Update Arbeitsrecht 03|2023 vom 08.02.2023
Leitsatzreport
LAG Köln: Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen mehrfacher Verspätungen
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 20.10.2022, 8 Sa 465/22
§ 1 Abs.2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG); § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
Leitsätze des Gerichts:
1. Eine wiederholt verspätete Arbeitsaufnahme trotz einschlägiger Abmahnungen kann geeignet sein, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen
2. Nach den Umständen des Einzelfalls kann, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen, der Ausspruch einer weiteren Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung auch dann erforderlich sein, wenn bereits mehrere Abmahnungen zu mehreren Pflichtverletzungen erteilt worden sind, diese dem Kläger aber zeitgleich übergeben worden sind. Hinsichtlich ihrer Warnfunktion sind die Abmahnungen in diesem Fall einer einheitlichen Abmahnung, in der mehrere Pflichtverletzungen abgemahnt werden, vergleichbar.
Hintergrund:
Ein 25 Jahre alter und seit gut drei Jahren in einem größeren Produktionsbetrieb beschäftigter Anlagenbediener erhielt am 24.03.2021 drei Abmahnungen, die jeweils den Vorwurf einer verspäteten Arbeitsaufnahme an drei verschiedenen Tagen Anfang 2021 zum Gegenstand hatten. Im Juli 2021 verspätete er sich erneut um 40 Minuten und wurde nach einem darüber geführten Personalgespräch und nach anschließender Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt. In dem daraufhin angestrengten Kündigungsschutzverfahren wandte der Kläger u.a. ein, dass er für die drei abgemahnten Verspätungsfälle keine oder nur geringe Verantwortung trage. Einmal sei sein Auto liegengeblieben, ein anderes Mal habe er seine Stempelkarte vergessen und daher nach Hause umkehren müssen und das dritte Mal habe er Urlaub gehabt. Außerdem habe er jeweils vor Schichtbeginn den Schichtführer telefonisch informiert. Das Arbeitsgericht Aachen (Urteil vom 16.12.2021, 1 Ca 2426/21) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln gaben dem Arbeitnehmer recht (LAG Köln, Urteil vom 20.10.2022, 8 Sa 465/22). Das LAG stellte u.a. darauf ab, dass die drei Abmahnungen am selben Tag übergeben und daher bzgl. ihrer Warnfunktion einer Abmahnung entsprechen würden, so dass der Arbeitgeber, auch wegen der verhältnismäßig geringen Schwere der Pflichtverletzung, statt einer Kündigung eine weitere Abmahnung hätte aussprechen müssen. Daher war die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs.2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Außerdem bewertete das LAG die dem Betriebsrat gegebenen Informationen für unzureichend.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 20.10.2022, 8 Sa 465/22
Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
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