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LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.02.2010, 6 Sa 640/09
Schlagworte: | Kündigung: Außerordentlich | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | |
Aktenzeichen: | 6 Sa 640/09 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 12.02.2010 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 29.07.2009, 12 Ca 2099/08 | |
Aktenzeichen:
6 Sa 640/09
12 Ca 2099/08
ArbG Koblenz
Urteil vom 12.02.2010
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.7.2009 - 12 Ca 2099/08 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Wirksamkeit einer mit sozialer Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.
Die am 27.02.1957 geborene Klägerin war ursprünglich mit einem dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen in Bezug nehmenden Arbeitsvertrag zunächst in der Zeit von 1978 bis 1980 und zuletzt seit 01.03.1985 bei der Beklagten als Schreibkraft mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.252,74 EUR beschäftigt. Der Grad der Behinderung der Klägerin beträgt 60 (Bescheid des Amtes für Soziale Angelegenheiten vom 18.06.2008 - Bl. 8 d. A.).
Für die Zeit vom 12.11.2007 bis 01.02.2008 war die Klägerin zur Arbeitsleistung in das Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz abgeordnet.
Mit Schreiben vom 16.11.2007 forderte der Leitende Flottenarzt der Abteilung VI B - Psychiatrie und Psychotherapie R. Z. - die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin mit sofortiger Wirkung (Bl. 111 d. A.). Im Hinblick auf die in diesem Schreiben ebenfalls beinhaltete Empfehlung, ein fachärztliches medizinisches Gutachten über Ausmaß und Art der Einschränkung der Dienstfähigkeit der Klägerin herbeizuführen, sowie eine psychiatrische Begutachtung einzuholen, da an der Dienstfähigkeit der Klägerin ernsthaft gezweifelt werden müsse, fand auf Initiative des Dienststellenleiters ein Gespräch zwischen diesem, dem Personrat, der Gleichstellungsbeauftragten und der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim Bundeswehrdienstleistungszentrum (BwDLZ) Koblenz statt. Es wurde beschlossen, eine fachärztliche bzw. vertrauensärztliche Untersuchung der Klägerin in die Wege zu leiten. Dieserhalb wurde mit ihr am 13.12.2007 ein Personalgespräch geführt.
Mit Schreiben vom 16.01.2008 erhielt die Klägerin einen Untersuchungstermin für den 22.01.2008 bei Dr. Mittelbach. Diesem Termin blieb die Klägerin unentschuldigt fern. Mit Schreiben vom 12.02.2008 (Bl. 116 d. A.) erfolgte ein erneuter Begutachtungstermin für den 26.02.2008. Diesen nahm die Klägerin in Begleitung ihrer Mutter wahr. In einem von Dr. Mittelbach gefertigten Gutachten wurden erhebliche Zweifel an der Erwerbsfähigkeit der Klägerin geäußert. Dieserhalb, sowie im Hinblick auf ein Gutachten des personalärztlichen Dienstes der Wehrbereichsverwaltung West, das ebenfalls von einer massiven Einschränkung der Erwerbsunfähigkeit ausgeht ( Bl. 117 ff. d. A.), wurde die Klägerin mit Schreiben vom 31.03.2008 aufgefordert, einen Rentenantrag bei dem für sie zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Die Klägerin leistete dem nicht Folge. Sie wurde mit Schreiben vom 17.04. und 09.05.2008 (Bl. 121 d. A.) erneut zur Antragstellung aufgefordert. Als die Klägerin auch der dritten Aufforderung nicht nachkam, erfolgte mit Schreiben vom 10.06.2008 (Bl. 122 d. A.) eine Einladung zu einem Präventionsgespräch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 20.06.2008. Dies lehnte die Klägerin ab (Bl. 123 d. A.).
Mit Schreiben vom 04.07.2008 erging eine Mitteilung an die Klägerin, wonach nunmehr ein Gutachten beim zuständigen Amtsarzt in Koblenz eingeholt werden müsse. Dies war mit dem Hinweis verbunden, dass die Klägerin dem Untersuchungstermin folge zu leisten habe und zur Mitwirkung verpflichtet sei.
Den auf den 13.08.2008 angesetzten Amtsarztuntersuchungstermin nahm sie nicht wahr. Daraufhin erfolgte mit Schreiben vom 18.08.2008 eine Abmahnung (Bl. 126 d. A.). Zu einem zweiten Untersuchungstermin für den 08.09.2008 erschien die Klägerin nicht.
Daraufhin wurde mit Schreiben vom 10.09.2009 die Gleichstellungsbeauftragte beim BwDLZ in Koblenz sowie die Vertrauensperson schwerbehinderter Menschen über die geplante außerordentliche Kündigung der Klägerin informiert. Unter dem 12.09.2008 wurde der Antrag auf Zustimmung des Integrationsamtes Koblenz gestellt, sowie mit Schreiben vom 16.09.2008 der Personalrat zur beabsichtigten Kündigung angehört (Bl. 209 d. A.). Nach Zustimmung des Integrationsamtes mit Bescheid vom 29.09.2008 erfolgte die Fertigung des Kündigungsschreibens vom gleichen Tag, welches eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2009 vorsah.
Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin am 30.09.2009 zu.
Mit der am 02.10.2008 erfolgten Klageerweiterung hat sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung gewandt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes insbesondere der wechselseitig geäußerten Rechtsauffassungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.07.2009 - 12 Ca 2099/08 - gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Gleiches gilt hinsichtlich des erstinstanzlich gestellten Antrages, soweit er in der Berufung weiterverfolgt wurde.
Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Urteil vom 29.07.2009 - 12 Ca 2099/08 - das Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung - nur dies ist noch Gegenstand des Berufungsverfahrens - abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,
das Arbeitsverhältnis sei mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2009 beendet worden. Die unterlassene Wahrnehmung des zweiten Untersuchungstermins am 08.09.2008 sei geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers aus §§ 7 Abs. 2, 59 Abs. 1 BAT jetzt §§ 3 Abs. 4, 33 Abs. 4 TVöD-AT, sei nach der Rechtsprechung geeignet, die Kündigung zu rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer, der berufs- oder erwerbsunfähig sei, aber schuldhaft die Stellung eines Rentenantrages verzögere, handele grob pflichtwidrig; das Gleiche gelte, wenn er schuldhaft eine ordnungsgemäße Begutachtung unmöglich mache. Aufgrund der zumindest seit November 2007 regelmäßig vorkommenden Ereignisse habe für die Beklagte hinreichend Anlass zu der Annahme bestanden, dass die Klägerin dienst- oder erwerbsunfähig sein könne. Bereits im Schreiben vom 16.11.2007 habe der Flottenarzt Z. Zweifel dahingehend geäußert, dass die Klägerin den Herausforderungen einer vollschichtigen Tätigkeit genügen könne. Ein am 22.01.2008 festgestellter Untersuchungstermin sei nicht wahrgenommen worden. Dr. Mittelbach habe nach Teilnahme der Klägerin an einem zweiten Untersuchungstermin am 26.02.2008 erhebliche Zweifel an der Erwerbsfähigkeit der Klägerin geäußert. Es sei eine dreifache Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages an die Klägerin erfolgt. Einem Interventionsgespräch für den 20.06.2008 sei die Klägerin unentschuldigt fern geblieben. Aus einer von der Klägerin vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme der Ärztin Dr. Kirstein vom 02.08.2008 ergäbe sich der Hinweis auf eine sozialmedizinische Begutachtung für die DAK Koblenz, wo der Klägerin eine grundsätzliche Erwerbsunfähigkeit wegen Arbeitsunfähigkeit bei schwerer Einschränkung der Stressresistenz, Kontaktfähigkeit, des kritischen Urteilsvermögen und der Entscheidungsfähigkeit aufgrund gravierender psychischer Störung attestiert würde. Die Klägerin sei auch von der Beauftragung des Amtsarztes mit Schreiben vom 04.07.2008 in Kenntnis gesetzt worden. Den auf den 13.08.2008 bestimmten Termin habe sie - streitig sei, ob der Termin bekannt gewesen sei - nicht wahrgenommen. Am 08.09.2009 fand ebenfalls keine Wahrnehmung eines zweiten Termins statt. Die Klägerin sei auch mit Schreiben vom 18.08.2008 abgemahnt worden. Soweit sie in diesem Zusammenhang behaupte, sie habe den Untersuchungstermin vom 13.08.2008 nicht erfahren, habe sie - die Beklagte - auf das Schreiben des Medizinaldirektors Dr. D von der KV Mayen-Koblenz verwiesen, wonach das Nichterscheinen der Klägerin zum Termin am 13.08.2008 in mehreren Telefonaten mit dem persönlichen Erscheinen der Mutter angekündigt gewesen sei. Dies ließe Zweifel an der Unkenntnis der Terminsbestimmung aufkommen. Hierauf käme es jedoch nicht an, da die Warnfunktion einer Abmahnung selbst dann erhalten bliebe, wenn der Arbeitgeber verurteilt würde, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Das Verhalten der Klägerin sei hartnäckig entschuldhaft. Von einer Verwirkung des Abmahnungs- und Kündigungsrechts könne angesichts der in relativ kurzen Zeitabständen erfolgten Aufforderungen nicht ausgegangen werden Die außerordentliche Kündigung sei in eine solche mit Auflauffrist umzudeuten. Die Interessenabwägung ginge zu Lasten der Klägerin aus, da es dem Arbeitgeber unzumutbar sei, das Arbeitsverhältnis bis zum 65. Lebensjahr fortzuführen. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei wegen § 91 Abs. 5 SGB IX gewahrt. Die Anhörung des Personalrats sei unproblematisch, da keine Einwände erhoben worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe (Seite 7 bis 16 = Bl. 247 bis 256 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 24.09.2009 zugestellte Urteil richtet sich deren am 26.10.2009 eingelegte und mit gleichzeitiger Begründung versehene Berufung.
Die Klägerin beanstandet zweitinstanzlich,
die Beklagte habe keinen hinreichenden Anlass zu der Annahme gehabt, dass sie - die Klägerin - dienst- oder erwerbsunfähig sei. Das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass sie schwerbehindert sei. Der Arbeitgeber müsse dafür sorgen, dass eine beeinträchtigte Arbeitnehmerin ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiter entwickeln könne. Das ergäbe sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 10.07.1991 - 5 AZR 383/90 -. Dem sei die Beklagte nicht gerecht geworden. Bereits 1995 sei ein Kündigungsversuch der Beklagten gescheitert. Sie - die Klägerin - habe keine Verweigerungshaltung eingenommen. Die Beklagte habe sie nicht über die Notwendigkeit einer neueren Untersuchung aufgeklärt. Sie habe sich einer 1,5 stündigen Begutachtung durch Dr. Mittelbach unterzogen. Im Übrigen sei eine nochmalige Abmahnung erforderlich gewesen. Im Rahmen der Interessenabwägung habe die Beklagte die über 30jährige Beschäftigung nicht beachtet. Zweifel an einer Erwerbsfähigkeit hätte durch eine Veränderung der Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Behinderung entkräftet werden müssen.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
unter Abänderung des am 29.07.2009 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz, 12 Ca 2099/08, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 29.09.2008, der Klägerin zugegangen am 30.09.2008, nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat,
Zurückweisung der Berufung
beantragt und erwidert,
die Behauptung der Klägerin, sie habe keine Mitwirkungspflichten verletzt, stelle einen eklatanten Fall völliger Resistenz gegenüber einer sich aufdrängenden Einsicht dar. Die in Frage stehende ärztliche Untersuchung sei auch und gerade zur Feststellung geschuldet, ob Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorläge - so die Rechtsprechung des BAG im Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 475/01 -. Aus dem Schreiben zweier medizinischer Fachleute, nämlich des Flottenarztes Z. als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und des Oberstabsarztes Preuße als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16.11.2007, der gutachterlichen Stellungnahme der Frau Dr. K vom 02.08.2008 und die Bewertung durch den Sozialmedizinischen Dienst für die DAK Koblenz hätte hinreichende Veranlassung zu einer gesundheitlichen Prüfung bestanden. Die Klägerin habe alles versucht, um Feststellungen zum Ausmaß ihrer Beeinträchtigungen zu verhindern. Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung der Klägerin, weil sie bereits vor rund 13 Jahren einmal untersucht worden sei, müsse dies nicht wieder erfolgen. Sie - die Klägerin - habe es in der Hand gehabt, die Bedenken der Beklagten zu entkräften. Das Schreiben des personalärztlichen Dienstes vom 19.03.2008 belege die völlige Verweigerungshaltung der Klägerin. Die Grenzen, was einem Arbeitgeber zugemutet werden könne, sei vorliegend deutlich überschritten.
Zur Berufungsbegründung wird des Weiteren im Schriftsatz der Klägerin vom 23.10.2009 (Bl. 272 bis 278 d. A.), zur Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 12.01.2010 (Bl. 306 bis 309 d. A.) und die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 12.02.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Rechtsmittel der Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden und damit zulässig.
II. Das Arbeitsgericht Koblenz ist in dem angefochtenen Judikat vom 29.07.2009 zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch mit am 30.09.2008 zugegangenen Schreiben durch außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.03.2009 beendet wurde.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer wiederholenden Darstellung ab.
III. Die Angriffe der Berufung der Klägerin und die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer geben zu folgenden Ergänzungen Anlass:
1. Soweit die Klägerin beanstandet, die Beklagte habe keinen hinreichenden Anlass zur Annahme gehabt, dass sie - die Klägerin - dienst- oder erwerbsunfähig gewesen sei, trifft dies - wie das Arbeitsgericht bereits umfassend ausgeführt hat - von der Sachlage her nicht zu. Der Leitende Flottenarzt Z. der Abteilung VI b - Psychiatrie und Psychotherapie des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz - der Abordnungsarbeitsstelle der Klägerin - und des Oberstabsarztes Dr. P - einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie - haben bereits kurz nach Aufnahme der Tätigkeit der Klägerin im Schreiben vom 16.11.2007 an das Bundeswehrdienstleistungszentrum festgestellt, dass die Klägerin unter einem hohen inneren emotionalem Druck gestanden habe. Dieser habe sich darin geäußert, dass sich die Klägerin während des Gesprächs den Unterarm rot gekratzt habe; dies sei allerdings von ihr mit einem unerklärlichen Juckreiz begründet worden. Arbeitsergebnisse seien sehr inkonstant gewesen. Der zeitliche Aufwand zur Erledigung der an die Klägerin gestellten Aufgaben - Schreiben von Ambulanzberichten nach Banddiktat sowie schriftliche Patienteneinbestellungen - würden in keinem Verhältnis zu dem geleisteten Ergebnis und dem erteilten Auftrag stehen. Außerdem sei die Klägerin durch distanzlosen Umgang mit den Patienten der Abteilung aufgefallen, der sich auch nach entsprechender Belehrung nur unwesentlich geändert habe. Sie habe immer wieder tiefes Bedauern für die armen Patienten geäußert, diese angesprochen und empfohlen, bloß keine Medikamente einzunehmen. Nach dem Hinweis, dieses doch zu unterlassen, habe sie Patienten Zettelchen zugesteckt. Darüber hinaus ließe das Gesamtbild Zweifel daran entstehen, dass die Klägerin den Herausforderungen einer vollschichtigen Tätigkeit gerecht werden könne und eine psychiatrische Begutachtung erforderlich sei. Nach Feststellungen der Ärzte könnten die Verhaltensauffälligkeiten der Klägerin am ehesten im Zusammenhang mit einem Residuum nach akuter Psychose gesehen werden (vgl. Bl. 11 und 112 d. A.). Aus der fachärztlichen Begutachtung des personalärztlichen Dienstes vom 19.03.2008 (Bl. 117 bis 118 d. A.) ergeben sich ganz erhebliche Hinweise auf eine massive Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin, insbesondere unter dem Aspekt der mangelnden Mitwirkung der Klägerin aus Anlass einer fachärztlichen Begutachtung durch Dr. Mittelbach. In einer sozialmedizinischen Begutachtung für die DAK Koblenz vom 30.04.2008 wurde der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit bei schwerer Einschränkung der Stressresistenz, Kontaktfähigkeit des kritischen Urteilsvermögens und der Entscheidungsfähigkeit aufgrund gravierender psychischer Störung attestiert und diese grundsätzlich als erwerbsunfähig angesehen. In der gutachterlichen Stellungnahme der Ärztin Dr. Kirstein vom 02.08.2008 wird bei der Klägerin von einer als reaktiv ausgelösten chronifizierten depressiven Verstimmung gesprochen. Angesichts dieser in das Verfahren eingeführten Sachlage stellt sich das erstinstanzlich bewertete Verhalten der Klägerin, das sich insbesondere in der Nichtwahrnehmung mehrfach angeordneter Arzttermine ausdrückt, als glatte Verletzung ihrer aus §§ 7 Abs. 2, 59 Abs. 1 Unter-abs. 2 BAT - nunmehr §§ 3 Abs. 4, 33 Abs. 4 TVöD-AT - resultierenden Mitwirkungspflicht dar, die grundsätzlich geeignet ist, eine Kündigung, auch eine außerordentliche Kündigung eines tariflich ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmers zu rechtfertigen (vgl. BAG Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 475/01 -, m. w. N., BAG Urteil vom 06.11.1997 - 2 AZR 801/96 - = AP Nr. 142 zu § 626 BGB). Mitwirkungspflichten sind Nebenpflichten. Unter solchen werden allgemein diejenigen Pflichten verstanden, die nicht zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten gehören und den Arbeitnehmer zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners und zum Schutz und zur Förderung der Durchführung des Vertragszwecks verpflichten (vgl. ErfK/Preis, 10. Aufl., § 611 BGB, Rz. 707, sowie HWK/Thüsing, Arbeitsrecht Kommentar, 3. Auflage, § 611 BGB, Rz. 347). § 59 BAT und die fortgeltende Tarifvorschrift des § 33 Abs. 4 TVöD-AT, die bei schuldhafter Verzögerung einer Rentenantragstellung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach einem notfalls durch einen Amtsarzt eingeholtes Gutachten vorsieht, hat zwei Zielrichtungen. Einerseits dient die Tarifvorschrift dem Nutzen des Arbeitnehmers. Bei einem aus gesundheitlichen Gründen seiner Verpflichtung zur bisherigen Tätigkeit eingeschränkten Arbeitnehmer soll die mit einer Weiterbeschäftigung in dieser Tätigkeit verbundene Gefahr der Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ausgeräumt werden, in dem ihm die Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei Rentenbeginn abgenommen wird. Auf der anderen Seite will die Tarifnorm berechtigte Interessen des Arbeitgebers schützen und ihm unter erleichterten Voraussetzungen die Trennung von einem Arbeitnehmer ermöglichen, wenn dieser nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. BAG Urteil vom 28.06.1995 - 7 AZR 555/94 - = EzBAT § 59 BAT Nr. 9). Eine permanente und massive Nebenpflichtverletzung stellt - wie das Arbeitsgericht zutreffend gesehen hat - nach einer Abmahnung einen verhaltensbedingten Grund dar, der eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zu rechtfertigen vermag.
2. Soweit die Klägerin beanstandet, ihr Arbeitgeber hätte dafür Sorge tragen müssen, dass sie als schwerbehinderte Arbeitnehmerin ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiter entwickeln könne, ist allein richtig, dass diese Intention im Erfordernis eines sogenannten Eingliederungsmanagements gemäß § 84 SGB IX einen Niederschlag gefunden hat und unter Mitwirkung u. a. des Integrationsamtes bei schwerbehinderten Menschen nach geeigneten Maßnahmen gesucht werden soll, um eine Kündigung zu verhindern (vgl. im Einzelnen: DLW/Dörner, Arbeitsrecht, 8 Auflage, Kapitel 4, Rz. 787 ff.). Dieser Präventionspflicht kann - und dies übersieht die Klägerin - der Arbeitgeber allerdings nur nachkommen, wenn eine Bereitschaft des Arbeitnehmers zur entsprechenden Mitwirkung besteht. Gerade auch diese Nebenpflicht hat die Klägerin durch eine für die Beklagte nicht mehr hinzunehmende Verweigerungshaltung in Bezug auf eine Nichtwahrnehmung mehrerer angesetzter Untersuchungstermine verletzt. In diesem Zusammenhang ist nicht ganz unbeachtlich, dass sowohl das Integrationsamt als auch die Vertretung der schwerbehinderten Menschen, die Gleichstellungsbeauftragte und der Personalrat "uno sono" die Vorgehensweise der Beklagten für berechtigt gehalten haben.
3. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass ihr gegenüber eine nochmalige Abmahnung hätte ausgesprochen werden müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass ein bestimmtes arbeitsvertragswidriges Verhalten mehrfach - wiederholt - abgemahnt werden müsste. Bei hartnäckigen und schwerwiegenden Arbeitsvertragsverletzungen genügt eine Abmahnung - wobei je nach den Umständen des Falles sogar ein Verzicht auf eine Abmahnung in Betracht kommen kann.
4. Richtig ist, dass im Rahmen der Interessenabwägung die langjährige Beschäftigung der Klägerin - ca. 27 Jahre und nicht 30 Jahre, wie die Berufung meint - ein bedeutsamer Interessenabwägungsfaktor ist. Angesichts der Hartnäckigkeit und Uneinsichtigkeit der Klägerin und der zahlreichen Versuche der Arbeitgeberseite, auf mögliche Einschränkungen bei der Klägerin zu reagieren, tritt dieser Aspekt auch unter Berücksichtigung des Alters der am 27.2.1957 geborenen Klägerin, ihres Grades der Behinderung und der derzeit geringen Arbeitsmarktchancen in Übereinstimmung mit der Bewertung des Arbeitsgerichts zurück.
IV. Aus vorgenannten Gründen erweist die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
VI. Von der Zulassung der Revision wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgesehen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
VII. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten wird hingewiesen (§ 72 a ArbGG).
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