Update Arbeitsrecht 03|2020 vom 05.02.2020
Leitsatzreport
LAG Baden-Württemberg: Tätigkeit einer Violinistin als Arbeitnehmerin oder als Selbständige
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.01.2020, 1 Sa 8/19
§ 611a Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Leitsatz des Gerichts:
Eine Violinistin, die jeweils auf entsprechende Anfrage des Betreibers eines Orchesters und ihre entsprechende Zusage hin teils als Aushilfe in Vertretungsfällen und teils als Verstärkung bei größeren Produktionen in einem Orchester eingesetzt wird, ist nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig. Dies gilt auch dann, wenn die Zusammenarbeit der Parteien über zwanzig Jahre angedauert und der Beschäftigungsumfang zuletzt ca. 1/5 einer Vollzeitbeschäftigung erreicht hat.
Hintergrund:
Eine Violinistin unterstützte seit 1994 immer wieder als Aushilfe in Vertretungsfällen und als Verstärkung bei größeren Aufführungen ein Orchester in Pforzheim als Tuttimusikerin. Sie gehörte zu einem Pool von etwa 30 Musikern, die das Orchester in dieser Weise nach Bedarf verstärkten. Im Sommer 2016 klagte sie auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und hatte mit der Klage in der ersten Instanz Erfolg (Arbeitsgericht Pforzheim, Urteil vom 27.04.2017, 3 Ca 11/16). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschied dagegen zugunsten des Arbeitgebers und wies die Klage ab. Zur Begründung geht es von der gesetzlichen Definition des Arbeitsverhältnisses in § 611a Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus, die vor allem auf die fachliche und zeitliche Weisungsabhängigkeit des Dienstverpflichteten abstellt, und wertet die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Arbeitnehmerstatus von Orchestermusikern aus. Dass Orchestermusiker zusammenkommen und unter der Leitung eines Dirigenten spielen, kann dabei keinen Unterschied machen, denn in dieser Weise musizieren angestellte und freiberufliche Musiker gleichermaßen. Entscheidend ist, ob der Orchestermusiker seine Arbeitszeit im Wesentlichen frei gestalten kann oder ob er bei Proben und Aufführungen einem Weisungsrecht der Orchesterleitung unterliegt (Urteil, Rn.49). Eine solche Weisungsgebundenheit lag hier bei der Violinistin nicht vor, so das LAG, da sie von Fall zu Fall von der Orchesterleitung angefragt wurde und dann frei darüber entschied, ob sie einen Termin wahrnehmen wollte oder nicht (Urteil, Rn.52-57).
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.01.2020, 1 Sa 8/19
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