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VG Kassel, Beschluss vom 07.12.2011, 1 L 1449/11.KS
Schlagworte: | Altersgrenze | |
Gericht: | Verwaltungsgericht Kassel | |
Aktenzeichen: | 1 L 1449/11.KS | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 07.12.2011 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
VG Kassel, 07.12.2011 - 1 L 1449/11.KS
Tenor:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig zur Eignungsprüfung im Rahmen der Zulassung zum Vorbereitungsdienst bei der Z-Schule in Y-Stadt zuzulassen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 70 % und der Antragsgegner zu 30 %.
Der Streitwert beträgt 17.715,43 €.
Gründe
Der am 25. November 2011 gestellte Antrag,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin zur Eignungsüberprüfung für den Vorbereitungsdienst zum Erwerb der Lehrbefähigung in arbeitstechnischen Fächern an der Z-Schule in Y-Stadt zuzulassen und zum Vorbereitungsdienst zuzulassen, falls sie in der Folge für den Vorbereitungsdienst ausgewählt wird,
ist gemäß § 123 VwGO statthaft und zulässig. Er ist jedoch nur insoweit begründet, als die Antragstellerin die Zulassung zu der Eignungsüberprüfung begehrt. Insoweit liegen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund vor.
Rechtsgrundlage für die begehrte Zulassung zu der Eignungsüberprüfung ist § 46 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes vom 28. September 2011 (GVBl. I 2011, 615, im Folgenden: HLbGDV). Diese Eignungsüberprüfung ist Voraussetzung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst zum Erwerb der Lehrbefähigung in arbeitstechnischen Fächern nach Absatz 1 der Vorschrift.
Unstreitig erfüllt die Antragstellerin sämtliche Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 HLbGDV mit Ausnahme der Höchstaltersgrenze des § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV . Nach letztgenannter Vorschrift darf ein Beamter zum Zeitpunkt der Einstellung in der Regel höchstens 40 Jahre alt sein. Die Antragstellerin wurde am X.X.X geboren und ist damit bereits X Jahre alt.
Dennoch erweist sich die Ablehnung der Zulassung zur Eignungsüberprüfung mit Bescheid vom 8. Oktober 2011 (Bl. 25 der Gerichtsakte), bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 8. November 2011, als rechtswidrig, weil die Höchstaltersgrenze, so wie sie in § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV festgelegt ist, gegen höherrangiges Recht verstößt und damit der Antragstellerin nicht entgegen
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gehalten werden kann.
§ 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV ist mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbar.
Höchstaltersgrenzen schränken den Zugang zu bestimmten öffentlichen Ämtern ein. Diese Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG , wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 - NVwZ-RR 1999, 132; Beschluss vom 25. Juni 2008 - 1 WB 13.08 - juris) dann gerechtfertigt, wenn durch die subjektive Zulassungsvoraussetzung ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut geschützt werden soll. Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis sollen als legitime Regelungsinstrumente des Laufbahnrechts insbesondere eine ausgewogene Altersstruktur in der jeweiligen Laufbahn und ein angemessenes Verhältnis von aktiver Dienstzeit und späterer Versorgung gewährleisten. Dieses Regelungsziel gilt auch für das Zulassungsverfahren nach § 46 HLbGDV , so dass auch für die Zulassung zur Eignungsüberprüfung, deren Bestehen Voraussetzung für die Einstellung ist, grundsätzlich eine Höchstaltersgrenze vorgesehen werden darf.
Jedoch verstößt die durch den Verordnungsgeber vorgenommene Regelung in § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV gegen den Grundsatz der Normklarheit. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ( Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18/07 - BVerwGE 133, 143 ff ) dürfen Altersgrenzen grundsätzlich zwar durch eine Rechtsverordnung festgesetzt werden, sofern ein formelles Gesetz hierfür die notwendige Ermächtigung enthält. Dies ist vorliegend der Fall, denn § 40 Nr. 1 des Hessischen Lehrerbildungsgesetz in der Fassung vom 28. September 2011 (GVBl. I 2011, 590) stellt eine Ermächtigungsgrundlage auch für die Festlegung von Altersgrenzen dar.
In einem solchen Fall, wenn also die Altersgrenzen in einer Verordnung geregelt werden, darf es der Verordnungsgeber jedoch nicht der Verwaltung überlassen, unter welchen Voraussetzungen sie an der Altersgrenze festhalten will. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltung, eigenverantwortlich zu bestimmen, wann der Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG durch eine Altersgrenze eingeschränkt wird. Das lässt § 46 HLbGDV jedoch zu, denn die Vorschrift gibt der Behörde die Möglichkeit, inhaltlich unbeschränkt Ausnahmen von der Altersgrenze zuzulassen, da diese nur „in der Regel“ Geltung beansprucht.
Anders als bei den allgemeinen Altersgrenzen des hessischen Laufbahnrechts (vgl. z.B. § 13 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 17 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 HLVO) lässt sich § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde ermächtigt sein soll, von dem Regelfall der Altersgrenze abzuweichen.
So fehlt, anders als in den bereits erwähnten Regelungen der HLVO, zunächst eine absolute Altersgrenze, bei der ungeachtet aller Besonderheiten des Einzelfalls auf keinen Fall mehr eine Zulassung zur Prüfung erfolgen dürfte. Nach der Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV könnte damit die Behörde auch Bewerber, die sich kurz vor dem Ruhestand befinden, noch zur Prüfung zulassen, was dem Zweck einer Altersgrenze bei Laufbahnvorschriften offensichtlich zuwider läuft.
Ferner enthält die Vorschrift auch keine Ausnahmetatbestände für Beamtenanwärter, die Wehr- oder Zivildienst abgeleistet oder nähere Angehörige oder Kinder betreut haben. Wenn hier der Antragsgegner die Auffassung vertritt, diese Zeiten seien bereits in der gegenüber der allgemeinen Altersgrenze der HLVO angehobenen Altersgrenze nach § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV enthalten, so hat die Kammer erhebliche Zweifel, ob diese Rechtsauffassung mit höherrangigem Recht, beispielsweise Art. 6 GG , vereinbar ist. Würde man § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV so auslegen, wie dies der Antragsgegner tut, würde - anders als bei Altersgrenzen nach der HLVO - auf besondere Umstände im familiären Bereich keine Rücksicht genommen, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O., Rn. 22) unzulässig wäre.
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Schließlich findet auch die Rechtauffassung des Antragsgegners, der in ständiger Verwaltungspraxis Ausnahmen nur dann zulässt, wenn ein erhöhter Bedarf an Beamtenanwärtern besteht, in der Regelung des § 46 HLbGDV keine Grundlage. Diese Auslegung der Altersgrenze, die „in der Regel“ eingehalten werden muss, ist weder ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift noch nach Sinn und Zweck der Regelung zwingend. Durch die einseitige Festlegung allein auf Interessen des Dienstherrn, für die sich in der Vorschrift kein Anknüpfungspunkt finden lässt, wird es angehenden Beamtenanwärtern unmöglich gemacht, ihren beruflichen Lebensweg angemessen zu planen. Wenn, wie vorliegend geschehen, binnen kurzer Zeiträume die einschlägigen Erlasse geändert und damit Bewerber ausgeschlossen werden, ist dies mit dem vom Bundesverwaltungsgericht statuierten Grundsatz der Normklarheit nicht vereinbar.
Zusammenfassend ist damit § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar und damit nichtig.
Aus vorstehend dargelegten Gründen verstößt § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV auch gegen § 3 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840, im Folgenden: AGG). Nach § 24 Nr. 1 AGG gelten die Vorschriften des Gesetzes entsprechend für Beamte unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung, wobei der Begriff der Beschäftigten im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auch die Bewerber um ein Beschäftigungsverhältnis einschließt ( § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG ). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O.) gelten auch insoweit die bereits dargestellten Grundsätze, wonach der Verordnungsgeber verpflichtet ist, die Altersgrenze und ihre Ausnahmen ausdrücklich zu regeln und Generalklauseln insoweit unzulässig sind.
Damit ist § 46 Abs. 2 Nr. 3 HLbGDV wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht rechtswidrig und folglich nichtig. Dies hat nicht etwa zur Folge, dass, wie der Antragsgegner meint, dann keine Ausnahme von der Altersgrenze zugelassen und in der Folge der Antrag der Antragstellerin abgelehnt werden müsste. Vielmehr ist eine rechtswidrige Altersgrenze nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O.) unbeachtlich und kann einem Bewerber nicht entgegen gehalten werden. Da weitere Versagungsgründe nach § 46 Abs. 2 HLbGDV nicht ersichtlich sind und die Vorschrift der Behörde auch kein Ermessen einräumt, ist ein Anspruch auf Zulassung zu der Eignungsüberprüfung gegeben.
Auch liegt ein Anordnungsgrund vor. Ein Zuwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache ist der Antragstellerin nicht zuzumuten, da nicht damit zu rechnen ist, dass das Hauptsacheverfahren bis zum Abschluss des Eignungsüberprüfungsverfahrens abgeschlossen sein wird.
Der einstweiligen Anordnung steht auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Grundsätzlich dürfen in einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur vorläufige Regelungen getroffen werden, so dass eine Vorwegnahme der Hauptsache grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. A., § 123 Rn. 14 m.w.N.) Mit ihrem Antrag auf Zulassung zu der Eignungsüberprüfung begehrt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache zu Lasten des Antragsgegners. Unter dem Gebot eines effektiven Rechtsschutzes ( Art. 19 Abs. 4 GG ) ist vorliegend dennoch Rechtsschutz zu gewähren. Dies ist dann möglich, wenn die Regelung schlechterdings notwendig ist, weil eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rechtzeitig erwirkt werden kann und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 1999 - 2 BvR 2131/95 -, DVBl 1999, 1206 f. ; Beschluss vom 25 Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 ff. [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] ).
Würde der Antragstellerin der einstweilige Rechtsschutz verweigert, könnte sie an dem gerade stattfindenden Auswahlverfahren nicht teilnehmen und ihr durch das Grundgesetz geschützter Bewerbungsverfahrensanspruch ginge ins Leere. Aus diesen Erwägungen heraus ist ausnahmsweise auch die Vorwegnahme der Hauptsache geboten und damit zulässig.
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Soweit die Antragstellerin im zweiten Teil ihres Antrages bereits jetzt die Zulassung zum Vorbereitungsdienst begehrt, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Derzeit steht nicht fest, ob die Antragstellerin die Eignungsüberprüfung besteht und ob sie, wenn dies der Fall sein sollte, die nach der Rangliste (vgl. § 46 Abs. 7 HLbGDV ) am besten geeignete Bewerberin sein wird. Damit fehlt es an einem Anordnungsgrund, denn eine Gefährdung bestehender Rechte ist derzeit nicht absehbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO . Die Streitwertentscheidung in Bezug auf die Zulassung zur Prüfung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG . Gegenstand des Verfahrens ist nicht die Einstellung in ein Beamtenverhältnis, sondern lediglich die Zulassung zu einer Prüfung, so dass § 52 Abs. 5 GKG keine Anwendung findet. Hinsichtlich der begehrten Einstellung ergibt sich der Streitwert aus § 52 Abs. 5 Nr. 1 GKG . Da eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, kommt die ansonsten übliche Halbierung des Streitwertes nicht in Betracht.
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