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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 21|2023

Update Arbeitsrecht 21|2023 vom 18.10.2023

Leitsatzreport

LAG Baden-Württemberg: Datenschutzrechtlicher Anspruch auf Löschung einer Abmahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2023, 9 Sa 73/21

Art.4, 12, 15, 17, 82 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO); § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); Art.1, 2 Grundgesetz (GG)

Leitsätze des Gerichts:

1. Der Arbeitnehmer kann nach Art.17 Abs.1 DSGVO nach Ende des Arbeitsverhältnisses regelmäßig die Löschung (Entfernung) einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

2. Verantwortlicher im Sinne des Art.4 Nr.7 DSGVO kann neben dem Arbeitgeber auch eine Person sein, die sich als „Inhaber“ eines Betriebes ausgibt und eigenverantwortliche Entscheidungen über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten trifft. Er haftet dann auf Zahlung einer Entschädigung nach Art. 82 Abs.1 DSGVO mit dem Arbeitgeber gesamtschuldnerisch.

3. Ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach Art.82 DSGVO setzt nicht voraus, dass ein Auskunftsanspruch gegenüber dem zur Auskunftserteilung Verpflichteten im Sinne der Rechtsprechung des BAG vom 06.12.2021 - 2 AZR 235/21 - geltend gemacht wurde. Es reicht aus, dass der Verpflichtete erkennen kann, dass der Arbeitnehmer seine Rechte nach Art.15 Abs.1 DSGVO geltend macht.

4. Wird für die Auskunftserteilung eine zu kurze Frist gesetzt, ist das Auskunftsverlangen nicht gegenstandslos, sondern die Frist für die Auskunftserteilung richtet sich nach Art.12 Abs.3 DSGVO.

5. Nimmt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen diesem gehörenden USB - Stick mit persönlichen Daten weg und liest diesen aus und sichert die Daten, hat er Auskunft zu erteilen, welche Daten er ausgelesen und gesichert hat. Im Fall der Verletzung dieser Auskunftspflicht haftet er auf Schadensersatz nach Art.82 DSGVO.

Hintergrund:

Ein ehemaliger Auszubildender verklagte den Inhaber seines Ex-Ausbildungsbetriebs auf Entfernung einer im März 2020 erteilten Abmahnung aus der Personalakte, daneben auf Erteilung datenschutzrechtlicher Auskünfte gemäß Art.15 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sowie auf Schadensersatz wegen verspäteter Erteilung der datenschutzrechtlichen Auskünfte. Da das Ausbildungsverhältnis von September 2016 bis März 2020 dauerte und der Ex-Auszubildende die Klage im April 2020 einreichte, wäre der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung nach der bisherigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung unbegründet. Denn danach besteht ein Entfernungsanspruch auf der Grundlage von § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verb. mit Art.1, 2 Grundgesetz (GG) wegen der Gefährdung des weiteren Bestands des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses infolge der (unberechtigten) Abmahnung. Daher kann der Entfernungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden, nachdem das Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis beendet ist. Auf dieser Grundlage wies das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen die Klage des Ex-Azubis ab (Urteil vom 26.10.2021, 7 Ca 59/20). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg gab der Klage auf Entfernung der Abmahnung dagegen statt (Urteil vom 28.07.2023, 9 Sa 73/21), und zwar auf einer datenschutzrechtlichen Grundlage gemäß Art.17 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Da das LAG Baden-Württemberg damit von einem Urteil des LAG Niedersachsen abweicht (LAG Niedersachsen, Urteil vom 04.05.2021, 11 Sa 1180/20, s. dazu Update Arbeitsrecht 20|2021), ließ das LAG Baden-Württemberg die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu, wo der Fall inzwischen liegt (Aktenzeichen des BAG: 8 AZR 215/23).

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2023, 9 Sa 73/21

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 04.05.2021, 11 Sa 1180/20

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.11.2018, 5 Sa 7/17

 

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