te für Auf­ga­ben von be­grenz­ter Dau­er und Aus­hilfs­an­ge­stell­te (SR 2y BAT)" vom 04.05.2001 (Bl. 161 – 162 d. A.) dar. Die­se Re­ge­lung wur­de von der pa­ritätisch be­setz­ten Ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on der E ge­trof­fen. Nach Nr. 2 b die­ser Re­ge­lung ist die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges nach § 14 Abs. 2 S. 1 Tz­B­fG bis zur Dau­er von 3 Jah­ren zulässig; bis zu die­ser Ge­samt­dau­er ist auch ei­ne höchs­tens drei­ma­li­ge Verlänge­rung möglich.

Mit der am 09.09.2006 ein­ge­reich­ten Ent­fris­tungs­kla­ge hat der Kläger gel­tend ge­macht, die sach­grund­lo­se Be­fris­tung ver­s­toße ge­gen § 14 Abs. 2 S. 1 Tz­B­fG, die ei­ne ma­xi­ma­le Ge­samt­dau­er der Be­fris­tung von 2 Jah­ren vor­schrei­be. Die Öff­nungs­klau­sel in § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG be­zie­he sich nur auf Ta­rif­verträge. Kirch­li­che Re­ge­lun­gen des Drit­ten We­ges sei­en kei­ne Ta­rif­verträge. Ei­ne Gleich­stel­lung sei ab­zu­leh­nen. § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG ent­hal­te auch kei­ne Re­ge­lungslücke. Während die Vorgänger­norm im Beschäfti­gungsförde­rungs­ge­setz die sog. Kir­chen­klau­sel ge­habt ha­be, er­ge­be sich aus der Ge­set­zes­be­gründung zum Tz­B­fG der be­wuss­te Ver­zicht auf ei­ne sol­che Klau­sel. Die An­wen­dung kirch­li­cher Re­ge­lun­gen im Rah­men der Öff­nungs­klau­sel des § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG sei auch nicht durch die Ver­fas­sung ge­bo­ten. Das Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­chen ge­be die­sen ei­ne Wahl­frei­heit. Wähle die Kir­che die pri­vat­au­to­no­me Ge­stal­tung, so un­ter­lie­ge sie den all­ge­mei­nen Ge­set­zen. Ab­ge­se­hen da­von könne sich die Be­klag­te auf die Be­fris­tung nicht be­ru­fen, weil sie nach Be­haup­tung des Klägers bei Ab­schluss und Durchführung des Ver­tra­ges si­gna­li­siert ha­be, dass er an dem be­ab­sich­tig­ten Um­zug der Ver­wal­tung nach B teil­ha­ben und da­mit sein Ar­beits­verhält­nis über den vor­ge­se­he­nen Be­fris­tungs­zeit­raum hin­aus fort­ge­setzt wer­de.

Der Kläger hat be­an­tragt, 

1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht auf­grund der Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung vom 13.02.2006 zum 31.12.2006 en­den wird, son­dern auf un­be­stimm­te Zeit fort­be­steht;

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, den Kläger bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Fest­stel­lungs­rechts­streits zu un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen als Mit­ar­bei­ter im Ver­wal­tungs­dienst in dem H in der B wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, 

die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 

Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die kirch­li­chen Re­ge­lun­gen des Drit­ten We­ges sei­en bei ta­rif­dis­po­si­ti­ven Vor­schrif­ten den Ta­rif­verträgen gleich­zu­set­zen. Das kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht wer­de durch ta­rif­dis­po­si­ti­ve Be­stim­mun­gen, die kei­ne Kir­chen­klau­seln ent­hiel­ten, ein­ge­schränkt. Die­ser Ein­griff sei nicht ge­recht­fer­tigt. Durch die Ta­rif­dis­po­si­ti­vität brin­ge der Ge­setz­ge­ber zum Aus­druck, dass Ab­wei­chun­gen vom ge­setz­li­chen Leit­bild möglich sei­en. Glei­cher­maßen wie Ta­rif­verträge böten aber auch die auf dem Drit­ten Weg zu­stan­de­ge­kom­me­nen kirch­li­chen Re­ge­lun­gen die Gewähr für ei­ne aus­ge­wo­ge­ne und sach­ge­rech­te Lösung. Die Ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­sio­nen der Kir­che sei­en pa­ritätisch be­setzt. Kom­me in der Kom­mis­si­on kei­ne Mehr­heit für ei­ne be­stimm­te Fas­sung der Dienst­ver­trags­ord­nung zu­stan­de, so ent­schei­de letzt­lich ein Sch­lich­tungs­aus­schuss, der wie­der­um pa­ritätisch be­setzt sei. Es sei al­so letzt­lich nicht möglich, ge­gen den Wil­len der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter ei­ne Dienst­ver­trags­ord­nung zu

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ver­ein­ba­ren. Dass nur bei Vor­han­den­sein der Möglich­keit zur kampf­wei­sen For­de­rungs­durch­set­zung ei­ne in­ter­es­sen­ge­rech­te Lösung er­reich­bar sei, über­zeu­ge nicht. Das hin­ter dem ta­rif­dis­po­si­ti­ven Ge­set­zes­recht ste­hen­de Ziel ei­ner Ver­bin­dung von Fle­xi­bi­lität und Ar­beit­neh­mer­schutz könne auch im Ver­fah­ren des Drit­ten We­ges er­reicht wer­den. Nach dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit müsse das kirch­li­che Selbst­be­stim­mungs­recht den Vor­rang vor dem durch das Ge­setz ver­folg­ten Schutz der Ar­beit­neh­mer­sei­te ha­ben. Da sich die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­tra­ges in den Gren­zen der kir­chen­recht­li­chen Re­ge­lun­gen hal­te, sei die­se wirk­sam ver­ein­bart.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge an­trags­gemäß statt­ge­ge­ben. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, die sach­grund­lo­se Be­fris­tung ver­s­toße ge­gen § 14 Abs. 2 S. 1 Tz­B­fG. Die Öff­nungs­klau­sel des § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG er­fas­se nur Ta­rif­verträge, nicht auch kir­chen­recht­li­che Re­ge­lun­gen. Die­se Be­stim­mung ent­hal­te kei­ne Re­ge­lungslücke, die durch Ana­lo­gie oder ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung durch An­wen­dung der kirch­li­chen Ar­beits­rechts­re­ge­lung ge­schlos­sen wer­den müsse. Ge­gen die­se Ent­schei­dung rich­tet sich die Be­ru­fung der Be­klag­ten. Bei ta­rif­dis­po­si­ti­vem Ge­set­zes­recht sei die Gleich­set­zung mit Ta­rif­verträgen ge­bo­ten. Durch ta­rif­dis­po­si­ti­ves Ge­set­zes­recht wer­de die größere Sachnähe an veränder­te Umstände an­er­kannt. Die größere Sachnähe und leich­te­re An­pas­sungsmöglich­keit sei auch bei kirch­li­chen Re­ge­lun­gen des Drit­ten We­ges ge­ge­ben. Eben­so wie bei ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen be­ste­he auch bei kirch­li­chen Re­ge­lun­gen des Drit­ten We­ges ei­ne Gewähr für die Aus­ge­wo­gen­heit, Sach­ge­rech­tig­keit und Zeitnähe der Lösun­gen. Es ge­be kei­nen sach­li­chen Grund dafür, dass der Ge­setz­ge­ber ei­ne Öff­nung für kir­chen­recht­li­che Re­ge­lun­gen im Be­reich des JAr­bSchG und des Arb­ZG an­er­ken­ne, nicht aber im Be­reich des Tz­B­fG. Ei­ne ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG for­de­re die Aus­deh­nung der Öff­nungs­klau­sel auch auf kirch­li­che Ar­beits­rechts­re­ge­lun­gen. Dies sei um­so mehr ge­bo­ten, als die ge­setz­li­che Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­reits an sich in das Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­chen ein­grei­fe, in­dem der Ge­setz­ge­ber den Kir­chen vor­ge­be, wie sie Ar­beits­verhält­nis­se mit ih­ren Mit­ar­bei­tern zu ge­stal­ten ha­be.

Die Be­klag­te be­an­tragt, 

das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 

Der Kläger be­an­tragt, 

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen. 

Er ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil und ver­tritt die Auf­fas­sung, der Be­klag­ten sei es 

ver­wehrt, durch ih­re Ar­beits­rechts­re­ge­lung von der ge­setz­li­chen Be­stim­mung des § 14 Abs. 2 S. 1 Tz­B­fG ab­zu­wei­chen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht die al­lein treit­ge­genständ­li­che letz­te Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung für un­wirk­sam ge­hal­ten, weil mit ihr die ge­setz­li­che Be­fris­tungshöchst­dau­er über­schrit­ten wur­de. Das Ar­beits­ge­richt hat sei­ne Ent­schei­dung in al­len we­sent­li­chen Punk­ten über­zeu­gend be­gründet. Das Be­ru­fungs­ge­richt nimmt zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen auf die Ent­schei­dungs­gründe der Vor­in­stanz Be­zug, denn es kommt auch un­ter Berück­sich­ti­gung des Be­ru­fungs­vor­brin­gens zu übe­rein­stim­men­den Fest­stel­lun­gen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Die An­grif­fe der Be­klag­ten in der Be­ru­fung, die sie mit ih­rer ab­wei­chen­den Rechts­auf­fas­sung be­gründet, recht­fer­ti­gen kein an­de­res Er­geb­nis.

I. Im Hin­blick auf die sich im We­sent­li­chen wie­der­ho­len­den Rechts­an­sich­ten, mit de­nen sich 20 be­reits das Ar­beits­ge­richt aus­ein­an­der­ge­setzt hat, be­schränkt sich das Be­ru­fungs­ge­richt

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auf fol­gen­de ergänzen­de Ausführun­gen:

1. Die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen den Par­tei­en er­gibt sich aus § 21 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 S. 1 2. HS Tz­B­fG. Nach § 22 Abs. 1 Tz­B­fG kann von den Vor­schrif­ten die­ses Ge­set­zes nicht zu­un­guns­ten des Ar­beit­neh­mers ab­ge­wi­chen wer­den, es sei denn, dass ei­ner der in § 22 Abs. 1 Tz­B­fG ge­nann­ten Fälle vor­liegt. Ei­nen die­ser Fälle re­gelt die Be­stim­mung des § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG.

2. § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG er­laubt ei­ne von § 14 Abs. 2 S. 1 Tz­B­fG ab­wei­chen­de An­zahl von 22 zulässi­gen Verlänge­run­gen so­wie ei­ne an­de­re Höchst­be­fris­tungs­dau­er. Es han­delt sich um ei­ne Ta­riföff­nungs­klau­sel, die sich nicht auf die hier in Re­de ste­hen­de kirch­li­che Ar­beits­rechts­re­ge­lung vom 04.05.2001 er­streckt, die ei­ne Höchst­be­fris­tungs­dau­er von 3 Jah­ren zulässt. Da die­se Ar­beits­rechts­re­ge­lung die Wirk­sam­keit ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung von stren­ge­ren Vor­aus­set­zun­gen abhängig macht als das Ge­setz, han­delt es sich um ei­ne Ab­wei­chung zu­un­guns­ten des Klägers mit der Kon­se­quenz der Un­wirk­sam­keit die­ser Re­ge­lung we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 22 Abs. 1 Tz­B­fG.

a. Der Wort­laut der Öff­nungs­klau­sel ist ein­deu­tig. Er be­zieht sich nur auf Ta­rif­verträge. Die 23 kirch­li­che Ar­beits­rechts­re­ge­lung stellt kei­nen Ta­rif­ver­trag dar (vgl. nur BAG, Ur­teil vom 17.11.2005 – 6 AZR 160/05). Ei­ner ver­tie­fen­den Be­gründung hier­zu be­darf es nicht, da die Be­klag­te selbst nicht in Ab­re­de stellt, dass die kir­chen­recht­li­che Re­ge­lung kein Ta­rif­ver­trag ist. Der Be­klag­ten geht es viel­mehr dar­um, dass die kir­chen­recht­li­che Re­ge­lung bei ta­rif­dis­po­si­ti­vem Ge­set­zes­recht den Ta­rif­verträgen gleich­ge­stellt wird. § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG ist ei­ne ta­rif­dis­po­si­ti­ve Vor­schrift.

b. Die von der Be­klag­ten be­gehr­te Gleich­stel­lung mit Ta­rif­recht bei den Ge­set­zes­nor­men, die aus­drück­lich nur ei­ne Ta­riföff­nungs­klau­sel ent­hal­ten, ist nicht ge­bo­ten. Vor­aus­set­zung für ei­ne vom Wort­laut des Ge­set­zes ab­wei­chen­de ergänzen­de Aus­le­gung ist, dass ent­we­der ei­ne un­be­wuss­te Re­ge­lungslücke vor­liegt oder nachträglich ei­ne Re­ge­lung lücken­haft ge­wor­den ist. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind nicht ge­ge­ben.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht aus­geführt, dass die un­ter­schied­li­che Erwähnung von Kir­chen­klau­seln in ta­rif­dis­po­si­ti­ven Ge­set­zen, ei­ner­seits in § 7 Abs. 4 Arb­ZG und in § 21 a Abs. 3 JAr­bSchG, an­de­rer­seits ihr Feh­len in wich­ti­gen Be­rei­chen wie z. B. in § 13 Abs. 1 des BUrlG und in § 622 Abs. 2 BGB, kei­nen Schluss auf ei­ne ge­ne­rel­le Gleich­stel­lung er­laubt. Die dif­fe­ren­zier­te Be­hand­lung durch den Ge­setz­ge­ber spricht eher ge­gen ei­ne Re­ge­lungslücke bei der Be­stim­mung des § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG. Vor al­lem der Um­stand, dass der Ge­setz­ge­ber in Kennt­nis der Pro­ble­ma­tik (Bun­des­tags­druck­sa­che 14/25) die Vorgänger­re­ge­lung des § 6 Abs. 3 BSchFG, die noch ei­ne Gleich­stel­lung vor­sah, nicht in das Tz­B­fG über­nom­men hat, lässt kei­nen Raum für die An­nah­me ei­ner un­be­wuss­ten Re­ge­lungslücke.

c. Die Nicht­auf­nah­me ei­ner Kir­chen­klau­sel in § 14 Abs. 2 S. 3 Tz­B­fG verstößt nicht ge­gen die Ver­fas­sung. Ei­ne ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung die­ser Be­stim­mung i. S. d. Be­klag­ten zur Ver­mei­dung ei­nes Ver­fas­sungs­ver­s­toßes ist nicht ge­bo­ten. Das Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­chen gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV ist durch die dif­fe­ren­zie­ren­de Re­ge­lung des Ge­setz­ge­bers bei ta­rif­dis­po­si­ti­vem Ge­set­zes­recht nicht ver­letzt. Hier­zu hat be­reits das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­geführt (S. 8 des Ur­teils). Die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts gewähr­leis­tet den Kir­chen, darüber zu be­fin­den, wel­che Diens­te es in ih­ren Ein­rich­tun­gen ge­ben soll und in wel­chen Rechts­for­men sie wahr­zu­neh­men sind. Be­die­nen sich die Kir­chen wie je­der­mann der Pri­vat­au­to­no­mie zur Be­gründung von Ar­beits­verhält­nis­sen, so fin­det auf die­se das staat­li­che Ar­beits­recht An­wen­dung. Das ist die Fol­ge ei­ner Rechts­wahl. Die Ein­be­zie­hung der kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­se in das staat­li­che Ar­beits­recht hebt de­ren Zu­gehörig­keit zu den "ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten" nicht auf. Sie darf des­halb die ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Ei­gen­art des kirch­li­chen Diens­tes, das spe­zi­fisch

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Kirch­li­che, nicht in Fra­ge stel­len. Die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie des Selbst­be­stim­mungs­rechts bleibt für die Ge­stal­tung die­ser Ar­beits­verhält­nis­se we­sent­lich (BVerfG, Be­schluss vom 04.06.1985 – 2 BvR 1703/83, 1718/83, 856/84 – AP Nr. 24 zu Art. 140 GG).

Die Tätig­keit des Klägers voll­zieht sich nicht im spe­zi­fisch Kirch­li­chen oder im ka­ri­ta­ti­ven Be­reich, son­dern in ei­ner Ver­wal­tungs­ein­rich­tung, die sich mit den Kir­chen­steu­ern der Sol­da­ten be­fasst. Die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en un­ter­lie­gen dem staat­li­chen Ar­beits­recht. Be­son­de­re kirch­li­che As­pek­te, die da­zu zwin­gen würden, be­fris­te­te Ar­beits­verträge nicht in den Gren­zen des § 14 Abs. 2 S. 1 Tz­B­fG ab­zu­sch­ließen, sind we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich. Da die kirch­li­che Ar­beits­rechts­re­ge­lung mit Ta­rif­verträgen nicht gleich­zu­stel­len ist (BAG, Ur­teil vom 17.11.2005 a. a. O.), ist der ge­setz­li­che Ge­stal­tungs­spiel­raum nicht ver­letzt, wenn der Ge­setz­ge­ber im Rah­men des § 14 Abs. 2 Tz­B­fG von ei­ner Gleich­stel­lung ab­sieht.

II. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

III. Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. 

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der be­klag­ten Par­tei 

RE­VISION

ein­ge­legt wer­den. 

Die Re­vi­si­on muss 

in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat

schrift­lich beim 

Bun­des­ar­beits­ge­richt 

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt 

Fax: (0361) 2636 - 2000

ein­ge­legt wer­den. 

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein. 

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

(Schro­eder)

(Ma­thews)

(Reusch)

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