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EuGH stärkt Aufenthaltsrecht von Selbständigen in der EU
15.01.2018. Wer sich als Bürger eines Mitgliedslandes der Europäischen Union (EU) länger als drei Monate in einem anderen EU-Land aufhalten möchte, braucht dafür nach geltendem Europarecht sachliche Gründe wie z.B. ein Studium oder eine Anstellung als Arbeitnehmer.
Auch wer als Selbständiger in einem anderen EU-Land sein Geld verdient, hat ein Aufenthaltsrecht.
Aber was ist, wenn ein Selbständiger wegen Auftragsmangels seine berufliche Tätigkeit aufgeben muss, nachdem er von ihr zuvor einige Jahre lang gelebt hat? Verliert er dann sein Aufenthaltsrecht? Nein, so der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil: EuGH, Urteil vom 20.12.2017, C-442/16 (Gusa).
- Verlieren EU-Ausländer, die länger als ein Jahr selbstständig arbeiten, ihr Aufenthaltsrecht, wenn sie ihre Tätigkeit wegen Auftragsmangels aufgeben?
- Der Streitfall Florea Gusa gegen Minister for Social Protection (Irland)
- EuGH: Selbständige EU-Ausländer behalten ihren Status als Selbständige und damit ihr Aufenthaltsrecht, wenn sie nach über einem Jahr Berufstätigkeit unfreiwillig arbeitslos werden
Verlieren EU-Ausländer, die länger als ein Jahr selbstständig arbeiten, ihr Aufenthaltsrecht, wenn sie ihre Tätigkeit wegen Auftragsmangels aufgeben?
Art.6 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten pp. (Freizügigkeitsrichtlinie) erlaubt es Bürgern von Mitgliedstaaten der EU, sich bis zu drei Monaten in anderen EU-Staaten aufzuhalten. Einzige Voraussetzung ist der Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses.
Darüber hinaus dürfen sich EU-Bürger in anderen EU-Staaten für unbegrenzte Zeit aufhalten, wenn sie dort als Arbeitnehmer oder Selbstständige tätig sind (Art.7 Abs.1 Buchstabe a) Richtlinie 2004/38/EG).
Dieses Aufenthaltsrecht bleibt gemäß Art.7 Abs.3 Buchstabe b Richtlinie 2004/38/EG ohne zeitliche Begrenzung erhalten, wenn sich der zuvor erwerbstätige EU-Ausländer „bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung“ stellt.
Da in dieser Vorschrift von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit sowie von einem Arbeitsamt die Rede ist, stellt sich die Frage, ob die hier von der Freizügigkeitsrichtlinie gewährte Verlängerung des Aufenthaltsrechtes nur für Arbeitnehmer oder auch für Selbstständige gilt.
Diese Frage hat der EuGH mit seinem Urteil vom 20.12.2017 (C-442/16 - Gusa) geklärt.
Der Streitfall Florea Gusa gegen Minister for Social Protection (Irland)
Der rumänische Staatsangehörige Florea Gusa reiste im Oktober 2007 nach Irland. Während des ersten Jahres seines Aufenthalts in Irland wurde er von seinen Kindern, die damals auch in Irland wohnten, unterstützt.
Sodann arbeitete er von Oktober 2008 bis Oktober 2012 als selbständiger Stuckateur. Dabei entrichtete er in Irland seine Steuern, die einkommensabhängigen Sozialversicherungsbeiträge und andere Abgaben auf seine Einkünfte.
Im Oktober 2012 gab Herr Gusa seine selbständige Tätigkeit wegen Auftragsmangels auf. Er verfügte über kein Einkommen mehr und stellte daher einen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses für Arbeitsuchende.
Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass Herr Gusa nicht nachgewiesen habe, dass er noch immer ein Recht auf Aufenthalt in Irland besitze. Seit Beendigung seiner selbständigen Erwerbstätigkeit als Stuckateur habe Herr Gusa nämlich seine Eigenschaft als Selbständiger verloren und daher nicht mehr die in der Freizügigkeitsrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltsrechts erfüllt.
Gegen diese Entscheidung erhob Herr Gusa Klage. Sie hatte vor dem irischen High Court (Hoher Gerichtshof) keinen Erfolg, so dass Herr Gusa vor den irischen Supreme Court (Oberster Gerichtshof) zog.
Der Supreme Court legte dem EuGH daraufhin u.a. die Frage vor, ob einem EU-Bürger die Eigenschaft als „Selbständiger“ im Sinne von Art.7 Abs.1 Buchstabe a der Freizügigkeitsrichtlinie gemäß Art.7 Abs.3 Buchstabe b dieser Richtlinie erhalten bleibt (und damit sein Aufenthaltsrecht), wenn er zunächst vier Jahre lang als Selbständiger in einem anderen EU-Land arbeitet, diese Arbeit dann wegen Auftragsmangels einstellt und sich beim zuständigen Arbeitsamt meldet.
EuGH: Selbständige EU-Ausländer behalten ihren Status als Selbständige und damit ihr Aufenthaltsrecht, wenn sie nach über einem Jahr Berufstätigkeit unfreiwillig arbeitslos werden
Mit seinem Urteil stellt der EuGH in Übereinstimmung mit den Schlussanträgen des Generalanwaltes Wathelet klar, dass die unbefristete Verlängerung des Aufenthaltsrechtes von EU-Ausländern, die nach über einjähriger Berufstätigkeit unfreiwillig arbeitslos geworden sind, gemäß Art.7 Abs.3 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38 gleichermaßen auf Arbeitnehmer und auf Selbstständige anzuwenden ist.
Zur Begründung verweist der Gerichtshof darauf, dass die Freizügigkeitsrichtlinie in ihrem Art.7 Abs.1 zwar zwischen erwerbstätigen Personen und Nichterwerbstätigen wie z.B. Studenten unterscheidet (denn das Aufenthaltsrecht von Studenten setzt u.a. das Bestehen einer Krankenversicherung voraus, die von Erwerbstätigen nicht verlangt wird), nicht aber zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen (Urteil, Rn.36).
Außerdem würde eine enge Interpretation von Art.7 Abs.3 Buchstabe b der Richtlinie 2004/38, die diese Vorschrift nur auf Arbeitnehmer anwenden würde, auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung selbstständiger EU-Ausländer hinauslaufen, so der EuGH (Urteil, Rn.42, 43). Denn wie Arbeitnehmer entlassen werden können, können auch Selbstständige unfreiwillig die Möglichkeit verlieren, durch ihre bisherige Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dann können sie in ähnlicher Weise wie Arbeitnehmer in eine wirtschaftlich schwierige Lage geraten.
Fazit: Das Urteil überzeugt, da Art.7 Abs.1 Buchstabe a der Freizügigkeitsrichtlinie das über drei Monate hinausgehende Aufenthaltsrecht ausdrücklich Arbeitnehmern und Selbstständigen gewährt, so dass es seltsam wäre, den Verlängerungstatbestand der „Arbeitslosigkeit“ im Sinne von Art.7 Abs.3 Buchstabe b auf Arbeitnehmer zu begrenzen. Das deutsche Recht trägt dieser europarechtlichen Rechtslage bereits ausreichend Rechnung, denn § 2 Abs.3 Satz 1 Nr.2 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU) schützt ausdrücklich auch Selbstständige, die ihre Tätigkeit infolge von Umständen aufgeben, auf die sie keinen Einfluss haben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.12.2017, C-442/16 (Gusa)
- Europäischer Gerichtshof, Pressemeldung 144/17 vom 20.12.2017, C-442/16 (Gusa)
- Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH Melchior Wathelet, vom 26.07.2017, C-442/16 (Gusa)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.09.2015, C-67/14 (Jobcenter Berlin Neukölln gg. Alimanovic)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13 (Dano)
- Europäisches Fürsorgeabkommen (EFA), vom 11.12.1953
- Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
- Richtlinie 2004/38/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004, über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitslosengeld I
- Arbeitsrecht aktuell: 17/212 Deutsche Mitbestimmung ist mit EU-Recht vereinbar
Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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