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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 12|2022

Update Arbeitsrecht 12|2022 vom 15.06.2022

Leitsatzreport

Arbeitsgericht Koblenz: Diskriminierung durch Suche nach „coolen Typen“ in Stellenausschreibung?

Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 09.02.2022, 7 Ca 2291/21

§§ 1, 2, 3, 7, 11, 15, 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Leitsätze des Gerichts:

1. Sucht ein Arbeitgeber in seiner Stellenausschreibung "coole Typen", begründet dies jedenfalls ohne weiteren Sachvortrag des abgelehnten Bewerbers noch keine Benachteiligung wegen des Alters oder des Geschlechts im Sinne von §§ 1, 7 Abs. 1, 11 AGG.(Rn.29)

2. Sowohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wie auch die Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG erstrecken ihren Schutz vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts auf transsexuelle Personen, die sich nicht mehr dem Geschlecht, dem sie im Zeitpunkt ihrer Geburt zugeordnet wurden, sondern einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Für diesen Schutz bedarf es weder einer Angleichung des Vornamens noch eines Statuswechsels des Geschlechts noch einer Geschlechtsumwandlung; es genügt, wenn biologisches und psychisches Geschlecht nachhaltig auseinanderfallen.(Rn.32)

3. Eine Person, die sich durch eine Benachteiligung wegen ihrer Transsexualität für beschwert hält, genügt ihrer Darlegungslast gem. § 22 AGG, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als solche Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt wurde.(Rn.40)

4. Leitet der Arbeitgeber die Bewerbung eines potentiellen Arbeitnehmers unbefugt und mit einem negativen Kommentar versehen an externe Dritte weiter, kann dies Entschädigungsansprüche des Bewerbers wegen Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts auslösen.(Rn.53)

Hintergrund:

Eine transsexuelle Handwerkerin, die nach ihrem biologischen Geschlecht ein Mann war, bewarb sich ohne Erfolg auf eine Stellenanzeige eines Handwerksbetriebs, in der es u.a. hieß: „Wir suchen coole Typen - Anlagenmechaniker - Bauhelfer“. Ihrem Bewerbungsschreiben legte die Handwerkerin Bewerbungsunterlagen bei. Das Bewerbungsschreiben unterzeichnete sie mit „Frau Markus...“. Der Geschäftsführer des Handwerksbetriebs leitete die Bewerbung an einen Kunden per Whats-App weiter, versehen mit der Anmerkung „Was läuft da nur falsch“ sowie einem Smiley mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Die Handwerkerin klagte auf Diskriminierungsentschädigung, wobei sie sich wegen des Textes der Stellenausschreibung („coole Typen“) wegen ihres fortgeschrittenen Alters sowie als Frau, d.h. wegen des Geschlechts, diskriminiert fühlte. Das Arbeitsgericht verurteilte den Inhaber des Handwerksbetriebs zu 1,5 Gehältern bzw. zu 5.000,00 EUR Entschädigung wegen einer geschlechtsbedingten Diskriminierung. Anhaltspunkte dafür waren die ausschließliche Verwendung männlicher Berufsbezeichnungen in der Stellenausschreibung sowie die Weiterleitung der Bewerbung mit einem abfälligen Kommentar an einen Dritten. Wegen der nicht genehmigten Weiterleitung der Bewerbung musste der Beklagte weitere 1.000,00 EUR Entschädigung zahlen. Dagegen meinte das Gericht, der Ausdruck „coole Typen“ sei weder ein Indiz für eine geschlechtsbezogene Diskriminierung von Frauen noch für eine Diskriminierung älterer Bewerber. Auch Frauen im vorgerückten Alter können somit nach Ansicht des Arbeitsgerichts Koblenz coole Typen sein.

Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 09.02.2022, 7 Ca 2291/21

 

Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener

Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter

Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht

Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Sexuelle Identität 

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