HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

GESETZE ZUM ARBEITSRECHT

13: Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 (Richtlinie 2014/67/EU)

Art. 4 Feststellung einer tatsächlichen Entsendung und Verhinderung von Missbrauch und Umgehung

(1) Bei der Durchführung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG führen die zuständigen Behörden eine Gesamtbeurteilung aller tatsächlichen Umstände durch, die als notwendig erachtet werden, einschließlich insbesondere derjenigen, die in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels genannt sind. Diese Umstände sollen den zuständigen Behörden bei Überprüfungen und Kontrollen behilflich sein sowie dann, wenn die Behörden Grund zu der Annahme haben, dass ein Arbeitnehmer möglicherweise nicht als entsandter Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 96/71/EG angesehen werden kann. Bei diesen Umständen handelt es sich um Anhaltspunkte für die vorzunehmende Gesamtbeurteilung, weswegen sie nicht isoliert betrachtet werden dürfen.
(2) Um zu beurteilen, ob ein Unternehmen tatsächlich wesentliche Tätigkeiten ausübt, die über rein interne Management- und/oder Verwaltungstätigkeiten hinausgehen, nehmen die zuständigen Behörden unter Berücksichtigung eines weiten Zeitrahmens eine Gesamtbewertung aller tatsächlichen Umstände vor, die die von einem Unternehmen im Niederlassungsmitgliedstaat und erforderlichenfalls im Aufnahmemitgliedstaat ausgeübten Tätigkeiten charakterisieren. Diese Umstände können insbesondere Folgendes umfassen:
a) der Ort, an dem das Unternehmen seinen Sitz und seine Verwaltung hat, Büroräume nutzt, Steuern und Sozialabgaben zahlt und gegebenenfalls nach nationalem Recht eine gewerbliche Zulassung besitzt oder bei der Handelskammer oder entsprechenden Berufsvereinigungen gemeldet ist;
b) der Ort, an dem entsandte Arbeitnehmer eingestellt werden und von dem aus sie entsandt werden;
c) das Recht, das auf die Verträge anzuwenden ist, die das Unternehmen mit seinen Arbeitnehmern und mit seinen Kunden abschließt;
d) der Ort, an dem das Unternehmen seine wesentliche Geschäftstätigkeit ausübt und an dem es Verwaltungspersonal beschäftigt;
e) die Zahl der im Niederlassungsmitgliedstaat erfüllten Verträge und/oder die Höhe des Umsatzes, der dort erzielt wird, wobei beispielsweise der Situation von neu gegründeten Unternehmen und von KMU Rechnung zu tragen ist.
(3) Bei der Beurteilung, ob ein entsandter Arbeitnehmer seine Tätigkeit vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat als dem ausübt, in dem er normalerweise arbeitet, sind sämtliche für die entsprechende Arbeit charakteristischen tatsächlichen Umstände sowie die Situation des Arbeitnehmers zu prüfen. Diese Umstände können insbesondere Folgendes umfassen:
a) ob die Arbeit für einen begrenzten Zeitraum in einem anderen Mitgliedstaat verrichtet wird;
b) an welchem Datum die Entsendung beginnt;
c) ob die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt als denjenigen, in dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine Tätigkeit üblicherweise gemäß Rom I und/oder dem Übereinkommen von Rom ausübt;
d) ob der entsandte Arbeitnehmer nach Erledigung der Arbeit oder nach Erbringung der Dienstleistungen, für die er entsandt wurde, wieder in den Mitgliedstaat zurückkehrt, aus dem er entsandt wurde, oder dies von ihm erwartet wird;
e) die Art der Tätigkeiten;
f) ob Reise, Verpflegung und Unterbringung von dem Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer entsendet, bereitgestellt oder die Kosten von ihm erstattet werden, und wenn ja, sollte angegeben werden, wie dies geschieht, oder die Erstattungsmethode dargelegt werden;
g) vorangegangene Zeiträume, in denen die Stelle von demselben oder einem anderen (entsandten) Arbeitnehmer besetzt wurde.
(4) Die Nichterfüllung eines oder mehrerer der in den Absätzen 2 und 3 genannten tatsächlichen Umstände schließt nicht automatisch aus, dass eine Situation als Entsendung angesehen werden kann. Die Bewertung dieser Umstände ist an den jeweiligen Einzelfall anzupassen und muss den Besonderheiten des Sachverhalts Rechnung tragen.
(5) Die in diesem Artikel genannten Umstände, die bei der Gesamtbeurteilung einer Situation in Bezug auf eine tatsächliche Entsendung durch die zuständigen Behörden zur Anwendung kommen, können auch berücksichtigt werden, um zu ermitteln, ob eine Person in die geltende Definition eines Arbeitnehmers gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 96/71/EG fällt. Die Mitgliedstaaten sollten sich ungeachtet der Bezeichnung der Beziehung in einer Regelung, sei sie vertraglicher Art oder nicht, die möglicherweise zwischen den Parteien getroffen worden ist, unter anderem an den tatsächlichen Umständen bezüglich der Durchführung von Arbeiten, der Unterordnung und der Entlohnung des Arbeitnehmers orientieren.

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