Update Arbeitsrecht 10|2023 vom 17.05.2023
Leitsatzreport
LAG Hamm: Ablehnung eines Stellenbewerbers, der die tarifliche Altersgrenze überschritten hat
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 09.03.2023, 11 Sa 948/22
§§ 1, 3, 7, 10 Satz 3 Nr.5, 15, 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG); Art.33 Abs.2 Grundgesetz (GG)
Leitsatz der Redaktion:
Öffentliche Arbeitgeber, die Tarifverträge mit rechtlich zulässigen Rentenaltersklauseln anwenden und ihre Arbeitnehmer daher auf tariflicher Grundlage befristet bis zum Renteneintrittsalter beschäftigen, sind berechtigt, Stellenbewerber abzulehnen, die die tarifvertragliche Altersgrenze überschritten haben. Eine solche altersbedingte Schlechterstellung von Bewerbern im Rentenalter stellt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters dar.
Hintergrund:
Ein im Juni 1952 geborener, seit einigen Jahren berenteter Lehrer bewarb sich bei einem städtischen Gymnasium in Nordrhein-Westfalen auf eine Vertretungslehrerstelle im Umfang von 18 Wochenstunden für die Zeit von Februar bis August 2022 mit der Fächerkombination Deutsch und Philosophie/Praktische Philosophie. Neben dem pensionierten Lehrer bewarb sich ein jüngerer Lehrer, der aber nach Ansicht des Schulleiters fachlich weniger gut geeignet war. Daher schlug die Schulleitung den Pensionär zur Einstellung vor. Dies lehnte die zuständige Bezirksregierung unter Verweis auf den jüngeren Mitbewerber ab. Das Arbeitsgericht Arnsberg wies die Klage des Pensionärs auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Altersdiskriminierung ab (Urteil vom 08.08.2022, 2 Ca 29/22, s. dazu Update Arbeitsrecht 20|2022). Nunmehr hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm auch die Berufung des pensionierten Bewerbers zurückgewiesen und die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen (LAG Hamm, Urteil vom 09.03.2023, 11 Sa 948/22). Voraussichtlich wird daher demnächst das BAG die Frage klären, ob die Ablehnung der Bewerbung eines im Rentenalter befindlichen Bewerbers durch einen Arbeitgeber, der Tarifverträge mit Rentenaltersklauseln anwendet, altersdiskriminierend ist oder nicht. Aller Voraussicht nach wird das BAG diese Rechtsfrage zulasten der Bewerber entscheiden, was es in einem aktuellen Urteil bereits ziemlich deutlich hat durchblicken lassen (BAG, Urteil vom 31.03.2022, 8 AZR 238/21). Auch andere Gerichte sehen in dieser Vorgehensweise keine unzulässige Altersdiskriminierung (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.03.2020, 11 Sa 58/19, s. dazu Update Arbeitsrecht 23|2020).
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 09.03.2023, 11 Sa 948/22
Arbeitsgericht Arnsberg, Urteil vom 08.08.2022, 2 Ca 29/22
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.03.2022, 8 AZR 238/21
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 03.03.2020, 11 Sa 58/19
Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
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